TE OGH 1986/9/9 2Ob23/86

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Veröffentlicht am 09.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine Maria B***, Hausfrau, 8380 Jennersdorf, Martinigasse 54, vertreten durch Dr. Heimo Hofstätter, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Ernst S***, Handelsreisender,

8111 Judendorf/Straßengel, 2. I***

V***-A***, 1010 Wien, Tegetthoffstraße 7,

beide vertreten durch Dr. Georg Hoffmann, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 128.623,81 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 3. März 1986, GZ. 5 R 17/86-18, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Endurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 29. November 1985, GZ. 10 Cg 34/85-11, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat den beklagten Parteien die mit S 6.223,63 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 565,78 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 17.2.1982 stießen auf der Landesstraße 201 bei Kirchberg an der Raab ein von Franz B***, dem Ehegatten der Klägerin, gelenkter PKW und der vom Erstbeklagten gelenkte und gehaltene, bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherte PKW Kennzeichen St 403.266 zusammen. Der Ehemann der Klägerin fand hiebei den Tod, sie selbst wurde schwer verletzt. Das Alleinverschulden des Erstbeklagten an dem Unfall wurde bereits im Vorprozeß (10 Cg 169/83 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz) festgestellt. Mit der vorliegenden Klage stellt die Klägerin das Begehren auf Zuspruch eines Unterhaltsbetrages von S 143.321,50 für die Vergangenheit sowie einer monatlichen Unterhaltsrente von S 4.094,90 ab 1.2.1985, weiters ein Feststellungsbegehren.

Im Revisionsverfahren ist nur noch die Frage umstritten, ob eine von der Klägerin bezogene Ausgleichszulage bei Berechnung ihres Unterhaltsentganges zu berücksichtigen ist.

Das Erstgericht stellte fest, daß die Klägerin eine Witwenrente der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bezieht, welche im Jahre 1982 durchschnittlich monatlich S 4.633,56 und schließlich im Jahre 1985 monatlich S 5.108,36 betrug. Den monatlichen Unterhaltsverlust der Klägerin durch den Tod ihres Ehegatten errechnete es mit S 8.270,01. Davon ausgehend erkannte es ihr für die Zeit vom 1.3.1982 bis 31.1.1985 einen Unterhaltsentgang von (rechnerisch) S 121.602,67 und als künftigen Unterhaltsentgang einen Betrag von (rechnerisch) monatlich S 3.161,65 (= S 8.270,01 abzüglich S 5.108,36) zu.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin teilweise ab, daß es dem Unterhaltsbegehren auf der Grundlage eines Unterhaltsentganges bis 31.1.1985 von (rechnersich) S 71.316,32 und eines solchen ab 1.2.1985 von monatlich S 1.724,04 stattgab, das jeweilige Mehrbegehren dagegen abwies. Nach dem für das Familieneinkommen einer dreiköpfigen Familie (1 Kind) in der Rechtsprechung üblichen Aufteilungsschlüssel von 45:40:15 erwachse der Klägerin ein monatlicher Bruttoschaden von S 6.832,40. Unter Berücksichtigung der Leistungen aus der Sozialversicherung = Witwenpension zuzüglich Ausgleichszulage errechneten sich die vorgenannten Unterhaltsentgangsbeträge. Hinsichtlich der Ausgleichszulage führte das Berufungsgericht aus, der Pensionsträger habe vorliegendenfalls zwar zu ON 10 mitgeteilt, daß der Bezug einer Unterhaltsrente bei der Gewährung der Ausgleichszulage berücksichtigt werde und es dadurch zu deren Wegfall kommen könne. Dies begann aber noch nicht, ob und inwieweit die Klägerin die Ausgleichszulage tatsächlich verlieren werde. Hierüber werde der Versicherungsträger durch Bescheid zu erkennen haben, welcher bekämpfbar sei. Weiters werde der Versicherungsträger bescheidmäßig darüber abzusprechen haben, ob die Klägerin zur Rückzahlung eines allfälligen Überbezuges verhalten werden könne. Der Versicherungsträger habe nach § 296 Abs. 3 ASVG bei Änderung der Sachlage (weiteres Einkommen) die Ausgleichszulage von amtswegen neu festzusetzen, wobei ein Überbezug an Ausgleichszulage gegen eine Pensionsnachzahlung aufgerechnet werden könne, wenn durch die rückwirkende Zuerkennung oder Erhöhung einer Leistung aus der Pensionsversicherung, somit aber nicht wegen Erhöhung des der Ausgleichszulagenberechnung zugrundeliegenden Nettoeinkommens nach den § 292 ff ASVG, ein solcher Überbezug bestehe. Im übrigen stünde dem Versicherungsträger die im § 107 ASVG eingeräumte Möglichkeit der Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen zu. Die Tatbestände dieser gesetzlichen Bestimmung (Leistungserschleichung durch Verletzung von Meldepflichten oder dgl.) seien hier aber nicht Verfahrensgegenstand und es fehle jedes Prozeßvorbringen darüber. Der Entscheidung hierüber müsse zudem ein eigenes diesbezügliches Verfahren vorausgehen. Sollte der Pensionsversicherungsträger der Klägerin mittels Bescheid rechtskräftig den Anspruch auf Ausgleichszulage für die Vergangenheit oder Zukunft aberkennen und sie zur Rückzahlung verpflichten, so sei ihr diesbezüglicher Rückersatzanspruch gegenüber den beklagten Parteien durch das Feststellungebegehren gedeckt, zumal es unbestritten sei, daß bei der Berechnung des entgangenen Unterhaltes auch eine infolge Gewährung der Witwenpension aberkannte Ausgleichszulage zu berücksichtigen sei.

