TE OGH 1987/1/20 5Ob326/86

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Veröffentlicht am 20.01.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisisonsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof.Hubert A***, Künstler, Wien 1.,Sonnenfelsgasse 11, vertreten durch Dr.Friedrich Willheim, Rechtsanwalt in Wien, und des Nebenintervenienten auf der Seite der klagenden Partei Dr.Hellmuth G***, Wien 1.,Hofburg, vertreten durch Edwin Morent, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Tobias R***, Rechtsanwalt Wien 1.,Stephansplatz 4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Vereins Österr.Kulturzentrum, Österreich-Haus, Wien 1.,Palais Palffy, und den Nebenintervenienten auf der Seite der beklagten Partei Komm.Rat.Gottfried S***, Kaufmann, Wien 3.,Neulinggasse 37, vertreten durch Dr.Gerhard Renner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung von Konkursforderungen (Streitwert: 688.444,73 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8.August 1986, GZ. 3 R 23/86-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 13. September 1985, GZ. 33 Cg 525/84-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird als Teilurteil

1.) in Ansehung der Feststellung, daß der klagenden Partei in dem zu 6 S 76/84 des Erstgerichtes anhängigen Konkurs des Vereins Österreichisches Kulturzentrum Österreich-Haus Konkursforderungen in der Höhe von 242.978,06 S (brutto) zustehen, bestätigt und

2.) in Ansehung der Feststellung, daß der klagenden Partei in dem zu 1.) genannten Konkurs eine Konkursforderung von weiteren 200.000 S zusteht, dahin abgeändert, daß insoweit das klageabweisende Ersturteil wiederhergestellt wird.

Im übrigen, d.h. in Ansehung der Feststellung, daß der klagenden Partei in dem zu 1.) genannten Konkurs eine Konkursforderung von weiteren 245.466,67 S (brutto) zusteht, wird das angefochtene Urteil aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen des Vereins Österreichisches Kulturzentrum Österreich-Haus wurde am 6.Juni 1984 vom Erstgericht zu 6 S 76/84 der Konkurs eröffnet; zum Masseverwalter wurde der beklagte Rechtsanwalt Dr.Tobias Reinisch bestellt.

Mit Schreiben vom 7.Juni 1984 löste der Masseverwalter das Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und dem Gemeinschuldner mit sofortiger Wirkung auf. Der Kläger meldete daraufhin folgende Konkursforderungen an: Sein Gehalt von monatlich 21.040 S brutto sei ihm seit 1.Jänner 1984 nicht mehr ausbezahlt worden, für die Zeit bis 19.Juli 1984 stehe ihm daher eine Gehaltsforderung von 139.135,48 S brutto zu. An Sonderzahlungen begehre er für die Zeit vom 1.November 1983 bis 19.Juli 1984 30.202,58 S brutto, als Urlaubsentschädigung gemäß § 9 UrlG 24.546,67 S brutto und als Abfertigung (unter Berücksichtigung einer vereinbarten Anrechnung von Vordienstzeiten seit 1952) 294.560 S brutto. Seine Forderungen betrügen also insgesamt 488.444,73 S (brutto). Weiter meldete der Kläger eine Forderung in der Höhe von 200.000 S (netto) als zugesagte Subvention gemäß Schreiben vom 10.Dezember 1983 an. Der Masseverwalter bestritt diese vom Kläger angemeldeten Konkursforderungen.

