TE OGH 1986/9/16 10Os137/85

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Veröffentlicht am 16.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedrich, Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch sowie Dr.Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Hinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Franz Z*** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, soweit über diese nicht bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung entschieden wurde, sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 21.März 1985, GZ 35 Vr 2425/82-443, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Bassler, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Heiss zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird, soweit darüber nicht bereits bei der nichtöffentlichen Beratung entschieden wurde, verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Dr. Franz Z*** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 1 StGB und des Vergehens nach § 24 Abs. 1 lit. b DevG schuldig erkannt.

Mit dem in der nichtöffentlichen Sitzung ergangenen Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 24.Juni 1986, GZ 10 Os 137/85-11, wurde bereits über die gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft (zur Gänze) sowie über die vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde (zum wesentlichen Teil) erkannt. Auf diese Entscheidung, namentlich auf die darin (im Abschnitt I) enthaltene zusammengefaßte Darstellung des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes sowie auf die Ausführungen zur Zitierweise aus dem angefochtenen Urteil und die Abkürzungen von Firmenbezeichnungen wird verwiesen.

Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung war über die verbleibenden Teile der Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) des Angeklagten zu den Urteilsfakten I. b/ und II. a/ sowie über die Berufung des Angeklagten und der Anklagebehörde zu entscheiden.

Zum Urteilsfaktum I. b/:

Das Erstgericht konstatierte, daß der Angeklagte als Geschäftsführer der WAX mit der "ihm gehörenden" Liechtenstein'schen Briefkastenfirma C*** in einer Korrespondenz "Scheintitel" zur Durchführung von Architektur- und Bauleitungsarbeiten, Prospektgestaltung und Verfertigung von Modellen betreffend das Bauprojekt Tirolerhaus erzeugte, auf Grund dieser Scheintitel insgesamt 935.000 S an die C*** überwies, von der jedoch sogleich in unmittelbarem Zusammenhang 755.000 S an Dipl.Ing. G***, der tatsächlich Planungsarbeiten durchgeführt und ein Modell verfertigt hatte, weiter überwiesen wurden; kurz danach forderte der Angeklagte von Dipl.Ing. G*** (und auch dem Statiker Dipl.Ing. K***) unter Hinweis auf steuerliche Gründe das erhaltene Honorar unter gleichzeitiger Ausfolgung vom Angeklagten namens der WAX ausgestellter Schecks ab; die von Dipl.Ing. G*** (in Form der Ausstellung von Schecks auf dessen Konto) erhaltenen Beträge brachte der Angeklagte nicht der WAX zugute, sondern einem Konto K 217 der R*** I*** Ges.m.b.H.; die WAX bezahlte somit im Ergebnis die Leistungen G*** zweimal; der Angeklagte hatte den "geldlichen Kreisverkehr" über die C*** deshalb inszeniert, um die betreffenden Gelder "für sich abzuzweigen" (US 106 ff). Der Angeklagte moniert in der Rechtsrüge hiezu Feststellungsmängel darüber, ob für die Vorentwurfspläne zum Tirolerhaus (Beilagen a bis g und j zu ON 358) sowie darüber hinaus vorhandene Pläne ein Honorar gegenüber der WAX in Rechnung gestellt und dieses bezahlt wurde, sowie welche Honorarersparnis verneinendenfalls für die WAX nach der Gebührenordnung für Architekten eintrat, und weiters darüber, welcher Honoraranspruch für die gesamte Planung des Tirolerhauses nach der Gebührenordnung für Architekten entstanden wäre, welche Leistungen für dieses Projekt erbracht wurden, welche Leistungen der WAX zukamen, welche Leistungen in Rechnung gestellt wurden, welcher Honoraranspruch hiefür gerechtfertigt gewesen wäre und welche Honorareinsparung für die WAX dadurch eingetreten sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rüge kommt keine Berechtigung zu.

