TE OGH 1986/4/15 5Ob57/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Josef W***, technischer Angestellter, 2.) Maria S***,

Pensionistin und 3.) Franz F***, Schriftsetzer, sämtliche Dankwartgasse 8, 1150 Wien, sämtliche vertreten durch Dr. Helmut Michlmayr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L*** WIEN, vertreten durch Dr. Erhard Weinberger, Rechtsanwalt in Wien, sowie der Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei "HEIMBAU" Gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft, Hackengasse 13, 1150 Wien, vertreten durch Dr. Robert Amhof, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Zustimmungserklärung infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8. Juni 1984, GZ 12 R 117/84-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei und der Nebenintervenientin das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. Oktober 1983, GZ 22 Cg 43/81-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, binnen 14 Tagen an Kosten des Revisionsverfahrens der beklagten Partei den Betrag von 10.195,26 S (darin 926,84 S an Umsatzsteuer) und der Nebenintervenientin den Betrag von 12.115,26 S (darin 1920,- S an Barauslagen und 926,84 S an Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Nebenintervenientin errichtete als Eigentümerin der Liegenschaft Wien 15., Dankwartgasse 8 - Markgraf-Rüdigerstraße 20 (EZ 884 KG Fünfhaus) ein Wohnhaus mit 28 Eigentumswohnungen. Zur Abdeckung der Baukosten bediente sie sich eines Darlehens nach der Wohnbauförderung 1968, das durch das Amt der Wiener Landesregierung am 5.10.1972 in einer Höhe von 5,102.900 S gewährt wurde. Zur Abdeckung von Kostenerhöhungen wurde ihr am 18.11.1975 ein Nachtragsdarlehen in der Höhe von 123.000 S gewährt. In der Darlehenszusicherung wurde bedungen, daß die Nebenintervenientin als Förderungswerber bei der Vorschreibung der Rückzahlungsraten dafür Sorge zu tragen habe, daß von jedem Wohnungseigentümer nur der seinem prozentuellen oder parifizierten Anteil an den Förderungsobjekten entsprechende Annuitätenbetrag des dafür gewährten Förderungsdarlehens eingehoben werde. Der prozentuelle Anteil habe dem Verhältnis der Nutzflächen des einzelnen Objektes zur Nutzfläche sämtlicher mit diesem Darlehen geförderten Objekte zu entsprechen (Punkt II. 2.) der Darlehenszusicherung des Amtes der Wiener Landesregierung, Beilage E). Weiters wurde festgelegt, daß die Nebenintervenientin bei Begründung von Wohnungseigentum den Wohnungseigentümern die persönliche Haftung für das Förderungsdarlehen zur ungeteilten Hand durch Schuldübernahme aufzuerlegen habe (Punkt II. 5.) der Darlehenszusicherung). Zugunsten der Beklagten ist das Veräußerungsverbot gemäß § 22 Abs. 1 WBFG 1968 einverleibt. Mit dem in insgesamt 16 verbundenen Verfahren ergangenen rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 28.12.1978, 5 C 46/77-19, wurde die nunmehrige Nebenintervenientin gemäß § 25 WEG 1975 schuldig erkannt, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes unter anderem auch der nunmehrigen Kläger an der Liegenschaft EZ 884 KG Fünfhaus einzuwilligen. Eine Verbücherung dieses Urteils war nicht möglich, weil die Beklagte ihre Zustimmung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Kläger davon abhängig machte, daß diese die solidarische persönliche Haftung für das gesamte Darlehen übernehmen und eine Aufteilung der Rückzahlungsraten nach dem Nutzflächenschlüssel anerkennen, was die Kläger jedoch ablehnten. Mit der am 10. Februar 1981 erhobenen Klage begehrten die Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Zustimmungserklärung nachstehenden Inhaltes in grundbücherlicher Form zu unterfertigen, und zwar:

"Ob der der "HEIMBAU" ... zu 1315/1865stel Anteilen zugeschriebenen Liegenschaft EZ 884 des Grundbuches der KG Fünfhaus ist im Lastenblatt unter OZ 28 und OZ 36 das Veräußerungsverbot gemäß § 22 Abs. 1 WBFG 1968 für das Land Wien einverleibt. Das Land Wien stimmt der Einverleibung des Eigentumsrechtes verbunden mit Wohnungseigentum der nachstehenden Personen, .... zu den im folgenden genannten Anteilen zu, und zwar:

a)

Maria S***, top Nr 15 70/1865stel,

b)

Josef W***; top Nr 25 76/1865stel und

c)

Franz F***, top Nr 8, 68/1865stel

mit der Auflage, daß das obgenannte Veräußerungsverbot unverändert aufrecht bleibt.

