TE OGH 1986/9/18 12Os113/86

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Veröffentlicht am 18.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinhauer als Schriftführer in der Strafsache gegen Margarete K*** wegen des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 13. März 1986, GZ 28 Vr 3938/81-45, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, der Angeklagten und des Verteidigers Dr. Sarlay zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem auf § 1 Abs. 2 PornG gestützten Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Margarete K*** wird für das ihr nach dem unberührt gebliebenen Teil des Urteils zur Last fallende Vergehen nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG gemäß §§ 1 Abs. 2 PornG, 37 StGB zu einer Geldstrafe von 60 (sechzig) Tagessätzen verurteilt. Die Höhe des Tagessatzes wird mit 80 (achtzig) S bestimmt und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 30 (dreißig) Tagen festgesetzt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf die Entscheidung in der Straffrage verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Margarete K***, die in Innsbruck eine Zeitschriftenagentur leitet, wurde (im zweiten Rechtsgang neuerlich) des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG schuldig erkannt. Sie wurde nach §§ 1 Abs. 2 PornG, 37 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen a 160 S, im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt; diese Strafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr bedingt nachgesehen. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat sie am 23.Oktober 1981 in Innsbruck in gewinnsüchtiger Absicht verschiedene, im Urteil namentlich aufgezählte Magazine mit unzüchtigem Inhalt zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten und anderen zum Kauf angeboten hat. Es handelte sich dabei um Druckwerke, die ua auf sich selbst reduzierte, von Zusammenhängen mit anderen Lebensäußerungen losgelöste, das Obszöne betonende und reißerisch aufgemachte Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzucht zwischen Frauen enthalten (S 2, 3 und 6 der Urteilsausfertigung). Der nach dem Pornographiegesetz relevante absolut unzüchtige Inhalt der Druckwerke war vom Obersten Gerichtshof schon in seiner das Urteil des ersten Rechtsganges aufhebenden Entscheidung vom 27. Juni 1985, 12 Os 55/85-12 (siehe S 178 179 dA), bejaht worden; die Aufhebung des Urteils war erfolgt, weil der Angeklagten - bei Zutreffen ihrer vom Erstgericht damals nicht weiter geprüften Verantwortung, sie habe sich bei kompetenten Stellen erkundigt und dort über den Inhalt des und die Judikatur zum Pornographiegesetz unrichtige Auskünfte erhalten - schuldlos das aktuelle Unrechtsbewußtsein gemangelt haben könnte und zu diesem Punkt noch weitere Feststellungen notwendig waren (S 182 dA).

Das Erstgericht hat im zweiten Rechtsgang festgestellt, daß sich die Angeklagte vor ihrer Beanstandung am 23.Oktober 1981 lediglich einmal beim Landes- (oder Bezirks-) Gericht Innsbruck erkundigt und in einem andere Themen betreffenden Gespräch eher beiläufig auch Probleme des Pornographiegesetzes angeschnitten hat (S 192, 193, 208, 210, 212, 213 dA). Dabei hat sie jedoch keinerlei detaillierte Auskünfte (etwa darüber, ob Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzuchtshandlungen erlaubt sind) eingeholt, sich aber dennoch auf die Vollständigkeit einer ihr erteilten (allgemein gehaltenen) Auskunft verlassen. In diesem Verhalten sah das Erstgericht keine hinreichende (schuldausschließende) Erkundigung nach den Bestimmungen des Pornographiegesetzes und dessen Anwendung (S 210/211; 212, 213 dA). Alle übrigen Erkundigungen und Auskünfte, die die Angeklagte in ihrem Rechtsmittel ins Treffen führt, wurden ihr nach ihrem eigenen Vorbringen erst nach der Beanstandung am 23. Oktober 1981 erteilt (vgl. S 191, 193, 195, 197). Gegen den neuerlichen Schuldspruch und den Strafausspruch richtet sich die auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der aus der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Rechtsrüge der Angeklagten, mit welcher sie einen schuldausschließenden Rechtsirrtum geltend macht, kann kein Erfolg beschieden sein. Denn das Schöffengericht hat im zweiten Rechtsgang alle jene Konstatierungen getroffen, die eine abschließende Beurteilung der Schuld der Angeklagten unter dem Gesichtspunkt eines ihr allenfalls unterlaufenen Rechtsirrtums ermöglichen. Geht man aber von diesen Urteilsfeststellungen aus, in Ansehung welcher formale Begründungsmängel gar nicht behauptet werden und an welche der Oberste Gerichtshof - der ja keine Tatsacheninstanz ist - gebunden ist, kann darin, daß das Schöffengericht den von der Angeklagten eingewendeten Mangel aktuellen Unrechtsbewußtseins als im Sinne des § 9 Abs. 2 StGB vorwerfbar beurteilt hat, eine unrichtige Anwendung materiellen Strafrechts nicht erblickt werden. Ist - wie hier auf der Grundlage der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen - der Mangel des Unrechtsbewußtseins vorwerfbar, dann ist (zwingend) auf den vorsätzlich handelnden Täter die für die Vorsatztat vorgesehene Strafdrohung anzuwenden, die Verurteilung der Angeklagten wegen Vergehens nach § 1 lit. a und c PornG demnach zu Recht erfolgt.

Der Angeklagten ist durchaus zu konzedieren, daß sie sich - folgt man ihrem Vorbringen über eine absolute Abnahmepflicht bei Sortimentware und der damit (ihren Angaben zufolge) verbundenen Verpflichtung, jedes im Sortiment gelieferte Druckwerk ins Angebot zu bringen, um nicht vertragsbrüchig zu werden - in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befunden hat. Von einem dadurch bedingten entschuldigenden Notstand im Sinne des § 10 StGB - und nur unter diesem Gesichtspunkt können die bezüglichen Einwände strafrechtlich gesehen werden - kann aber bei der gegebenen Sachlage nicht gesprochen werden, weil es an den im Gesetz hiefür geforderten Voraussetzungen fehlt. Die diesbezüglich vorgebrachten Argumente können lediglich bei der Strafbemessung berücksichtigt werden. Jenen Einwänden aber, mit welchen behauptet wird, die Gerichte verfolgten mit ihrer Judikatur zum Pornographiegesetz nicht die wirklichen Geschäftemacher, sondern die kleinen Endverschleißer, muß erwidert werden, daß das Pornographiegesetz sehr wohl uneingeschränkt für alle gilt, die mit Pornographica Handel treiben, und daß jene Grundsätze, die zum Begriff der sogenannten harten und strafrechtlich absolut verpönten Pornographie entwickelt wurden, sowohl für Klein- wie auch für Großhändler Geltung haben. Die Gerichte können aber nur jene strafrechtlich zur Verantwortung ziehen, die angeklagt werden. Was die Angeklagte daher diesbezüglich vorbringt, läuft auf eine Kritik der Strafverfolgungsbehörden hinaus, auf deren Tätigkeit die Gerichte im allgemeinen und der Oberste Gerichtshof im besonderen keinen Einfluß haben. Berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde hingegen mit ihrem aus der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Einwand, daß das Erstgericht vorliegend gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen hat, was zur Kassierung des Strafausspruchs und zur Strafneubemessung führen muß. Denn mit dem im ersten Rechtsgang gefällten, nur zugunsten der Beschwerdeführerin angefochtenen Urteil (ON 35) wurde die Höhe des Tagessatzes mit 80 S, im zweiten Rechtsgang hingegen mit 160 S bestimmt.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher teilweise Folge zu geben, das Urteil, das im Schuldspruch wegen Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG unberührt bleibt, in seinem Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO die Strafe neu zu bemessen.

Unter Zugrundelegung der vom Erstgericht zutreffend festgestellten Erschwerungs- und Milderungsumstände, vor allem auch des relativ geringen Verschuldens der Angeklagten, die in einer wirtschaftlich schwierigen Situation zufolge ihrer Abnahmeverpflichtung gegenüber dem Zeitschriftenverlag war, und die einem, allerdings die Schuld nicht ausschließenden, Rechtsirrtum (§ 9 StGB) unterlag (§ 34 Z 12 StGB), ist eine Geldstrafe in der Höhe von 60 Tagessätzen angemessen. Der einzelne Tagessatz war mit dem, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Angeklagten keineswegs übersteigenden, Betrag von 80 S zu bestimmen und die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe mit 30 Tagen festzusetzen. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB war die Strafe - so wie schon in erster Instanz - unter Bestimmung einer einjährigen Probezeit bedingt nachzusehen.

Im übrigen war aber die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen und die Angeklagte mit ihrer Berufung auf die Entscheidung in der Straffrage zu verweisen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Anmerkung

E09278

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00113.86.0918.000

Dokumentnummer

JJT_19860918_OGH0002_0120OS00113_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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