TE OGH 1986/11/12 3Ob632/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Huber, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Oskar W***, Rechtsanwalt, Linz, Fabrikstraße 3, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P*** S*** G*** MBH, Linz, Redlerweg 65, wider

die beklagte Partei Helmut H***, I*** S***,

Salzburg, Roseggerstraße 53, vertreten durch Dr. Robert Aspöck, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 109.695,50 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 20. Juni 1986, GZ. 5 R 38/86-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. Dezember 1985, GZ. 2 Cg 201/84-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Umfang der Anfechtung, das ist hinsichtlich eines Betrages von S 109.695,50, aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich weiteren Kosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 13.4.1983 wurde über das Vermögen der P*** S*** G*** MBH zunächst das Ausgleichsverfahren und mit Beschluß vom 5.8.1983, S 30/83, der Anschlußkonkurs eröffnet. Der Kläger wurde zum Masseverwalter bestellt.

Der Beklagte führte am 15.5.1982 für die Gemeinschuldnerin die Einfuhrverzollung von 68 Ballen Textilfaser durch und verrechnete dafür insgesamt S 101.319,08. Da die Gemeinschuldnerin bei Fälligkeit keine Zahlung leistete, brachte der Beklagte eine Klage ein und erwirkte über den Rechnungsbetrag samt Nebengebühren am 29.7.1982 beim Landesgericht Salzburg zu 13 Cg 367/82 ein Versäumungsurteil gegen die Gemeinschuldnerin, das mit 20.8.1982 rechtskräftig wurde. Zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Forderung beantragte der Beklagte gegen die spätere Gemeinschuldnerin die Fahrnisexekution, die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 26.8.1982, 13 E 7188/82-1, bewilligt wurde. Am 20.9.1982 fand der Vollzug statt, wobei durch Anschlußpfändung ein Pfandrecht an einem Bestand an Acrylfaser erworben wurde, sowie Garne, eine Stapelschneidemaschine und zwei open-end-Maschinen neu gepfändet wurden.

In der Folge leistete die Gemeinschuldnerin an den Beklagten bzw. dessen ausgewiesenen Anwalt folgende Zahlungen:

11.11.1982                                S  10.000,--

17.11.1982                                S  20.000,--

18. 1.1983                                S  10.000,--

14. 6.1983                                S  25.000,--

7. 6.1983                                S  25.000,--

24. 6.1983                                S  22.895,--.

Im Verteilungsbeschluß des Fahrnisexekutionsverfahrens des Bezirksgerichtes Linz vom 9.5.1983 wurde dem Beklagten auf Abschlag seiner Forderung ein Betrag von S 16.800,50 zugewiesen und ausbezahlt.

Mit der am 28.5.1984 eingelangten Klage stellte der Kläger das Begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm den Betrag von S 129.695,50 s.A. zu bezahlen. Der Kläger fechte die Zahlungen von insgesamt S 129.695,50 gemäß §§ 28 ff KO, insbesondere gemäß § 28 Z 2, § 30 Abs. 1 Z 3 und § 31 KO und den Erwerb des Pfandrechtes am 20.9.1982 gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 KO an. Die Gemeinschuldnerin sei spätestens Ende 1981 zahlungsunfähig gewesen. Dies hätte dem Beklagten zum Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Zahlungen bekannt sein müssen, weil die Fahrnisexekution am 20.9.1984 durch Anschlußpfändung vollzogen worden sei und gleichzeitig zugunsten weiterer betreibender Gläubiger Pfändungen vorgenommen worden seien.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, daß er im Hinblick darauf, daß seine Forderung als bevorrechtet anzusehen sei und aus dem Versteigerungsedikt nur betreibende Gläubiger mit Gesamtforderungen von S 400.000,- ersichtlich gewesen seien, während der Wert der gepfändeten Gegenstände bei weitem höher gelegen sei, keinen Verdacht hinsichtlich des Vorliegens einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit gehabt haben müsse. Er habe jedenfalls davon ausgehen können, daß die vorhandenen Aktiva zur Abdeckung der Masseschulden und der bevorrechteten Forderungen ausreichen würden. Benachteiligungsabsicht oder Begünstigungsabsicht der Gemeinschuldnerin lägen nicht vor und hätten dem Beklagten auch nicht bekannt sein können. Auf Grund der Bevorschussung der Eingangsabgaben sei gemäß § 1358 ABGB und § 178 ZollG die Zoll- und Sachforderung auf den Beklagten übergegangen. Wegen der möglichen Sachhaftung der verzollten Gegenstände sei zumindest im Zeitpunkt der seinerzeitigen Deckung eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger nicht gegeben gewesen.

Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende

Feststellungen:

Der Kläger war bereits im Ausgleich der P***

G*** MBH als Ausgleichsverwalter bestellt. Im Jahr 1981 ergab sich ein Verlust von ca. S 11 Mio., der zur Zahlungsunfähigkeit führte, die auch bis zur Ausgleichs- und Konkurseröffnung auf Grund der weiteren Verluste von etwa S 5 Mio. im Jahr 1982 nicht behoben werden konnte.

In dem vom Beklagten gegen die spätere Gemeinschuldnerin geführten Fahrnisexekutionsverfahren erfolgte die Pfändung am 20.9.1982. Für den Beklagten intervenierte der Rechtsanwalt Dr. Manfred Traxlmayr. Es wurde das Pfändungsprotokoll 13 E 4172/80 des Bezirksgerichtes Linz fortgesetzt. Hinsichtlich der PZ 6, die später einen Erlös von S 225.500,- erbrachte, erfolgte eine Anschlußpfändung. Im Rang voraus findet sich die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte mit am 6.4.1982 und am 10.5.1982 auf Grund vollstreckbarer Rückstandsausweise erworbenen Pfandrechten für Forderungen von S 144.555,20 und S 147.205,60. Durch Befriedigung dieser Forderungen im Verteilungsbeschluß war die Masse "Erlös der Postzahl 6" erschöpft, weitere Gläubiger kamen auf Grund des Pfandranges nicht mehr zum Zug. Neu gepfändet wurden am 20.9.1982 eine Stapelschneidemaschine (PZ 7) mit einem angenommenen Bleistiftwert von S 50.000,- und einem am 25.1.1983 ermittelten Schätzwert von S 120.000,-; 5.500 kg Acrylgarn (PZ 8) unter Annahme eines Bleistiftwertes von S 110.000,- und mit einem Schätzwert von S 110.000,-, sowie eine open-end-Spinnmaschine Marke "Krupp", Baujahr 1979 (PZ 9) mit einem Bleistiftwert von S 800.000,- und einem Schätzwert von S540.000,- und eine weitere open-end-Spinnmaschine, Baujahr 1974 (PZ 10) mit einem Bleistiftwert von S 600.000,- und einem Schätzwert von S 360.000,-. Die Schätzung erfolgte am 25.1.1983. Es kam nur zur Versteigerung der Postzahlen 6 und 8; hinsichtlich der Postzahlen 7, 9 und 10 erfolgte kein Anbot. Am 20.9.1982 erwarben an diesen Gegenständen gleichzeitig noch die Fa. I*** G*** MBH & CO KG zur Hereinbringung einer

bei der Verteilung noch mit restlich S 8.053,40 geltend gemachten vollstreckbaren Forderung, weiter die Fa. I***

G*** MBH & CO. KG zur Hereinbringung einer anderen Kapitalsforderung von S 5.444,40 zuzüglich Exekutionskosten S 6.823,40 und die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte mit einer Forderung von S 166.438,90 auf Grund eines vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 27.8.1982 ein Pfandrecht. Die Postzahl 8 erbrachte einen Erlös von S 55.000,-. Im Rahmen der Abgabenexekution kam es im finanzbehördlichen Exekutionsverfahren gegen die Gemeinschuldnerin zu fortgesetzten Pfändungen, insbesondere vom 11.3.1982 über S 581.966,- und vom 11.5.1982 über S 409.686,-.

