TE OGH 1986/9/30 2Ob519/85

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Veröffentlicht am 30.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** OIL Austria AG, Schwarzenbergplatz 3, 1011 Wien, vertreten durch Dr. Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Harold S***, Rechtsanwalt, Kalchberggasse 8, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Erich Allmer, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 283.486,37 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 3. Oktober 1984, GZ 2 R 111/84-22, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 22. Februar 1984, GZ 24 Cg 190/83-16, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat dem Beklagten die mit S 10.305,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 805,95 Umsatzsteuer und S 1.440,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen des Ing. Hans N*** wurde am 19. Februar 1982 das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Die klagende Partei führte zu diesem Zeitpunkt gegen Ing. Hans N*** und Rudolf B*** einen am 26. August 1981 zu 5 C 6/82 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz eingeleiteten Räumungsstreit. Am 22. Februar 1982 beantragte sie die Fortsetzung des durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens. Der Beklagte hielt als Masseverwalter die bereits von Ing. Hans N*** erhobene Einwendung der mangelnden Passivlegitimation zufolge Übertragung der Bestandrechte an eine Gesellschaft aufrecht. Das dem Räumungsbegehren stattgebende Urteil des Erstgerichtes vom 15. Juni 1982 wurde dem Beklagten am 25. Juni 1982 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft. Auf Grund der Exekutionsbewilligung vom 22. Juli 1982 und des für 10. August 1982 anberaumten Räumungstermines erklärte sich der Beklagte als Masseverwalter schließlich mit der Räumung der Liegenschaft einverstanden, sodaß der Räumungstermin abberaumt wurde. Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei vom Beklagten Schadenersatz für entgangenen Bestandzins, Verdienstentgang, frustrierte Steuern und Gebühren sowie Prozeß- und Exekutionskosten in der Gesamthöhe von S 284.007,16 und bringt hiezu im wesentlichen vor: Sie habe im Jahre 1977 mit schriftlichem Bestandvertrag eine von ihr gemietete Fläche bis zum Ende des Jahres 2000 an Ing. Hans N*** und Rudolf B*** in Unterbestand gegeben, wobei als vorzeitige Auflösungsgründe u.a. qualifizierter Zahlungsverzug oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines der Unterbestandnehmer vereinbart worden seien. Weiters hätten sich die Unterbestandnehmer verpflichtet, bei einer von ihnen zu vertretenden vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses die von ihnen auf der in Bestand genommenen Fläche errichteten Baulichkeiten entweder zu entfernen oder im Falle der Belassung unentgeltlich in das Eigentum der klagenden Partei zu übertragen. Mangels Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen und nach Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens über das Vermögen des Ing. Hans N*** habe die klagende Partei das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 10. Oktober 1981 aufgelöst. Dennoch seien die Unterbestandnehmer ihrer Räumungsverpflichtung nicht nachgekommen, sodaß die Einbringung der Räumungsklage erforderlich geworden sei. Nach der im September 1981 erfolgten Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Rudolf B*** habe der dort bestellte Masseverwalter und schließlich ebenso der Beklagte als Masseverwalter im Konkurse des Ing. Hans N*** eine freiwillige Räumung der Bestandliegenschaft mit der Behauptung abgelehnt, die Unterbestandrechte seien in eine von den Unterbestandnehmern gegründete Gesellschaft eingebracht worden, sodaß es an der passiven Klagslegitimation fehle. Außergerichtlich hätten die beiden Masseverwalter die Verweigerung der Rückstellung des Bestandgegenstandes damit begründet, das hierauf errichtete Tankstellengebäude sei von den beiden Gemeinschuldnern an ein Kreditinstitut verpfändet worden und durch die Übergabe der Liegenschaft samt Gebäude würde man sich Ansprüchen dieses Institutes aussetzen. Erst nach rechtskräftiger Beendigung des Räumungsstreites sowie Exekutionsführung hätten die beiden Masseverwalter, somit auch der Beklagte, knapp vor dem Räumungstermin der Besitznahme der Liegensciaft samt Gebäude durch die klagende Partei zugestimmt. Durch die trotz klarer Rechtslage erfolgte Verweigerung einer freiwilligen Räumung und die Notwendigkeit der Exekutionsführung sei der klagenden Partei der im einzelnen angeführte Schaden erwachsen, welcher in den beiden Konkursmassen keine Deckung finde und für welchen der Beklagte jedenfalls soweit hafte, als er sich auf den Zeitraum nach der Konkurseröffnung beziehe.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Er habe als Masseverwalter keine Pflichtenverletzung begangen, sondern nur verschiedene, ihm notwendig scheinende Prozesse und so auch den Räumungsstreit mit der bereits von Ing. Hans N*** erhobenen Einwendung der mangelnden Passivlegitimation weitergeführt. Dabei sei auch auf die von der Raiffeisenbank hinsichtlich des gepfändeten Superädifikates erhobenen Ansprüche Bedacht zu nehmen und daher die Berechtigung des Räumungsbegehrens zu klären gewesen. Mangels rechtskräftiger Beendigung des Konkursverfahrens werde überdies das Fehlen der Passivlegitimation eingewendet.