Angesichts des konstatierten tatsächlichen Vermögensabflusses von insgesamt 935.000 S unter Scheintiteln (von denen überdies nur 755.000 S vorerst vorübergehend an Dipl.Ing. G*** weitergeleitet wurden) bedurfte es nicht der Feststellung, ob Dipl.Ing. G*** allenfalls für die in der Beschwerde genannten Vorentwurfspläne (allenfalls zu einem anderen Zeitpunkt) von der WAX direkt honoriert worden war und ob hiebei die Gebührenansätze der Gebührenordnung für Architekten eingehalten wurden. Desgleichen waren alle die weiteren vermißten Feststellungen über den Umfang der für das Tirolerhaus erbrachten Leistungen, die Rechnungslegung hierüber, ein allfälliges Abweichen von Ansätzen der Gebührenordnung für Architekten und eine dadurch erzielte "Ersparnis" für die WAX entbehrlich. Denn selbst wenn Dipl.Ing.G*** für Teile seiner Leistungen (sogleich) von der WAX direkt honoriert worden wäre und in seinen Gebührenansätzen für die tatsächlich erbrachten und der WAX zugekommenen Leistungen - aus Kulanzerwägungen - unter jenen der Gebührenordnung für Architekten geblieben wäre, könnte dies nichts an der Feststellung des ohne Rechtsgrund erfolgten Mittelabflusses von der WAX über die C*** (und teilweise über Dipl.Ing. G***) in der Höhe von 935.000 S an den Angeklagten ändern.

Zum Schuldspruchfaktum II. a/:

Nach den für das hier zu behandelnde Teilfaktum W*** maßgeblichen Urteilsfeststellungen (US 200 und 328) erstand der Zeuge W*** eine Wohneinheit im Tirolerhaus und übergab dem Angeklagten (beim mündlichen Vertragsabschluß in Axams) 25.000 (oder 26.000) niederländische Gulden in bar; die restliche Kaufsumme (von rund 730.000 S) bezahlte er an die WAX nach Erhalt des schriftlichen Vertrages. Den Barbetrag leistete W*** an den Angeklagten "als Vertreter der HKA". Dieser überwies ihn sodann der HKA. Der Angeklagte vermeint in seiner Rechtsrüge hiezu, die Hingabe eines Barbetrages zum Abschluß des schriftlichen Kaufvertrages sei für ein Verpflichtungsgeschäft erfolgt, wofür eine Devisengenehmigung nicht erforderlich sei.

Diese Rechtsansicht geht fehl.

Verfügungen im Sinn des Devisenrechtes umfassen nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch alle sonstigen Rechtsvorgänge und alle tatsächlichen Handlungen, die unmittelbar eine Änderung der Rechtslage herbeiführen (Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 2 , 157, E 1 und 2).

Eine Verfügung dieser Art lag jedenfalls bereits darin, daß der Angeklagte die von W*** entgegengenommenen ausländischen Zahlungsmittel, ohne sie an die Österreichische Nationalbank oder einen Devisenhändler zu verkaufen, auf Grund eines Scheintitels in das Ausland (an die HKA) versendete oder verbrachte. Das Erstgericht hätte sich lediglich bei diesem, von den anderen im Schuldspruchfaktum II. a/ umschriebenen Fällen abweichenden Vorgang auf § 3 Z 1 (und nicht Z 3) DevG beziehen sollen (dessen Verletzung allerdings gleichermaßen durch § 24 Abs. 1 lit. b DevG sanktioniert ist).

Angesichts der erwähnten Verfügung ist es unerheblich, ob der Vorgang der Entgegennahme der ausländischen Zahlungsmittel Ausfluß eines Erfüllungsgeschäftes oder eines Verpflichtungsgeschäftes war. Auch in diesem Punkt erweist sich somit die Nichtigkeitsbeschwerde als unberechtigt.

