TE OGH 1986/6/24 11Os90/86

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Veröffentlicht am 24.06.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, Dr.Walenta, Dr.Schneider und Dr.Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Steinberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Horst H*** und andere wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs 1 SGG (a.F.) und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Horst H*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Dezember 1985, GZ 6 b Vr 9.325/85-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und es wird - in Ansehung der Angeklagten Walter Johann K***, Thomas H*** und Thomas J*** gemäß dem § 290 Abs 1 StPO - das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, die Angeklagten hätten die den Gegenstand des Schuldspruches zu I (Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz) bildende Tat als Mitglieder einer Bande begangen, in der rechtlichen Beurteilung zu I des Schuldspruches, ferner im gesamten Schuldspruch zu II (Finanzvergehen) sowie in allen Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaftzeiten) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Horst H*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 9. März 1945 geborene beschäftigungslose Horst H***, der am 30. Juni 1926 geborene Gelegenheitsarbeiter Walter Johann K***, der am 18. September 1966 geborene beschäftigungslose Thomas H*** und der am 1. August 1965 geborene Angestellte Thomas J*** des Verbrechens nach dem § 12 Abs 1 SuchtgiftG a.F. (I des Schuldspruches) und des Finanzvergehens des bandenmäßigen Schmuggels nach den §§ 35, 38 Abs 1 lit b FinStrG (II des Schuldspruches), die Angeklagtgen Horst H***, Thomas H*** und Thomas J*** überdies des Vergehens nach dem § 16 Abs 1 Z 2 (dritter und vierter Fall) SuchtgiftG a.F. (III des Schuldspruches) und der Angeklagte Walter Johann K*** des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 2 StGB (IV des Schuldspruches) schuldig erkannt. Soweit für dieses Rechtsmittelverfahren von Bedeutung, liegt ihnen zur Last, I. Horst H***, Walter Johann K***, Thomas H*** und Thomas J*** im Juli 1985 als Mitglieder einer Bande dadurch vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen aus- und eingeführt und in Verkehr gesetzt zu haben, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem 1. Thomas H***, Thomas J*** und der gesondert verfolgte Jugendliche Bernhard S*** in Amsterdam Haschisch in der Größenordnung von 1,9 kg besorgten, 2. Walter Johann K*** dieses Suchtgift in mehreren Etappen nach Österreich brachte und 3. Thomas J*** im Auftrag des Horst H*** dieses Suchtgift in Wien und Niederösterreich weiterverkaufte; II. Horst H***, Walter Johann K***, Thomas H*** und Thomas J*** durch das zu I näher beschriebene Verhalten bandenmäßig eingangs- oder ausgangsabgabepflichtige Waren, nämlich 1,9 kg Haschisch vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen zu haben; 3. wiederholt den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich Haschisch, erworben und besessen zu haben, und zwar Horst H***

zwischen Mai 1985 und August 1985, Thomas H*** seit Anfang 1984 bis August 1985 und Thomas J*** von Mai 1985 bis August 1985. Dieses Urteil wird allein vom Angeklagten Horst H***, und zwar im Schuldspruch mit einer ausdrücklich pauschal auf die Z 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Zutreffend macht nämlich der Beschwerdeführer einen Feststellungsmangel zur Qualifikation der bandenmäßigen Begehung des Suchtgiftdeliktes geltend.

Die Frage, ob der Täter das Suchtgiftdelikt in der Eigenschaft eines Bandenmitgliedes beging, ist auf der Grundlage der gesetzlichen Definition für eine Bandenbildung im § 278 Abs 1 StGB zu beurteilen. Darnach stellt eine Bande den Zusammenschluß von mindestens drei Personen zum Zweck fortgesetzter Begehung gleichartiger Delikte (hier nach dem Suchtgiftgesetz) dar. "Fortgesetzt" in diesem Sinn bedeutet allerdings nicht, daß mehrere Tathandlungen kraft Fortsetzungszusammenhanges zu einer Einheit verschmelzen. Die Verbindung zu solchem rechtlich als Einheit zu wertenden deliktischen Verhalten würde vielmehr die Heranziehung der Bandenqualifikation ausschließen (ÖJZ-LSK 1978/302). Feststellungen zu diesen Kriterien der Bandeneigenschaft sind dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Der kurze Hinweis im Rahmen der Beweiswürdigung auf mehrfache Schmuggelfahrten, Absprachen über den Verkauf des Suchtgiftes und auf die Aussage des Thomas H***, daß sein Vater Horst H*** einen Suchtgiftring aufziehen wollte (S 367 d. A.), gibt dafür umso weniger her, als die Urteilsfeststellung, Horst H*** habe die Mitangeklagten (und einen gesondert verfolgten Jugendlichen) dazu angehalten, von Amsterdam Haschisch in der Größenordnung von 2 kg nach Österreich zu schmuggeln, wo dieses Suchtgift zum Teil von den Tätern konsumiert und zum Großteil weiterverkauft werden sollte (S 365 d.A.), durch die den Tätern damit - in dieser Formulierung - unterstellte Beschränkung ihrer deliktischen Aktivität auf eine (zeitlich eng begrenzte) Manipulation mit einer von vornherein bestimmten Suchtgiftmenge (2 kg) einer Heranziehung der vorerwähnten Qualifikation geradezu entgegensteht.

Dieser Feststellungsmangel läßt das Urteil mit materieller Nichtigkeit nach der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO behaftet erscheinen. Diese Nichtigkeit war gemäß dem § 290 Abs 1 StPO zugunsten der übrigen Angeklagten, die kein Rechtsmittel ergriffen, von Amts wegen wahrzunehmen, weil sie auch ihnen zum Nachteil gereicht. Mit Recht weist aber der Beschwerdeführer auch darauf hin, daß im Fall einer Verneinung der Voraussetzungen für die Heranziehung der Bandenqualifikation die Tathandlungen jedenfalls nach der Norm des § 12 SuchtgiftG in der derzeit geltenden Fassung zu beurteilen wären, weil - im Sinn des § 61 StGB - die Gesetze, die zur Zeit der Tat gegolten haben, wie schon ein Vergleich der beiden Strafsanktionen zeigt, für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger waren. Damit würde aber auch die Bestimmung des § 24 a SuchtgiftG hier anzuwenden sein.

Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war über die Nichtigkeitsbschwerde (bzw. aus deren Anlaß) bereits in nichtöffentlicher Sitzung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Mit seiner durch die Aufhebung des erstgerichtlichen Strafausspruches gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte Horst H*** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E08686

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00090.86.0624.000

Dokumentnummer

JJT_19860624_OGH0002_0110OS00090_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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