Das Erstgericht sprach der klagenden Partei den Betrag von S 2.259,27 s.A. zu und wies das Mehrbegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht, dagegen jener des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es erklärte die Revision für zulässig. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die klagende Partei eine auf § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Nach den erstgerichtlichen, unbekämpft gebliebenen Feststellungen war die klagende Partei zufolge Vertragsabrede berechtigt, den zwischen ihr als Unterbestandgeberin und den Unterbestandnehmern Rudolf B*** u Ing. Hans N***

hinsichtlich einer ihrer Grundflächen geschlossenen Unterbestandvertrag ua. bei Zahlungsverzug der Unterbestandnehmer oder Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen von einem der beiden vorzeitig aufzulösen. Dabei sollten die von den Bestandnehmern auf der in Bestand gegebenen Fläche errichteten Baulichkeiten nach ihrer Wahl entfernt werden oder aber kostenlos in das Eigentum der klagenden Partei übergehen. Nach Abschluß des Unterbestandvertrages dunde von Ing. Hans N*** und Rudolf B*** eine "N*** GesmbH" und schließlich eine "N***

GesmbH & Co KG" gegründet. Wegen Vertragsverletzung löste die klagende Partei mit Schreiben vom 10. März 1981 das Unterbestandverhältnis auf. Da die Unterbestandnehmer eine Räumung unterließen, brachte sie am 26. August 1981 die Räumungsklage ein. Über das Vermögen des Rudolf B*** wurde am 16. September 1981 das Konkursverfahren eröffnet. Im Räumungsstreit wendeten die beiden Unterbestandnehmer unter Hinweis auf eine Einbringung der Bestandrechte in die vorgenannten Gesellschaften ihre mangelnde Passivlegitimation ein. Der Beklagte führte den Prozeß mit dieser Einwendung weiter, um "eine autoritative Klärung zu erreichen". An dem auf der Bestandliegenschaft errichteten Superädifikat hatte eine Raiffeisenkasse ein Pfandrecht erworben.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Vorgangsweise des Beklagten habe grundsätzlich seinen Aufgaben und Pflichten als Masseverwalter entsprochen. Eine ungerechtfertigte bzw. schuldhafte Verzögerung der Räumung liege nicht vor, lediglich hinsichtlich der Kosten des Antrages auf Bewilligung der Räumungsexekution erscheine der einen solchen Exekutionsantrag erfordernde Standpunkt des Beklagten sachlich nicht gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht traf auf Grund der vorgelegten Urkunden und des Inhaltes der bezogenen Gerichtsakte insbesondere noch folgende Feststellungen: Am 2. Februar 1981 wurde über das Vermögen des Ing. Hans N*** das Ausgleichsverfahren eröffnet. Mit dem an Ing. Hans N*** gerichteten Schreiben vom 10. März 1981, Beilage ./H, kündigte die klagende Partei das Bestandverhältnis auf. Ein Schreiben gleichlautenden Inhaltes vom 11. März 1981 richtete sie an die Firma "N*** Gürteltankstelle GesmbH & Co KG" (Beilage ./1). Schon vorher hatte sie das Bestandverhältnis betreffende Schreiben vom 2. Februar 1981 und 6. Februar 1981 an die Firma N*** gerichtet, welche sich gegen Vertragsverletzungen wendeten (Beilage ./2 und ./3). Mit Schreiben der klagenden Partei vom 24. April 1981 (Beilage ./L) wurde der Beklagte als Ausgleichsverwalter im Ausgleichsverfahren des Ing. Hans N*** ersucht, zur Frage des Bestandverhältnisses Stellung zu nehmen. Mit der Forderungsanmeldung vom 9. März 1981 hatte die klagende Partei im Ausgleichsverfahren im Zusammenhang mit dem Bestandvertrag einen Betrag von S 509.099,73 und am 26. März 1981 aus dem Tankstellenbelieferungs- und Vertriebsübereinkommen eine solche von S 2,036.000 geltend gemacht. Diese Forderungen wurden bestritten. Weitere Anmeldungen erfolgten nicht. Das Konkursverfahren gegen Ing. Hans N*** ist