Der Kläger begehrt nun die Feststellung der von ihm angemeldeten Konkursforderungen. Er brachte vor, er sei seit 1.Juni 1981 als künstlerischer Berater und Mitarbeiter bei dem Verein Österreichisches Kulturzentrum Österreich-Haus (im folgenden kurz: Verein), dem nachmaligen Gemeinschuldner, beschäftigt gewesen. Die ihm aus dem am 1.November 1983 rückwirkend abgeschlossenen "Angestellten-Dienstvertrag" zustehenden Forderungen habe er zum Konkurs angemeldet. Der Verein habe ihn außerdem mit der Neugestaltung des Beethoven-Saales im Palais Palffy betraut. Zur Herstellung der dafür benötigten Skulpturen habe er sich wiederholt in Manila aufgehalten. Zur teilweisen Abdeckung dieser Aufenthaltskosten und er Materialkosten habe ihm der Verein eine Subvention von 200.000 S zugesagt. Auf ein Honorar für die künstlerische Ausgestaltung des Beethoven-Saales habe er verzichtet. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Er wendete ein, der Kläger sei zwar für den Verein tätig geworden, nicht jedoch als dessen Angestellter. Den mit 1.November 1983 datierten Dienstvertrag habe nur der Generalsekretär des Vereins Dr.Hellmuth G*** unterschrieben, der zur Vertretung des Vereins nicht berechtigt gewesen sei. Dr.G*** habe den Vorstand des Vereins über den Abschluß dieses Dienstvertrages nicht informiert.

Alleinvertretungsbefugt für den Verein sei der Präsident des Vorstandes des Vereins Prof.Herbert G*** gewesen. Dr.G*** sei als Generalsekretär nur mit der Abwicklung der üblichen laufenden Geschäfte betraut worden. Der mit dem Kläger abgeschlossene Dienstvertrag sei jedoch ungewöhnlich gewesen. Der Kläger sei weder an einen festen Arbeitsplatz noch an Dienstzeiten gebunden gewesen. Insbesondere wäre Dr.G*** nicht zu der ungewöhnlich hohen Anrechnung einer Vordienstzeit von 11 (richtig: 31) Jahren befugt gewesen. Auch zur Zusage einer Subvention von 200.000 S sei Dr. G*** nicht berechtigt gewesen. Von dieser Zusage habe der Vorstand des Vereins erst nach dessen Überprüfung durch den Rechnungshof Kenntnis erlangt. Der Kläger habe öffentlich erklärt, er arbeite für das Österreich-Haus gratis. Der Kläger replizierte, der Vorstand des Vereins habe von dem mit ihm begründeten Dienstverhältnis Kenntnis gehabt, zumindest auf Grund der ihm obliegenden Prüfungspflichten Kenntnis haben müssen, schließlich sei dem Kläger das Gehalt durch 2 1/2 Jahre hindurch ausbezahlt worden. Die gesamte Geschäftsführung des Vereins sei allein in den Händen des Generalsekretärs gelegen gewesen. Es sei allgemein bekannt gewesen, daß nur Dr.G*** für den Verein Schriftstücke und Verträge unterfertigt habe.

