TE OGH 1987/2/11 9Os6/87

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Veröffentlicht am 11.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Thomas E*** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 10.November 1986, GZ 11 b Vr 1044/86-7, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - entgegen § 494 StPO auch eine Weisung enthaltenden - angefochtenen Urteil wurde der 19-jährige Thomas E*** des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 26.Juli 1986 in Puchberg am Schneeberg versucht hatte, dem Walter L*** mit Bereicherungsvorsatz Geld wegzunehmen, indem er den Genannten niederschlug, ihn würgte und zur Herausgabe von Geld aufforderte.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus den Z 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde entbehrt zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten zuwider konnte die vom Zeugen L*** in der Hauptverhandlung ausgesprochene Vermutung, er glaube nicht, daß der Angeklagte einen Raubüberfall "gemeint" habe, sanktionslos unerörtert bleiben, weil es sich bei dieser die innere Tatseite des Angeklagten betreffenden Bekundung bloß um eine Meinungsäußerung des Zeugen und nicht um die Wiedergabe einer von ihm wahrgenommenen "entscheidenden Tatsache" im Sinne des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO handelt (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO 2 § 270 Nr. 133).

Das gesamte Vorbringen zur Mängelrüge, in dem dem Urteil unzureichende Begründung, der Sache nach auch Unvollständigkeit zum Vorwurf gemacht wird, läuft in Wahrheit - soweit es nicht überhaupt der Aktentreue entbehrt - auf eine im schöffengerichtlichen Verfahren verpönte Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus. Im einzelnen ist dazu zu bemerken, daß das Urteil in Ansehung des Zeugen L*** die in der Beschwerde hervorgekehrten Widersprüche in dessen Angaben keineswegs mit Stillschweigen übergeht (vgl. S 64 unten = US 6) und daß es - der Beschwerde zuwider - auch auf seine im Tatzeitpunkt bestandene Alkoholisierung verweist (US 5). Wenn die Beschwerde diesbezüglich sinngemäß vermeint, die gegebenen Widersprüche seien entgegen der Annahme des Erstgerichtes so gravierend, daß die auf den Angaben des Zeugen L*** aufbauenden Feststellungen als unzureichend begründet gelten müßten, zeigt sie keinen formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes auf, sondern ficht sie die Beweiskraft der Aussage des genannten Zeugen und damit im Ergebnis die Beweiswürdigung durch die Tatrichter an.

Analoges gilt mit Bezug auf die Behauptung, daß der Angeklagte im Tatzeitpunkt kein Geld benötigte und ihm damit jedes Motiv für einen Raubüberfall fehlte; denn auch diese Frage wurde - wenngleich "Motive" nicht zu den entscheidenden Tatsachen zählen - im Urteil miterwogen (US 10 unten) und - jedenfalls denkrichtig - dahin beantwortet, daß auch andere Beweggründe als Geldmangel zu einem Raub führen können.

Wenn die Beschwerde schließlich vermeint, die tatrichterliche Konstatierung, der Angeklagte habe aufgrund der Gegenwehr seines Opfers von diesem abgelassen, entbehre der Begründung, läßt sie unberücksichtigt, daß das Schöffengericht in den Entscheidungsgründen in Ansehung des Geschehensablaufes auf die Bekundungen des Zeugen L*** verweist (US 8), der erklärt hatte, er habe sich gewehrt, habe die Hände des Täters von seinem Hals entfernt und sodann sei dieser "weg von ihm".

Da endlich auch die Beschwerdebehauptung, es finde sich keinerlei Begründung für die Feststellung, der Angeklagte habe den Angriff gesetzt, um sein Opfer zur Herausgabe von Geld zu veranlassen, die auf den Vorsatz des Angeklagten Bezug habenden Urteilspassagen (US 9 f) kommentarlos neglegiert, erweist sich die gesamte Mängelrüge mangels Darlegung formaler Begründungsmängel als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Das gleiche trifft auch für die Rechtsrüge (Z 9 lit. a, 9 lit. b und 10) des Angeklagten zu.

Der Beschwerde zuwider beschränken sich die erstgerichtlichen Feststellungen zunächst keineswegs darauf, daß der Angeklagte dem Zeugen L*** einen kräftigen Schlag versetzte und im Anschluß daran Geld forderte, "woraus sich ergebe, daß zum Zeitpunkt des Angriffes" sein Vorsatz nicht auf Bereicherung gerichtet gewesen sei; vielmehr wird im Urteil zusätzlich konstatiert, daß auch das Würgen des Zeugen L***, das nach der Geldforderung erfolgte, vom Bereicherungsvorsatz des Angeklagten getragen war (US 2, 6 und 10). Daß in der weiteren Beschwerdebehauptung, eine "Bereicherungsabsicht" habe angesichts dessen, daß der Angeklagte über genügend Geld verfügte und bereits auf dem Nachhauseweg war "nicht bewiesen werden können", eine unbeachtliche Bekämpfung der Beweiswürdigung gelegen ist, ist evident und muß darauf nicht weiter eingegangen werden.

Nicht dem erstgerichtlich festgestellten Sachverhalt Rechnung tragend erweist sich im Ergebnis auch die Behauptung, dem Angeklagten komme der Strafaufhebungsgrund des freiwilligen Rücktrittes vom Versuch zustatten, weil es ihm leicht möglich gewesen wäre, den Widerstand des Zeugen L*** zu überwinden; denn damit wird neglegiert, daß das Schöffengericht ausdrücklich feststellte, der Angeklagte habe offenbar nicht mit entsprechend (starker) Gegenwehr seines Opfers gerechnet und diese Gegenwehr habe ihn veranlaßt, von L*** abzulassen (US 6 unten). Nur der Vollständigkeit halber sei dem beigefügt, daß darüber hinausgehende detailliertere Feststellungen in diesem Punkte schon deshalb nicht indiziert waren, weil sich der Angeklagte niemals in der von der Beschwerde dargelegten Richtung verantwortet hatte. Da schließlich auch die eine Qualifikation der Tat nach § 142 Abs. 2 StGB reklamierenden Beschwerdeausführungen mit ihrer darin enthaltenen Behauptung, von "erheblicher Gewalt" könne vorliegend keine Rede sein, weil der Zeuge L*** nur aufgrund der Überraschung und infolge seiner Alkoholisierung zu Sturz gekommen sei, die tatrichterliche Annahme ignorieren, wonach L*** infolge der Wucht des ihm vom Angeklagten gegen die rechte Halsseite versetzten kräftigen Schlages zu Boden stürzte (vgl. US 5/6), mußte die insgesamt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gelangte Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen werden.

Als Konsequenz dessen wird über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz abzusprechen haben (§ 285 b Abs. 6 StPO). Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E10208

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0090OS00006.87.0211.000

Dokumentnummer

JJT_19870211_OGH0002_0090OS00006_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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