noch nicht aufgehoben. Hinsichtlich der Haftung des Beklagten verwies das Berufungsgericht auf die Bestimmung des § 81 Abs 3 KO, wonach der Masseverwalter für die pflichtwidrige Führung seines Amtes schadenersatzpflichtig werde. Nach der im § 81 Abs 1 KO zitierten Bestimmung des § 1299 ABGB habe der Masseverwalter für den Mangel an Kenntnissen und Fleiß einzustehen. Beim Rechtsanwalt gelte hiebei der Maßstab eines durchschnittlichen Berufskollegen. Schadenersatzansprüche seien in der Regel im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, insbesondere dann, wenn die behauptete Schädigung nicht den Befriedigungsfonds aller Gläubiger betreffe, sondern eine individuelle Schädigung eines einzelnen Beteiligten vorliege. Aufgabe des Masseverwalters nach § 81 KO sei es, den Stand der Masse zu ermitteln, für die Einbringung und Sicherstellung der Aktiven sowie für die Feststellung der Schulden, insbesondere durch Prüfung der angemeldeten Ansprüche, zu sorgen und Rechtsstreitigkeiten, welche die Masse betreffen, zu führen. Dabei habe er die durch den Gegenstand seiner Geschäftsführung gegebene Sorgfalt (§ 1299 ABGB) anzuwenden. Vorliegendenfalls habe der Masseverwalter den gegen den Gemeinschuldner eingeleiteten Prozeß weitergeführt, um eine gerichtliche Klärung des Rechtsstreites zu erreichen. Dies könne ihm nicht als Pflichtwidrigkeit angelastet werden. Der von den beklagten Parteien des Räumungsprozesses erhobene Einwand der mangelnden Passivlegitimation habe für ihn nicht von vornherein als unbegründet angesehen werden müssen, zumal die klagende Partei das Bestandverhältnis betreffende Schreiben auch an die "N*** Gesellschaft" gerichtet gehabt habe. Somit sei es durchaus vertretbar, daß der Masseverwalter eine gerichtliche Klärung herbeiführen wollte, und könne in der Weiterführung des Prozesses kein Verschulden gesehen werden. Für die Zeit vom 19. Februar 1982 bis 25. Juni 1982 seien die Klagsansprüche daher jedenfalls zu verneinen. Hinsichtlich der Zeit nach Urteilszustellung käme mangels rechtzeitiger Räumung grundsätzlich eine Schadenersatzpflicht des Beklagten in Betracht. Diesbezüglich lägen noch keine abschließenden Feststellungen über die Schadenshöhe vor, eine Ersatzforderung bestehe derzeit aber ohnehin nicht, weil Voraussetzung einer Haftung des Masseverwalters nach § 81 Abs 3 KO der Nachweis des bereits erfolgten Eintrittes eines konkreten Schadens sei. Ein solcher sei aber solange nicht gegeben, als von der Möglichkeit einer Exekutionsführung gegen die Konkursmasse oder eines Vorgehens nach § 124 Abs 3 KO nicht Gebrauch gemacht, also nicht Abhilfe durch den Konkurskommissär versucht worden sei. Im übrigen erscheine sogar die Ansicht vertretbar, daß ein Schadenseintritt erst nach Abschluß des Konkurses feststehe, weil erst dann die Frage der Zulänglichkeit der Masse und des Ausmaßes des Schadens beantwortet sei. Der Hinweis des Beklagten, daß die Konkursmasse keine Deckug biete, ändere nichts daran, daß die klagende Partei ihre Ansprüche zunächst als Masseforderung nach § 46 Abs 1 Z 2 KO durch Exekutionsführung gegen die Konkursmasse bzw. im Sinne der Anordnung des § 124 Abs 3 KO geltend machen müsse. Das gelte insbesondere auch für die Kosten der Räumungsexekution in der Höhe von S 2.259,27. Aus diesen Gründen sei die Rechtsrüge der Berufung der klagenden Partei nicht, dagegen jene des Beklagten gerechtfertigt.

In der Mängelrüge der Revision wird von der klagenden Partei gerügt, das Berufungsgericht habe entgegen ihrem Begehren für die rechtliche Beurteilung erhebliche Feststellungen nicht getroffen. Da angebliche Feststellungsmängel mit der Rechtsrüge geltend zu machen sind, ist auf diese Ausführungen bei Behandlung der Rechtsrüge einzugehen.

