TE OGH 1986/12/4 12Os156/86

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Veröffentlicht am 04.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Dezember 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef W*** wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§§ 15, 269 Abs 1) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 17.September 1986, GZ 26 Vr 2660/86-16, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Presslauer, des Angeklagten Josef W*** sowie des Verteidigers Dr. Burghardt zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unangefochtenen Freispruch enthält, wurde Josef W*** des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§§ 15, 269 Abs 1) StGB schuldig erkannt. Darnach hat er sich am 5.Juni 1986 in Jenbach, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol und den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels, nämlich des Schlafmittels "Rohypnol", in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und im Rausch die gegen ihn einschreitenden Gendarmeriebeamten Gruppeninspektor Franz P*** und Inspektor Hans-Stephan K*** dadurch, daß er mit Händen und Füßen um sich schlug, sohin mit Gewalt, an einer Amtshandlung, nämlich der Durchführung seiner Festnahme, zu hindern versucht und mithin eine Handlung begangen, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB zugerechnet würde.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf Z 5 und Z "9" des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welche sich als nicht stichhältig erweist.

Aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen (S 112) Akt 26 Vr 4484/83-Hv 21/84 des Landesgerichtes Innsbruck geht eindeutig hervor (ON 5, S 37 a; ebenso S 27 des genannten Aktes), daß dem Angeklagten die "hübsch berauschende" Wirkung einer kombinierten Einnahme von Rohypnol und Bier bekannt war. Da das Erstgericht seine Urteilsfeststellungen unter anderem auf den Inhalt des oben erwähnten Strafaktes gründete (S 127), hat es damit ersichtlich zum Ausdruck gebracht, daß es die Feststellung, der Angeklagte habe gewußt, wie Rohypnol in Verbindung mit Alkohol wirkt, auch auf dieses Beweismittel stützte. Demnach erweist sich - der Mängelrüge zuwider - diese Urteilskonstatierung als zureichend begründet. Die in diesem Zusammenhang weiters vorgebrachten Einwände, daß das Beweisverfahren keinen Anhaltspunkt dafür erbracht hätte, daß Angelika D*** dem Angeklagten die Wirkungsweise des Schlafmittels Rohypnol in Verbindung mit Alkohol mitgeteilt hätte (worauf das Erstgericht auch seine Annahme stützte, der Angeklagte hätte die Wirkungsweise des genannten Schlafmittels in Verbindung mit Alkoholkonsum zumindest hätte wissen müssen) und daß die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten lediglich 0,7 %o betragen habe, die eine mangelhafte Begründung der Annahme fahrlässigen Handelns des Angeklagten dartun sollen, betreffen demnach keine entscheidungswesentlichen Umstände. Für den Sachausgang gleichfalls unentscheidend ist, ob Angelika D*** drogenabhängig war oder nicht. Daß es sich bei dem Medikament "Rohypnol" um ein "Suchtgift" gehandelt hat, ist eine urteilsfremde Annahme des Beschwerdeführers. Auf alle in diesem Zusammenhang relevierten Einwände ist nicht näher einzugehen, da sie nicht vom festgestellten Urteilssachverhalt ausgehen.

Auch die Rechtsrüge (sachlich Z 9 lit a) ist nicht im Recht. Der Angeklagte reklamiert für sich den Rechtfertigungsgrund des § 269 Abs 4 StGB, da die von den Beamten ausgesprochene Festnahme nicht durch das Gesetz gedeckt sei, da er ja keinen Anlaß zu einer Festnahme gegeben habe; er selbst habe lediglich unter einem Baum geschlafen.

Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß nach den Urteilskonstatierungen Anlaß für den Ausspruch seiner Festnahme war, daß er einem Gendarmeriebeamten einen Schlag versetzte, zwei Beamte verbal beleidigte und sein ungestümes Verhalten trotz mehrmaliger Abmahnung fortgesetzt hat. Dieses Verhalten rechtfertigte aber - den Beschwerdeausführungen zuwider - im Sinne von Art. IX Abs 1 Z 2 EGVG und § 35 lit c VStG die über den Angeklagten ausgesprochene Festnahme. Der bezughabende Einwand in der Nichtigkeitsbeschwerde schlägt daher fehl.

Mit dem Vorbringen, er habe mit dem Eintritt eines Vollrausches nicht rechnen können, da seine Blutalkoholkonzentration lediglich 0,7 %o betragen und er die Wirkung des Schlafmittels "Rohypnol" nicht gekannt habe, verläßt der Angeklagte den Boden der erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen und bringt dergestalt den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung; nur der Vollständigkeit halber ist er mit seinen diesbezüglichen Ausführungen auf die entsprechende Erwiderung zur Mängelrüge zu verweisen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 287 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend den äußerst raschen Rückfall, die einschlägigen Vorstrafen sowie den Umstand, daß durch die Widerstandshandlungen des Angeklagten die Gendarmeriebeamten auch verletzt wurden, mildernd hingegen das Geständnis sowie daß die im Rausch begangene Straftat beim Versuch geblieben ist. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Verhängung einer Geldstrafe oder die Gewährung bedingter Strafnachsicht, da der Vollzug einer Freiheitsstrafe seiner Resozialisierung entgegenstünde.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat die besonderen Strafbemessungsgründe vollständig angeführt und diese auch einer zutreffenden Würdigung unterzogen. Es hat - ausgehend von der Strafdrohung des § 287 Abs 1 StGB, welche die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vorsieht - zu Recht einer der Tatschuld des Angeklagten angemessene Freiheitsstrafe verhängt. Der Verhängung einer Geldstrafe oder der Gewährung bedingter Strafnachsicht stehen spezialpräventive Schranken entgegen. Dem wegen Rauschtaten und Gewalttätigkeiten mehrfach und empfindlich vorbestraften Angeklagten kann nur mehr durch den tatsächlichen Vollzug von Freiheitsstrafen vor Augen geführt werden, welche Folgen die Begehung ähnlicher Straftaten für ihn in Hinkunft haben werden. Die Verhängung einer bloßen Geldstrafe oder die Gewährung bedingter Strafnachsicht würden demnach den Strafzwecken zuwiderlaufen.

Es war daher wie im Spruch zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E09912

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00156.86.1204.000

Dokumentnummer

JJT_19861204_OGH0002_0120OS00156_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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