Das Land Wien erteilte dementsprechend seine ausdrückliche Einwilligung, daß ohne seine weitere Einvernahme, jedoch nicht auf seine Kosten das Eigentumsrecht für die im vorhergehenden Absatz unter a) bis c) genannten Personen bei unbedingter Weitergeltung des vorgenannten Veräußerungsverbotes einverleibt werden kann."

Die Beklagte als Begünstigte aus dem Veräußerungsverbot habe ihre Zustimmung zur Verbücherung des nach § 25 WEG 1975 gegen die Nebenintervenientin ergangenen Urteiles trotz Vorliegens der Förderungswürdigkeit der Kläger rechtsmißbräuchlich und nur in der Absicht verweigert, die Kläger zu schädigen. Nach § 19 Abs. 1 WEG 1975 seien die Aufwendungen für die Liegenschaft, wozu auch die Darlehensrückzahlungen zu zählen seien, mangels einstimmiger abweichender Beschlußfassung der Wohnungseigentümer nach dem Nutzwertschlüssel aufzuteilen; zu einer solchen Rückzahlung seien die Kläger auch bereit. Die von der Beklagten geforderte Verpflichtungserklärung zur Rückzahlung des Darlehens unter Heranziehung eines nach der Nutzfläche berechneten Schlüssels sei daher gesetzwidrig. Dieses Verlangen erfolge offenbar in der Absicht, den Obmann der Nebenintervenientin, R***, der im selben Haus eine Wohnung erworben habe, zu begünstigen, zumal nach dem von der Beklagten angelegten und von der Nebenintervenientin auch vorgeschriebenen Aufteilungsschlüssel eine enorme Begünstigung R*** zum Nachteil der übrigen Wohnungseigentümer gegenüber einer Verrechnung nach dem gesetzlichen Nutzwertschlüssel eintrete. Der Anspruch der Kläger gründe sich auf die Darlehenszusicherung, werde aber auch aus dem Titel des Schadenersatzes abgeleitet, da die Beklagte ihre wirtschaftliche und politische Machtstellung ausgenützt habe, um die Kläger zu schädigen, wobei durch die Abgabe der begehrten Erklärung Naturalrestitution geleistet würde. Insgesamt hätten lediglich zehn der 23 Wohnungseigentumsbewerber die von der Beklagten begehrte Erklärung abgegeben, während die übrigen sich der Forderung widersetzten.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil keine Norm bestehe, die sie verpflichte, die begehrte Erklärung abzugeben. Das Gesetz normiere lediglich die Fälle, in denen eine Zustimmung zur Veräußerung zu versagen sei, doch könne daraus nicht ihre Verpflichtung abgeleitet werden, in allen anderen Fällen die Zustimmung zu erteilen. Die Zustimmung sei im vorliegenden Fall keineswegs schikanös verweigert worden, die Zustimmungsverweigerung habe vielmehr ihren Grund darin, daß die Kläger sich geweigert hätten, die persönliche und solidarische Haftung für das gesamte Darlehen, die in jedem Fall bei Inanspruchnahme der Wohnbauförderung verlangt werde, zu übernehmen. Im Rahmen der Darlehenszusicherung sei die Gewährung der Förderung davon abhängig gemacht worden, daß den Wohnungseigentümern die Schuldübernahme zur ungeteilten Hand auferlegt werde und auch ausgesprochen worden, daß bei Vorschreibung der Rückzahlungsraten von der H*** dafür Sorge zu tragen sei, daß von jedem Mieter, Nutzungsberechtigten oder Wohnungseigentümer nur der seinem prozentuellen oder parifizierten Anteil an dem Förderungsobjekt entsprechende Annuitätenbetrag eingehoben werde. Bei Zusicherung des Nachtragsdarlehens sei zwischen der beklagten Partei und der H*** vereinbart worden, daß die interne Aufteilung des Darlehens nach dem Nutzflächenschlüssel vorzunehmen sei; dies entspreche auch der Gesetzeslage, zumal es sich bei der entsprechenden Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 10 WBFG 1968 gegenüber den Normen des WEG 1975 um eine lex specialis handle. Im übrigen sei der Erstkläger durch diese Aufteilung nicht benachteiligt, da er eine Rückzahlung zu leisten habe, die niedriger sei als bei Anwendung des von ihm begehrten Schlüssels. Es sei der Beklagten im übrigen nicht möglich, den von den Klägern begehrten Verrechnungsmodus anzuwenden, da mit anderen Wohnungseigentümern bereits abgerechnet worden sei und sich sonst ein ungedeckter Rest ergebe. Es handle sich in Wahrheit um interne Verrechnungsprobleme zwischen der H*** und den Klägern.

