TE OGH 1986/9/18 12Os136/86 (12Os137/86)

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Veröffentlicht am 18.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinhauer als Schriftführer, in der Strafvollzugssache des Albin Markus M*** über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 21.März 1986, GZ 13 b Ns 68/86-3, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 13.Mai 1986, AZ 23 Bs 193/86, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschlüsse des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Vollzugsgericht vom 21.März 1986, GZ 13 b Ns 68/86-3 und des Oberlandesgerichtes Wien vom 13.März 1986, AZ 23 Bs 193/86 verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 115 StVG.

Diese Beschlüsse werden aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Der Antrag des Leiters der Strafvollzugsanstalt Stein an der Donau vom 13.März 1986, die vom Strafgefangenen Albin Markus M*** im Hausarrest zugebrachte Zeit gemäß § 115 StVG ganz oder teilweise nicht in die Strafzeit einzurechnen, wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Albin Markus M*** verbüßt in der Strafvollzugsanstalt Stein an der Donau die über ihn mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck zu AZ 22 Vr 3824/84 verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren; das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 30.Oktober 1987. Am frühen Morgen des 11.Feber 1986 flüchtete M*** mit drei Mitgefangenen aus der Strafvollzugsanstalt, konnte jedoch noch am Abend desselben Tages (um 20,15 Uhr) in Wien von Polizeibeamten wieder festgenommen werden. Die Rücküberstellung in die Vollzugsanstalt erfolgte am nächsten Tag. M*** war für den 11. Feber 1986 von der Arbeit (im Betrieb Kunst II) befreit (Bericht der Strafvollzugsanstalt Stein vom 2.Juni 1986, GZ 4161-0-2/86). Mit Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 21. März 1986, GZ 13 b Ns 68/86-3, wurde gemäß § 115 StVG die Nichteinrechnung der wegen dieser Ordnungswidrigkeit vom Anstaltsleiter über den Strafgefangenen verhängten und in der Zeit vom 12.Februar bis 9.März 1986 vollzogenen Strafe des Hausarrestes von 25 Tagen in die Strafzeit angeordnet. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Strafgefangenen gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 13.Mai 1986, AZ 23 Bs 193/86, nicht Folge, nachdem es zur Frage der Beschäftigung des Strafgefangenen einen Bericht der Vollzugsanstalt eingeholt hatte.

Nach diesem, inhaltlich unrichtigen Bericht, wäre M*** am 11. Feber 1986 zur Arbeit eingeteilt gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung des Vollzugsgerichtes sowie das Beschwerdeerkenntnis des Oberlandesgerichtes Wien richtet sich die von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt:

§ 115 StVG sieht vor, daß einem Strafgefangenen, der sich durch eine Selbstbeschädigung oder eine andere Ordnungswidrigkeit - so auch durch Flucht aus der Anstalt (§ 107 Abs. 1 Z 1 StVG) - vorsätzlich seiner Arbeitspflicht entzogen hat, die deshalb im Hausarrest zugebrachte Zeit ganz oder teilweise nicht in die Strafzeit einzurechnen ist. Die Nichteinrechnung kommt jedoch - unbeschadet der generellen Verpflichtung jedes (arbeitsfähigen) Strafgefangenen, Arbeit zu leisten (§ 44 Abs. 1 StVG) - nur dann in Betracht, wenn sich der Strafgefangene einer ihn im Tatzeitpunkt tatsächlich treffenden (speziellen) Arbeitspflicht vorsätzlich entzogen hat, er mithin im Zeitpunkt der Begehung der Ordnungswidrigkeit zur Arbeit eingeteilt war (vgl EvBl 1972/110; ÖJZ-LSK 1975/210; SSt 53/52; 13 Os 172/83; Onder-Lachner, StVG, Kunst, StVG und Mayerhofer-Rieder, Nebenstrafrecht 2 , jeweils Anm 2 zu § 115 StVG). Da Albin-Markus M*** am 11.Feber 1986, jenem Tag, an dem er geflüchtet ist und den er (bis zu seiner Wiederergreifung um 20,15 Uhr) in Freiheit verbrachte, nicht zur Arbeit eingeteilt war, konnte er sich durch die von ihm begangene Ordnungswidrigkeit nicht einer ihn im Tatzeitpunkt treffenden (speziellen) Arbeitspflicht entziehen, womit aber die vom Vollzugsgericht verfügte Nichteinrechnung der im Hausarrest zugebrachten Zeit mit der Vorschrift des § 115 StVG nicht im Einklang steht. Daran ändert nichts, daß M*** erst am 12. Feber 1986 in die Strafvollzugsanstalt rücküberstellt wurde. Daß der Strafgefangene während der Verbüßung des Hausarrests nicht zur Arbeit herangezogen werden kann, stellt keine unmittelbar durch die begangene Ordnungswidrigkeit bewirkte Arbeitspflichtentziehung im Sinn des § 115 StVG dar (vgl Mayerhofer-Rieder aaO E Nr 5 zu § 115 StVG); das muß aber wohl auch für jene Zeit gelten, die der Strafgefangene nach seiner Wiederaufgreifung bis zur Rücküberstellung in die Anstalt außerhalb dieser in behördlichem Gewahrsam zugebracht hat und auf deren Dauer er keinen Einfluß hat (vgl 9 Os 137/86).

Die sohin dem Gesetz widersprechenden Entscheidungen des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Vollzugsgericht und des Oberlandesgerichtes Wien wirken sich infolge der dadurch erfolgten Verlängerung der Strafzeit (um 25 Tage) zum Nachteil des Strafgefangenen aus, weshalb in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen war.

Anmerkung

E09281

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00136.86.0918.000

Dokumentnummer

JJT_19860918_OGH0002_0120OS00136_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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