TE OGH 1986/11/20 12Os163/86

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Veröffentlicht am 20.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral, Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Hörburger und Dr.Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Steinhauer als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich O*** wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 7. August 1986, GZ 35 Vr 1849/86-10, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 34-jährige Friedrich O*** der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 10.April 1986 in Innsbruck Belinda M***

1. mit Gewalt, indem er sie am Oberarm erfaßte, ihr mit dem Knie mehrmals in den Unterleib trat, ihr Ohrfeigen versetzte und sie in seine Wohnung zu zerren versuchte, wobei er an der Türe des Hauses Premstraße 13, offenbar um den Schlüssel zu suchen, seinen Griff lockerte, sodaß es ihr gelang, sich loszureißen und ihm zu entkommen, er sie aber noch bis zur Wohnung ihrer Großeltern verfolgte, zu einer Handlung, nämlich zum Aufsuchen seiner Wohnung zu nötigen versucht;

2. durch die unter 1. angeführten Kniestöße, welche Schwellungen und Hämatome am linken Oberschenkel unterhalb der Leistenfurche ventral zur Folge hatten, vorsätzlich am Körper verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer nominell auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch hat er Berufung ergriffen.

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung (S 49) der von ihm in der Hauptverhandlung (S 48) gestellten Beweisanträge auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens und auf Einvernahme der Simona S*** als Zeugin; dies indes zu Unrecht.

Mit dem Sachverständigengutachten sollte unter Beweis gestellt werden, "daß die Verletzungen älter als drei bis vier Tage waren und daher nicht vom Angeklagten herrühren können" (S 48). Der Sache nach zielte das Begehren darauf ab, darzutun, daß jene Verletzung, die der Polizeiarzt am 13.April 1986 (um 16.05 Uhr) bei Belinda M*** konstatierte, (damals) älter als drei bis vier Tage war, somit nicht von Tätlichkeiten des Angeklagten gegen M*** am 10.April 1986 herrühren konnte. Im Bericht des Polizeiarztes (S 17) ist festgehalten, daß die Zeugin M*** (am 13.April 1986 um 16.05 Uhr) ein "circa 4 bis 7 Tage altes Hämatom" am linken Oberschenkel (im Ausmaß von 10 x 7 x 4 cm) unterhalb der Leistenfurche ventral aufwies, das lila-gelb-grünlich-grau gefärbt war, wobei auch festgehalten wurde, daß die Verletzung durch einen Tritt mit dem Knie erfolgt sein soll. Nach den (vom Gericht seinen Feststellungen zugrunde gelegten) Bekundungen der Zeugin M*** wurde ihr diese Verletzung am 10.April 1986 gegen 4.00 Uhr früh (vom Angeklagten) zugefügt (S 12, 45), wobei die Zeugin Melanie G*** bestätigte, diese Verletzung etwa zu dieser Zeit bei M*** gesehen zu haben (S 48). Da der Polizeiarzt von einer "circa 4 (bis 7) Tage" alten Verletzung spricht, stehen die Bekundungen der Zeugin M*** über die Entstehung dieser Verletzung (im Hinblick auf den Zeitraum zwischen 10.April 1986 gegen 4.00 Uhr früh und 13.April 1986, 16.05 Uhr) mit den Ausführungen im polizeiärztlichen Bericht (S 17) über den (aus medizinischer Sicht) möglichen Zeitpunkt der Zufügung der Verletzung (frühestens circa 4 Tage vor der Untersuchung) durchaus im Einklang (wobei auch in der polizeilichen Aussage der Zeugin M*** vom 13. April 1986 S 12 davon die Rede ist, daß die Schwellungen und blauen Flecke, die sie durch die Kniestöße des Angeklagten erlitten habe, "auch jetzt nach 4 Tagen noch sichtbar" seien). Angesichts dieser Sachlage wäre der Beschwerdeführer bei Stellung des in Rede stehenden Beweisantrages verhalten gewesen, darzutun, aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung des beantragten Sachverständigenbeweises auch tatsächlich das von ihm behauptete Ergebnis haben werde (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 19 zu § 281 Z 4). Da er dies nicht getan hat, verfiel der in Rede stehende Beweisantrag zu Recht der Abweisung.

Die Einvernahme der Simona S*** als Zeugin wurde zum Beweis dafür begehrt, daß der Angeklagte "bereits vor dem gegenständlichen Vorfall mit M*** Intimitäten ausgetauscht hat" (abermals S 48), ohne daß dabei angegeben wurde, was aus einer derartigen Bekundung für die Schuldfrage zu gewinnen sein sollte. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr dahin argumentiert, die beantragte Zeugin hätte aussagen können, daß M*** ihren Erzählungen zufolge einmal mit dem Angeklagten Geschlechtsverkehr hatte, womit ihre dies in Abrede stellende Aussage widerlegt und damit ihre Glaubwürdigkeit erschüttert worden wäre, so findet eine solche Zielrichtung der begehrten Beweisaufnahme in dem in erster Instanz formulierten Beweisantrag (auf den es allein ankommt; vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 41 zu § 281 Z 4) keine Deckung. Ausgehend vom Wortlaut dieses Beweisantrages konnte das Gericht aber das bekämpfte Zwischenerkenntnis zutreffend darauf stützen, daß das Beweisthema, über welches Simona S*** aussagen sollte, nicht entscheidungswesentlich ist.

Die Verfahrensrüge versagt demnach zur Gänze.

Formal aus der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO - der Sache nach damit aber einen Feststellungsmangel im Sinn der Z 9 lit a der zitierten Gesetzesstelle reklamierend - wendet der Beschwerdeführer ein, das Urteil lasse jegliche Ausführungen hinsichtlich eines vorsätzlichen Handelns vermissen und sei deshalb in Ansehung der subjektiven Tatseite mit Feststellungsmängeln behaftet. Dabei läßt die Beschwerde aber außer acht, daß sich die Annahme eines vorsätzlichen Handelns des Angeklagten (schon) aus den im Urteil festgestellten Tätigkeiten gegen M*** (Erfassen am Körper; Reißen an den Haaren; Zerren in Richtung der Wohnung des Angeklagten; Stoßen mit dem Knie usw; vgl. S 54 ff) mit durchaus hinreichender Deutlichkeit ergibt, zumal alle diese Tätigkeiten gewollte Handlungsweisen bezeichnen, und im übrigen auch hinsichtlich der Körperverletzung ausdrücklich ein vorsätzliches Agieren des Angeklagten konstatiert wurde (S 57). Indem all dies von der Beschwerde negiert wird, führt sie die Rechtsrüge nicht den Prozeßgesetzen gemäß aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war deshalb teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung anberaumt werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E09917

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00163.86.1120.000

Dokumentnummer

JJT_19861120_OGH0002_0120OS00163_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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