TE OGH 1986/7/13 7Ob1525/86

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Veröffentlicht am 13.07.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. jur. Heinrich O***, Rechtsanwalt, 1020 Wien, Am Tabor 2, wider die beklagte Partei Mag.pharm. Hatem A***, Apotheker, 1060 Wien, Bürgerspitalgasse 14, vertreten durch Dr. jur. Hans-Georg Mondel, Rechtsanwalt in Wien, wegen 78.195,24 S s. A., infolge ao. Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15.April 1986, GZ 11 R 18/86-24, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs.3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtzeitigkeit der Revision ergibt sich aus dem Poststempel, nach dem die Abfertigung der Entscheidung an den Kläger vom Postamt erst am 6.Mai 1986 um 18 Uhr erfolgte.

Im wesentlichen Punkt wurde § 8 Abs.1 RAO durch die Novelle BGBl.556/1985 nicht geändert. Daß aber die Entscheidung des Berufungsgerichtes der Judikatur zu dieser Gesetzesstelle entspricht (SZ 26/77, EvBl.1966/317, ImmZ 1973, 24) erkennt der Revisionswerber selbst.

Bereits vor Jahren war der Charakter der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltberufes (RL-BA) Gegenstand von Erörterungen in Anwaltskreisen. Hiebei hat der Kläger seinen hier in der Revision vorgebrachten Standpunkt vertreten (AnwBl.1977, 367 ff), doch wurde ihm auch aus Anwaltskreisen widersprochen (insbesondere Gebauer in AnwBl.1977, 465). Die Tatsache, daß die RL-BA vom Verfassungsgerichtshof als Rechtsverordnung bezeichnet worden sind (die Ausgabe der Rechtsanwaltsordnung von Heller/Jagoda/Schuppich unterläßt die Angabe konkreter Entscheidungen) besagt nichts, weil nach Art.18 B-VG die Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden kann. Nur Verwaltungsbehörden sind berechtigt, Verordnungen im Sinne des Art.18 B-VG zu erlassen (Adamovich, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechtes 6 , 362). Der Rechtsanwaltskammertag ist nach § 35 Abs.1 RAO eine Körperschaft öffentlichen Rechtes. Die Kammern üben lediglich gegenüber den ihnen angehörigen Personen Befehls- und Zwangsgewalt im Rahmen der Selbstverwaltung und im übertragenen Wirkungsbereich aus (Adamovich aaO, 113). Der Umstand, daß die öffentliche Selbstverwaltung als dezentralisierte staatliche Verwaltung zu qualifizieren ist, bringt es mit sich, daß der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art.18 Abs.1 und 2 B-VG) uneingeschränkt auch für den Bereich der Selbstverwaltung gilt) Insbesondere steht es den Trägern der Selbstverwaltung nicht zu, ohne gesetzliche Grundlage Verordnungen zu erlassen (Adamovich aaO, 314). Die gesetzliche Grundlage für die Erlassung von Verordnungen durch den österreichischen Rechtsanwaltskammertag bietet § 37 RAO. Nach Punkt 4. dieser Bestimmung kann diese Körperschaft jedoch nur Richtlinien für die von den Rechtsanwälten für ihre Leistungen zu vereinbarenden Entlohnungen erlassen. Daraus ergibt sich aber, daß derartige Richtlinien, mögen sie auch als Rechtsverordnungen zu qualifizieren sein, nur für die den Kammern angehörigen Personen gelten, weil die Kammern nur gegenüber dem ihnen angehörigen Personenkreis Befehls- und Zwangsgewalt ausüben (Adamovich aaO, 113). Demnach hat der Oberste Gerichtshof auch ausgesprochen (RZ 1978/86), daß den Richtlinien normativer Charakter mit Wirkung auf Nichtrechtsanwälte nicht zukommt, vielmehr ihre Wirkung im Verhältnis zwischen Anwalt und Partei eine entsprechende Vereinbarung voraussetzt. Es muß daher nicht geprüft werden, ob die wesentliche Besserstellung einer Berufsgruppe bei Tätigkeiten, die in der Regel von einer anderen Berufsgruppe ausgeübt wird, gegenüber dieser anderen Berufsgruppe mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot vereinbar wäre. Mangels Gesetzesänderung im wesentlichen Punkt seit der aufgezeigten Judikatur besteht kein Anlaß zur neuerlichen Aufrollung dieser Frage.

Daß eine anwaltliche Tätigkeit (Vertragsverfassung) mangels eines entsprechenden Auftrages nicht zu entlohnen ist, bestreitet auch der Kläger nicht. Selbstverständlich kann gemäß § 863 ABGB ein Auftrag an den Anwalt auch durch schlüssige Handlungen erteilt werden. Ob im konkreten Fall die festgestellten Handlungen eine schlüssige Auftragserteilung annehmen lassen, ist eine Frage des Einzelfalles, die eine Revision nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO nicht rechtfertigt.

Anmerkung

E08616

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB01525.86.0713.000

Dokumentnummer

JJT_19860713_OGH0002_0070OB01525_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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