Auch die Nebenintervenientin beantragte die Abweisung der Klage. Die vorgeschriebenen Rückzahlungsraten hätten genau den Darlehensbedingungen entsprochen, die eine interne Verrechnung der Darlehensfälligkeiten nach dem Nutzflächenschlüssel vorgesehen hätten. Aus der in diesem Punkt der Darlehenszusicherung eingeräumten Möglichkeit, die Verrechnung nach dem Parifizierungsschlüssel vorzunehmen, sei für den Standpunkt der Kläger nichts zu gewinnen, weil eine Parifizierung nach dem WEG 1948 (das im Zeitpunkt der Darlehenszusicherung noch in Kraft gestanden sei und auf das sich diese Punkte bezogen hätten) nicht erfolgt sei. Eine Nutzwertfestsetzung nach den Bestimmungen des WEG 1975 könne aber mit einer Parifizierung im Sinn der früher in Geltung gestandenen Bestimmungen nicht gleichgesetzt werden. Bei den Bestimmungen des WBFG 1968 über den Schlüssel zur Verteilung der Darlehensrückzahlungen handle es sich gegenüber dem WEG um eine lex specialis.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte, der Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Kläger hinsichtlich der von ihnen im Begehren bezeichneten Wohnungen zuzustimmen, wies jedoch das Begehren auf Zustimmung zur Einverleibung hinsichtlich der im Begehren bezeichneten Anteile ab.

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß im Hinblick auf die novellierte Fassung des § 11 WBFG 1968 (BGBl 1972/232) das Begehren der Beklagten auf solidarische persönliche Verpflichtung der Wohnungseigentumsbewerber zur Darlehensrückzahlung nicht berechtigt sei. Zutreffend sei allerdings, daß der Aufteilung der Darlehensannuitäten der Nutzflächenschlüssel zugrundezulegen sei. Den abweisenden Teil der Entscheidung begründete das Erstgericht damit, daß die Kläger gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Eintragung ihres Eigentums zu bestimmten Anteilen hätten, zumal es sich dabei um eine Frage handle, die ausschließlich aus dem Vertragsverhältnis zwischen den Klägern und dem Wohnungseigentumsorganisator zu lösen sei. Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung der Kläger nicht Folge, änderte jedoch das erstgerichtliche Urteil infolge Berufung der Beklagten und der Nebenintervenientin im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab, wobei es - in der mit Beschluß vom 20. März 1986 ergänzten Fassung - aussprach, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, im bestätigenden Teil hinsichtlich jedes Klägers 60.000 S, nicht jedoch 300.000 S und im abändernden Teil hinsichtlich jedes Klägers 15.000 S, nicht jedoch 300.000 S übersteigt und die Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und erachtete die Rechtsrüge der Beklagten und der Nebenintervenientin als berechtigt. Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes aus:

Durch die Darlehenszusicherungen der Beklagten an die Nebenintervenientin und die Hingabe der Förderungsmittel seien Darlehensverträge zwischen diesen Personen zustandegekommen; diese Verträge hätten im Hinblick auf den ihm zugrundeliegenden Zweck, nämlich die Errichtung von 28 Eigentumswohnungen nicht nur Rechtswirkungen zwischen den Vertragsteilen entfaltet, die Darlehensverträge stellten sich vielmehr mit Rücksicht darauf, daß sich die Beklagte nur die Überprüfung der Förderungswürdigkeit der Wohnungseigentumsbewerber vorbehalten habe, während im übrigen die Nebenintervenientin bei der Auswahl ihrer Vertragspartner frei gewesen sei, als Verträge zugunsten Dritter dar, aus denen den Klägern, die die Förderungsvoraussetzungen erfüllten, gemäß § 881 ABGB ein unmittelbares Recht gegen die Beklagte erwachsen sei. Dieses Recht könne sich nur aus diesem Vertrag, nicht jedoch aus den Bestimmungen des WBFG 1968 ableiten, die zur Ermittlung der gegenseitigen Rechte und Pflichten nur insoweit heranzuziehen seien, als sie ergänzende Normen zu Punkten enthielten, die im Vertrag nicht geregelt seien. Darüber hinaus seien die Bestimmungen dieses Gesetzes Grundlage für die Überprüfung, ob allenfalls Vertragspunkte gegen zwingende Normen des WBFG 1968 verstoßen hätten und daher nicht wirksam hätten vereinbart werden können. Der vom Erstgericht eingenommene Standpunkt, es liege bezüglich der von der Beklagten begehrten persönlichen Solidarhaftung der Wohnungseigentumsbewerber ein Verstoß gegen das WBFG 1968 vor, könne nicht geteilt werden. Es treffe wohl zu, daß durch die Novelle 1972 zum WBFG 1968 die Bestimmung des § 11 Abs. 4 dahin geändert worden sei, daß anstelle der früher ungeteilten Sicherstellung des Darlehens auf der Gesamtliegenschaft auch bei Begründung von Wohnungseigentum nunmehr eine Sicherstellung lediglich der auf die einzelne Wohnung entfallenden Baukosten (§ 2 Abs. 1 Z 10 WBFG 1968) auf dem jeweiligen Anteil vorgesehen sei. Die Erläuternden Bemerkungen begründeten diese Neufassung des Gesetzes allerdings mit der Erkenntnis, daß eine Haftung des Wohnungseigentümers für das gesamte Darlehen wirtschaftlich nicht zumutbar erscheine; damit sei aber lediglich die bis dahin geltende Verpflichtung des Landes, auf eine ungeteilte Sicherstellung des Darlehens auf der Gesamtliegenschaft in jedem Fall zu bestehen, für den Fall von Wohnungseigentumsobjekten abgeändert worden. Hieraus könne jedoch nicht der Schluß gezogen werden, daß die Vereinbarung einer ungeteilten persönlichen Haftung zwischen den Parteien des Darlehensvertrages bzw zwischen den Wohnungseigentumsbewerbern und dem Land ausgeschlossen wäre. Es bestehe keine gesetzliche Norm, die einer solchen Vereinbarung entgegenstünde; allein aus dem Motivenbericht zu einer die Sachhaftung betreffenden Norm könne ein solches Verbot nicht abgeleitet werden. In den Darlehensverträgen sei zwischen der Nebenintervenientin und der Beklagten vereinbart worden, daß die Nebenintervenientin verpflichtet sei, bei Begründung von Wohnungseigentum den Wohnungseigentümern die persönliche Haftung für das Förderungsdarlehen zur ungeteilten Hand durch Schuldübernahme aufzuerlegen. Diese Vereinbarung sei mangels Verstoßes gegen eine gesetzliche Norm als zulässig anzusehen. Die Kläger als Begünstigte aus diesem Vertrag könnten nun gegen die Beklagte Rechte nur in dem Umfang geltend machen, in dem sie (zu ihren Gunsten) von den Vertragspartnern der Darlehensverträge eingeräumt worden seien. Es bestehe keine Grundlage, aus der sie ein Recht auf Einräumung von für sie günstigeren und für die Beklagte nachteiligeren Bestimmungen als in den Darlehensverträgen vereinbart ableiten könnten. Überdies hätten sich die Kläger durch Unterfertigung des Anbots der Nebenintervenientin (Beilage F) in Punkt VII. 3. - wie vom Erstgericht auch

