TE OGH 1986/11/6 6Ob635/86 (6Ob636/86)

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Veröffentlicht am 06.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Klinger sowie Dr.Schlosser als Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Bankhaus B*** & C***., Salzburg, Rathausplatz 4, vertreten durch Dr.Georg Reiter, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien

a) Elisabeth H*** (10 Cg 753/81) und b) Franz und Elisabeth H*** (10 Cg 752/81), Versicherungskaufmann und Geschäftsfrau, beide Weigunystraße 12, 4040 Linz, beide vertreten durch Dr.Hans Hochleitner und Dr.Josef Broinger, Rechtsanwälte in Eferding, wegen

a) S 67.655,-- s.A. und b) S 161.836,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 16.April 1986, GZ2 R 31, 32/85, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 2.November 1984, GZ10 Cg 753, 752/81-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Parteien auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft mbH & Co.KG (in der Folge: "Fa.A***" genannt), gab 1980 sogenannte "Zertifikate" über "A*** Hotelanteile" am Kur- und Sporthotel A*** in St.Johann heraus. Mit dem Kauf eines Zertifikates erwarb der Käufer vor allem das Recht, in jedem Kalenderjahr für eine bestimmte Zeit in diesem Hotel zu wohnen, wobei verschiedene Varianten vorgesehen wurden. Den Käufern wurde zugesichert, daß ihr Nutzungsrecht nach Fertigstellung des Hotels grundbücherlich durch den Treuhänder Dr.T*** sichergestellt werde.

Der Verkauf dieser Zertifikate wurde der Peter V*** KG in Innsbruck übertragen. Die Finanzierung übernahm die Klägerin, die den Käufern "Kredit" in Höhe des Wertes eines Zertifikates gewährte, wobei die Käufer diesen Kredit in monatlichen Raten abzahlen sollten. Gekoppelt wurde auch eine Lebensversicherung, so daß die Käufer mit der monatlichen Rate zugleich auch die Lebensversicherung abzahlten und sohin eine gewisse steuerliche Begünstigung erzielten. Im vorliegenden Fall wurden die Zertifikate von den Beklagten am 10.1.1980 angekauft.

Im Dezember 1979 war zwischen der Klägerin und der Fa.A*** unter Beitritt des Treuhänders Dr.T*** ein Bürgschafts- und Verpfändungsvertrag abgeschlossen worden, der auf diese geplante Finanzierung bzw.Kreditgewährung Bezug nimmt. Die Vertragspartner kamen überein, daß von den gewährten Krediten 15 % zur Spesenabdeckung einbehalten werden, während für die restlichen 85 % Pfandbriefe gekauft und bei der Klägerin hinterlegt werden sollten. Die Salzburger L*** ist mit 40 % Kommanditistin der Klägerin.

Das Hotel hat im Dezember 1980 den Betrieb aufgenommen. Über die Fa.A*** wurde jedoch im Mai 1981 das Ausgleichsverfahrens und im Juli 1981 der Anschlußkonkurs eröffnet. Gläubiger der dritten Klasse können nicht einmal mit einer nur teilweisen Befriedigung ihrer Forderung rechnen.

Die Beklagten stellten ab Juni 1981 ihre laufenden Zahlungen an die Klägerin ein.

Den Klagen auf Zahlung des unberichtigt aushaftenden Kreditbetrages hielten die Beklagten die Einrede der Nichterfüllung aus dem Grundgeschäft entgegen. Sie machten der Klägerin auch den Vorwurf, daß sie Kenntnis von der finanziellen Notlage der Fa.A*** gehabt, diese Umstände aber arglistig verschwiegen und hiedurch die Beklagten in einen rechtserheblichen Irrtum geführt habe. Schließlich wären auch die Pfandrechte unter Beachtung des Kundeninteresses vereinbarungsgemäß vorrangig zu realisieren. Jedenfalls widerspreche der Kreditvertrag den guten Sitten. Das Erstgericht wies die beiden Klagebegehren der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen ab. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, daß die beklagten Parteien der Klage die Einrede des nicht erfüllten Vertrages entgegenhalten könnten. Im übrigen habe die klagende Partei auch gegenüber der Fa.Realanlagen Peter V*** KG und der Fa.A*** auf die Geltendmachung der ausständigen Zahlungen eines Kreditnehmers verzichtet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs4 Z 1 ZPO zulässig sei. Es folgte der rechtlichen Beurteilung gleich gelagerter Sachverhalte durch den Obersten Gerichtshof in den Entscheidungen 3 Ob 539/85 und 3 Ob 573/85 und führte aus, es liege eine Art Vermögensanlage-, Spar- und Beteiligungsvertrag ganz besonderer Ausprägung vor. Zwischen der Klägerin, der Fa.A*** und der Fa.V*** KG habe eine wirtschaftliche Einheit im Sinne früherer Judikatur zum drittfinanzierten Kauf bzw. gemäß der jetzt geltenden Bestimmung des § 18 KSchG bestanden. Demnach sei aber die Klägerin im Verhältnis zu den Beklagten so zu behandeln, wie wenn auch die im formell nur zwischen den Beklagten und der Fa.A*** abgeschlossenen Vertrag enthaltenen Bestimmungen zwischen den Streitteilen vereinbart worden wären. Im Vordergrund sei gestanden, daß die Beklagten hätten veranlaßt werden sollen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihr Geld sinnvoll bei der Klägerin anzulegen. Aus der engen Verflechtung der von der Klägerin mit den Beklagten abgeschlossenen "Kreditverträge" mit dem Gesamtvertragswerk ergäbe sich bei sachgerechter Gesamtschau, daß die Streitteile es im Sinne des § 901 ABGB als Beweggrund und Endzweck ihres gesamten Vertrages, also auch der darin enthaltenen Elemente eines Kreditvertrages, ausdrücklich zur Bedingung gemacht hätten, daß den Beklagten der Hotelanteil als Wertträger verschafft und erhalten werde. Hinsichtlich der endgültigen Erstattung der "Kreditsumme" seien die Streitteile davon ausgegangen, daß diese nur unter Bedachtnahme auf die als Wertträger aufgefaßten A***-Zertifikate und des weiteren auch auf die als Sicherheit dienenden Pfandbriefe zu erfolgen hätte. Weil so gewisse Rechtswirkungen des unter der genannten Bedingung nach § 901 ABGB abgeschlossenen Gesamtvertrages sofort hätten eintreten sollen (Leistung der Ansparraten), müsse diese Bedingung als auflösende Bedingung behandelt werden. Mit dem Eintritt des endgültigen Scheiterns des gesamten Hotelprojektes und der damit beabsichtigten Vermögensanlage sei es zum Erlöschen aller nur auflösend bedingten Rechte aus dem genannten Gesamtvertrag einschließlich des darin enthaltenen Kreditvertrages gekommen. Die bisher nur auf Erfüllung des Kreditvertrages gestützte Klage sei daher schon wegen Wegfalles der gemäß § 901 ABGB ausdrücklich zur Bedingung erhobenen Voraussetzungen nicht berechtigt. Das Berufungsgericht habe zwar in einigen Entscheidungen zu gleich gelagerten Sachverhalten die Revision nicht zugelassen, weil es der Ansicht gewesen sei, es liege eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor. Ein neuerliches Abgehen des Höchstgerichtes von seiner zuletzt vertretenen Rechtsansicht erscheine jedoch nicht ausgeschlossen. Die Revision sei daher zuzulassen gewesen.

Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, es im klagsstattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Zu prüfen ist vorerst die Zulässigkeit der Revision; dabei ist das Revisionsgericht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs3 ZPO nicht gebunden (§ 508 a Abs 1 ZPO).

Gemäß § 502 Abs4 ZPO ist die Revision, ist sie nicht schon nach § 502 Abs2 und 3 unzulässig, überdies nur zulässig, wenn

1.) die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist,

2.) der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert S 300.000,-- übersteigt. Da der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht bestätigend entschieden hat, jeweils S 60.000,--, nicht aber

S 300.000,-- übersteigt, ist die Revision nur bei Vorliegen einer im Sinne des § 502 Abs4 Z 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage zulässig. Um eine Rechtsfrage als erheblich anzusehen, genügt es, daß eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einer als streitentscheidend angesehenen Frage nicht vorliegt; eine ständige Rechtsprechung wird nicht gefordert (Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983,176).

Der Oberste Gerichtshof war mit der Beurteilung eines Sachverhaltes wie des vorliegenden bereits mehrmals befaßt (1 Ob 664/84, 1 Ob 691/84, 3 Ob 539/85, 3 Ob 573/85, 3 Ob 631/85, 7 Ob 512/86). Allein im ersten Fall, der an ihn herangetragen wurde (1 Ob 664/84), vertrat er die Ansicht, der vom klagenden Bankhaus geltend gemachte Anspruch sei berechtigt, doch war in jenem Verfahren nur die Frage zu prüfen, ob das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der dortigen Beklagten den Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes unterliege. In allen weiteren Fällen dagegen kam der Oberste Gerichtshof zu einer Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens, wobei dies zunächst (1 Ob 691/84) damit begründet wurde, daß die Klägerin gegenüber der beklagten Partei ihre Aufklärungspflicht verletzt und dadurch einen Geschäftsirrtum der beklagten Partei veranlaßt habe, in der Folge sodann stets mit der vom Berufungsgericht übernommenen, unter anderem in der Entscheidung 3 Ob 573/85 ausführlich dargestellten Begründung.

Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den für das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen wesentlichen Fragen fehle oder uneinheitlich sei. Es liegt vielmehr eine gesicherte Rechtsprechung vor. Das Berufungsgericht ist von dieser Rechtsprechung in der angefochtenen Entscheidung auch nicht abgewichen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs4 Z 1 ZPO sind demnach nicht gegeben. Der Umstand, daß dem Berufungsgericht ein Abgehen des Revisionsgerichtes von einer als gesichert anzusehenden Rechtsprechung "nicht ausgeschlossen erscheint", vermag die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen (7 Ob 654/86). Die Revision ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen. Den beklagten Parteien konnten Kosten für die von ihnen erstattete Revisionsbeantwortung nicht zugesprochen werden, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen haben (§§ 40, 50 ZPO).

Anmerkung

E09382

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00635.86.1106.000

Dokumentnummer

JJT_19861106_OGH0002_0060OB00635_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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