TE OGH 1986/7/1 14Ob101/86 (14Ob102/86)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht in der Rechtssache der klagenden Partei Maria R***, Hausfrau, Hochburg/Ach, Sparkassenweg Nr. 3, vertreten durch Dr. Manfrid Lirk, Rechtsanwalt in Braunau im Inn, wider die beklagte Partei Alois R***, Landwirt, Hochburg/Ach, Dorfen Nr. 6, vertreten durch Dr. Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 261.942,- sA., infolge Rekurses des Beklagten und Revision beider Parteien gegen den Beschluß und das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 5. Dezember 1985, GZ 12 Cg 9/85-30, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Braunau am Inn vom 20. Dezember 1984, GZ Cr 71/84-13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den I. durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter,

B e s c h l u ß

gefaßt:

1. Dem Rekurs des Beklagten gegen die Zulassung der Klagsänderung im Berufungsverfahren wird nicht Folge gegeben.

2. Der Rekurs des Beklagten gegen die Verwerfung der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit durch das Berufungsgericht wird zurückgewiesen.

3. Beide Parteien haben die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

II. durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dr. Wolfgang Adametz und Hermann Peter als weitere Richter zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin an Kosten des Revisionsverfahrens S 4.530,90 (davon S 411,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 27.3.1975 rechtskräftig aus dem Verschulden der Klägerin geschieden. Die der Ehe entstammenden Kinder Alois, geboren 1962, Marianne, geboren 1964, und Monika, geboren 1972, wurden in Pflege und Erziehung des Beklagten überwiesen. Die Streitteile waren je zur Hälfte Eigentümer einer Landwirtschaft, bestehend aus den Liegenschaften EZ 61, Grundbuch Unterkriebach und EZ 107 Grundbuch Hochburg. Mit Übergabsvertrag vom 11.2.1977 übergab die Klägerin ihren Hälfteanteil an diesen Liegenschaften gegen einen Übergabspreis von S 150.000,- dem Beklagten, der ihr außerdem an zwei Räumen des Obergeschosses des Hauses Dorfen Nr. 6 ein Wohnungsrecht mit entsprechenden Mitbenützungsrechten an sonstigen Teilen des Hauses einräumte.

Die Klägerin brachte in erster Instanz vor, sie habe nach der Scheidung ihrer Ehe und der Übergabe ihres Liegenschaftsanteils an den Beklagten so wie vorher in der Landwirtschaft mitgearbeitet, jedoch vom Beklagten keinen Lohn erhalten. Sie habe daher Anspruch auf Entlohnung nach dem Kollektivvertrag für die Landarbeiter in bäuerlichen Betrieben (im Bundesland Oberösterreich). Unter Zugrundelegung des monatlichen Bruttolohnes von S 6.219 nach Kategorienschema 7 (einschließlich freier Station und Sonderzahlungen) begehrte die Klägerin für die Zeit vom September 1981 bis August 1984 einen Betrag von S 261.198,-

brutto sA.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die Klägerin wegen des eingeräumten Wohnrechts auf der Landwirtschaft verblieben sei. In dieser Zeit habe sie zwar in Ausübung ihrer mütterlichen Pflichten gelegentlich für die ganze Familie gekocht, aber darüber hinausgehende Arbeiten in der Landwirtschaft nicht verrichtet. Sie wäre dazu infolge ihrer häufigen Alkoholisierung auch gar nicht in der Lage gewesen. Das Erstgericht sprach der Klägerin für die Zeit von Jänner bis April 1984 S 29.022,- brutto sA zu und wies das Mehrbegehren von S 232.176,- brutto sA mit der Begründung ab, daß zwischen den Streitteilen bis Dezember 1983 intime Beziehungen bestanden, so daß bis dahin eine Lebensgemeinschaft (Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft) aufrecht geblieben sei. Für diese Zeit könne die Klägerin keine Entlohnung begehren.

Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem.

Die Klägerin begehrte im Berufungsverfahren zuletzt Zahlung von S 261.942,- sA, und zwar als Entlohnung als Landarbeiterin für die Zeit von Jänner 1983 bis April 1984 S 111.942,- und die Zahlung weiterer S 150.000,-, die sie und ihr Sohn dem Beklagten nach der Scheidung für Investitionen in seine Landwirtschaft (insbesondere Viehzukäufe) zur Verfügung gestellt hätten. Der Sohn der Streitteile habe den auf ihn entfallenden Anteil von S 40.000,- der Klägerin zur Einziehung abgetreten.

