TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/1 2001/03/0369

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Veröffentlicht am 01.07.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §21 Abs1 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des AA in A, Deutschland, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12. Juni 2001, Zl. uvs-2001/K10/033-4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 8. September 1998 als Lenker eines nach den Kennzeichen bestimmten LKWs samt Anhänger von Italien kommend eine ökopunktpflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Deutschland durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung, Außenstelle Schönberg i.St. am 8. September 1998 um 15.43 Uhr, auf der A 13 an der Hauptmautstelle Schönberg i.St. bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg i.St. festgestellt worden sei. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil der im LKW angebrachte Umweltdatenträger für die Durchreise durch Österreich unberechtigterweise auf ökopunktbefreite Fahrt gestellt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 593/1995, idF der Novelle BGBl. I Nr. 17/1998, in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a sowie Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30. Juli 1996 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe im Betrag von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 5 Tagen) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe zu dem oben genannten Zeitpunkt in Österreich von Italien kommend in Richtung Deutschland im Zuge einer Transitfahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterverkehr den genannten LKW samt Anhänger gelenkt. Die Ladung habe aus Blankstahl bestanden, der in "I-Condove/To" geladen worden sei und für eine Firma in Regensburg bestimmt gewesen sei. Aus dem im Akt erliegenden Kontrollzertifikat ergebe sich, dass der Beschwerdeführer bei der Einfahrt eine ökopunktbefreite, im Nachhinein jedoch eine ökopunktpflichtige Fahrt deklariert habe. Der Beschwerdeführer habe auch keine ordnungsgemäß ausgefüllte Ökokarte mitgeführt und entwertet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und der Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Auffassung der belangten Behörde, dass er die im angefochtenen Bescheid näher dargestellte Transitfahrt durchgeführt habe, lässt der Beschwerdeführer unbekämpft. Wenn die belangte Behörde angenommen hat, dass auf dem Boden der (zutreffend) herangezogenen Rechtslage für diese Transitfahrt Ökopunktepflicht bestand, ist dies - entgegen der bloßen Behauptung in der Beschwerde, dass eine solche Pflicht nicht bestanden habe - nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal im Beschwerdefall Anhaltspunkte für eine Ausnahme von dieser Pflicht nicht gegeben sind. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe "vorsorglich eine ordnungsgemäß ausgefüllte Ökokarte mitgeführt und Ökopunkte entwertet bzw. die Abbuchung der Ökopunkte durch das mitgeführte funktionstüchtige Ecotag-Gerät veranlasst", entfernt sich von dem von der belangten Behörde festgestellten und gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Prüfung zu Grunde zu legenden Sachverhalt. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, dass der belangten Behörde bei der Feststellung dieses Sachverhalts Mängel unterlaufen wären. Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des ihm zur Last gelegten Delikts verwirklicht hat, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0119). Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer nach der genannten Bestimmung ein zur Glaubhaftmachung, es treffe ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden, taugliches Vorbringen erstattet habe, hat er doch nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass und in welchem Ausmaß er sich von der Funktionsfähigkeit bzw. vom Funktionieren des Umweltdatenträgers überzeugt bzw. zu überzeugen versucht habe (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0119). Der Beschwerdeführer tut auch keinen Umstand dar, aus dem sich ableiten ließe, dass er die Abbuchung - entgegen dem Kontrollzertifikat - mittels des Umweltdatenträgers ordnungsgemäß durchgeführt hätte. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, aus welchen Gründen die Ansicht der belangten Behörde, sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen vermöge den Beschwerdeführer nicht zu exkulpieren, nicht zuträfe. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe die Einvernahme des Beschwerdeführers sowie des Arbeitgebers und Fahrzeughalters im Rechtshilfeweg nicht durchgeführt, aus der sich ergeben hätte, dass der Beschwerdeführer ein äußerst genauer und umsichtiger Fahrer sei, dem bisher noch keine Fahrlässigkeiten anzulasten gewesen seien, sowie die weitere Rüge, die belangte Behörde habe das vom Beschwerdeführer beantragte Sachverständigengutachten hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Ecotag-Gerätes nicht eingeholt, als nicht zielführend.

Die Rüge, die belangte Behörde habe es gebilligt, dass der von ihr als Zeuge einvernommene Zollwachbeamte vor seiner Aussage seine Erinnerung durch Einsicht in die von ihm verfasste schriftliche Anzeige genommen habe, geht schon deswegen fehl, weil es die Beschwerde unterlässt, die Relevanz dieses von ihr behaupteten Verfahrensmangels darzutun.

Der Beschwerdeführer ist weiters nicht im Recht, wenn er geltend macht, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 20 VStG gegeben seien, weil seinem Vorbringen nicht einmal ansatzweise ein Milderungsgrund zu entnehmen ist, der im vorliegenden Fall zum Tragen kommen könnte. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall nicht nach § 21 VStG von der Strafe abgesehen hat. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist das Verschulden geringfügig, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- oder Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Angesichts der im vorliegenden Fall gegebenen Sachlage - nämlich des Umstandes, dass der Umweltdatenträger nach dem Kontrollzertifikat auf ökopunktfreie Fahrt eingestellt wurde - ist diese Voraussetzung im Beschwerdefall jedoch nicht gegeben.

In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z. 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Im genannten Erkenntnis, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am 8. Februar 2002 unter BGBl. I Nr. 37, hat der Verfassungsgerichtshof ferner - gestützt auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG - Folgendes ausgesprochen:

"(2) Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z. 8 bezieht."

Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten gesetzlichen Bestimmung auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweist sich der auf dem Boden dieser Bestimmung getroffene Ausspruch über die im Beschwerdefall verhängte Strafe als inhaltlich rechtswidrig.

Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 1. Juli 2005

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001030369.X00

Im RIS seit

02.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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