TE OGH 1987/1/28 1Ob718/86

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Veröffentlicht am 28.01.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Franz S***, Beamter der Österreichischen Bundesbahnen, Frießnitz 23, Rosenbach, vertreten durch Dr. Kuno Ther und Dr. Reinhard Köffler, Rechtsanwälte in Villach, wider die Antragsgegnerin Maria S***, Gemeindebedienstete,

Frießnitz 34, Rosenbach, vertreten durch Dr. Janko Tischler jun., Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 15. Oktober 1986, GZ. 2 R 429/86-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 20. August 1986, GZ. F 1/85-26, teilweise bestätigt, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die zwischen den Streitteilen am 17. April 1964 geschlossene Ehe wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 11. Jänner 1984, 6 Cg 259/83, aus dem beiderseitigen, gleichteiligen Verschulden der Ehegatten geschieden. Im Zuge des Ehescheidungsverfahrens schlossen die Parteien einen Vergleich, der u. a. vorsieht:

"In Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens vereinbaren die Streitteile, daß die eheliche Wohnung im Haus Frießnitz Nr. 34, 9183 Rosenbach, samt allen Einrichtungsgegenständen und Fahrnissen der Klägerin allein verbleibt, mit Ausnahme der persönlichen Sachen des Beklagten und zwar folgender Gegenstände, die dem Beklagten zufallen: 1 Radio, Marke Minerva, 1 zweitüriger Kasten im Knabenzimmer, ein Bett im Knabenzimmer, ein Tisch und zwei Fauteuils im Knabenzimmer, ein vierteiliger Kasten aus dem Schlafzimmer im ersten Stock, ein Ehebett aus dem Schlafzimmer, eine Psyche aus dem Schlafzimmer, ein Gewehrschrank mit 7 Gewehren, sämtliche Jagdtrophäen, zwei Schaffelle (Bettvorleger), 2 Wolldecken und zwei Bettüberzüge sowie zwei Polsterüberzüge und die Motorsäge. Die Aufteilung des sonstigen ehelichen Gebrauchsvermögens mit Ausnahme des Hausrates bleibt vorbehalten (§§ 81 ff. EheG)". Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 1 KG Frießnitz mit dem Haus Frießnitz 34 ist die Antragsgegnerin. Das Wohnhaus, das ein Erdgeschoß und ein Obergeschoß aufweist, wurde in den Jahren 1967 bis 1970 errichtet; es diente den Ehegatten während der Ehe als Ehewohnung.

Der Antragsteller begehrte mit dem am 4. Jänner 1985 beim Erstgericht eingebrachten Antrag, der Antragsgegnerin die Leistung einer Ausgleichszahlung von S 1 Mio. aufzuerlegen. Er schränkte dieses Begehren in der Tagsatzung vom 7. Februar 1985 auf S 500.000,-- ein und erweiterte es in der Tagsatzung vom 6. August 1986 auf S 726.737,-- s.A. Der Antragsteller brachte vor, er habe zur Errichtung des Wohnhauses Geld-, Sach- und Arbeitsleistungen erbracht, die die Auferlegung einer Ausgleichszahlung rechtfertigten. Der im Scheidungsverfahren abgeschlossene Vergleich habe seinen Anspruch auf Leistung der Ausgleichszahlung unberührt gelassen.

Die Antragsgegnerin beantragte Abweisung des Antrages. Mit dem im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleich sei das eheliche Gebrauchsvermögen vollständig aufgeteilt worden; auch eheliche Ersparnisse, die der Aufteilung unterlägen, seien nicht vorhanden. Schon aus diesem Grunde könne der Antragsteller keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung erheben. Im übrigen habe die Antragsgegnerin das Wohnhaus zur Gänze aus eigenen Mitteln errichtet, so daß die Auferlegung einer Ausgleichszahlung auch nicht der Billigkeit entspräche.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte fest, mit dem im Zuge des Scheidungsverfahrens abgeschlossenen Vergleich sei zwischen den Streitteilen eine Einigung hinsichtlich "einzelner Punkte ihres Vermögens" zustandegekommen. Der Gesamtwert der Liegenschaft betrage S 1,622.330,--.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, das Haus samt dem Grundstück sei durch den Vergleich der Antragsgegnerin zugeteilt worden. Wenn sich die Parteien die Aufteilung des sonstigen ehelichen Gebrauchsvermögens vorbehalten hätten, so könne sich dieser Vorbehalt nur noch auf den PKW beziehen, dessen wertmäßige Aufteilung aber nicht beantragt worden sei. Weiteres aufzuteilendes Vermögen sei nicht vorhanden gewesen. Demzufolge sei der Antrag abzuweisen.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Antragstellers teilweise Folge. Es bestätigte die angefochtene Entscheidung insoweit, als das Begehren auf Leistung einer S 500.000,-- übersteigenden Ausgleichszahlung abgewiesen wurde. Im übrigen hob es die Entscheidung des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Das Rekursgericht führte aus, der Außerstreitrichter habe über den Antrag auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse nur insoweit zu entscheiden, als eine Einigung der früheren Ehegatten nicht erfolgt sei. Liege eine umfassende Aufteilungsvereinbarung vor, könne auch dann keine Ausgleichszahlung nach § 94 Abs. 1 EheG begehrt werden, wenn ein Ehegatte die getroffene Regelung nachträglich als unbillig empfinde. Anders sei dies aber dann, wenn sich die Ehegatten zwar darüber einig geworden seien, welcher von ihnen die Ehewohnung und einen etwa damit verbundenen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft übernehme, nicht aber darüber, ob und welche Ausgleichszahlungen dieser dem anderen zu leisten habe. Es sei dann zulässig, das Gericht auch bloß zur Entscheidung über das Begehren auf Leistung einer Ausgleichszahlung anzurufen. Aus der Textierung des von den Streitteilen im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleichs lasse sich ein Verzicht auf die Leistung einer Ausgleichszahlung nicht ableiten. Das Erstgericht habe nur festgestellt, daß es zu einer Einigung zwischen den Streitteilen über einzelne Punkte des Vermögens gekommen sei. Das Erstgericht habe aber die im Verfahren abgelegten Aussagen der Parteien zur Beurteilung der Tragweite des abgeschlossenen Vergleichs nicht herangezogen. Aus den Erklärungen der Parteien ergebe sich, daß eine Willensübereinstimmung auch in der Richtung, daß der Antragsteller auf die Geltendmachung einer Ausgleichszahlung verzichte, nicht als erwiesen erachtet werden könne. Der abgeschlossene Vergleich stehe demnach dem Begehren des Antragstellers nicht entgegen. Im fortgesetzten Verfahren werde jedoch zu ermitteln sein, welchen Beitrag der Antragsteller zur Schaffung des Wohnhauses geleistet habe. Das S 500.000,-- übersteigende Begehren sei erst in der Tagsatzung vom 6. August 1986, somit nach Ablauf der Frist des § 95 EheG gestellt worden; dieses Begehren sei demgemäß abzuweisen.

Gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, der nicht gerechtfertigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 85 EheG hat auf Antrag das Gericht über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens zu entscheiden, soweit sich die Ehegatten hierüber nicht geeinigt haben. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß das Gesetz die einvernehmliche Regelung der Scheidungsfolgen nicht nur zuläßt, sondern ihr einen Vorrang gegenüber der gerichtlichen Aufteilung einräumt, die nur dann erfolgen soll, wenn ein Einvernehmen zwischen den Ehegatten über die Aufteilung nicht zu erzielen ist. Das Wort "soweit" drückt aber auch aus, daß die Entscheidung des Gerichtes nicht immer das gesamte Gebrauchsvermögen oder die gesamten Ersparnisse zu umfassen hat, sondern die Ehegatten auch die Entscheidung des Gerichtes über einzelne Vermögensgegenstände begehren können (RZ 1983/43; SZ 53/125). Es kann von einem Ehegatten auch nur die Entscheidung des Gerichtes über eine vom anderen Ehegatten zu leistende Ausgleichszahlung begehrt werden (EFSlg. 46.385, 36.477), insbesondere wenn die geschiedenen Ehegatten zwar das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse real geteilt haben, damit aber eine Aufteilung nach den Grundsätzen der §§ 83 ff. EheG nicht erzielt werden konnte (EFSlg. 46.385). Der Oberste Gerichtshof hat zwar ausgesprochen, daß dann, wenn eine Aufteilungsvereinbarung vorliegt, eine Ausgleichszahlung nach § 94 Abs. 1 EheG auch dann nicht begehrt werden kann, wenn ein Ehegatte die getroffene Regelung nachträglich als unbillig empfindet (7 Ob 685/85); wenn sich die Ehegatten aber nur darüber einig sind, welcher von ihnen z.B. die Ehewohnung und das damit verbundene Miteigentum an einer Liegenschaft übernimmt, nicht aber darüber, ob und welche Ausgleichszahlung dieser dem anderen zu leisten hat, kann zur Entscheidung darüber sehr wohl das Gericht angerufen werden (EvBl. 1981/22).

Die Streitteile haben über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens einen gerichtlichen Vergleich geschlossen; auch ein solcher ist, wenn Zweifelsfragen auftauchen, nach dem Parteiwillen auszulegen (EvBl. 1955/359; Fasching, Kommentar II 968). Das Rekursgericht hat unter Heranziehung der im Verfahren abgelegten Aussagen der Streitteile festgestellt, daß mit der im Scheidungsverfahren getroffenen Aufteilungsvereinbarung zwar Einigung über einzelne Punkte erzielt worden sei, daß aber eine Willensübereinstimmung zwischen den Streitteilen darüber, daß die Antragsgegnerin, die Eigentümerin des Wohnhauses Frießnitz 34 bleiben sollte, auch keine Ausgleichszahlung zu leisten hätte, nicht vorliege. Die maßgebliche Feststellung über die Tragweite der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung wurde nicht nur aus dem Inhalt des protokollierten Vergleichs, sondern unter Heranziehung zusätzlicher Beweismittel, der Aussagen der Streitteile über ihre Absicht bei Vergleichsabschluß, getroffen. In diesem Fall ist der Oberste Gerichtshof an die Tatsachenfeststellung gebunden und kann nicht den Inhalt des abgeschlossenen Vergleichs für sich allein und selbständig würdigen (JBl. 1985, 97; JBl. 1979, 267; EvBl. 1967/152; JBl. 1957, 298; Fasching Komm. IV 334). Die Rechtsmittelwerberin verläßt den Boden dieser Tatsachenfeststellung, wenn sie behauptet, daß mit der im Scheidungsverfahren getroffenen Vereinbarung eine vollständige Einigung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens getroffen worden sei, insbesondere in der Richtung, daß die Liegenschaft EZ 1 KG Frießnitz "endgültig" ihr zuerkannt worden sei. Nach der vom Rekursgericht getroffenen Tatsachenfeststellung sollte vielmehr ein Anspruch des Antragstellers auf allfällige Leistung einer Ausgleichszahlung vorbehalten bleiben. Darüber, daß das Rekursgericht seine Feststellungen ohne unmittelbare Beweisaufnahme getroffen hat, beschwert sich die Antragsgegnerin nicht. Die Beurteilung, ob dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung zusteht, setzt, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, Feststellungen darüber voraus, welchen Beitrag er zur Errichtung des Hauses geleistet hat. Demzufolge ist dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 234 AußStrG.

Anmerkung

E09934

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00718.86.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19870128_OGH0002_0010OB00718_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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