Der Beklagte sprach sich gegen die Zulassung der Klagsänderung aus und wendete hinsichtlich des "Darlehens" (Zahlung von S 150.000,-) sachliche Unzuständigkeit des Arbeitsgerichtes ein. Das Berufungsgericht ließ die im Berufungsverfahren vorgenommene Klagsänderung zu, wies die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit ab und gab der Berufung des Beklagten nicht, wohl aber der Berufung der Klägerin teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es der Klägerin insgesamt S 192.027,50 sA (davon S 92.027,50 brutto) zusprach und ein Mehrbegehren von S 69.914,50 sA abwies. Das Berufungsgericht legte seiner Entscheidung außer den bereits eingangs erwähnten Feststellungen folgenden weiteren Sachverhalt zugrunde:

Nach der Ehescheidung und auch nach der Übergabe der Liegenschaftshälfte der Klägerin an den Beklagten ging das Leben zwischen den beiden im wesentlichen weiter wie vorher. Die Klägerin führte für den Beklagten und die Kinder den gemeinsamen Haushalt. Sie beschränkte sich nicht auf das Bewohnen der Räume, an denen sie das Wohnungsrecht besaß, sondern benützte auch den Großteil des übrigen Hauses und der Liegenschaft. Sie arbeitete weiterhin wie eine Landarbeiterin im Stall und auf dem Feld. Die Klägerin pflegte bereits um 5,15 Uhr aufzustehen, heizte dann ein, versorgte anschließend die Kinder, die zur Schulde mußten, und erledigte zwischendurch Stallarbeiten. Vormittags verrichtete sie Arbeiten im Haus und besorgte Einkäufe. Im weiteren Tagesverlauf arbeitete die Klägerin je nach Jahreszeit in der Landwirtschaft. Der Beklagte untersagte ihr diese Arbeiten nicht. Er machte sie sogar auf die verschiedenen zu verrichtenden Arbeiten aufmerksam. Die Klägerin betreute auch die Mutter des Beklagten, die im Februar 1983 im Alter von 92 Jahren verstorben ist.

Für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin vom Beklagten keine Entlohnung; er gab ihr in der Woche nur durchschnittlich S 200,- für die Besorgung der Einkäufe. Außerdem konnte sie die Erlöse aus dem Eierverkauf für die Haushaltsführung verwenden. Andererseits trug die Klägerin Ausgaben für die Landwirtschaft. Die Mittel dazu stammten zum Teil aus dem Übergabspreis ihrer Liegenschaftshälfte und zum Teil aus Zuwendungen ihrer Eltern. Die Klägerin legte diese Beträge auf ein Sparbuch und hob die benötigten Summen in meistens kleinen Beträgen bis zu S 1.000,- ab. Durch diese Abhebungen befriedigte die Klägerin zum Teil ihre eigenen Bedürfnisse; zum Teil trug sie aber davon auch Aufwendungen für die Haushaltsführung und die Landwirtschaft. Eine Aufschlüsselung der verwendeten Beträge ist nicht mehr (zur Gänze) möglich. Die Klägerin gab 1977/78 für den Ankauf der Kuh "Demut" S 20.000,-, 1980 für die Ersteigerung eines Zuchtschweins S 6.300,- und 1981 für die Mitfinanzierung des Kaufes der Kuh "Fürstin" S 5.000,- aus. Für die Verschönerung der Küche (Erneuerung des Bodenbelages, Vorhänge etc.) zahlte die Klägerin im Jahre 1981 S 8.000,-. Ihr Sohn Alois R*** jun. kaufte 1980 ein Vakuumgüllefaß für die Landwirtschaft um S 43.000,-, das er im Herbst 1984 um S 27.000,- wieder verkaufte. Für Viehankäufe gab Alois R*** jun. S 11.400,- aus. Ferner trug er von 1979 bis 1983 die Telefonkosten der gesamten Familie. Er trat seine Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin ab. Der Grund für die Investitionen der Klägerin lag darin, daß sie in den ersten Jahren nach der Scheidung noch hoffte, den Beklagten wieder heiraten zu können. Im Laufe der Jahre erkannte sie zwar, daß diese Hoffnung immer geringer werde, erwartete jedoch, daß der Beklagte die Landwirtschaft, so wie es immer vorgeshen war, ihrem Sohn Alois übergeben würde. Auch der Sohn nahm bis zu einer Auseinandersetzung mit dem Beklagten im April 1984 an, daß er einmal die Landwirtschaft erhalten würde, weshalb er sich bereit erklärte, zum Betrieb des Anwesens finanziell beizutragen. Seit dem Streit im April 1984 ist der Beklagte, der bis dahin die Hofübernahme durch seinen Sohn nicht in Frage gestellt hatte, nicht mehr bereit, diesem die Landwirtschaft zu übergeben oder zu vererben.

