TE OGH 1986/9/30 5Ob142/86

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Veröffentlicht am 30.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Hofmann, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Hertha MAY, Pensionistin, Wien 7., Neustiftgasse 116-118/11, vertreten durch Michael W***, Sekretär des Mieterschutzverbandes Österreichs, Wien 7., Döblergasse 2, dieser vertreten durch Hannelore I***, Landessekretärin des Mieterschutzverbandes Österreichs, ebendort, wider den Antragsgegner A*** Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, Wien 2., Untere Donaustraße 25, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs.1 Z 13 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29. April 1986, GZ. 48 R 113/86-11, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Oktober 1985, GZ. 47 Msch 17/85-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im Jahre 1937 mietete der Rechtsvorgänger der nunmehrigen Antragstellerin den Mietgegenstand top.Nr.11 im Haus des Antragsgegners Wien 7., Neustiftgasse 116-118 zum Betrieb einer Arztpraxis. Dieser eine Nutzfläche von 71,75 m 2 aufweisende Mietgegenstand verfügte bereits im Jahre 1937 über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Innern.

Im Jahre 1973 wurde zwischen dem Rechtsvorgänger der nunmehrigen Antragstellerin und dem Antragsgegner eine Umwidmung des Mietgegenstandes - in dessen Küche inzwischen ohne Errichtung von Trennwänden eine Badewanne aufgestellt worden war - für Wohnzwecke bei Weiterzahlung des bisher auf der Basis 3,13 S pro Friedenskrone entrichteten Hauptmietzinses vereinbart.

Mit Schreiben vom 22.6.1984 begehrte der Antragsgegner vom Rechtsvorgänger der nunmehrigen Antragstellerin die Entrichtung eines Erhaltungsbeitrages von 921,95 S monatlich, dessen Errechnung er (gemäß § 45 Abs.1 Z 2 MRG) die Wohnungskategorie A zugrundelegte (2/3 des Kategoriezinses: 1167,13 S, bisheriger Hauptmietzins: 245,18 S). Der Rechtsvorgänger der nunmehrigen Antragstellerin zahlte diesen Erhaltungsbeitrag für die Monate Juli 1984 bis einschließlich Februar 1985, rief jedoch am 18.10.1984 die Schlichtungsstelle an, weil er den Standpunkt vertrat, der Errechnung des Erhaltungsbeitrages sei wegen der Umwidmung des Mietgegenstandes für Wohnzwecke der Kategorie C zugrundezulegen. Nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle infolge der rechtzeitigen Anrufung des Erstgerichtes durch den Antragsgegner außer Kraft getreten war, wies das Erstgericht den Antrag festzustellen, der Antragsgegner habe der Antragstellerin gegenüber durch Vorschreibung eines Erhaltungsbeitrages von monatlich 921,25 S seit 1.Juli 1984 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten, und zwar im Juli 1984 um 921,95 S und in den Monaten August 1984 bis Februar 1985 um monatlich 583,57 S, ab. Gleichzeitig wies das Erstgericht den Antrag ab, den höchstzulässigen Erhaltungsbeitrag mit 338,38 S pro Monat festzustellen und den Antragsgegner zur Rückzahlung der zuviel eingehobenen Beträge zu verpflichten. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:

Gemäß § 16 Abs.3 MRG richte sich die Ausstattungskategorie (§ 16 Abs.2 MRG) nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages. In diesem Zeitpunkt sei das gegenständliche Mietobjekt als Arztpraxis gewidmet gewesen, sodaß schon aus diesem Grund der Errechnung des Erhaltungsbeitrages die Kategorie A zugrundezulegen gewesen sei. Zu demselben Ergebnis gelange man gemäß § 863 ABGB. Daraus, daß ungeachtet der Umwidmung weiterhin der für Geschäftsräumlichkeiten gesetzlich festgesetzte Hauptmietzins gezahlt werden sollte und auch gezahlt worden sei, könne nur der Schluß gezogen werden, die Mietvertragsparteien seien einvernehmlich davon ausgegangen, daß die Mietzinsberechnung für den Mietgegenstand nach wie vor auf der Basis einer Geschäftsräumlichkeit erfolgen solle. Es würde dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechen, sich jahrelang einen Hauptmietzins auf der Basis von 3,-- S je Friedenskrone vorschreiben zu lassen und sich nunmehr auf den Standpunkt zu stellen, daß die Berechnung des Erhaltungsbeitrages unter Zugrundelegung der Kategorie C zu erfolgen habe.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluß dahin ab, daß dieser zu lauten habe: "Der Antragsgegner hat der Antragstellerin gegenüber für deren Wohnung top.Nr.11 im Haus Wien 7., Neustiftgasse 116-118 durch Vorschreibung eines Erhaltungsbeitrages von 921,95 S im Juli 1984 das gesetzlich zulässige Ausmaß des Erhaltungsbeitrages um 921,95 S überschritten. In den Monaten August 1984 bis Februar 1985 hat der Antragsgegner der Antragstellerin gegenüber das zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung eines Betrages von jeweils 1.167,13 S (einschließlich Hauptmietzins) um 583,57 S monatlich überschritten. Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin den Betrag von 5.006,94 S zuzüglich 10 % Ust und zuzüglich 4 % Zinsen seit 25.6.1985 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen." Es führte aus:

Der Antragstellerin sei darin beizupflichten, daß es allein auf die zwischen den Parteien im Jahr 1973 vereinbarte Umwidmung ankomme. Nach den Behauptungen der Antragstellerin sei das Mietobjekt zunächst zum Zweck der Führung einer Ordination gemietet worden. Da weitere Behauptungen nicht vorlägen, sei davon auszugehen, daß das Mietobjekt nach der Parteienabsicht zunächst zur Gänze als Ordination gewidmet gewesen sei. Nach ständiger Rechtsprechung (zuletzt MietSlg.36.417) sei das Mietobjekt daher (zunächst) zu Recht als Geschäftsräumlichkeit qualifiziert worden. Bei der Einordnung eines Mietgegenstandes entweder als Wohnung oder als Geschäftslokal komme es allein auf die Parteienabsicht bei Abschluß des Vertrages oder bei späterer einvernehmlicher Änderung des Vertragszweckes an (vgl. MietSlg. 36.544/29;

5 Ob 112/85 - inzwischen veröffentlicht in JBl. 1986, 255 -). Aufgrund des beiderseitigen Vorbringens sei davon auszugehen, daß im Jahre 1973 zwischen dem Rechtsvorgänger der Antragstellerin und dem Antragsgegner die Vereinbarung geschlossen worden sei, das Objekt solle ab nun nur noch Wohnzwecken dienen, damit sei das Mietobjekt seither als Wohnung zu betrachten. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß im Jahr 1973 gleichzeitig die Vereinbarung getroffen worden sei, es solle bei dem bisherigen Mietzins, wie er für das Geschäftslokal vereinbart worden sei, bleiben. Daß der Rechtsvorgänger der Antragstellerin dabei auch noch die Verpflichtung übernommen habe, die Umsatzsteuer zu zahlen, wie dies damals hauptsächlich bei Geschäftslokalen üblich gewesen sei, vermöge nichts an dem eindeutigen Parteiwillen zu ändern, nunmehr das Mietverhältnis über eine Wohnung fortzusetzen. Bei der Berechnung des zulässigen Erhaltungsbeitrages nach § 45 MRG sei somit ausschließlich von Abs.1 Z 1 dieser Gesetzesstelle auszugehen. Das bedeute, daß die Berechnung des Erhaltungsbeitrages unter Zugrundelegung des § 16 Abs.2-4 MRG zu erfolgen habe. Wenn nun in § 16 Abs.3 MRG als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Ausstattungskategorie der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages genannt sei, könne das nicht zu einer Anwendung des § 45 Abs.1 Z 2 MRG führen. Auf die Frage, ob es sich bei der Vereinbarung des Jahres 1973 um eine Novation gehandelt habe, also ob der Ausstattungszustand des Jahres 1973 oder jener des Jahres 1937 (ursprüngliche Anmietung des Objektes) heranzuziehen sei, brauche im konkreten Fall nicht eingegangen zu werden, weil ohnedies nach dem übereinstimmenden Vorbringen für beide Zeitpunkte lediglich von der Kategorie C auszugehen sei. Daß eine in der Küche ohne jegliche räumliche Trennung aufgestellte Badewanne keine Einordnung in die Kategorie B rechtfertige, da dies nicht als eine dem zeitgemäßen Standard entsprechende Badegelegenheit anzusehen sei, sei bereits mehrfach ausgesprochen worden (MietSlg. 36.321 ua). Die Berechnung des zulässigen Erhaltungsbeitrages habe also auf der Basis der Ausstattungskategorie C zu erfolgen. Demnach mache der aus Hauptmietzins und Erhaltungsbeitrag bestehende monatliche Betrag, dessen Einhebung gesetzlich zulässig sei, lediglich 583,56 S und nicht 1.167,13 S aus. Da die Vorschreibung des Erhaltungsbeitrages erstmals am 22.6.1984 erfolgt sei, sei sie erst nach Ablauf eines Monats zu dem folgenden Zinstermin wirksam gewesen, also erst ab August 1984. Der für Juli 1984 eingehobene Erhaltungsbeitrag in Höhe von 921,95 S sei somit zur Gänze unzulässig gewesen. Ab August 1984 habe der Antragsgegner den getroffenen Außerstreitstellungen zufolge monatlich 1.167,13 S einschließlich Hauptmietzins eingehoben, somit um 583,56 S monatlich zuviel an Erhaltungsbeitrag. Da die Vorschreibung des Erhaltungsbeitrages für die Monate Juli 1984 bis Februar 1985 und die Zahlungen durch die Antragstellerin zwischen den Parteien unstrittig geblieben seien, sei der Antragsgegner gemäß § 37 Abs.4 MRG zur Rückzahlung des zuviel bezahlten Erhaltungsbeitrages zu verhalten gewesen. Die Antragstellerin habe 4 % Zinsen begehrt, ohne jedoch den Beginn eines Zinsenlaufes anzugeben. Mangels anderer Anhaltspunkte, insbesondere deshalb, weil die Termine der einzelnen Zahlungen nicht feststünden, seien ihr Zinsen erst ab dem 25.6.1985 zuzusprechen gewesen, nämlich ab dem Zeitpunkt, in dem ihre Zahlungen außer Streit gestellt worden seien.

Gegen den abändernden rekursgerichtlichen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar gemäß § 37 Abs.3 Z 18 MRG zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet dem Rekursgericht zunächt darin bei, daß es für die Beantwortung der Frage, ob der Erhaltungsbeitrag nach § 45 Abs.1 Z 1 MRG (für eine Wohnung) oder nach § 45 Abs.1 Z 2 MRG (für einen sonstigen Mietgegenstand) zu errechnen iat, darauf ankommt, ob der Mietgegenstand im Zeitpunkt der Vorschreibung des Erhaltungsbeitrages als Wohnung zu qualifizieren ist. Nur dann, wenn dies der Fall ist, richtet sich die Ausstattungskategorie gemäß § 16 Abs.3 Satz 1 MRG nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages (5 Ob 37/85, 5 Ob 54/85, 5 Ob 75/85); § 45 Abs.1 Z 2 MRG enthält denn auch - zum Unterschied von § 45 Abs.1 Z 1 MRG - keine Verweisung auf § 16 Abs.3 MRG.

Das Rekursgericht hat auch zutreffend dargelegt, daß ein Mietgegenstand dann als Wohnung anzusehen ist, wenn er nach der Parteienabsicht bei Abschluß des Mietvertrages zu Wohnzwecken in Bestand gegeben bzw. genommen oder wenn der Wohnzweck später einvernehmlich zum Vertragszweck gemacht worden ist (MietSlg. 36.301, 36.544/29; JBl. 1986, 255; RdW 1986, 109 ua). Gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, das verfahrensgegenständliche Mietobjekt sei seit der Vereinbarung des Jahres 1973 als Wohnung zu betrachten, führt der Antragsgegner ins Treffen, daß es im Jahre 1973 zu einer Änderung des Vertragszweckes überhaupt nicht gekommen sei; die Antragstellerin könnte das Mietobjekt jederzeit wieder ausschließlich als Arztpraxis verwenden. Von einer rechtserheblichen Vertragsänderung könnte nur dann gesprochen werden, wenn ausdrücklich eine Änderung der Möglichkeit der Benützung des Mietobjektes in dem Sinne vereinbart worden wäre, daß das Mietobjekt in Hinkunft nicht mehr zur Gänze als Arztpraxis verwendet werden dürfe; eine solche Vereinbarung sei aber nicht einmal behauptet worden und liege auch nicht vor. Damit entfernt sich der Antragsgegner jedoch von dem in erster Instanz außer Streit gestellten Sachverhalt, wonach der Rechtsvorgänger der nunmehrigen Antragstellerin und der Antragsgegner im Jahre 1973 die Umwidmung des zunächst zum Betrieb einer Arztpraxis gemieteten Mietgegenstandes für Wohnzwecke bei Weiterzahlung des bisher auf der Basis 3,13 S pro Friedenskrone entrichteten Hauptmietzinses vereinbart haben. Geht man von diesem Sachverhalt aus, so kann keine Rede davon sein, daß die Antragstellerin jederzeit berechtigt wäre, den Mietgegenstand wieder ausschließlich als Arztpraxis zu verwenden. Aus der Bereitschaft des Rechtsvorgängers der nunmehrigen Antragstellerin, für den in Hinkunft ausschließlich zu Wohnzwecken gemieteten Mietgegenstand weiterhin den Hauptmietzins zu zahlen, der für den bisher zum Betrieb einer Arztpraxis gemieteten Mietgegenstand gezahlt worden war, läßt sich unter Zugrundelegung der Kriterien des § 863 ABGB eine schlüssige Vereinbarung in dem Sinne, daß der Mietgegenstand in Hinkunft ungeachtet der Änderung des Verwendungszweckes (ganz allgemein) in bezug auf die (jeweiligen) Zinsbildungsvorschriften nach wie vor als Geschäftsräumlichkeit zu behandeln sei, nicht ableiten. Die vorliegende Antragstellung verstößt daher auch nicht gegen Treu und Glauben.

Dem Revisionsrekurs war demnach ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E09035

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00142.86.0930.000

Dokumentnummer

JJT_19860930_OGH0002_0050OB00142_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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