Zu den Berufungen:

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 156 "Abs. 1" (angesichts der Konstatierung der Schadensbeträge offenbar gemeint: Abs. 2), 28 StGB zu sechs Jahren Freiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Fortsetzung der strafbaren Handlungen durch mehrere Jahre sowie die besonders hohe, die Qualifikationsgrenze des § 156 Abs. 2 StGB (US 330) um ein Vielfaches übersteigende Schadenssumme als erschwerend, dagegen die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten sowie eine teilweise Schadensgutmachung durch Zahlung von 6,720.000 S im Weg der Bankgarantie der S*** C*** als mildernd.

Die Staatsanwaltschaft begehrt in ihrer Berufung eine Erhöhung der Freiheitsstrafe, der Angeklagte dagegen strebt in seiner Berufung deren Herabsetzung an.

Keiner der beiden Berufungen kommt Berechtigung zu. Der Angeklagte vermag keine zusätzlichen ins Gewicht fallenden Milderungsgründe aufzuzeigen.

Der Hinweis darauf, daß in dem noch anhängigen Konkursverfahren noch nicht absehbar sei, welche Gläubiger "tatsächlich einen Forderungsausfall erleiden", stellt nur die Möglichkeit allfälliger künftiger Schadensgutmachung in den Raum, die noch keinen Milderungsgrund darstellt (Leukauf-Steininger, Komm.z.StGB 2 , RN 23 zu § 34). Desgleichen kann das Vorbringen im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung, wonach Forderungen des Finanzamtes noch nicht rechtskräftig festgestellt seien, keinen Milderungsgrund abgeben, ebensowenig der Hinweis, daß Forderungen von Konkursgläubigern bestritten worden seien, geschah dies doch nach den Feststellungen des Erstgerichtes weitgehend aus dem Bestreben, die Befriedigung von Gläubigern hinauszuzögern.

Ebensowenig kann der im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung hervorgehobene Umstand mildernd wirken, daß es dem Angeklagten nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen nicht von vornherein darum ging, die WAX in den Konkurs zu führen, war doch auch das primäre Vorhaben des Angeklagten darauf gerichtet, durch Täuschung der Baubehörde und notfalls durch Pressionen auf deren Organe, somit durch eine abträglich zu bewertende Vorgangsweise, die Bewilligung zur gesetzwidrigen Errichtung eines Apartmenthauses zu erzielen. Mit Recht wurde vom Erstgericht - entgegen dem Vorbringen in der Berufung - die Fortsetzung der strafbaren Handlungen durch mehrere Jahre als erschwerend gewertet. Wenn auch das Vorgehen des Angeklagten auf einem einheitlichen Tatplan beruhte, so zeigt doch die fortgesetzte Ausführung in sich wiederholenden deliktischen Akten ein erhöhtes Maß an sich durch wiederkehrende Willensbetätigung manifestierender Schuld an.

Angesichts des umfassenden vom Angeklagten entwickelten Tatplanes fällt auch - entgegen einem weiteren Vorbringen im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung - eine (augenscheinlich nur einzelne Phasen umfassende) Mitwirkung von Architekten und Rechtsanwälten nicht mildernd ins Gewicht.

Daß die Taten nunmehr schon mehrere Jahre zurückliegen, kann sich im Hinblick auf die Notwendigkeit umfassender Beweiserhebungen (auch im Ausland) und der dadurch bedingten Verfahrensdauer nicht in nennenswertem Ausmaß zugunsten des Angeklagten zu Buche schlagen. Das vom Erstgericht gefundene Strafausmaß entspricht durchaus der tat- und täterbezogenen Schuld (§ 32 StGB). Entgegen der von der Anklagebehörde in ihrer Berufung vertretenen Meinung wird damit aber auch dem hohen Grad des Verschuldens und der Schadenssumme hinreichend Rechnung getragen.

Generalpräventive Erwägungen, die die Staatsanwaltschaft ins Treffen führt, könnten eine Erhöhung der immerhin in der oberen Hälfte des gesetzlichen Strafrahmens liegende Freiheitsstrafe nicht rechtfertigen.

Beiden Berufungen war somit ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E09084

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00137.85.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19860916_OGH0002_0100OS00137_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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