Die Parteien lebten nach der Scheidung ihrer Ehe im selben Haus, schliefen jedoch in getrennten Zimmern und beschränkten ihre gegenseitigen Kontakte im wesentlichen auf die Führung der Landwirtschaft und die Erziehung der Kinder. Die finanziellen Belange nahm allein der Beklagte wahr, der auch die Familienbeihilfe für die Kinder bezog. Der Beklagte verbrachte die Freizeit in den letzten Jahren ohne die Klägerin. Er verließ den Hof, sobald ihm dies arbeitsmäßig möglich war. "Trotzdem" kam es zwischen den Streitteilen immer wieder zu Streitigkeiten, andererseits aber in den letzten Jahren wenige Male noch zu sexuellen Kontakten, zuletzt am 23.12.1983 zu einem Geschlechtsverkehr. Ab Mai 1984 erbrachte die Klägerin über ausdrückliches Verbot des Beklagten in der Landwirtschaft keine Arbeitsleistungen mehr.

Nach dem Kollektivvertrag für die Landarbeiter in bäuerlichen Betrieben im Bundesland Oberösterreich stand einer ersten Landarbeiterin ab 1.8.1981 ein Gesamtbruttolohn von S 6.168,- und ab 1.8.1983 von S 6.219 brutto monatlich zu. Hievon sind für freie Station S 1.500,- und ab 1.8.1983 S 1.740,- abzuziehen. Bei nur teilweiser Gewährung der freien Station ist die Wohnung nach dem "Sozialversicherungsbewertungssatz" mit einem Zehntel anzurechnen. Das Berufungsgericht war der Ansicht, das Wesen einer Lebensgemeinschaft bestehe im allgemeinen in einer Geschlechts-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft der Partner, wobei aber wie bei einer Ehe das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen könne. Zum Begriff der Lebensgemeinschaft gehöre aber, daß beide Partner Freud und Leid miteinander teilten, einander Beistand und Dienste leisteten und einander an den zur Bestreitung des Unterhalts, der Zerstreuung und Erholung dienenden gemeinsamen Güter teilnehmen ließen und insbesondere die Freizeit weitgehend gemeinsam verbrächten. Es handle sich dabei um eine aus einer seelischen Gemeinschaft und dem Zusammengehörigkeitsgefühl entstandene Bindung und ihren äußeren Ausdruck. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Lebensgemeinschaft seien danach hier nicht gegeben. Eine Wohngemeinschaft habe zwischen den Streitteilen nur insofern bestanden, als sie sich bei getrennten Schlafzimmern im selben Haus aufhielten, weil beide in der Landwirtschaft arbeiteten. Die fallweisen geschlechtlichen Kontakte in verhältnismäßig großen Abständen reichten zur Annahme einer Geschlechtsgemeinschaft nicht aus. Auch eine Wirtschaftsgemeinschaft habe gefehlt. Der Beklagte habe die finanziellen Belange allein geregelt. Eine seelische Gemeinschaft und ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Streitteile seien nicht gegeben gewesen.

Mangels Vorliegens einer Lebensgemeinschaft sei somit dadurch, daß der Beklagte die Dienstleistungen der Klägerin angenommen habe, schlüssig ein Dienstverhältnis zustandegekommen. Unter Zugrundelegung der Kollektivvertragslöhne und nach Abzug für freie Station stehe der Klägerin aus diesem Titel ein Betrag von S 92.097,50 zu.

Die Klägerin habe die Investitionen in die Landwirtschaft des Beklagten nur deshalb vorgenommen, weil sie zunächst noch auf eine neuerliche Heirat mit ihm gehofft, später aber angenommen habe, daß er die Liegenschaft ihrem gemeinsamen Sohn Alois übergeben werde. Dem Beklagten sei dieser Grund für ihre Leistungen auch erkennbar gewesen, weil er selbst bis April 1984 die Absicht gehabt habe, die Landwirtschaft einmal seinem Sohn zu übergeben. Der Klägerin stehe daher wegen zweckverfehlter Leistungen ein Rückforderungsanspruch zu. Da die Höhe der Beträge, die die Klägerin und ihr Sohn dem Beklagten für dessen Landwirtschaft zur Verfügung stellten, nicht mehr einwandfrei festgestellt werden könne, sei die Forderung gemäß § 273 ZPO mit S 100.000,- festzusetzen gewesen.

Beide Teile erheben gegen das Urteil des Berufungsgerichtes Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, der Bekalgte überdies gegen die mit der Berufungsentscheidung verbundenen Beschlüsse der zweiten Instanz, mit denen die Klagsänderung zugelassen und die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit "abgewiesen" wurde, Rekurs.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen die Verwerfung der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit ist unzulässig; die übrigen Rechtsmittel der Streitteile sind nicht berechtigt.

1. Zum Rekurs des Beklagten:

a) gegen die Verwerfung der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit:

Das Berufungsgericht bejahte seine sachliche Zuständigkeit für die von der Klägerin im Wege der Klagsänderung im Berufungsverfahren erhobenen Kondiktionsansprüche wegen Bestehens eines wirtschaftlichen Zusammenhanges nach § 1 Abs 3 ArbGG. Gemäß § 45 JN sind nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, nicht anfechtbar. Diese Bestimmung ist seit der ZVN 1983 auch zwischen den ordentlichen Gerichten und den Arbeitsgerichen anzuwenden, weil die Unzuständigkeit nunmehr gemäß § 4 zweiter Halbsatz ArbGG auch zwischen diesen Gerichten heilbar ist (Fasching, Lehr- und Handbuch, Rz 231; JBl 1986, 333). Da die zweite Instanz ihre sachliche Zuständigkeit bejahte, ist der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs unzulässig.

b) gegen die Bewilligung der Klagsänderung:

Die Frist für Rekurse gegen die Bewilligung der Klagsänderung beträgt gemäß § 521 Abs 1 ZPO 14 Tage. Eine vierwöchige Rekursfrist gilt nur in den Fällen des § 521 a ZPO, zu denen die Entscheidung über die Zulassung einer Klagsänderung nicht gehört (4 Ob 1510/84; 4 Ob 103/85).

Dennoch ist der vom Beklagten erhobene Rekurs rechtzeitig. Werden nämlich in die selbe Entscheidungsausfertigung mehrere Entscheidungen aufgenommen, für die verschieden lange Rechtsmittelfristen gelten, dann steht für die Anfechtung einer solchen Entscheidung, gleichgültig welcher ihrer Teile angegriffen wird, die längere Rechtsmittelfrist zur Verfügung (Fasching IV 25, 421; JBl 1962, 452; RZ 1982/40 uva). Dies gilt sowohl für die gemeinsame Ausfertigung mehrerer Beschlüsse wie auch von Beschlüssen und Urteilen (zB 4 Ob 103/85, Urteil und Ablehnung der Klagsänderung). Dem Kläger stand daher für die Erstattung des Rekurses die in der Hauptsache geltende vierwöchige Revisionsfrist (§ 505 Abs 2 ZPO) zur Verfügung.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist die Entscheidung des Berufungsgerichtes über eine im Berufungsverfahren angestrebte Klagsänderung abgesondert anfechtbar. Die Rechtsmittelbeschränkungen des § 519 ZPO gelten für solche Beschlüsse nicht (Nowak, Zur Tragweite des § 519 ZPO, JBl 1953, 84; Stanzl, Arbeitsgerichtliches Verfahren 137; Arb. 5692, 8260 uva, zuletzt 4 Ob 103/85). Der somit zulässige Rekurs ist aber nicht berechtigt. Ob zwischen dem aufrecht erhaltenen und dem geänderten Teil des Klagebegehrens ein rechtlicher oder unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang iS des § 1 Abs 3 ArbGG besteht, ist für die Statthaftigkeit der Klagsänderung (§ 235 Abs 1 ZPO) nicht mehr entscheidend, weil die zweite Instanz ihre sachliche Zuständigkeit unanfechtbar bejahte. Aber auch eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung (§ 235 Abs 3 ZPO) war nicht zu besorgen, weil die zweite Instanz bei der Neuverhandlung der Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG im Rahmen der von den Parteien begehrten teilweisen Beweiswiederholung die tatsächlichen Grundlagen auch für das geänderte Klagebegehren schaffen konnte.

Für die Rekursbeantwortung gebühren der Klägerin keine Kosten. Soweit sich der Rekurs des Beklagten gegen die Bewilligung der Klagsänderung richtete, war die Anbringung einer Rekursbeantwortung nicht statthaft (§ 521 a Abs 1 ZPO). Auf die Unzulässigkeit des Rekurses des Beklagten gegen die Verwerfung der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit aber hat die Klägerin in der insofern zulässigen Rekursbeantwortung nicht hingewiesen, sodaß der Schriftsatz in diesem Umfang nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

2. Zur Revision des Beklagten:

Der Revisionswerber macht geltend, daß die von der Klägerin mit S 150.000,- bezifferten und vom Berufungsgericht mit S 100.000,-

bemessenen Rückforderungsansprüche wegen Investitionen auf die Liegenschaft einer Feststellung gemäß § 273 ZPO nicht zugänglich seien. Der Bestand dieser Forderung sei weder durch ein entsprechend konkretisiertes Vorbringen der Klägerin gedeckt, noch im Beweisverfahren auch nur zum Teil nachgewiesen worden. Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Der Revisionswerber übersieht zunächst, daß die Klägerin in der Berufung ausdrücklich vorbrachte, sie habe alle Leistungen an den Beklagten in der ihm bekannten Erwartung einer neuerlichen Eheschließung erbracht, sodaß sie gemäß § 1435 ABGB rückforderbar seien. Nicht vorgebracht hat die Klägerin allerdings, daß sie, als sich die Erwartung der Wiederverehelichung nicht erfüllte, ihre (weiteren) Leistungen im Hinblick auf die vom Beklagten bis April 1984 nicht in Frage gestellte künftige Hofübernahme durch ihren Sohn erbrachte und dies auch für ihn Leistungsgrund war. Die dazu vom Berufungsgericht getroffenen "überschiessenden Feststellungen" waren aber bei der rechtlichen Beurteilung des Kondiktionsanspruchs miteinzubeziehen (ÖBl 1976,27; NZ 1982,154 uva), weil sie mit dem ausdrücklich hinreichend geltend gemachten Klagegrund in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen.

Das Berufungsgericht traf auch ins einzelne gehende Feststellungen darüber, welche Viehzukäufe und sonstigen Aufwendungen die Klägerin (bzw. ihr Sohn) aus eigenen Mitteln auf die Landwirtschaft des Beklagten machten. Es kann somit keine Rede davon sein, daß der Klägerin der Beweis, daß sie gegen den Beklagten eine (Rück-)Forderung zu stellen habe, überhaupt nicht gelungen sei. Das Berufungsgericht wendete daher § 273 Abs 1 zutreffend an, weil der Klägerin nur der Beweis der Höhe der Forderung nicht einwandfrei gelang. Die festgesetzte Höhe der Rückforderung begründete die zweite Instanz damit, daß die Klägerin nicht alle Beträge, die sie von ihren Eltern erhalten habe, für Anschaffungen in der Landwirtschaft des Beklagten verwendete, sondern ein Teil davon für die Bestreitung ihres Lebensunterhaltes aufging. Eine unrichtige Bemessung nach § 273 ZPO liegt weder zum Nachteil des Beklagten noch der Klägerin (wie bei ihrer Revision noch auszuführen sein wird) vor.

Verfehlt ist auch die Rüge des Beklagten, das Berufungsgericht hätte den § 273 ZPO (auch) bei der Bemessung der vom Beklagten vorsichtshalber aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderung für die der Klägerin gewährte freie Station anwenden müssen. Eine entsprechend bezifferte Gegenforderung wendete der Beklagte nicht ein. Er brachte nur in der Berufung vor, daß er für den Unterhalt der Klägerin durch die Beistellung von Naturalien teilweise aufgekommen sei, was das Berufungsgericht ohnehin durch einen entsprechenden Abzug vom Arbeitslohn berücksichtigte. Mit dem Erstgericht und im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes ist der Revisionswerber der Meinung, zwischen ihm und der Klägerin habe nach Scheidung ihrer Ehe eine Lebensgemeinschaft mit allen nach Lehre und Rechtsprechung erforderlichen Merkmalen bestanden, so daß die Arbeitsleistungen der Klägerin unentgeltlich seien, da ein besonderer Rechtsgrund für die Entgeltlichkeit nicht vorliege.

Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann; es kommt auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an (EFSlg. 38.825, 46.305 ua). Unter dem Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft ist auch zu verstehen, daß beide Partner einander Beistand und Dienste leisten und an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen, etwa auch die Freizeit weitgehend gemeinsam verbringen. Der Begriff der Lebensgemeinschaft beschränkt sich somit nicht auf die rein materielle Seite; es handelt sich um eine aus einer seelischen Gemeinschaft und dem Zusammengehörigkeitsgefühl heraus entstandene Bindung (EFSlg. 38.825, 43.741, 46.305). Lebensgemeinschaft ist daher nicht nur ein äußerer Zustand, sondern sie setzt auch eine innere Einstellung der Partner voraus, die sich freilich im allgemeinen nur aus den äußeren Anzeichen erschließen lassen wird (Heller-Berger-Stix, EO 4 383).

Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, daß die Streitteile, nach dem sie rund 15 Jahre in aufrechter Ehe gelebt hatten, nach der vom Beklagten im Jahre 1975 betriebenen Scheidung, die die Klägerin ohne Gegenanträge hinnahm, keine vollständige Trennung ihrer bisherigen ehelichen Lebensbereiche herbeiführten. Der Beklagte gewährte der Klägerin anläßlich der Auflösung der Eigentumsgemeinschaft an der ehedem gemeinsamen Landwirtschaft mit Übergabsvertrag vom 11.2.1977 ein Wohnungsrecht in zwei Räumen seines Bauernhauses und überließ ihr dort (weitgehend) die Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder, obwohl sie vom Vormundschaftsgericht ihm selbst übertragen worden waren. Nach einer rechtskräftigen Ehescheidung bedeutet die Aufrechterhaltung gemeinsamer Lebensbereiche zwischen den geschiedenen Ehegatten eher nicht das Zustandekommen oder Fortbestehen einer Lebensgemeinschaft. Wer die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des beklagten Ehegatten erwirkt, will die dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entsprechenden Beziehungen zum anderen Ehepartner in der Regel beenden. Das Fortbestehen bestimmter Gemeinschaftsbereiche kann in einem solchen Fall nur bei Vorliegen deutlicher anderer Hinweise als Ausdruck einer fortbestehenden seelischen Gemeinschaft und einer auf einem Zusammenkeitsgehörigkeitsgefühl beruhenden Bindung verstanden werden.

Berücksichtigt man hier, daß die Streitteile durch die Ehescheidung die rechtliche Aufhebung ihrer Lebensgemeinschaft klar zum Ausdruck gebracht und durch den nachfolgenden Übergabsvertrag auch die wirtschaftliche Trennung weitgehend vollzogen haben, so können ihre aufrecht gebliebenen (Rest)-Beziehungen nicht ohne weiteres als eine eheähnliche Geschlechts-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft angesehen werden, mag es auch - mehr oder weniger zerrüttete - Ehen geben, deren Zustandsbild den nachehelichen Beziehungen der Streitteile ähnlich ist. Die weniger auf mehrere Jahre verteilten geschlechtlichen Kontakte der geschiedenen Ehepartner sprechen noch nicht eindeutig für eine Geschlechtsgemeinschaft. Auch das Merkmal der Wohngemeinschaft war nur teilweise gegeben. Die Streitteile wohnten wohl unter einem Dach, aber in rechtlich getrennten Bereichen. Augenscheinliche Ursache des Aufrechtbleibens der Wohngemeinschaft in dieser Form war die nacheheliche Regelung ihrer güterrechtlichen Beziehungen durch den erwähnten Übergabsvertrag. Der gemeinsame Aufenthalt in den übrigen Räumen des Hauses war dadurch bedingt, daß die Klägerin die Kinder betreute, kochte, die Wäsche besorgte und beide Teile in der Landwirtschaft arbeiteten. Auch eine dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entsprechende Wirtschaftsgemeinschaft lag nicht vor. Der Beklagte erledigte die finanziellen Belange allein, verbrachte seine Freizeit ohne die Klägerin und beschränkte die persönlichen Kontakte mit ihr auf die Verrichtung der landwirtschaftlichen Arbeiten und die Erziehung der Kinder. Zwischen den geschiedenen Streitteilen bestand somit keine typische Lebensgemeinschaft im oben dargestellten Sinn.