In der Revision wird darauf verwiesen, daß nach der Mitteilung des Pensionsversicherungsträgers ON 10 bei Zuerkennung einer Unterhaltsrente die Ausgleichszulage rückwirkend entfallen und von der Klägerin zurückgefordert werden würde. Der Richtsatz werde in Zukunft im Hinblick auf die vom Berufungsgericht zuerkannte Unterhaltsrente von monatlich rund S 1.700,- jedenfalls überschritten. Bei diesem Sachverhalt könne es der Klägerin nicht zugemutet werden, einen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt abzuwarten, diesen allenfalls zu bekämpfen und sodann auf der Grundlage des Feststellungsurteiles ein weiteres Unterhaltsrentenbegehren gegenüber dem Schädiger zu stellen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen ist folgendes zu entgegnen:

Die Ausgleichszulage im Sinne der §§ 292 ff. ASVG ist ein Bestandteil der (Witwen-)Rente und wird daher ebenfalls von der Legalzession des § 332 ASVG erfaßt (JBl. 1961, 359; 2 Ob 326/68; ZVR 1984/100). Mit ihrer bescheidmäßigen Zuerkennung an den unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen geht der Ersatzanspruch gegenüber dem Schädiger grundsätzlich auf den Pensionsversicherungsträger über (vgl. SZ 42/174; ZVR 1976/112 ua.). Der Hinterbliebene selbst ist demgemäß zur Geltendmachung eines diesbezüglichen Schadenersatzanspruches nicht mehr legitimiert. Solange ihm die Ausgleichszulage vom Versicherungsträger weiterhin ausbezahlt wird, erleidet er insoweit auch keinen Unterhaltsentgang im Sinne des § 1327 ABGB. Ob die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug der Ausgleichszulage tatsächlich gegeben sind, ist ohne Belang (EvBl. 1967/178).

Vorliegendenfalls ist unbestritten, daß die Klägerin weiterhin im Bezug der rechtskräftig zuerkannten Ausgleichszulage steht. Es erwächst ihr daher in diesem Umfang vorerst kein Unterhaltsentgang, sodaß sie einen solchen auch nicht klageweise geltend machen kann. Derzeit steht lediglich dem Pensionsversicherungsträger gemäß § 332 ASVG grundsätzlich ein diesbezüglicher Ersatzanspruch gegenüber den beklagten Parteien zu.

Ob es wegen eines Wegfalles des Anspruches auf Ausgleichszulage zu einem diesbezüglichen Unterhaltsentgang der Klägerin kommen wird, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu erörtern.

Demgemäß muß der Revision ein Erfolg versagt werden. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E08983

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00023.86.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19860909_OGH0002_0020OB00023_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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