Der beim Vollzug am 20.9.1982 für den Beklagten intervenierende Rechtsanwalt Dr. Manfred Traxlmayr berichtete in seinem Schreiben an den Beklagtenvertreter vom gleichen Tag, daß einige Vorpfändungen bestünden und es am 22.9.1982 zu einem Freihandverkauf kommen solle; und daß es sich bei den vorgehenden Pfandrechten nach Mitteilung des Gerichtsvollziehers in erster Linie um die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit einer Forderung von rund S 1 Mio. handle. Der persönlich anwesende Geschäftsführer der verpflichteten Partei habe die finanziellen Schwierigkeiten damit erklärt, daß seine eigenen Lieferanten auf Barzahlung "umgestiegen" seien. Im Pfändungsprotokoll schienen bisher 200 Ballen Acrylfaser mit einem voraussichtlich erzielbaren Erlös von je S 2.000,- auf; diesbezüglich sei eine Anschlußpfändung erfolgt.

Bei der vom Beklagten einfuhrverzollten Ware handelt es sich um 68 Ballen Textilfaser. Es kann nicht festgestellt werden, daß diese Ware am 20.9.1982 noch vorhanden war. Außer den oben erwähnten Pfandgegenständen wurden nämlich sonst keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden.

Die Postzahlen 6 und 8 wurden am 25.1.1983 versteigert. Aus der Masse 2 (Erlös der PZ 8) erhielten die im Pfandrang hinsichtlich der Neupfändung am 20.9.1982 gleichrangigen Gläubiger jeweils nur geringe Beträge, der Beklagte S 16.800,50, wodurch die Zinsen samt Umsatzsteuer bis zum Verkaufstag und die Kosten zur Gänze berichtigt wurden. Das mit S 73.113,05 geltend gemachte restliche Kapital haftete danach mit einem Restbetrag von S 66.027,88 noch weiterhin unberichtigt aus. Diese restliche Kapitalsforderung samt Zinsen und Umsatzsteuern aus den Zinsen, insgesamt S 70.139,02, meldete der Beklagte am 27.4.1983, somit 14 Tage nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens, im Ausgleich an und verwies darauf, daß es sich zum Großteil um bevorschußte Einfuhrumsatzsteuer handle und die Forderung im Ausgleich bevorrechtet sei, so daß die Anmeldung nur für den Fall eines Anschlußkonkurses und zur Dokumentation der Bevorrechtung durchgeführt wurde.