festgestellt - verpflichtet, in alle von der Nebenintervenientin begründeten Rechtsverhältnisse einzutreten, insbesondere ohne Minderung des Kaufpreises zur ungeteilten Hand mit den übrigen Käufern in sämtliche Baudarlehen und Kredite an ihrer Stelle einzutreten und alle diesbezüglichen Verpflichtungen zu übernehmen. Die Kläger hätten daher gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf die für die Begründung des Wohnungseigentums erforderliche Zustimmungserklärung zur Einverleibung ihres Eigentums, ungeachtet des gemäß § 22 WBFG 1968 zugunsten der Beklagten eingeräumten Veräußerungsverbotes, nur dann, wenn sie die Bedingungen der Darlehensverträge zur Gänze erfüllten. Da sich die Kläger jedoch weigerten, die in den Darlehensverträgen zur Bedingung gemachten Erklärung der persönlichen und solidarischen Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung zur ungeteilten Hand abzugeben, bestehe der erhobene Anspruch der Kläger nicht zu Recht; ein Eingehen auf die weiteren erhobenen Fragen erübrige sich damit.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die hier relevierte Frage, nämlich die Auslegung von Darlehensverträgen zwischen einem Wohnungseigentumsorganisator und dem Land im Hinblick auf die Ansprüche der Wohnungseigentumsbewerber und die Bedeutung der Bestimmungen des WBFG 1968 bei der Auslegung solcher Verträge, in der Judikatur des Höchstgerichtes, soweit überblickbar, bisher noch nicht behandelt worden seien.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Kläger, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten und die Nebenintervenientin beantragten in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die Kläger wiederholen in der Revision den Standpunkt, die Beklagte mache ihre Zustimmung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes der Kläger zu Unrecht von der von ihnen geforderten Erklärung abhängig, die persönliche und solidarische Haftung für das gesamte Darlehen zu übernehmen. Dieses Verlangen widerspreche der novellierten Bestimmung des § 11 Abs. 4 WBFG 1968 ebenso wie die Vorschreibung der Darlehensannuitäten unter Zugrundelegung der Nutzfläche der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte als Aufteilungsschlüssel durch die Nebenintervenientin. Da die im § 22 Abs. 2 WBFG 1968 angeführten Fälle, die das Land zur Verweigerung der Zustimmung zur Eigentumsübertragung berechtigten, hier nicht vorlägen, habe das Erstgericht dem Klagebegehren zu Recht stattgegeben und sei die mit dem Gesetz nicht vereinbare Rechtsansicht des Berufungsgerichtes unhaltbar. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Auszugehen ist vorerst davon, daß das zur Abdeckung der Baukosten verwendete Wohnbaudarlehen der Nebenintervenientin im Oktober 1972 gewährt wurde, somit noch vor dem mit 1.1.1973 erfolgten Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 30. Mai 1972, BGBl Nr 232 (Art III Abs. 1), mit dem die gesetzlich vorgesehene grundbücherliche Sicherstellung des Darlehens (§ 11 Abs. 4 WBFG 1968) für die Fälle des Wohnungseigentumes anstatt in Form einer solidarischen Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers für das gesamte Darlehen im Sinne dessen Haftung für das auf seine Wohnungseinheit entfallenden Darlehens auf dem betreffenden Liegenschaftsanteil geändert wurde. Daraus folgt aber, daß die der Darlehenszusage vom 5.10.1972 zugrundegelegte Art der Darlehenssicherung im Sinne der Solidarhaftung der Vertragspartner der Nebenintervenientin der damaligen Rechtslage entsprach. Da das WBFG 1968 bloß zivilrechtliche Maßnahmen der Länder zum Gegenstand hat (vgl Bydlinski in JBl 1975, 252 f) und keine unmittelbaren Rechtswirkungen auf privatrechtliche Verträge zwischen den Bauträgern und den Wohnungswerbern enthält

(vgl EvBl 1980/38 = JBl 1980, 151; MietSlg 35.675), hatte die genannte Novellierung des § 11 Abs. 4 WBFG 1968 keine Auswirkungen auf die dem der Nebenintervenientin im Jahre 1972 zugesagten Darlehen zugrundegelegten Bedingungen oder auf die Vereinbarung der Nebenintervenientin mit den einzelnen Wohnungswerbern. Wenn daher die Nebenintervenientin unter anderem die nunmehrigen Kläger im Sinne der Auflagen in der Darlehenszusage (Beilage E, Punkt II.5.) zur Übernahme der persönlichen Haftung für das gesamte Förderungsdarlehen zur ungeteilten Hand verhielt und dies von den Klägern akzeptiert wurde, so kann darin kein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen erblickt werden.

Dem Berufungsgericht ist aber auch darin beizupflichten, daß die Baukosten - und Annuitätenaufteilung auf Grund der Spezialbestimmungen des WBFG 1968 (insbesondere § 2 Abs. 1 Z 10, § 34 Abs. 2) nach dem Nutzflächenschlüssel zu erfolgen hat (vgl. Faistenberger-Barta-Call, 506); abgesehen davon sind die von den Revisionswerbern gewünschten Aufteilungsbestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes (§ 19) vor Begründung des Wohnungseigentums nicht zwingend (vgl MietSlg 32.502 ua); es kann daher keine Rede davon sein, daß die von der Nebenintervenientin im Sinne der Bedingungen der Darlehenszusage aus dem Jahr 1972 den Klägern vorgeschriebenen Rückzahlungsraten gesetzwidrig wären. Worin die Sittenwidrigkeit zu erblicken wäre wird in der Revision nicht dargetan und ist der Aktenlage auch nicht zu entnehmen. Im übrigen stellen sich die diesbezüglichen Ausführungen der Revisionswerber lediglich als Wiedergabe von Erörterungen des Erstgerichtes im Verfahren der Wohnungseigentumswerber gegen die Nebenintervenientin auf Einverleibung ihres Eigentumsrechtes dar; daraus ist aber für die hier allein strittige Frage der Verpflichtung der Beklagten, der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Kläger zuzustimmen, nichts zu gewinnen.

Den Revisionswerbern ist wohl beizupflichten, daß die im Gesetz ausdrücklich angeführten Fälle, in welchen das Land die Zustimmung zur Übertragung des Eigentumsrechtes zu verweigern hat (§ 22 Abs. 2 lit a) bis c) WBFG 1968) nicht vorliegen. Daraus läßt sich für sie aber nichts ableiten, weil in allen anderen Fällen es im Ermessen des Landes liegt, ob es die Veräußerungszustimmung erteilt oder nicht (vgl Krassnig-Kohler, WFG 2 , 83 Anm 7) zu § 22 WBFG 1968). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Kläger in sämtliche Baudarlehen anstelle der Nebenintervenientin eingetreten sind, sodaß die Kläger der Beklagten gegenüber Anspruch auf die für die Begründung des Wohnungseigentums erforderliche Zustimmungserklärung zur Einverleibung ihres Eigentumsrechtes nur dann haben, wenn sie die Darlehensbedingungen zur Gänze erfüllen. Weigern sich die Kläger aber grundsätzlich, die persönliche und solidarische Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung zu übernehmen, so kann in der Verweigerung der Veräußerungszustimmung ein Ermessensmißbrauch der Beklagten nicht erblickt werden. Da sich die Weigerung der Kläger nicht bloß auf die Sicherstellung und Rückzahlung des im Jahr 1975 gewährten Zusatzdarlehens von 123.000 S bezieht, kann die Frage unerörtert bleiben, ob das Verlangen der Beklagten auf Übernahme der solidarischen Personalhaftung hinsichtlich des gesamten Zusatzdarlehens im Hinblick darauf, daß es das rechtliche Schicksal des Hauptdarlehens teilen sollte, berechtigt ist oder mit Rücksicht darauf, daß es bereits zur Zeit der Wirksamkeit der genannten Novelle des WBFG gewährt wurde, unzulässig ist.

Das Berufungsgericht ist daher frei von Rechtsirrtum zur gänzlichen Klagsabweisung gelangt.

Der Revision der Klägerin konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E08031

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00057.86.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19860415_OGH0002_0050OB00057_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten