TE OGH 1986/10/23 7Ob654/86

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Veröffentlicht am 23.10.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** B*** & Comp., Salzburg, Rathausplatz 4, vertreten durch Dr. Georg Reiter, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Herbert R***, Installateur, Walding, Hamberg Nr.27, vertreten durch Dr. Hans Hochleitner und Dr. Josef Broinger, Rechtsanwälte in Eferding, wegen S 106.118,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 16. April 1986, GZ 2 R 296/84-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30. Mai 1984, GZ 3 Cg 355/81-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die KUR- UND S*** A*** Gesellschaft mbH & Co KG (in der Folge "A***" genannt), gab 1980 sogenannte "Zertifikate" über "A*** Hotelanteile" am KUR- UND S*** A*** in St.Johann heraus. Mit dem Kauf eines Zertifikates erwarb der Käufer vor allem das Recht, in jedem Kalenderjahr für eine bestimmte Zeit in diesem Hotel zu wohnen, wobei verschiedene Varianten vorgesehen wurden. Den Käufern wurde zugesichert, daß ihr Nutzungsrecht nach Fertigstellung des Hotels grundbücherlich durch den Treuhänder Dr. T*** sichergestellt werde.

Der Verkauf dieser Zertifikate wurde der Peter V*** KG in Innsbruck übertragen. Die Finanzierung übernahm die Klägerin, die den Käufern einen Kredit in der Höhe des Wertes eines Zertifikates gewährte, wobei die Käufer diesen Kredit in monatlichen Raten abzahlen sollten. Gekoppelt wurde auch eine Lebensversicherung, so daß die Käufer mit der monatlichen Rate zugleich auch die Lebensversicherung abzahlten und sohin eine gewisse steuerliche Begünstigung erzielten. Im vorliegenden Fall wurde das Zertifikat vom Beklagten im Juli 1980 angekauft.

Im Dezember 1979 war zwischen der Klägerin und der A*** unter Beitritt des Treuhänders Dr. T*** ein Bürgschafts- und Verpfändungsvertrag abgeschlossen worden, der auf diese geplante Finanzierung bzw. Kreditgewährung Bezug nimmt. Die Vertragspartner kamen überein, daß von den gewährten Krediten 15 % zur Spesenabdeckung einbehalten werden, während für die restlichen 85 % Pfandbriefe gekauft und bei der Klägerin hinterlegt werden sollten. Die Salzburger Landes-Hypothekenbank ist mit 40 % Kommanditist der Klägerin.

Das Hotel hat im Dezember 1980 den Betrieb aufgenommen. Über die A*** wurde jedoch im Mai 1981 das Ausgleichsverfahren und im Juli 1981 der Anschlußkonkurs eröffnet. Gläubiger der dritten Klasse können nicht einmal mit einer nur teilweisen Befriedigung ihrer Forderung rechnen.

Der Beklagte stellte ab Mai 1981 seine Ratenzahlungen an die Klägerin ein.

Der Klage auf Zahlung des unberichtigt aushaftenden Kreditbetrages hielt der Beklagte die Einrede der Nichterfüllung aus dem Grundgeschäft entgegen. Er machte der Klägerin auch den Vorwurf, daß sie Kenntnis von der finanziellen Notlage der A*** gehabt habe, diese Umstände aber arglistig verschwiegen und hiedurch den Beklagten in einen rechtserheblichen Irrtum geführt habe. Schließlich wären auch die Pfandbriefe unter Beachtung des Kundeninteresses vereinbarungsgemäß vorrangig zu realisieren. Das Erstgericht gab der Klage statt. Es verneinte in rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit, aus dem Grundgeschäft Einwendungen zu erheben, da im vorliegenden Fall kein Abzahlungsgeschäft im Sinne des § 16 KSchG vorliege. Die Klägerin habe auch keine Kenntnis gehabt, daß der A*** ein unmittelbar bevorstehender wirtschaftlicher Zusammenbruch drohe, weshalb ihr auch nicht angelastet werden könne, daß sie ihrer kaufmännischen Sorgfaltspflicht (arglistig) nicht entsprochen hätte. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet, sich vorrangig aus den ihr übergebenen Pfandbriefen zu befriedigen. Die Vereinbarung vom 19.12.1979 sei ausschließlich zwischen der Klägerin und der A*** getroffen worden und berühre das Vertragsverhältnis zum Beklagten nicht. Das Berufungsgericht wies die Klage ab und sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs4 Z 1 ZPO zulässig sei. Es folgte der rechtlichen Beurteilung gleichgelagerter Sachverhalte durch den Obersten Gerichtshof in den Entscheidungen 3 Ob 539/85 und 3 Ob 573/85 und führte aus, es liege eine Art Vermögensanlage-, Spar- und Beteiligungsvertrag ganz besonderer Ausprägung vor. Zwischen der Klägerin, der A*** und der Peter V*** KG habe eine wirtschaftliche Einheit im Sinne früherer Judikatur zum drittfinanzierten Kauf bzw. gemäß der jetzt geltenden Bestimmungen des § 18 KSchG bestanden. Demnach sei aber die Klägerin im Verhältnis zum Beklagten so zu behandeln, wie wenn auch die im formell nur zwischen dem Beklagten und der A*** abgeschlossenen Vertrag enthaltenen Bestimmungen zwischen den Streitteilen vereinbart worden wären. Im Vordergrund sei gestanden, daß der Beklagte habe veranlaßt werden sollen, im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Geld sinnvoll bei der Klägerin anzulegen. Aus der engen Verflechtung des von der Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossenen "Kreditvertrages" mit dem Gesamtvertragswerk ergäbe sich bei sachgerechter Gesamtschau, daß die Streitteile es im Sinne des § 901 ABGB als Beweggrund und Endzweck ihres gesamten Vertrages, also auch der darin enthaltenen Elemente eines Kreditvertrages, ausdrücklich zur Bedingung gemacht haben, daß dem Beklagten der Hotelanteil als Wertträger verschafft und erhalten werde. Hinsichtlich der endgültigen Erstattung der "Kreditsumme" seien die Streitteile davon ausgegangen, daß diese nur unter Bedachtnahme auf die als Wertträger aufgefaßten Alpenlandzertifikate und des weiteren auch auf die als Sicherheit dienenden Pfandbriefe zu erfolgen habe. Weil so gewisse Rechtswirkungen des unter der genannten Bedingung nach § 901 ABGB abgeschlossenen Gesamtvertrages sofort eintreten sollten (Leistung der Ansparraten), müsse diese Bedingung als auflösend behandelt werden. Mit dem Eintritt des endgültigen Scheiterns des gesamten Hotelprojektes und der damit beabsichtigten Vermögensanlage sei es zum Erlöschen aller nur auflösend bedingten Rechte aus dem genannten Gesamtvertrag einschließlich des darin enthaltenen Kreditvertrages gekommen. Die bisher nur auf Erfüllung des Kreditvertrages gestützte Klage sei daher schon wegen Wegfalles der gemäß § 901 ABGB ausdrücklich zur Bedingung erhobenen Voraussetzung nicht berechtigt. - Das Berufungsgericht habe zwar in einigen Entscheidungen zu gleich gelagerten Sachverhalten die Revision nicht zugelassen, weil es der Ansicht gewesen sei, es liege eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor. Ein neuerliches Abgehen des Höchstgerichtes von seiner zuletzt vertretenen Rechtsansicht erscheine jedoch nicht ausgeschlossen. Die Revision sei daher zuzulassen gewesen.

Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Zu prüfen ist vorerst die Zulässigkeit der Revision; dabei ist das Revisionsgericht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs3 ZPO nicht gebunden (§ 508 a Abs 1 ZPO).

Gemäß § 502 Abs4 ZPO ist die Revision, wenn sie nicht schon nach § 502 Abs2 und 3 unzulässig ist, überdies nur zulässig, wenn

1.) die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist,

2.) der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert S 300.000,-- übersteigt. Da der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt, ist die Revision nur bei Vorliegen einer iS des § 502 Abs4 Z 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage zulässig. Um eine Rechtsfrage als erheblich anzusehen, genügt es, daß eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einer als streitentscheidend angesehenen Frage nicht vorliegt; eine ständige Rechtsprechung wird nicht gefordert (Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 176).

Der Oberste Gerichtshof war mit der Beurteilung eines Sachverhalts wie des vorliegenden bereits mehrmals befaßt (1 Ob 664/84, 1 Ob 691/84, 3 Ob 539/85, 3 Ob 573/85, 3 Ob 631/85, 8 Ob 584/85, 7 Ob 512/86). Allein im ersten Fall, der an ihn herangetragen wurde (1 Ob 664/84), vertrat das Revisionsgericht die Ansicht, der vom klagenden Bankhaus geltend gemachte Anspruch sei berechtigt, doch war in jenem Verfahren nur die Frage zu prüfen, ob das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der dortigen Beklagten den Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes unterliege. In allen weiteren Fällen dagegen kam der Oberste Gerichtshof zu einer Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens, wobei dies zunächst (1 Ob 691/84) damit begründet wurde, daß die Klägerin gegenüber der beklagten Partei ihre Aufklärungspflicht verletzt und dadurch einen Geschäftsirrtum der beklagten Partei veranlaßt habe, in der Folge sodann stets mit der vom Berufungsgericht übernommenen, unter anderem in der Entscheidung 3 Ob 573/85 ausführlich dargestellten Begründung.

Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den für das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen wesentlichen Fragen fehle oder uneinheitlich sei. Es liegt vielmehr eine gesicherte Rechtsprechung vor. Das Berufungsgericht ist von dieser Rechtsprechung in der angefochtenen Entscheidung auch nicht abgewichen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs4 Z 1 ZPO sind demnach nicht gegeben. Der Umstand, daß dem Berufungsgericht ein Abgehen des Revisionsgerichtes von einer als gesichert anzusehenden Rechtsprechung "nicht ausgeschlossen erscheint", vermag die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen.

Die Revision war deshalb als unzulässig zurückzuweisen. Der beklagten Partei konnten Kosten für die von ihr erstattete Revisionsbeantwortung nicht zugesprochen werden, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (§§ 40, 50 ZPO).

Anmerkung

E09403

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00654.86.1023.000

Dokumentnummer

JJT_19861023_OGH0002_0070OB00654_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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