Auf Grund der bestehenden Masseforderungen, die auch aus dem vorangegangenen Ausgleichsverfahren resultieren, ist auch mit einer Befriedigung der Konkursgläubiger der zweiten Klasse nicht zu rechnen. Ein Großteil des Betriebsvermögens der Gemeinschuldnerin war an die Fa. L*** G*** MBH verpfändet, ein weiterer Teil durch Aussonderungsrechte belastet und weitere Maschinen waren durch das Finanzamt gepfändet. Es ist anzunehmen, daß auch die Gläubiger der ersten Klasse nur teilweise befriedigt werden können. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs. 1 Z 2 KO sei gegeben. Bei der Beurteilung der Gläubigerbenachteiligung als objektive Voraussetzung sei zu prüfen, ob der Beklagte auch bei Realisierung seines Pfandrechtes mit seiner Forderung volle Deckung gefunden hätte. Dies sei nicht der Fall, weil der Verkauf im Zuge der Fahrnisexekution für den Beklagten nur eine Zuweisung von S 16.800,50 erbracht habe. Ein auf den Beklagten als Spediteur übergegangenes Absonderungsrecht komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil der Verbleib der haftenden Sache, nämlich 68 Ballen Textilfaser, ungeklärt sei. Auf Grund der gesamten festgestellten Umstände hätte der Beklagte auch von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin Kenntnis haben müssen. Hinsichtlich der nach Ausgleichseröffnung geleisteten Zahlungen könne sich der Beklagte schon gemäß § 31 Abs. 2 KO nicht auf die Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit berufen. Auf das Vertrauen des Beklagten, das Vermögen des Schuldners reiche aus, um die bevorrechteten Gläubiger gleicher Rangklasse zu befriedigen, komme es nicht an. Die Befriedigung selbst eines Absonderungsgläubigers aus dem übrigen Vermögen der Gemeinschuldnerin sei jedenfalls anfechtbar, wenn die übrigen Anfechtungsvoraussetzungen erfüllt seien.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Es sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei, soweit der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,- übersteige. Es führte, ohne auf die Ausführungen zu den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Tatsachenfeststellung Stellung zu nehmen, in seiner rechtlichen Beurteilung aus, daß die auf Anfechtungstatbestände nach der Konkursordnung gegründete Klage jedenfalls auf die Unwirksamerklärung der angefochtenen Rechtshandlung gegenüber den Gläubigern gerichtet sein müsse; nach den Umständen könne daneben auch ein Leistungsbegehren erhoben werden. Das Fehlen des Rechtsgestaltungsbegehrens bewirke die Unschlüssigkeit der Anfechtungsklage; das Leistungsbegehren könne immer nur als rechtliche Konsequenz des rechtsgestalteten Anspruches angesehen werden. Der Kläger habe nur ein Leistungsbegehren gestellt und nicht einmal behauptet, daß der Erwerb des Pfandrechtes und die Zahlungen der Gemeinschuldnerin an den Beklagten unwirksam seien. Das Klagebegehren sei daher unschlüssig. Das Fehlen des Rechtsgestaltungsbegehrens könne nicht dazu führen, die erstgerichtliche Entscheidung aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, den Kläger zur Stellung eines schlüssigen Klagebegehrens anzuleiten. Die Grenzen der richterlichen Prozeßleitungspflicht würden durch die Klagsänderung gezogen. Sie gehe nicht so weit, auf eine Änderung des Klagebegehrens hinzuwirken, die im Sinne des § 235 ZPO als Klageänderung zu beurteilen sei. Werde das Begehren quantitativ erweitert oder qualitativ geändert, wie dies sicherlich bei der Erweiterung eines Leistungsbegehrens um ein Rechtsgestaltungsbegehren der Fall sei, liege eine Klageänderung vor. Das Fehlen des Rechtsgestaltungsbegehrens sei auch kein nach § 84 Abs. 3 ZPO verbesserungsfähiger Mangel, weil unter der dort genannten Frist nur eine prozessuale zu verstehen sei. Die in § 43 Abs. 2 KO genannte Jahresfrist aber sei eine materiell-rechtliche Ausschlußfrist, mit deren Ablauf der Anfechtungsanspruch erlösche. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen gewesen. Die Revision sei (gemäß § 502 Abs. 2 Z 2 ZPO) unzulässig, soweit die einzelnen, an den Beklagten geleisteten Zahlungen S 15.000,- nicht übersteigen; im übrigen jedoch gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zuzulassen gewesen, weil der behandelten Rechtsfrage erhebliche Bedeutung zukomme und eine Rechtsprechung hiezu mit Ausnahme der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 679/85 nicht vorliege.

Der Kläger bekämpft das Urteil der zweiten Instanz hinsichtlich eines Betrages von S 109.695,50 mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, es dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren vollinhaltlich (gemeint wohl: im Umfang der Anfechtung) stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Wie das Begehren einer Anfechtungsklage zu fassen ist, wird von Lehre und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Bartsch-Pollak, KO 3 244, vertreten den Standpunkt, Inhalt des Anfechtungsanspruches sei eine schuldrechtliche Leistung des Anfechtungsgegners zur Konkursmasse als Folge der relativen Unwirksamkeit der anfechtbaren Rechtshandlung gegenüber den Konkursgläubigern. Diese Unwirksamkeit sei immer nur als Voraussetzung oder Vorfrage der Leistungspflicht des Anfechtungsgegners von Bedeutung. Darüber hinaus bestehe sie nicht und könne nicht das Ziel einer Anfechtung bilden. Neben dem Leistungsanspruch bestehe kein weiterer Anspruch, insbesondere keiner auf eine präjudizielle Unwirksamerklärung. Wohl aber sei eine gewöhnliche Feststellungsklage möglich.

Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechtes 4 , 173, folgen der Ansicht, daß die Anfechtung auf Leistung dessen in die Konkursmasse gehe, was dem Vermögen des Gemeinschuldners durch die anfechtbare Handlung entgangen oder daraus veräußert oder aufgegeben worden sei. Lehmann, Komm. z. Österreichischen Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 328 ff, folgert aus § 27 KO, daß sich die Anfechtung immer zunächst auf eine Unwirksamerklärung der angefochtenen Rechtshandlung gegenüber den Konkursgläubigern richte.

In dieser Unwirksamerklärung bestehe das Wesen und das Ziel der

Anfechtung. § 39 Abs. 1 KO besage, daß in jenen Fällen, in denen

durch die anfechtbare Rechtshandlung dem Vermögen des

Gemeinschuldners etwas entgangen sei, daraus etwas veräußert oder

aufgegeben worden sei, der Inhalt des Anfechtungsanspruches ein

weitergehender sei, da er sich in diesen Fällen auch auf die

Rückgewähr an die Konkursmasse richte. Das Essentielle bleibe aber

stets die Unwirksamerklärung der angefochtenen Rechtshandlung.

Dieselbe Ansicht vertreten Steinbach-Ehrenzweig, Komm.z.AnfO, 388 ff.

Auch nach Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 385 f, setze die Durchsetzung des Leistungsanspruches im Klageweg die gleichzeitige oder vorherige Betreibung des Rechtsgestaltungsanspruches voraus; nicht aber umgekehrt. Nach Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 2 , 51, enthalte die Anfechtungsklage in der Regel ein Doppelbegehren: Sie laute auf Unwirksamerklärung der Rechtshandlung des Gemeinschuldners gegenüber der Konkursmasse (Aufrechtsgestaltungsbegehren) und auf Rückleistung dessen, was dem Vermögen des Gemeinschuldners entgangen sei, subsidiär auf Wertersatz (Leistungsbegehren). Weil die Unwirksamerklärung präjudiziell für die Leistung sei, gehöre das Rechtsgestaltungsbegehren zum notwendigen Inhalt der Anfechtungsklage. Es könne auch allein, ohne Verbindung mit einem Leistungsbegehren, gestellt werden.

König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung, 210 ff, teilt diese Meinung und begründet sie eingehend. Das Fehlen eines Rechtsgestaltungsbegehrens mache die Anfechtungsklage unschlüssig; die gleichzeitige Geltendmachung einer Leistungsklage mit dem Rechtsgestaltungsanspruch sei nicht erforderlich.

Die Rechtsprechung, die sich zunächst der Meinung von Bartsch-Pollak anschloß, die Anfechtungsklage sei vor allem eine Leistungsklage, hat in SZ 9/106 auch das allein gestellte Begehren auf Unwirksamerklärung der angefochtenen Rechtshandlung (ohne Verbindung mit einem Leistungsbegehren) bejaht. In der Folge wurde zur Frage, wie das Begehren einer Anfechtungsklage zu fassen sei, die Ansicht vertreten, maßgebend seien die Umstände des Falles (RZ 1958, 139; RZ 1965, 30), doch sei in der Regel die Anfechtungsklage eine Leistungsklage mit dem Ziel einer schuldrechtlichen Leistung des Anfechtungsgegners zur Konkursmasse (RZ 1965, 30). In jüngerer Zeit ist allerdings die Auffassung, es handle sich bei der Anfechtungsklage um eine Rechtsgestaltungsklage, deren Begehren sowohl allein als auch neben dem Begehren auf Leistung an die Konkursmasse auf die Unwirksamerklärung der angefochtenen Rechtshandlung gegenüber den Gläubigern gerichtet sein könne, vorherrschend geworden (SZ 54/153, JBl. 1985, 494 ua, etwa 7 Ob 151/72, 5 Ob 605/80 und 5 Ob 649/81 [teilweise veröffentlicht in MietSlg. 33.795]; vgl. jedoch auch die Entscheidung SZ 57/26, in der ausgeführt wird, es sei gesicherte Rechtsprechung, daß das Begehren auf relative Unwirksamkeit der angefochtenen Rechtshandlung neben dem sich daraus ergebenden Leistungsbegehren geltend gemacht werden könne). Diese Meinung hat der Oberste Gerichtshof zuletzt - unter ausdrücklicher Berufung auf König - in den Entscheidungen 6 Ob 679/85 (=JBl. 1986, 665) und 3 Ob 575/86 vertreten. Der Anfechtungsanspruch beinhalte primär die Unwirksamerklärung der Rechtshandlung und ihrer Folgen; der Leistungsanspruch sei nur als manchmal nötiger zusätzlicher Anspruch berechtigt.

Das Revisionsgericht ist in diesen beiden Entscheidungen auch der Ansicht Königs gefolgt, das Fehlen eines Rechtsgestaltungsanspruches bewirke die Unschlüssigkeit der Anfechtungsklage. Während aber in 6 Ob 679/85 ein später gestelltes Rechtsgestaltungsbegehren als Klageänderung iS des § 235 ZPO angesehen wurde, das daher nach Ablauf der Jahresfrist nach § 43 Abs. 2 KO nicht mehr gestellt werden könne (in diesem Sinn auch 1 Ob 88,89/68), wird in 3 Ob 575/86 unterschieden: Werde lediglich eine zunächst bestehende Unschlüssigkeit dadurch behoben, daß der Kläger genau angibt, aus welchen Rechtshandlungen er den zunächst nur als Leistungsbegehren formulierten Klageanspruch ableitet und nunmehr auch ein Begehren auf Unwirksamerklärung dieser Rechtshandlungen stellt, ohne einen neuen, zusätzlichen Klagegrund einzuführen, liege eine Klageänderung nicht vor und es könne dies daher auch noch nach Ablauf der Frist des § 43 Abs. 2 KO geschehen; wolle dagegen der Kläger bei Behebung der Unschlüssigkeit nur oder auch einen neuen, zusätzlichen Klagegrund einführen und neue Tatbestände geltend machen, um den ursprünglichen Klagebetrag zu rechtfertigen, bilde dies eine Klageänderung und sei nach Ablauf der in § 43 Abs. 2 KO genannten Frist verspätet (vgl. hiezu auch Fasching, Komm. II 556 sowie Lehrbuch, Rdz 513 und 656). Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung an, daß der Anfechtungsanspruch primär die Unwirksamerklärung der Rechtsfolgen beinhaltet und daß der Leistungsanspruch nur als manchmal nötiger zusätzlicher Anspruch berechtigt ist, daß aber - entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht - ein fehlendes Begehren auf Unwirksamerklärung dann eine noch nach Ablauf der in § 43 Abs. 2 KO genannten Frist behebbare Unschlüssigkeit ist, wenn durch diese Behebung kein neuer, zusätzlicher Klagegrund herangezogen wird, nämlich um auf die in der Klage schon angeführten angeblich anfechtbaren Rechtshandlungen Bezug genommen wird.

Hat (erst) das Berufungsgericht die der Klage anhaftende Unschlüssigkeit erkannt, wäre es verpflichtet gewesen, den Kläger zu deren Behebung durch Formulierung auch eines Begehrens auf Unwirksamerklärung anzuleiten und zu diesem Zweck eine mündliche Berufungsverhandlung anzuordnen.

Es war deshalb der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Sollte der Kläger die gegebene Unschlüssigkeit beheben, wird das Berufungsgericht auf die geltend gemachten Berufungsgründe einzugehen haben.

Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.

Anmerkung

E09825

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00632.86.1112.000

Dokumentnummer

JJT_19861112_OGH0002_0030OB00632_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten