TE OGH 1986/8/20 13Os109/86

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Veröffentlicht am 20.08.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.August 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Rieder als Schriftführers in der Strafsache gegen Bruno L*** wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 9.Juni 1986, GZ 12 Vr 870/86-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Der am 21.September 1961 geborene Freileitungsmonteur Bruno L*** wurde des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB. (1) und des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs 1 StGB. (2) schuldig erkannt. Darnach hat er in Graz im Jänner 1986 (seine ehemalige Lebensgefährtin) Brunhilde A*** mit Gewalt, nämlich durch Versetzen von Faustschlägen und Ohrfeigen, zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen versucht (1) und diese am 18.Februar 1986 mit Gewalt dadurch zur Unzucht mißbraucht, daß er sie auf eine Couch stieß, sich auf sie setzte, ihr mehrmals ins Gesicht schlug, sie an den Haaren riß und würgte, ihr die Unterhose auszog und wiederholt mit mehreren Fingern in ihre Scheide eindrang (2).

Nach den hiezu getroffenen Feststellungen belästigte der Angeklagte Brunhilde A*** auch noch nach der einvernehmlichen Trennung und verschaffte sich auch am 12.Jänner 1986 - wobei das Gericht offen ließ, daß die Tat auch an einem anderen Tag im Jänner 1986 stattgefunden haben könnte - Zutritt in die Wohnung seiner ehemaligen Lebensgefährtin, legte sich zu ihr ins Bett und verlangte einen Geschlechtsverkehr. Als sich die Frau zur Wehr setzte, versetzte ihr L*** Ohrfeigen ins Gesicht und Faustschläge gegen den Körper, wobei ein derartiger Schlag eine Fissur (Sprung) der achten Rippe rechts verursachte. Erst nach Auftreten immer heftigerer Schmerzen suchte Brunhilde A*** am 23. Jänner 1986 das Allgemeine Unfallkrankenhaus in Graz auf, wo sie, um den Angeklagten zu schonen, angab, gestürzt zu sein. Die Anzeige erstattete sie erst nach dem Vorfall am 18.Februar 1986; in der Folge fand auch eine polizeiamtsärztliche Untersuchung statt, bei der Blutunterlaufungen und Rötungen am Hals und an der Wange festgestellt wurden (S. 23, 41, 79 bis 83).

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5, 9 lit a und b StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Da das Schöffengericht in Ablehnung der als widersprüchlich und unglaubwürdig erkannten (leugnenden) Verantwortung seine Feststellungen auf die als unbedenklich beurteilten, auch durch die Krankengeschichte belegten Angaben der Zeugin Brunhilde A*** stützte (S. 75 bis 78), fühlt sich der Angeklagte in seinen Verteidigungsrechten insoweit beschränkt (Z. 4), als seine auf die Überprüfung dieser Zeugenaussage abzielenden Beweisanträge abgelehnt wurden.

Tatsächlich beantragte der Verteidiger nach Vernehmung der Zeugin A*** die Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen zum Beweis dafür, daß die von der Zeugin angegebene Verletzung (Fissur der achten Rippe) nur auf deren Angaben beruhe und nicht objektivierbar gewesen sei (S. 67). Das Schöffengericht wies aber zu Recht auf die nach einer Röntgenuntersuchung gestellte Diagnose des Krankenhauses hin (S. 69 in Verbindung mit S. 23), die auch ein Sachverständiger, der Monate später beigezogen wird, seiner Beurteilung zugrunde legen müßte. Im übrigen ist es zur Erfüllung des Tatbestands nach § 202 Abs 1 StGB. (schon gar in der Entwicklungsstufe des Versuchs) nicht erforderlich, daß die Gewaltanwendung eine Körperbeschädigung nach sich zog. Demnach wurde die festgestellte leichte Körperverletzung dem Angeklagten rechtsrichtig nicht gesondert angelastet (Leukauf-Steininger 2 , RN. 19 zu § 202 StGB. und RN. 24 zu § 201 StGB.). Die gerügte Feststellung betrifft somit keine entscheidungswesentliche Tatsache, sodaß die Beiziehung eines Sachverständigen entbehrlich war, hätte er doch zu der (allein ausschlaggebenden) Gewaltanwendung zwecks Willensbeugung der Frau keine gutächtliche Meinung auf Grund eigener Befundaufnahme darlegen können.