Der Beklagte hielt dem entgegen, der Kläger hätte sich aus dem Vereinsregister Klarheit über die Vertretungsverhältnisse beschaffen können und müssen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Zweck des Vereins Österreichisches Kulturzentrum Österreich-Haus ist nach § 3 seiner Statuten die Förderung aller Maßnahmen, die der Vermehrung des Ansehens Österreichs in der Welt insbesondere auf kulturellem Gebiet dienen. Organe des Vereins sind die Generalversammlung, der Vorstand, die Revisoren und das Schiedsgericht (§ 10 der Statuten). Der Vorstand besteht aus 10 - 20 Mitgliedern, die aus ihrer Mitte einen oder mehrere Präsidenten oder Vizepräsidenten zu wählen haben. Einer der Präsidenten oder Vizepräsidenten kann vom Vorstand mit der Geschäftsführung betraut werden. Die Präsidenten und der allenfalls mit der Geschäftsführung betraute Vizepräsident haben einzeln die Vertretung des Vereins nach außen und die rechtsverbindliche Zeichnung über. Die Bestellung des Generalsekretärs erfolgt durch den Vorstand. Dem Generalsekretär obliegt die Durchführung der laufenden Geschäfte und er ist das Exekutivorgan des Vorstandes, dem er allein untersteht. Der Umfang der Rechte des Generalsekretärs wird durch ihm vom Vorstand schriftlich zu erteilende Vollmachten bestimmt (§ 13 der Statuten). Prof.Herbert G*** war jahrelang Generalsekretär des Vereins. Bei über die normale Geschäftsführung hinausgehenden Agenden pflog er Rücksprache mit dem Präsidenten des Vorstandes oder mit dem Vorstand. Seit April 1980 war Prof.Herbert G*** (einziger) Präsident des Vorstandes. Dr.Hellmuth G*** war seit diesem Zeitpunkt Generalsekretär. Vor seiner Bestellung hatte Dr.G*** dem Vorstand in einer schriftlichen Abhandlung seine Ideen und Vorstellungen über seine Tätigkeit als Generalsekretär dargelegt, welche die Zustimmung des Vorstandes gefunden hatten. In diesem Rahmen führte er sein Amt aus. Schriftliche Vollmachten wurden ihm vom Vorstand nicht erteilt. Mündlich erhielt er die generelle Weisung, "bei besonderen Vorkommnissen" die Genehmigung des Vorstandes einzuholen. In der Folge führte Dr.G*** die Agenden des Vereins ohne Rücksprache mit dem Vorstand oder dessen Präsidenten weitgehend selbständig. So nahm er ohne Kenntnis des Vorstandes Kredite in nahmhafter Höhe auf; er nahm Ankäufe vor und führte das gesamte Personalwesen. Die finanzielle Entwicklung des Vereins war in den Jahren 1981 und 1982 zufriedenstellend. Erst im Jahre 1983, insbes. im zweiten Halbjahr 1983, wurde die finanzielle Lage des Vereins durch die "ausweitende" Geschäftstätigkeit des Generalsekretärs bedenklich. Nach einer Überprüfung des Vereins im Frühjahr 1984 durch den Rechnungshof, die von Prof.Herbert G***, inzwischen von verschiedenen finanziellen Problemen informiert, veranlaßt worden war, kam es schließlich am 6.Juni 1984 zur Konkurseröffnung.

Auf Grund einer mit Dr.G*** zunächst 1981 mündlich

getroffenen Vereinbarung wurde der Kläger gegen ein monatliches Entgelt von zunächst 15.000 S, später 20.000 S als künstlerischer Berater und Mitarbeiter für den Verein tätig. Der Vorstand oder dessen Präsident wurden über diese Vereinbarung nicht informiert. Der Kläger wurde von Dr.G*** laufend, insbesondere im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Ausstellungen im Palais Palffy, ihm Rahmen dieser Vereinbarung herangezogen. In der Vorstandssitzung vom 15.Juni 1983 beschloß der Verein, den Kläger mit der Ausgestaltung des Beethoven-Saales im Palais Palffy zu betrauen. Der Kläger sagte zu, seine dazu erforderlichen künstlerischen Leistungen unentgeltlich zu erbringen. Die hiebei verwendeten Holzskulpturen (Prometheus-Zyklus) hatte der Kläger bereits während seiner jeweils 4 Monate dauernden Winteraufenthalte (1981/1982 und 1982/1983) in Manila hergestellt. Die Arbeiten des Klägers im Beethoven-Saal waren nach seiner Parteiaussage (AS 47) im Oktober 1983 beendet.

Am 1.November 1983 unterfertigten der Kläger und Dr.G*** für den Verein einen "Angestellten-Dienstvertrag", dessen wesentliche Bestimmungen wie folgt lauten:

"1.) Einstellung

Herr Prof. Hubert P***-A***, geboren am 22.1.1926,

wohnhaft in 1010 Wien, Sonnenfelsgasse 11, trat am 1.6.1981 als künstlerischer Berater und Mitarbeiter in die Dienste des Österreichischen Kulturzentrums Österreich-Haus ein.

2.) Dienstort

Der Angestellte ist nicht an einen fixen Arbeitsplatz im Palais Palffy gebunden. Bedingt durch seine Funktion ist er für alle vom Österreichischen Kulturzentrum durchgeführten/geplanten Aktivitäten - an welchem Ort auch immer - einzusetzen.

3.) Dienstverwendung

Der Arbeitsbereich umfaßt die künstlerische Beratung und Mitarbeit des im Rahmen des Österreich-Hauses gestalteten Kulturprogramms.

4.) Arbeitsentgelt

Das Gehalt in der Höhe von S 21.040,-- gelangt 14mal im Jahr zur Auszahlung, zu jedem Monatsletzten und im Juni und November der 13. und 14.Gehalt.

5.) Arbeitszeit

Herr Prof.Hubert P***-A*** ist an keine regelmäßige fixe Arbeitszeit gebunden. Die Änderung der Arbeitszeit bleibt dem Dienstgeber jedoch vorbehalten.

6.) Überstunden

Da Herr Prof.Hubert P***-A*** an keine fixe Arbeitszeit gebunden ist, kann von Überstundenleistungen nicht gesprochen werden, auch wenn die Arbeitszeit manchmal Samstag, Sonntag einschließt.

7.) Urlaub

Urlaubsvereinbarungen über das gesetzliche Ausmaß hinausgehend sind in individueller Absprache mit dem Generalsekretär zu regeln.

.....

10.) Kündigung

Für die Kündigung des Dienstverhältnisses gelten die Bestimmungen des § 20 AngG.

11.) Abfertigung

Die künstlerischen Tätigkeiten nach Abschluß der Akademie für Angewandte Kunst 1952 werden als Vordienstzeiten angerechnet."

Auch vom Abschluß des schriftlichen Vertrages wurden weder Prof.Herbert G*** noch der Vorstand informiert. Der Kläger selbst erwähnte gegenüber Prof.G***, mit dem er im Zuge seiner Tätigkeit im Palais Palffy wiederholt zusammentraf, gleichfalls nichts von diesem Vertrag.

Den Winter 1983/84 wollte der Kläger neuerlich in Manila verbringen. Unter Hinweis auf seine bisherigen Kosten für Aufenthalte in Manila und darauf, daß er "mit der monatlichen Entlohnung laut Angestellten-Dienstvertrag nicht das Auslangen finden könne", ersuchte der Kläger um eine einmalige Subvention in der Höhe von 200.000 S, die ihm Dr.G***, wie er es in den Schreiben vom 2. und 10.Dezember 1983 festhielt, für die Herstellung des Prometheus-Zyklus bzw. zur Ermöglichung seiner freien künstlerischen Tätigkeit zusagte. Auch diese Zusagen erfolgten ohne Kenntnis des Vorstandes des Vereins oder des Präsidenten. Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:

Nach den Statuten des Vereins sei ausdrücklich und zweifelsfrei der Präsident des Vorstandes Vertreter des Vereins nach außen und es obliege ihm die rechtsverbindliche Zeichnung. Der Generalsekretär, welcher durch den Vorstand bestellt werde, habe für den Vorstand die laufenden Geschäfte durchzuführen und sei als Exekutivorgan des Vorstandes, dem er unterstehe, anzusehen. Schon auf Grund dieser Bestimmungen der Vereinsstatuten seien sowohl der gegenständliche "Angestellten-Dienstvertrag" als auch die Subventionszusage als nicht rechtsverbindlich zustandegekommen anzusehen. Es sei weder dieser Vertrag vom Präsidenten des Vorstandes unterfertigt noch die Zusage der Subvention vom Vorstandspräsidenten gemacht worden. Es sei auch weder eine Information des Vorstandes von diesen Vorgängen und Abschlüssen noch auch eine nachträgliche Genehmigung durch den Präsidenten des Vorstandes erfolgt. Nach seinen wesentlichen Bestimmungen sei aber der gegenständliche Angestellte-Dienstvertrag ferner, obwohl er sicherlich auch Elemente eines Angestelltenvertrages enthalte (Verschwiegenheitspflicht und Konkurrenzverbot, Kündigung nach den Bestimmungen des Angestelltengesetzes), wegen der bei weitem überwiegenden Elemente eines Werkvertrages bzw. freien Mitarbeitervertrages als solcher zu qualifizieren. Der Kläger sei eindeutig als künstlerischer Berater und Mitarbeiter des nunmehrigen

Gemeinschuldners tätig gewesen. Er sei weder an einen fixen Arbeitsplatz noch an eine fixe Arbeitszeit gebunden gewesen. Überstunden seien nicht gesondert zu berechnen gewesen. Urlaubsvereinbarungen hätten auch völlig individuell getroffen werden können. Schon auf Grund dieser Umstände könnten dem Kläger daher auch entsprechende Ansprüche nach dem Angestelltengesetz, wie er sie als zu Recht bestehend festgestellt haben wollte, nicht zustehen. Im übrigen müsse der Vertrag im Hinblick auf dessen Inhalt, insbesondere wegen der Anrechnung von Vordienstzeiten von 11 (richtig: 31) Jahren, als keinesfalls den üblichen laufenden Geschäften entsprechend angesehen werden, weshalb er zu seiner Wirksamkeit jedenfalls der Unterfertigung durch den Vorstandspräsidenten bzw. des Abschlusses durch ihn bedurft hätte. Dasselbe müsse für die Subventionszusage angenommen werden, welche schon im Hinblick auf ihre Höhe, aber auch im Hinblick darauf, daß der Kläger wiederholt die Unentgeltlichkeit seines Werkes zugesagt habe, als außerordentliche Zusage zu betrachten sei, welche ebenfalls zweifelsfrei in bezug auf ihre Wirksamkeit des Abschlusses durch den Präsidenten des Vorstandes bedurft hätte. Es wäre dem Kläger sicherlich möglich und zumutbar gewesen, sich eine entsprechende Information durch Einsicht in das Vereinsregister bzw. die Vereinsstatuten zu holen. Daß Dr.G*** als Generalsekretär, auch soweit der Kläger Kenntnis von der Tätigkeit des Österreich-Hauses gehabt habe, für die Durchführung der Geschäfte als der Zuständige erschienen sei, ändere daran nichts, und sei auch im Hinblick auf die Führung der laufenden Geschäfte richtig. Das Berufungsgericht gab der Klage statt. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Nach den Statuten des Vereins sei zu dessen Vertretung nur der Vorstandspräsident befugt. In den Statuten werde aber zugleich der Generalsekretär als "das Exekutivorgan" des (Vorstandes des) Vereins bezeichnet, dem es obliege, "die laufenden Geschäfte" durchzuführen; der Umfang der Rechte des Generalsekretärs sei hiebei vom Vorstand durch diesem schriftlich zu erteilende Vollmachten zu bestimmen. Organmäßiger Stellvertreter einer juristischen Person sei diejenige physische Person, die nach der Verfassung der juristischen Person zu deren Vertretung befugt sei. Im vorliegenden Falle sei demnach der Präsident des Vorstandes organschaftlicher Stellvertreter des Vereins, für "laufende Geschäfte" jedoch auch der Generalsekretär, weil dieser schon nach den Statuten mit der Durchführung der genannten Aufgaben betraut sei. Die in den Statuten normierte Pflicht des Vorstandes, den Umfang der Rechte des Generalsekretärs in schriftlichen Vollmachten niederzulegen, betreffe daher nur das Innenverhältnis zwischen Vorstand und Generalsekretär. Der außenstehende Dritte werde durch diese Bestimmung der Statuten nicht auf den Inhalt der dem Generalsekretär schriftlich zu erteilenden Vollmachten verwiesen. (Im vorliegenden Fall seien übrigens keinerlei solche Vollmachten ausgestellt worden.) Für den außenstehenden Dritten sei vielmehr die objektive Anschauung des Verkehrs maßgeblich, was unter "laufenden Geschäften" zu verstehen sei. Der genannte Begriff sei zwar sprachlich verfehlt gewählt, weil man unter "laufenden Geschäften" durchaus auch alle Geschäfte (die im Laufen seien, d.h. abgewickelt würden) verstehen könne. Aus dem Zusammenhang sei jedoch erkennbar, daß mit "laufenden Geschäften" die gewöhnlichen (üblichen) Geschäfte gemeint seien. Daraus ergebe sich, daß der Einwand des Beklagten, der Generalsekretär sei überhaupt nicht vertretungsbefugt gewesen, verfehlt sei. Zu den gewöhnlichen Geschäften eines Vereins, der zur Erfüllung seines Zwecks der Tätigkeit von Mitarbeitern bedürfe, gehöre zweifellos auch der Abschluß von Dienstverträgen. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hätten der Vereinsvorstand und dessen Präsident dem Generalsekretär insoweit auch völlig freie Hand gelassen. Bei einem Verein, der ausschließlich auf kulturellem Gebiet tätig sei, könne der Abschluß eines Beratungsvertrages mit einem Künstler nicht als etwas außergewöhnliches angesehen werden. Die Beiziehung des Klägers als künstlerischer Berater und Mitarbeiter seit 1981 (und die dementsprechende Auszahlung monatlicher Gehälter seit Juni 1981) sei daher als "laufendes Geschäft" im Sinne der Statuten, zu dessen Abschluß der Generalsekretär allein (ohne Zustimmung des Vorstandes oder des Präsidenten) berechtigt gewesen sei, anzusehen.

Der Beklagte meine nun, dies könne aber keinesfalls für die besonders günstige Vordienstzeitenanrechnung gelten. Dieser Ansicht könne sich das Berufungsgericht nicht anschließen. Der Kläger sei ein - u.a. durch Verleihung des Professorentitels - anerkannter Künstler, seine Tätigkeit sei daher als hochqualifiziert zu werten. Um besonders qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, sei es im Wirtschaftsleben durchaus üblich, Sonderbestimmungen in Angstellungsverträge aufzunehmen, insbes. auch Vordienstzeiten für die Abfertigung anzurechnen. Da der Kläger bisher nur als freischaffender Künstler tätig gewesen sei, seien als Vordienstzeiten nur diese Jahre seines freien Schaffens in Betracht gekommen. Die Anrechnung der Vordienstzeiten könne daher ebenfalls nicht als ungewöhnliches Geschäft angesehen werden, das der Genehmigung des Vorstandes oder des Präsidenten des Vorstandes bedurft hätte.

Der Frage, ob zwischen dem Kläger und dem Verein ein Dienstverhältnis oder nur ein freies Arbeitsverhältnis begründet worden sei, komme - entgegen der Meinung der Parteien - keine entscheidende Bedeutung zu. Der mit dem Kläger abgeschlossene Vertrag sei zwar nach Überzeugung des Berufungsgerichtes als freier Arbeitsvertrag zu beurteilen, weil der Kläger zur Arbeit ohne persönliche Abhängigkeit, weitgehend selbständig und frei von Beschränkungen seines persönlichen Verhaltens verpflichtet gewesen sei (vgl. ArbSlg.10.055 mwN), sodaß die Normen des Arbeitsrechtes zwar grundsätzlich nicht zur Anwendung kämen, es sei denn, die Vertragsparteien hätten das Arbeitsrecht zur lex contractus gemacht (Mayer-Maly, Österr. Arbeitsrecht 37). Gerade dies sei aber hier der Fall. Lägen im Einzelfall die Tatbestandselemente eines Dienstvertrages nicht in ausreichendem Maße vor, wollten die Vertragsparteien aber dessen ungeachtet auf ihr Vertragsverhältnis die Rechtsfolgen des Dienstvertrages angewandt wissen, so stehe ihnen die Vereinbarung dieser Rechtsfolgen frei (Krejci in Rummel, ABGB, 1658, Anm.67 zu § 1151). Der Kläger habe daher gemäß den entsprechenden Vertragsbestimmungen Ansprüche auf das 13. und 14. Gehalt und auf eine nach dem Angestelltengesetz (unter Berücksichtigung der vertraglich angerechneten Vordienstzeiten) berechnete Abfertigung. Dem Kläger stünden somit Gehalt (für die Zeit ab Kündigung: Kündigungsentschädigung), Sonderzahlungen, Urlaubsentschädigung und Abfertigung je in der beanspruchten (nicht bestrittenen) Höhe zu.

Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes habe der Kläger nach der Betrauung mit der Umgestaltung des Beethoven-Saales am 15.Juni 1983 auch die damit in Zusammenhang stehenden Leistungen im Rahmen des mit ihm begründeten freien Arbeitsverhältnisses zu erbringen gehabt. Die spätere Vereinbarung der Zahlung einer einmaligen Subvention von 200.000 S für Aufwendungen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Herstellung des Prometheus-Zyklus gehabt habe, sei daher als weitere Zahlung im Rahmen dieses freien Arbeitsverhältnisses zu sehen. Die Bezahlung eines einmaligen Unterstützungsbetrages an einen Dienstnehmer oder freien Mitarbeiter sei insoferne kein ungewöhnliches Geschäft, als es jedenfalls in den Aufgabenkreis des Leiters des Personalwesens falle; diese Funktion habe aber für den Verein zweifellos Dr.G*** ausgeübt (vgl. auch die Aussage des Prof.Dr.Herbert G***; er habe konkret an der Personalpolitik Dris.G*** keine Kritik geübt: AS 33). Der vom Kläger vorher erklärte Verzicht auf sein Künstlerhonorar könne an dieser Beurteilung nichts ändern, weil der Kläger nur Ersatz für seine Aufwendungen erhalten sollte, sodaß von einer nachträglichen Bezahlung eines Honorars keine Rede sein könne. Der Kläger habe dem Verein schließlich die von ihm in jahrelanger Arbeit hergestellten Skulpturen unentgeltlich zur Verfügung gestellt und auch die gesamten mit der Umgestaltung des Beethoven-Saales verbundenen Arbeiten unentgeltlich erbracht. Anspruch auf sein monatliches Gehalt habe er ja auch ohne die Betrauung mit diesen Umbauarbeiten gehabt.

Da es sich bei dem als Subvention geltend gemachten Betrag von 200.000 S nach Auffassung des Berufungsgerichtes ebenfalls um einen Anspruch aus dem freien Arbeitsvertrag handle, seien die beiden geltend gemachten Beträge zusammenzuzählen, weshalb ein gesonderter Ausspruch gemäß § 502 Abs 4 Z.1 ZPO hinsichtlich der Forderung aus der Subventionszusage nicht erforderlich gewesen sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Revisionsgründe des § 503 Abs 1 Z 3 und 4 ZPO gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Urteils das Ersturteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit ist nicht gegeben (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

In Ausführung der Rechtsrüge macht der Beklagte geltend, daß es sich sowohl bei dem Abschluß des "Beratungsvertrages" als auch bei der Subventionszusage um ein ungewöhnliches Geschäft gehandelt habe, das durch die Vertretungsmacht des Generalsekretärs des Vereins nicht gedeckt gewesen sei und vom Vorstand des Vereins nicht genehmigt worden sei. Der Abschluß eines "Beratungsvertrages" zwischen einem Verein mit kultureller Ausrichtung und einem Künstler möge an sich nicht unüblich sein, doch dürfe bei Beurteilung der hier entscheidenden Frage der "Gewöhnlichkeit eines laufenden Geschäftes" nicht außer acht gelassen werden, daß die dem Kläger allzu großzügig eingeräumten Entgeltansprüche in keinem wie auch immer gearteten Verhältnis zu seinen Leistungen gestanden seien. Neben der Zusage eines 13. und eines 14. Monatsgehaltes sei es insbesondere die exorbitante Vordienstzeitenanrechnung, die sicherlich nicht als im Wirtschaftsleben übliches Geschäft qualifiziert werden könne, zumal der Kläger nicht schon ab der Beendigung seiner Ausbildung als hochqualifizierter Künstler anerkannt gewesen sei. Auch wenn die Anerkennung von Vordienstzeiten nichts ungewöhnliches darstelle, müsse doch der Maßstab einer gewissen Angemessenheit und wirtschaftlichen Verkehrsübung angelegt werden, dem der gegenständliche Vertrag nicht gerecht werde. Die Subventionszusage sei deswegen als ungewöhnlich anzusehen, weil der Kläger die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Prometheus-Zyklus unentgeltlich erbracht und ohnehin ein monatliches Gehalt bezogen habe. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Die Beantwortung der Frage, ob der Generalsekretär des Vereins beim Abschluß des "Angestellten-Dienstvertrages" und bei der Subventionszusage den Rahmen seiner auf die Durchführung der laufenden Geschäfte beschränkten Vertretungsmacht überschritten hat, hängt davon ab, ob der Generalsekretär damit namens des Vereins im Hinblick auf die vom Kläger erwartete (und in der Folge tatsächlich entfaltete) Tätigkeit und die ihm dafür eingeräumten Gehaltsansprüche sowie auf die (insbesondere finanziellen) Verhältnisse des Vereins eine unverhältnismäßig große Verpflichtung übernommen hat bzw. eine unübliche Bedingung eingegangen ist (vgl. dazu Stanzl in Klang 2 IV/1, 882). Eine Bejahung dieser Frage, die nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nur hinsichtlich der vereinbarten Vordienstzeitenanrechnung und der Subventionszusage in Betracht kommt, hätte zur Folge, daß der Verein durch die gegenüber dem Kläger gesetzten Vertretungshandlungen seines Generalsekretärs insoweit nicht verpflichtet worden wäre, zumal Anhaltspunkte dafür, daß der "Angestellten-Dienstvertrag" ohne die Vordienstzeitenanrechnung nach dem Parteiwillen oder der Natur und dem Zweck des Geschäftes nicht bestehen könnte, fehlen (vgl. Stanzl aaO 851 f Fußnoten 17 und 18; 1 Ob 837/82 ua). Daß vertretungsbefugte Organe des Vereins die die Vollmacht überschreitenden Vertretungshandlungen des Generalsekretärs nachträglich genehmigt oder einen Sachverhalt zu verantworten hätten, der zum Schutz des Vertrauens des Klägers auf eine die statutenmäßige Vertretungsmacht überschreitende Vertretungsmacht des Generalsekretärs führen müßte, ist nicht hervorgekommen. Von diesen Erwägungen ausgehend kann schon jetzt gesagt werden, daß die Subventionszusage des Generalsekretärs den Verein nicht verpflichtete, weil der Kläger vorher dem Vorstand des Vereins gegenüber, nachdem er die hiebei zu verwendenden Holzskulpturen bereits während zweier vorausgegangener Winteraufenthalte in Manila hergestellt hatte, auf ein Honorar für die künstlerische Ausgestaltung des Beethoven-Saales verzichtet hatte, ohne irgendeinen Vorbehalt bezüglich seiner Reise- und Aufenthaltskosten zu machen.

Was hingegen die Verpflichtung des Vereins aus der vom Generalsekretär mit dem Kläger vereinbarten Vordienstzeitenanrechnung betrifft (vgl. dazu Stanzl aaO 882 Fußnote 14), so wird diese erst dann abschließend beurteilt werden können, wenn aufgrund der vom Berufungsgericht vorzunehmenden Ergänzung des Beweisverfahrens (durch Einholung eines Sachverständigengutachtens) und der Feststellungen feststeht, ob und bejahendenfalls in welchem Ausmaß bei Verträgen wie dem gegenständlichen mit Künstlern - insbesondere unter Bedachtnahme auf deren künstlerischen Ruf - eine Vordienstzeitenanrechnung der Übung des redlichen Verkehrs (genauer: der Vertragssitte [Koziol-We1ser 7 I 86]) entspricht.

Die Rechtssache ist daher in Ansehung der Konkursforderungen des Klägers in der Höhe von brutto - wie geltend gemacht - 139.135,48 S, 30.202,58 S, 24.546,67 S und - gemäß § 23 Abs 1 AngG als Abfertigung ohne die Vordienstzeitenanrechnung das Zweifache des für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Entgelts zuzüglich des aliquoten Teils des 13. und 14. Gehalts (Martinek-Schwarz, AngG 6 , 454 ff, Anm.5 und 6 zu § 23) - 49.093,33 S im Sinne des Feststellungsbegehrens und in Ansehung des Betrages von 200.000 S im Sinne der Abweisung des Feststellungsbegehrens spruchreif, während hinsichtlich des weiteren Abfertigungsanspruches von 245.466,67 S (brutto) mit der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 510 Abs 1 in Verbindung mit § 496 Abs 3 ZPO) vorzugehen war.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E10146

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00326.86.0120.000

Dokumentnummer

JJT_19870120_OGH0002_0050OB00326_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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