TE OGH 1986/5/13 10Os66/86

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Veröffentlicht am 13.05.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Mai 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jagschitz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael K*** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20.Jänner 1986, GZ 7 b Vr 8363/85-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt 1. sowie laut Punkt 2. insoweit, als er das unbefugte Führen einer Faustfeuerwaffe (samt Munition) betrifft, und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen; im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die den erfolglos gebliebenen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch einen Teilfreispruch enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Michael K*** (1.) - insoweit von der Anklage wegen versuchter schwerer Erpressung mangels Erweislichkeit eines Bereicherungsvorsatzes abweichend - des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB und

(2.) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffG schuldig erkannt. Darnach liegt ihm zur Last, in Wien

(zu 1.) am 23.Juli 1985 Johanna D*** durch die Äußerung, er werde sie und ihren Buben eigenhändig umbringen, worauf er ihr mehrere Faustschläge versetzte, also (mit Gewalt und) durch (gefährliche) Drohung mit dem Tod, zur Bezahlung von 300.000 S zu nötigen versucht sowie

(zu 2.) in der Zeit von Juni 1984 bis zum 24.Juli 1985 (vorsätzlich) unbefugt eine Faustfeuerwaffe, und zwar einen Revolver der Marke Arminius, Kal. 22, samt - vom Schuldspruch nicht erfaßter (vgl. US 24) - Munition besessen und geführt

zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 9 lit. a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt teilweise Berechtigung zu.

Zum Faktum 1. hat das Erstgericht, als es der belastenden Darstellung der Zeugin D*** über den Hergang des Tatgeschehens Glauben schenkte und die (insoweit eine gezielte Verleumdung durch sie behauptende) Verantwortung des Beschwerdeführers als unglaubwürdig beurteilte, tatsächlich eine Reihe von Verfahrensergebnissen, aus denen für ihn günstigere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können, mit Stillschweigen übergangen (Z 5).

Die Aussage des Zeugen Dr. G*** (S 153 f.) über die den Tathergang betreffenden Angaben der Genannten beim Sicherheitsbüro am Tag nach der Auseinandersetzung und die darüber aufgenommene Niederschrift (S 33 f.), wonach sie im Gegensatz zu ihrer unmittelbar nach dem Vorfall erstatteten Anzeige (S 27 bis 30) von Morddrohungen nichts erwähnte, bleiben im Urteil vollkommen unerwähnt.

Die Bekundungen der Zeugen Hermine K*** (S 122 bis 124), K***, S*** und B*** (S 155 bis 161) über jene Ereignisse aber, mit denen der Beschwerdeführer die Richtigkeit seiner Verantwortung glaubhaft machen wollte, daß ihn die Anzeigerin verleumderisch bezichtigt habe, um sich in den alleinigen Besitz der gemeinsamen Wohnung setzen zu können, hat das Schöffengericht mit der pauschalen Erklärung, durch "die übrigen Aussagen" werde "lediglich das Rundherum des Verhältnisses zwischen dem Angeklagten und Johanna D*** beleuchtet", sowie mit einer exemplifizierenden Bezugnahme auf ein völlig nebensächliches, damit nicht in Zusammenhang stehendes Detail aus den Angaben der zuerst angeführten Zeugin abgetan (US 19). Das ist umso unverständlicher, als zum Zweck der Vernehmung (unter anderem) der drei zuletzt genannten Zeugen zu den insoweit aktuellen, im Urteil jedoch überhaupt nicht erwähnten Beweisthemen, die es seinerzeit offensichtlich als wesentlich angesehen hatte, sogar die Hauptverhandlung vertagt worden war (S 124 bis 126).

Zum Faktum 2. hinwieder ist die Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe zugegeben, daß er die Waffe in die Wohnung gebracht habe (US 21)lsim Hinblick auf dessen Darstellung - wonach der Erwerb im Weg eines Tausches erst in der Wohnung stattfand (S 45, 96) und nicht etwa "im Bazar" (S 93), womit eine Zeitschrift mit dem betreffenden Tauschinserat gemeint war (S 17) - aktenwidrig (Z 5). Im übrigen läßt das Urteil, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, bei der Beurteilung des angenommenen Transportes dieses Revolvers durch den Angeklagten als Führen im Sinn des § 36 Abs. 1 lit. a (zweiter Deliktsfall - vgl. SSt. 44/4) WaffG aber auch eine Feststellung darüber vermissen (Z 9 lit. a), ob die Waffe damals geladen war (§ 5 Abs. 2 lit. b WaffG).

Schon im Hinblick auf diese vom Beschwerdeführer zutreffend gerügten gravierenden Begründungs- und Feststellungsmängel des Urteils ist in Ansehung der Schuldsprüche zum Faktum 1. und zum Faktum 2. insoweit, als es dabei um das unbefugte Führen der entscheidungsgegenständlichen Faustfeuerwaffe geht, eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unvermeidlich; im damit umschriebenen Umfang und demzufolge auch im Strafausspruch war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung des angefochtene Urteil aufzuheben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in die erste Instanz zurückzuverweisen (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des darauf bezogenen weiteren Beschwerdevorbringens bedarf. Offenbar unbegründet hingegen ist die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit, als sie gegen den Schuldspruch zum Faktum 2. wegen des unbefugten Besitzes des Revolvers durch den Angeklagten gerichtet ist (sachlich ausschließlich Z 5).

Denn die damit bekämpfte Feststellung seines Wissens vom Fehlen einer Befugnis zum Waffenbesitz konnte das Erstgericht durchaus ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder gegen allgemeine Lebenserfahrung zum einen aus seiner als erwiesen angenommenen Absicht beim Erwerb des Revolvers, sich im Zuhältermilieu bewaffnet zu bewegen, und zum anderen daraus ableiten, daß er sowohl die Waffe als auch die Munition in der Wohnung versteckte (US 14, 17). Die zuerst relevierte Annahme hinwieder erweist sich ihrerseits im Hinblick darauf, daß das Schöffengericht unbekämpft einerseits die Lebensführung des Beschwerdeführers als zuhälterähnlich bewertete und anderseits seine Darstellung, er habe Waffe und Munition nur zu Dekorationszwecken erworben, als widerlegt ansah, als ein mängelfrei begründetes und demnach im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden nicht anfechtbares Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO). Einer speziellen Erwähnung seiner nunmehrigen Verantwortung auch dahin, daß der Revolver nicht ihm gehört habe (S 93), und seiner ursprünglichen Angaben bei der Polizei, wonach er nicht gewußt habe, daß er die Waffe nicht besitzen dürfe (S 45), bedurfte es - zumal unter Bedacht auf sein formales Schuldbekenntnis in der Hauptverhandlung (S 91, 147) - unter diesen Umständen nicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO).

Im zuletzt erörterten Umfang war demnach die Nichtigkeitsbeschwerde - gleichfalls nach Anhörung der Generalprokuratur bereits in nichtöffentlicher Sitzung - sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

Anmerkung

E08299

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00066.86.0513.000

Dokumentnummer

JJT_19860513_OGH0002_0100OS00066_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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