Zu diesem Beweisthema wäre aber auch durch die Vernehmung der Freundin der Belastungszeugin, Ulrike P***, der gegenüber sie den Vorfall anders geschildert und auch angekündigt haben soll, sie werde den Angeklagten fertigmachen (S. 67 unten), und durch die Befragung des Kriminalbeamten, der Brunhilde A*** vernommen und dem sie einige Details (Einführen auch einer Kerze) nicht genannt habe, nichts zu gewinnen. Das Schöffengericht hat sich nämlich sowohl im Rahmen der Abweisung dieser Anträge (S. 69, 70) als auch in der Urteilsbegründung mit dem Verhalten der Zeugin nach der Tat, als sie zunächst den Angeklagten noch schonen wollte, dann aber die Anzeige erstattete und ihren ehemaligen Lebensgefährten schwer belastete, wobei sie es als unangenehm empfunden haben könnte, von dem Einführen (auch) einer Kerze vor einem Polizeibeamten zu sprechen, ausführlich auseinandergesetzt und denkrichtig dargelegt, daß es in diesen Begleitumständen der Tataufklärung keine die Glaubwürdigkeit der Zeugin beeinträchtigenden Momente zu erblicken vermag (S. 77, 78, 81, 83).

Aber auch hinsichtlich der Ablehnung der Vernehmung des Gastwirts S*** zum Beweis dafür, daß die der versuchten Nötigung zum Beischlaf (1) vorangegangene Veranstaltung nicht am 12. Jänner 1986 stattgefunden habe, ist der Begründung des Schöffengerichts zu folgen, daß der Vorfall als solcher stattgefunden hat und es daher nicht mehr entscheidungswesentlich ist, das genaue Datum zu fixieren (S. 70 und 80).

Durch die Abweisung dieser Beweisanträge sind somit die Verteidigung des Angeklagten benachteiligende Verfahrensverstöße nicht unterlaufen, vielmehr kommt es dem Beschwerdeführer bei diesem und auch beim Vorbringen zur Mängelrüge (Z. 5) ausschließlich darauf an, aus den von den Tatrichtern ohnehin gewürdigten, im Verhalten der Zeugin nach der Tat liegenden Umständen abzuleiten, daß ihre belastenden Angaben nicht glaubwürdig seien. Wenn also behauptet wird, dem Angeklagten sei keine ausreichende Gelegenheit zur Verantwortung gegeben worden, obwohl gerade die in der Hauptverhandlung gewählte, von der vorhergehenden Einlassung abweichende Verantwortung ausreichend gewürdigt wurde, wenn der nicht genau feststellbare Tatzeitpunkt zum Faktum 1 mit der verspäteten ärztlichen Versorgung in Verbindung gebracht und wenn auf andere Ungereimtheiten in der Aussage der Zeugin (Verwendung der Kerze, Verletzungsfolgen nach dem 18.Februar 1986) hingewiesen wird, laufen alle diese Ausführungen allein auf eine im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus, stellen somit keine prozeßordnungsgemäße Darlegung des angezogenen Nichtigkeitsgrunds dar.

Aber auch die auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und b StPO. gestützte Rechtsrüge entbehrt einer gesetzmäßigen Ausführung, weil sie nicht die Konstatierungen des Schöffengerichts der rechtlichen Bemängelung zugrundelegt, sondern ausdrücklich die zu den beiden Taten getroffenen Feststellungen als unrichtig bezeichnet und eigene Interpretationen der Tatabläufe unterstellt, um auf dieser Basis die Behauptung, es sei zu keiner Gewaltanwendung zum Zweck des geschlechtlichen Mißbrauchs gekommen, untermauern zu können. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO., teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon in einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Zur Verhandlung und Entscheidung über die gegen den Strafausspruch ausgeführte Berufung wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs 3 StPO.). Die gegen den Zuspruch an die Privatbeteiligte angemeldete Berufung ist infolge der späteren Erklärung des Angeklagten, diesen Urteilsausspruch nicht anzufechten (Rechtsmittelschrift S. 100), als zurückgezogen anzusehen.

Anmerkung

E09500

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00109.86.0820.000

Dokumentnummer

JJT_19860820_OGH0002_0130OS00109_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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