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird vorgebracht, der Einwand der mangelnden Passivlegitimation zufolge Einbringung der Bestandrechte in eine Gesellschaft hätte der Konkursmasse das Bestandobjekt nicht erhalten können, weil durch die Abweisung der Räumungsklage nur geklärt worden wäre, daß das Bestandobjekt eben nicht zur Konkursmasse gehört. Der Konkursmasse wäre in diesem Falle lediglich der Prozeßkostenersatz an die klagende Partei erspart geblieben, ein Vorteil, der gegenüber dem Schaden, der der klagenden Partei aus der Verzögerung der Räumung entstehen habe müssen, kein entscheidendes Gewicht zukommen könne. Wäre die N*** Gürteltankstelle GesmbH & Co KG tatsächlich Bestandnehmer gewesen, so hätte sie sich gegen eine Räumungsexekution auf Grund eines gegen den Masseverwalter erwirkten Urteiles noch immer zur Wehr setzen können, sodaß der Beklagte auch nicht Ersatzansprüche dieser Gesellschaft zu befürchten gehabt hätte. Da der Masseverwalter den Beteiligten des Konkursverfahrens gegenüber auf Grund des § 81 Abs 3 KO hafte, träte hier auch eine Beweislastumkehr im Sinne des § 1298 ABGB ein. Die Verweigerung der Räumung durch den Beklagten sei jedenfalls, wie das rechtskräftige Urteil beweise, rechtswidrig gewesen. Der Beklagte hätte daher gemäß § 1298 ABGB den Gegenbeweis erbringen müssen, daß ihm die Prozeßführung nicht zum Vorwurf gemacht werden könne. Die von ihm angegebenen Rechtfertigungsgründe seien insbesondere bei Ergänzung des Sachverhaltes durch die in der Berufung begehrten Feststellungen nicht ausreichend. Die Tatsache, daß der Beklagte mit einer Besitzstörungsklage gedroht habe, zeige, daß er den erhobenen Einwand der mangelnden Passivlegitimation selbst nicht ernst genommen habe. Die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Masseverwalter bezwecke auch die Vermeidung unnötiger Prozesse. Weiters habe das Berufungsgericht rechtsirrtümlich eine Subsidiarität der Haftung des Masseverwalters gemäß § 81 Abs 3 KO zugrunde gelegt, in dem es den Eintritt eines konkreten Schadens erst mangels Befriedigung des Geschädigten aus der Masse oder nach einem Vorgehen nach § 124 Abs 3 KO annehme. Richtig sei lediglich, daß die klagende Partei ihren Schaden gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO auch als Masseforderung geltend machen könne, weil beide Haftungsgründe nebeneinander bestünden. Der Verweis des geschädigten Beteiligten auf das Verfahren nach §§ 121 ff. KO gelte nur dann, wenn das pflichtwidrige Verhalten des Masseverwalters den gemeinsamen Befriedigungsfonds aller Konkursgläubiger, also die Masse, nicht jedoch einen einzelnen, betreffe. Im übrigen würde ein Vorgehen nach dieser Gesetzesstelle schließlich alle Gläubiger benachteiligen. Da der Beklagte die mangelnde Deckung der Klagsforderung in der Masse behauptet habe, hätte ein Vorgehen gegen diese unnötige weitere Kosten verursacht. Für eine Exekutionsführung hätte nur hinsichtlich der Kosten der Räumungsexekution ein Titel bestanden. Diesen Ausführungen kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Zuzustimmen ist der Rechtsansicht der Revisionswerberin, daß die Haftung des Masseverwalters im Sinne des § 81 Abs 3 KO nicht bloß subsidiär, also mangels Befriedigung aus der Masse, in Anspruch genommen werden kann. Die privatrechtliche Verantwortlichkeit des Masseverwalters für eine pflichtwidrige Amtsführung begründet vielmehr einen selbständigen Rechtsschutzanspruch und eine, wenngleich verschuldensabhängige, Ersatzpflicht nach den Regeln des ABGB (Bartsch-Pollak, Konkursordnung 3 I 408 f;

Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 4 172 f.). Derartige Schadenersatzansprüche können außerdem auch als Masseforderungen gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO geltend gemacht werden (SZ 47/84). Damit ist jedoch für die Revisionswerberin nichts gewonnen.

Grundsätzlich ist hier zunächst davon auszugehen, daß gemäß § 23 KO die Wirksamkeit der vom späteren Gemeinschuldner als Bestandnehmer geschlossenen Bestandverträge durch die Konkurseröffnung nicht berührt, sondern nur eine Kündigungsmöglichkeit sowohl für den Bestandgeber als auch für den Masseverwalter normiert wird (SZ 49/109; SZ 56/112; JBl. 1980, 424 uva.).

Vorliegendenfalls hat sich der Beklagte als Masseverwalter zum Bestandverhältnis insoweit geäußert, als er im fortgeführten Räumungsprozeß wie vorher der Gemeinschuldner den Standpunkt vertrat, die Bestandrechte seien bereits vor Konkurseröffnung rechtswirksam auf eine Gesellschaft übertragen worden, sodaß - mangels Zugehörigkeit der Bestandrechte zum Vermögen des Gemeinschuldners - im Räumungsstreit die passive Klagslegitimation fehle. Der Beklagte hat damit also gegenüber der klagenden Partei als Bestandgeberin die Bestandrechte gar nicht als in die Konkursmasse fallend beansprucht. Inwieweit diesem Standpunkt sein Eintritt in den Prozeß widersprach, muß hier nicht erörtert werden. Die klagende Partei ihrerseits als Bestandgeberin hat ihre vertraglichen Rechte auf Räumung der Bestandsache zufolge vertragswidrigen Verhaltens des Bestandnehmers gegenüber diesem und nach Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen gegenüber dem Beklagten als Masseverwalter geltend gemacht. Bei diesem Anspruch handelt es sich um keinen in das Konkursverfahren fallenden Anspruch, zumal das Bestandverhältnis, wie dargetan, von der Eröffnung des Konkursverfahrens gemäß § 23 KO gar nicht berührt wurde. Eine solche Streitigkeit zwischen Bestandgeber und Masseverwalter stellt also keinen konkursrechtlichen Anspruch dar, der Bestandgeber tritt insoweit nicht als Konkursgläubiger auf. Nach der Bestimmung des § 81 Abs 3 KO ist der Masseverwalter allen "Beteiligten" für Vermögensnachteile, die er ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amtes verursacht, verantwortlich. Beteiligte des Konkursverfahrens im Sinne dieser Gesetzesstelle sind der Gemeinschuldner und dessen Gläubiger, also Konkurs- und Massegläubiger sowie Absonderungs- und allenfalls auch Aussonderungsberechtigte. Der Gläubiger muß eine im Verfahren zu berücksichtigende Forderung und damit einen Teilnahmeanspruch im Konkursverfahren haben, seine Rechtsstellung muß in diesem Verfahren beeinflußt werden (Bartsch-Pollak aaO, 407 f., Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechtes 4 , Rz 26; Petschek-Reimer-Schiemer, aaO 171; SZ 47/84 ua.). Demgemäß gehören z.B. nicht zu den Beteiligten des Konkursverfahrens der Vertragsgenosse des Gemeinschuldners auch bei nicht sachgemäßer Entschließung des Masseverwalters für den Geschäftseintritt oder dessen Ablehnung, denn der Masseverwalter hat nur die Interessen der Masse zu vertreten (Petschek-Reimer-Schiemer aaO). Zweck der Bestimmung des § 81 Abs 3 KO ist es somit offenkundig, daß der Masseverwalter für seine Tätigkeit denjenigen, deren Interessen er im Konkurs zu wahren hat, hinsichtlich eines schuldhaften Fehlverhaltens einstehen muß, nicht aber für ein Fehlverhalten gegenüber Außenstehenden, deren Rechte durch die Konkurseröffnung nicht berührt werden, also insoweit sie nicht als Gläubiger u.ä. am Verfahren teilnehmen (vgl. Petschek-Reimer-Schiemer 171).

Unter diesen Gesichtspunkten war die Revisionswerberin in ihrer Eigenschaft als Bestandgeberin, die keinen konkursrechtlichen Anspruch erhob - das Bestandrecht war im übrigen nach dem Inhalt des rechtskräftigen Urteiles im Räumungsprozeß bereits vor Konkurseröffnung erloschen - vorliegendenfalls somit nicht Beteiligte des Konkursverfahrens im Sinne des § 81 Abs 3 KO. Demgemäß kann sie aber auch nicht die Haftung des Beklagten im Sinne dieser Gesetzesstelle in Anspruch nehmen (vgl. SZ 36/57; Welser in NZ 1984, 92, 97).

Damit erweist sich die unterinstanzliche Abweisung des Klagebegehrens im Ergebnis als zutreffend. Ohne Behandlung ihrer weiteren Rechtsausführungen war der Revision demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E08970

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00519.85.0930.000

Dokumentnummer

JJT_19860930_OGH0002_0020OB00519_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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