Der Beklagte konnte dann aber nach der von ihm angestrebten Scheidung der Ehe und der nachehelichen güterrechtlichen Regelung, mit der er gegen Zahlung eines Übergabspreises und Einräumung eines Wohnungsrechtes Alleineigentümer der ehedem gemeinsamen Landwirtschaft geworden war, von seiner am Hofe verbliebenen geschiedenen Frau nicht erwarten, daß sie für ihn weiterhin ohne irgendeine wenigstens spätere Gegenleistung die landwirtschaftlichen Arbeiten so wie bisher verrichten werde, zumal sie auf dem Hof aus den Mitteln des Beklagten nicht einmal eine ausreichende Naturalversorgung erhielt. Das ihr eingeräumte Wohnungsrecht war Entgelt für die Übertragung ihrer Liegenschaftshälfte. Der vom Beklagten für die wöchentlichen Einkäufe für alle Familienmitglieder zur Verfügung gestellte Betrag von S 200,- aber war so gering, daß die Beklagte aus eigenen Mitteln zuschießen mußte. Da der dem Beklagten erkennbare Leistungsgrund für die von der Klägerin erbrachten Arbeitsleistungen und die von ihr und dem Sohn getätigten Investitionen weggefallen ist, hat der Beklagte die ihm zugekommenen Sach- und Arbeitsleistungen angemessen zu vergüten.

3.) Zur Revision der Klägerin Die Klägerin bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes in der Hauptsache nur mehr insofern, als sie eine Erhöhung des gemäß § 273 ZPO mit S 100.000,- festgesetzten Zuspruches auf die vollen begehrten S 150.000,- anstrebt, weil ihr aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Übergabsvertrag und von ihren Eltern insgesamt mehr als S 200.000,- zugeflossen seien und ihr Sohn ihr außerdem Kondiktionsansprüche in Höhe von S 40.000,-

abgetreten habe. Mit dieser Berechnung vermag jedoch die Klägerin keine unrichtige Festsetzung gemäß § 273 ZPO durch die zweite Instanz aufzuzeigen.

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, hat die Klägerin bei weitem nicht alle Beträge, die ihr von ihren Eltern bzw. als Übergabspreis ihrer Liegenschaftshälfte zugekommen sind, für Aufwendungen auf die Landwirtschaft des Beklagten ausgegeben; auch hat ihr Sohn das um S 43.000,- angekaufte Vakuumgüllefaß im Herbst 1984 wieder um S 27.000,- verkauft. Die ziffernmäßig klar bewiesenen Aufwendungen der Klägerin und ihres Sohnes auf die Landwirtsfhaft des Beklagten liegen beträchtlich unter dem Zuspruch von S 100.000; mit diesem hat somit das Berufungsgericht auch die Mehraufwendungen, für die die Klägerin keinen (vollen) Beweis erbringen konnte, angemessen berücksichtigt.

Die Revision der Klägerin im Kostenpunkt ist unzulässig.

§ 528 Abs 1 Z 2 ZPO schließt auch die in der Revision enthaltene Anfechtung der Kostenentscheidung zweiter Instanz aus (Fasching IV 458). Vermeintliche Fehler der Kostenentscheidung der zweiten Instanz können auch nicht zur Aufhebung des Berufungsurteils führen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 43 Abs 1 und § 50 ZPO. Da keine der Revisionen erfolgreich war, gebühren beiden Parteien die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen und im Ergebnis der klagenden Partei der Differenzbetrag. Bemessungsgrundlage ist dabei jeweils der Streitwert der gegnerischen Revision.

Anmerkung

E08751

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00101.86.0701.000

Dokumentnummer

JJT_19860701_OGH0002_0140OB00101_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten