TE OGH 1987/2/24 4Ob501/87

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Veröffentlicht am 24.02.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Kuderna, Dr.Gamerith und Dr.Maier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Robert D***, Kaufmann, Dornbirn, Kastenlangen 67, 2. Inge D***, Geschäftsfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr.Reinhold Moosbrugger, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1. Dipl.Ing.Roland A***, Zivilingenieur für Bauwesen, Staad, Schweiz, Halden 30,

2. Dipl.Ing.Walter L***, Statiker, Staad, Schweiz, Hauptstraße 7, beide vertreten durch Dr.Ernst Stolz, Rechtsanwalt in Bregenz,

3. Dipl.Ing.Martin M***, Zivilingenieur für Bauwesen, Dornbirn, Eisengasse 18 und 4. prot. Fa. Guntram M***, ebendort, beide vertreten durch Dr.Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 2,500.000 S sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 2,600.000 S) infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 7. April 1986, GZ 6 R 387/85-71, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 23.Oktober 1985, GZ 7 a Cg 4380/82-65, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1.) In Ansehung des Zweitbeklagten wird die Revision zurückgewiesen.

2.) Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben. Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig,

a) dem Erst- und dem Zweitbeklagten die mit 24.232,98 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon 2.203 S Umsatzsteuer),

b) dem Drittbeklagten und der viertbeklagten Partei die mit 26.632,98 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon 2.203 S Umsatzsteuer und 2.400 S Barauslagen)

binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger ließen im Jahre 1977 in Dornbirn ein "überdachtes Mehrplatz-Tennis-Center mit integriertem Aufenthalts- und Buffetraum" errichten. Mit den statischen Berechnungen für die Dimensionierung der Bodenplatte dieses Bauwerkes, das wegen der besonderen Bodenverhältnisse auf Pfählen (Piloten) errichtet werden mußte, beauftragten die Kläger die Fa. L*** und A***, eine Kollektivgesellschaft nach schweizerischem Recht. Gesellschafter dieses Unternehmens sind der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte. Der Erstbeklagte erstellte (in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Fa. L*** & A***) die Pläne für die Fundierung der Halle auf Pfählen (Pfählungsplan) und berechnete die Statik des Fußbodens der Tennishalle. Mit der Durchführung der Pfählungsarbeiten betrauten die Kläger die viertbeklagte Partei. Der Drittbeklagte ist Geschäftsführer der viertbeklagten Partei. Er besorgte die Dimensionierung der Pfähle und die Überwachung der Pilotierungsarbeiten. Die Tennishalle wurde im Sommer 1978 fertiggestellt. Ende 1979 traten verschiedene Schäden auf und zwar:

Streifen und leichte Rillen im Spielbelag, Risse bei den Verbindungswänden zwischen der Tennishalle und dem Restaurant, ein Haarriß im Fußboden des Restaurants und diverse sonstige Setzungsrisse.

Die Kläger begehrten von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand Zahlung von 2,500.000 S und die Feststellung ihrer Haftung für künftige Schäden an der Tennishalle mit der Begründung, daß die bereits vorliegenden Schäden vom Erstbeklagten durch zu schwache Dimensionierung der Bodenplatte der Tennishalle und unrichtige Planung und Berechnung der Tragfähigkeit der Pfähle verursacht worden seien. Der Drittbeklagte hätte die zu geringe Dimensionierung der Bodenplatte ohne besondere Prüfungen und Untersuchungen feststellen können und die Kläger darauf hinweisen müssen. Die viertbeklagte Partei habe die Tragfähigkeit der einzelnen Pfähle garantiert. Die Instandsetzung der Schäden erfordere mindestens 2,5 Mio Schilling.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, beim Bau der Tennishalle einwandfreie Leistungen erbracht zu haben. Sie hätten die von den Klägern behaupteten Schäden nicht verursacht. Der Erstbeklagte habe die Bodenplatte genügend stark dimensioniert; die Tragfähigkeit der Piloten reiche aus. Die Rißbildungen seien auf eine völlig unsachgemäße Verlegung des Estrichs ohne Bewehrung und Dehnungsfugen zurückzuführen. Nach den dem Erstbeklagten vom Architekten der Kläger übergebenen Plänen hätte nur ein 2 cm starker Bitumen-Glattestrich aufgebracht werden sollen. Der Drittbeklagte habe zunächst im Auftrag der Fa. U*** auf Grund vergleichbarer Ergebnisse bei Pilotierungsarbeiten in der Nachbarschaft ein Gutachten darüber abgegeben, wie die Holzpfähle mit Stahlbetonaufsätzen beschaffen sein müßten. Die viertbeklagte Partei habe die Pfählungsarbeiten nach den Plänen der Fa. L*** & A*** durchgeführt. Der Drittbeklagte habe wohl bei einzelnen Pfählen eine geringere Tragsicherheit als "2" zugelassen, doch sei diese Verringerung unbedeutend und habe nicht zu Pfahlsetzungen geführt. Der Drittbeklagte habe die Rammarbeiten ordnungsgemäß überwacht. Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen den Erst- und den Drittbeklagten sowie die viertbeklagte Partei ab; die Klage gegen den Zweitbeklagten wies es - insoweit rechtskräftig - wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück.

Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Erstkläger, sein Architekt Herbert B*** und der Erstbeklagte einigten sich nach Durchführung der Bodenuntersuchungen durch die viertbeklagte Partei darüber, daß die Tennishalle zur Gänze einer Pfahlfundierung bedürfe. Der Architekt Herbert B*** erteilte der Fa. L*** & A*** (namens der Kläger) zu Handen des Erstbeklagten den Auftrag, die Bodenplatte der Tennishalle zu dimensionieren. Der Erstbeklagte wurde darüber informiert, daß die Halle vier Plätze bekommen sollte, die Belastung von 200 bis 300 Zuschauern auszuhalten habe und auf den fertigen Hallenboden ein 5 cm starker Asphaltbelag HTM und ein Spielbelag in der Stärke von 6 bis 12 mm aufgebracht werden sollte. Der Erstbeklagte erstellte im Namen der Kollektivgesellschaft L*** & A*** auch die "Pfahlfundation" für die Tennishalle und die statischen Berechnungen des Tennishallenbodens auf Pfählen. Hiebei ging der Erstbeklagte von einer Nutzlast von 100 kg/m 2 aus und nahm einen Sicherheitszuschlag von 50 % an, so daß er die Bodenplatte für eine Nutzlast von 150 kg/m 2 mit einer Stärke von 18 cm berechnete. Der Drittbeklagte nahm auf Grund des Pilotierungsplanes des Erstbeklagten die Dimensionierung der einzelnen Pfähle - man hatte sich zum Teil für Stahlbetonpfähle und zum Teil für Holzpfähle mit Stahlbetonaufsätzen entschieden - vor. Diese Pfähle wurden in einem Raster von 4,65 x 5,45 m in den Boden gerammt. Die Pfähle entlang der Außenseite der Halle wurden für eine Pfahllast von 30 Tonnen, einige hievon für eine Pfahllast von 45 Tonnen, und die Pfähle im Inneren der Halle für eine Pfahllast von 15 Tonnen dimensioniert. Als Mittelstützen und Stützen entlang des Klub- und Buffetraums wurden 8 Pfähle aus Stahlbeton mit einer Traglast von teils 90, teils 60 Tonnen verwendet. Mit Schreiben vom 11.Jänner 1978 bestätigte der Drittbeklagte den Klägern, daß sämtliche Pfahldimensionierungen den erforderlichen zulässigen Belastungen entsprächen und er die Tragfähigkeit der einzelnen Pfähle laut Pilotierungsplan garantieren könne.

Entgegen dem ursprünglichen Vorhaben entschieden sich die Kläger aus Kostengründen dafür, auf der Bodenplatte keinen Asphaltestrich, sondern einen Betonestrich mit einer Stärke von 4 bis 7 cm aufbringen zu lassen. Zum Ausgleich von Unebenheiten der Bodenplatte wurde darunter eine Ausgleichsschicht aus Splittbeton in der Stärke von 1 bis 4 cm aufgebracht, obwohl der Estrichleger die Kläger auf das zusätzliche Gewicht der Ausgleichsschicht aufmerksam gemacht hatte. In den Estrich wurde ein Baustahlgitter A 30 verlegt, aber keine Dehnungsfugen, sondern nur Arbeitsfugen angebracht. Nachdem Schwindrisse aufgetreten waren, führte der Estrichleger Sanierungsarbeiten durch. Dem Erstbeklagten wurde nicht mitgeteilt, daß die Bodenplatte Unebenheiten aufwies; er wurde auch nicht von der Einbringung einer Ausgleichsschicht aus Splittbeton informiert. Nach dem Auftreten der bereits eingangs geschilderten Mängel wurde der Hallenboden auf Höhenunterschiede untersucht und hiebei an der Oberkante der Stahlbetonplatte Unebenheiten festgestellt, die auf eine ungenaue Bauausführung (aber nicht auf Pfahlsetzungen - siehe unten) zurückgehen. Die Bodenplatte ist in der Feldmitte, also zwischen den Pfählen, im Mittel um etwa 10 mm (und maximal um 29 mm) durchgebogen. Die 18 cm starke Platte ist bei einem Eigengewicht von 560 kg/m 2 imstande, eine Nutzlast von 200 kg/m 2 im größten Teil ihrer Längsausdehnung zu tragen. Mit einer Durchbiegung um 1 cm liegt die vom Erstbeklagten berechnete Stahlbetonplatte unter der beim Übergang des Betonquerschnitts vom sogenannten Zustand I in den Zustand II laut ÖNorm B 4.200 erlaubten Durchbiegung von 1,55 cm. Die Bodenplatte weist "keine Risse" auf (diese Feststellung bezieht sich auf das Fehlen grober Risse, nicht aber haarfeiner Risse, wie sie bei Zustand II konstruktionsbedingt auftreten). Für die im aufgebrachten Estrich herrschende Zugspannung von 62,67 kg/cm 2 war die Betonplatte zu schwach. Bei einer Plattenstärke von 24 cm und einer Nutzlast von 500 kg/m 2 wäre der Estrich rißfrei geblieben; auch bei einer stärkeren Bewehrung (5/16 pro m) hätte der Estrich keine Risse bekommen. Wäre, wovon der Erstbeklagte ausgegangen war, ein Asphaltbelag aufgebracht worden, dann wären im Hallenboden keine Risse entstanden. Die einfachste und billigste Art der Verhinderung der Durchbiegung des Estrichs hätte im Einlegen von Trittschalldämmplatten aus Tel-Wolle bestanden. Zur Zeit, als der Estrich eingebracht wurde, waren die Arbeiten des Erstbeklagten bereits abgeschlossen und dieser nicht mehr auf der Baustelle. Wäre der Erstbeklagte noch auf der Baustelle gewesen, dann hätte er vor einer Estrichverlegung ohne Dazwischenschalten der zusammendrückbaren Schicht warnen müssen.

Der Drittbeklagte, der eine über 20-jährige Erfahrung mit Pfählungsarbeiten im Vorarlberger Rheintal hat, berechnete die einzelnen Pfähle richtig. Für die Pfahlfundierung ist üblicherweise (und nach ÖNorm B 4.430) eine Sicherheit von "2" erforderlich (dieser Wert ist der Quotient aus der Grenzlast und der tatsächlichen Belastung eines Pfahls). Der Drittbeklagte ließ bei einzelnen Pfählen eine geringere Tragsicherheit als "2" zu; die von ihm verwendete Rammformel liefert im Vergleich zur klassischen höhere Grenzlasten und somit günstigere Werte. Selbst unter Heranziehung der klassischen Rammformel wurde eine Tragsicherheit von 1,75 nicht unterschritten. Ob es zu Pfahlsetzungen (gemeint: in geringem Maße) gekommen ist, kann nicht festgestellt werden. Die Höhenunterschiede des Bodens der Tennishalle rühren nicht von Pfahlsetzungen her, weil die Stahlbetonplatte bereits bei einer Stützensenkung von nur 1 cm hätte reißen müssen, tatsächlich aber keinen Riß aufweist.

Die Schäden an den Wänden sind nicht auf die Konstruktion der Stahlbetonplatte oder die Ausführung der Pfahlgrundierung zurückzuführen. Die Risse in den Keramikbodenfliesen des Zwischenbaus haben dieselbe Ursache wie die Risse im Betonestrich des Spielplatzbodens. Weitere Biegungen der Stahlbetonplatte sind nur noch in einer zu vernachlässigenden Größenordnung zu erwarten; sie werden keinerlei Schäden mehr anrichten können. Eine künftige ungleichmäßige Setzung einzelner Pfähle ist in höchstem Maße unwahrscheinlich.

Insgesamt gelangte das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis (AS 557), daß die aufgetretenen Schäden nicht auf fehlerhafte und ungenügende statische Berechnungen oder auf mangelhaft ausgeführte Pilotierungsarbeiten zurückzuführen sind.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt wie folgt:

Die Kollektivgesellschaft L*** & A*** (und nicht der Erstbeklagte) sei beauftragt gewesen, eine Stahlbetonplatte mit Asphaltestrich so zu konzipieren, daß sie imstande sei, 200 bis 300 Leute zu tragen. Unter diesen Vorgaben sei die Hallenbodenkonstruktion statisch ausreichend und richtig berechnet worden. Erst nach der Verlegung der Stahlbetonplatte hätten sich die Kläger entschieden, keinen Asphaltbelag einzubringen. Dem Erstbeklagten sei nicht bekanntgegeben worden, daß auf die Stahlbetonplatte eine zusätzliche Splittbeton-Ausgleichsschicht aufgetragen werde; damit habe er auch nicht rechnen müssen. Der Drittbeklagte und die viertbeklagte Partei hätten die Pilotierungsarbeiten auf Grund der Vorgaben des Statikers ordnungsgemäß und sachgerecht durchgeführt. Sie seien nicht verpflichtet gewesen, die statischen Berechnungen des Erstbeklagten auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm nach einer umfangreichen Auseinandersetzung mit der Beweisrüge der Kläger die Feststellungen des Erstgerichtes. Es sei zwar richtig, daß der Erstbeklagte für das Klublokal eine zu geringe Belastung vorgesehen habe, da die ÖNorm eine Nutzlast von 500 kg/m 2 vorsehe, doch könne das Klublokal in seiner tatsächlichen Baugestaltung unbedenklich mit 150 bis 160 Personen belastet werden, was bei 50 Plätzen ausreichend sei. Trotz der zu geringen Lastannahme durch den Erstbeklagten (100 kg/m 2 anstatt der vom gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.Ing. N*** für erforderlich gehaltenen 200 kg/m 2 ) und trotz des zu gering angenommenen Gewichtes des Estriches weise die Bodenplatte dennoch die erforderlichen Trageigenschaften auf. Sie habe den aufgetretenen Belastungen tatsächlich standgehalten und liege, was ihre Durchbiegung betreffe, sogar unter der ÖNorm. Auch das geringfügige Unterschreiten des Sicherheitsfaktors 2 bei einzelnen Pfählen (die geringste Sicherheit bei Pfahl 111 beträgt 1,87) erscheine zulässig; der Unterschied gegenüber der Normsicherheit von 2 könne vernachlässigt werden. Insgesamt sei daher die Feststellung des Erstgerichtes, daß die in der Tennishalle aufgetretenen Schäden nicht auf fehlerhafte und ungenügende statische Berechnungen oder auf mangelhaft ausgeführte Pilotierungsarbeiten zurückzuführen seien, nicht in Frage zu stellen. Damit fehle es an der Verursachung des Schadens durch die noch in Anspruch genommenen Beklagten. Die vom Erstbeklagten errechnete Eigenbetonplatte sei trotz ungenügender Lastannahmen geeignet gewesen, die vorgesehenen Lasten zu tragen. Die Durchbiegung dieser Platte liege unterhalb der Normwerte. Es sei auch zu keinen für den Schaden ursächlichen Pfahlsenkungen gekommen. Damit scheide eine Haftung des Drittbeklagten und der viertbeklagten Partei selbst dann aus, wenn bei den Pfählen die zu fordernde Sicherheit unterschritten und Pfähle mit zu unterschiedlichen Sicherheiten gesetzt worden sein sollten. Ob der Drittbeklagte und die viertbeklagte Partei eine echte oder nur eine unechte Garantiezusage abgegeben hätten, könne dahingestellt bleiben, weil sich die Wirkungen dieser Erklärung nur auf kausale Schäden erstreckten, die aber nicht vorlägen. Da an der mangelnden Kausalität der Schäden kein Zweifel bestehe, bleibe für die Anwendung von Beweislastregeln kein Raum. Der Kausalitätsbeweis treffe den Geschädigten auch dann, wenn der Schädiger gemäß § 1298 ABGB den Beweis seiner Schuldlosigkeit zu erbringen habe. Die ÖNORM seien nicht als Schutzgesetze iS des § 1311 ABGB anzusehen, so daß bei einem Verstoß gegen sie keine Beweislastumkehr Platz greife. Auch die Voraussetzungen für den sogenannten Anscheinsbeweis lägen nicht vor.

Zu den festgestellten Schäden sei es auf Grund der unsachgemäßen Verlegung des Estrichs gekommen; dieser Fehler sei nicht von den Beklagten, sondern von einem dritten Unternehmer zu vertreten. Die schließlich ausgeführte Art der Estrichverlegung sei erst nach Beendigung der Arbeiten durch die beklagten Parteien beschlossen worden, so daß diesen auch keine Verletzung von Warnpflichten zur Last falle. Nach den ursprünglichen Planungsannahmen habe kein Anlaß zu irgendwelchen Warnungen bestanden. Der Drittbeklagte habe sich auf die ihm vom Erstbeklagten bekanntgegebenen und geforderten Lastangaben verlassen dürfen; eine Warnpflicht habe ihn nicht getroffen. Daß der Erstbeklagte gegen die ungenaue Bauausführung der Stahlbetonplatte hätte einschreiten können oder müssen, sei von den Klägern gar nicht behauptet worden. Auch das Feststellungsbegehren sei unberechtigt.

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Kläger ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Kläger bezeichnen auch den Zweitbeklagten, gegen den die Klage in erster Instanz rechtskräftig zurückgewiesen wurde, als Revisionsgegner. Das kann nicht zweifelsfrei als bloßer Schreibfehler abgetan werden, weil die Revisionswerber auch die "volle" Klagestattgebung (ohne Einschränkung auf den Erst- und den Drittbeklagten sowie die viertbeklagte Partei) begehren. Zum Zweck der Klarstellung ist daher die gegen den Zweitbeklagten gerichtete Revision zurückzuweisen. Ihm steht als anscheinend in das Verfahren hineingezogene Partei insoweit auch ein Antragsrecht zu. Die für den Zurückweisungsantrag aufgelaufenen Kosten sind jedoch mit der Zuerkennung des höheren Streitgenossenzuschlages für die Revision abgegolten.

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

In der Rechtsrüge vertreten die Revisionswerber die Ansicht, der Beweis eines Kausalzusammenhanges zwischen den Leistungen der beklagten Parteien und den eingetretenen Schäden hätte nur bei Entfernung des Estrichs von allen vier Tennisplätzen lückenlos erbracht werden können. Da dies einer gänzlichen Zerstörung des Bauwerks gleichkäme (?), "verstehe es sich von selbst", daß die Kläger die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises in Anspruch nehmen dürften. Für die Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Schäden durch die Beklagten spreche, daß der Erstbeklagte den Tennishallenfußboden für eine zu geringe Nutzlast berechnet und der Drittbeklagte bei einzelnen Pfählen eine geringere Tragsicherheit als "2" zugelassen habe. Die Nichtanwendung der nach der ÖNorm erforderlichen Sicherheit bei der Festsetzung des Pfahltragvermögens habe zu typischen Bauwerkschäden geführt. Die Kläger hätten zumindest den Anscheinsbeweis erbracht, daß zwischen den Fehlleistungen der Beklagten und dem eingetretenen Schaden ein Kausalzusammenhang bestehe, so daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, andere ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeiten des Geschehensablaufes aufzuzeigen. Die von den Beklagten in diesem Sinn behauptete unsachgemäße Estrichverlegung sei für die aufgetretenen Setzungsrisse an den tragenden Bauwerksteilen nicht kausal. Die Beklagten hätten den ihnen gemäß § 1298 ABGB obliegenden Entlastungsbeweis nicht erbringen können.

Diesen Ausführungen, die zum Teil von den Feststellungen der Vorinstanzen abweichen, ist nicht zu folgen.

Nach der zusammenfassenden Feststellung beider Vorinstanzen zu der im Beweisverfahren breit erörterten Frage der statischen Berechnung des Fußbodens der Tennishalle (Stahlbetonplatte mit Piloten) sind die aufgetretenen Schäden nicht auf eine fehlerhafte und ungenügende statische Berechnung oder auf mangelhaft ausgeführte Pilotierungsarbeiten zurückzuführen. Diese eindeutige Feststellung läßt für die Anwendung von Beweislastregeln keinen Raum und erlaubt es auch nicht, auf die Beweiserleichterungen des Anscheinsbeweises (vgl. etwa SZ 57/20) zurückzugreifen, da die Kläger den Zusammenhang zwischen den behaupteten Fehlern der Beklagten und dem Schaden nicht einmal überwiegend wahrscheinlich gemacht haben. Kausalität der Unterlassung zwischen den Schäden am Estrich des Fußbodens der Tennishalle und der Dimensionierung der Stahlbetonplatte besteht allerdings insoweit, als bei Einbau einer Platte mit 24 cm Stärke und einer Nutzlast von 500 kg/m 2 der Estrich rißfrei geblieben wäre. Die Beklagten haben aber den Beweis erbracht, daß auf der vom Erstbeklagten als Statiker berechneten Stahlbetonplatte insgesamt nur ein ca. 6 cm starker Belag (5 cm Asphalt HTM; darüber ein sogenannter Spielbelag von 6 bis 12 mm Stärke) aufgebracht werden sollte, daß die Tragplatte trotz einer zu geringen Lastannahme die erforderlichen Trageeigenschaften aufweist und den aufgetretenen Belastungen (trotz Aufbringung eines wesentlich schwereren Bodenbelages) tatsächlich standgehalten hat und, was die Durchbiegung betrifft, günstiger als die erlaubten Grenzwerte der ÖNorm liegt; hätten die Kläger, wie ursprünglich vorgesehen, einen Asphaltbelag aufbringen lassen, dann wären keine Risse im Hallenboden aufgetreten. Selbst bei Einbringung eines Betonestrichs wären sie vermieden worden, wenn unter diesem Trittschalldämmplatten - als billigste Lösung - verlegt worden wären. Die Beklagten haben auch bewiesen, daß die Arbeiten des Erst- und des Drittbeklagten bereits abgeschlossen waren, als anstelle des Asphaltbelages ein wesentlich schwererer Betonestrich mit einer Ausgleichsschicht aufgebracht wurde, und daß dem Erstbeklagten weder von den Unebenheiten der Bodenplatte (für die er als Statiker nicht verantwortlich war) noch von der Änderung des Bodenbelages Mitteilung gemacht wurde. Der Drittbeklagte hat bewiesen, daß die geringfügige Unterschreitung der Tragsicherheit "2" bei einzelnen Pfählen - die geringste Sicherheit beträgt bei Pfahl 111 "1,87" - technisch zulässig war und es an der Kausalität zwischen dieser allenfalls zu geringfügigen Dimensionierung und den aufgetretenen Schäden fehlt. Die Niveauunterschiede im Tennishallenboden beruhen auf einer ungenauen Bauausführung und nicht auf einer Setzung von Pfählen, weil die Stahlbetonplatte schon bei einer Stützensenkung von nur 1 cm hätte reißen müssen, tatsächlich aber keine Risse aufweist. Mit der Behauptung, die Unterschreitung der Tragsicherheit bei einzelnen Pfählen habe zu typischen Bauwerksschäden geführt, weichen die Revisionswerber von den Feststellungen der Vorinstanzen ab. Risse an tragenden Bauwerksteilen wurden nicht festgestellt. Die Ursache für die Schäden an den Wänden liegt nicht bei der Konstruktion der Stahlbetonplatte oder der Ausführung der Pfahlgrundierung. Insgesamt haben die Beklagten somit bewiesen, daß die Schäden im Betonestrich (und als Folge davon auch im Spielbelag) mit den von ihnen zu verantwortenden Leistungen nicht im Zusammenhang stehen, sondern auf die von ihnen nicht zu vertretenden späteren Änderungen der Ausführungsart des Fußbodens der Tennishalle zurückzuführen sind und selbst dann noch durch entsprechende Maßnahmen (Einbau von Trittschalldämmplatten) zu vermeiden gewesen wären, und daß ferner die Stahlbetonplatte samt Pfahlgrundierung standgehalten hat und die geringfügige Durchbiegung im Bereich zulässiger Werte liegt. Nicht berechtigt ist auch der Vorwurf der Revisionswerber, der Erst- und der Drittbeklagte (die Erwähnung des Zweitbeklagten beruht auf einem offenbaren Schreibfehler) hätten gegen Aufklärungs- und Warnpflichten verstoßen; der Erstbeklagte hätte insbesondere darauf hinweisen müssen, daß auf der dünnen Stahlbetonplatte kein anderer als ein Asphaltestrich aufgebracht werden dürfe; der Drittbeklagte hätte die Kläger auf die schlechten Baugrundverhältnisse aufmerksam machen müssen. Der Vorwurf gegen den Erstbeklagten ist unberechtigt, weil er vom Architekten der Kläger, Herbert B***, die Information erhielt, daß die Tennishalle die Belastung von 200 bis 300 Zuschauern aushalten müsse, und aus dem ihm zur Verfügung gestellten Plan hervorging, daß in der Halle ein 5 cm starker Asphaltbelag aufgebracht werden sollte. Es war damit Sache des planenden und koordinierenden Architekten und nicht des Erstbeklagten als Statiker, sich bei einer späteren Änderung des Projektes zu vergewissern, ob die unter anderen statischen Voraussetzungen berechnete und bereits verlegte Stahlbetonplatte auch für die Aufbringung eines Betonestrichs samt Ausgleichsschicht genügend tragfähig sei. Vor den Gefahren nachträglicher Projektänderungen hätte der Erstbeklagte nur dann warnen müssen, wenn diese Möglichkeit naheliegend gewesen wäre, wofür aber im Vorbringen der Kläger und in den Feststellungen jeder Anhaltspunkt fehlt. Dazu kommt noch, daß die Risse im Betonestrich auch durch Einlegen von Trittschalldämmplatten zu vermeiden gewesen wären. Da der Erstbeklagte von der nachträglichen Projektänderung nicht verständigt wurde, mußte er auch nicht warnen.

Der Vorwurf gegen den Drittbeklagten, er hätte die Kläger auf die schlechten Bodenverhältnisse aufmerksam machen müssen, findet in den Feststellungen der Vorinstanzen keine Grundlage. Schon die Fa. U***, die von den Klägern zunächst als Generalunternehmer für den Bau der Tennishalle vorgesehen war, hatte Bodenuntersuchungen durch die viertbeklagte Partei veranlaßt. In der Folge einigte sich der Architekt Herbert B*** mit dem Erstkläger und dem Erstbeklagten darauf, daß die Tennishalle zur Gänze einer Pfahlfundierung bedürfe. Die ungünstigen Bodenverhältnisse waren daher schon im Stadium der Planung Gegenstand sorgfältiger Überlegungen der von den Klägern zur Bauausführung bestellten Personen. Im übrigen steht fest, daß der Drittbeklagte die Pfähle auf Grund der ihm vorgegebenen Belastungsangaben richtig berechnet und ausreichend dimensioniert hat. Pfahlsetzungen sind nicht erwiesen (und in einem nennenswerten Ausmaß sogar ausgeschlossen). Die Übernahme der Haftung für den Erfolg der Pilotierungsarbeiten durch den Drittbeklagten kann sich nur auf kausale Schäden beziehen, so daß die Kläger auch daraus nichts für sich abzuleiten vermögen. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E10329

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00501.87.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19870224_OGH0002_0040OB00501_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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