TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/6 2005/03/0026

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Veröffentlicht am 06.09.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwRallg;
WaffG 1996 §25 Abs4;
WaffG 1996 §25 Abs5;
WaffG 1996 §25 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des DI J H in W, vertreten durch Burghofer & Pacher Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Köstlergasse 1/30, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. Februar 2003, Zl. SD 59/03, betreffend Anordnung der Versteigerung gemäß § 25 Abs 6 WaffG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug der Antrag des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Anordnung der Versteigerung einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe (halbautomatisches Gewehr Marke B, Kaliber 22) gemäß § 8 AVG iVm § 25 Abs 4, 5 und 6 WaffG zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (BPD) vom 6. September 1999 sei dem Beschwerdeführer der ihm am 23. Februar 1976 ausgestellte Waffenpass (gültig für eine Faustfeuerwaffe) entzogen worden. In diesem Bescheid sei der Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass gemäß § 25 Abs 4 WaffG die in seinem Besitz befindlichen genehmigungspflichtigen Schusswaffen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides einer zu deren Erwerb befugten Person (unter gleichzeitiger Anzeige an die Erstbehörde) zu überlassen oder die Waffen der Behörde abzuliefern seien. Nachdem dieser Bescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 2002 bestätigt worden sei, habe der Beschwerdeführer von der Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, die verfahrensgegenständliche - vom Polizeikommissariat Innere Stadt Wien bereits sichergestellte - genehmigungspflichtige Schusswaffe einer befugten Person zu überlassen. Darauf hin habe die BPD das Polizeikommissariat Innere Stadt Wien ersucht, diese Waffe der BPD gemäß § 25 WaffG zwecks Veranlassung der Versteigerung zu übermitteln, damit der erzielte Erlös dem Beschwerdeführer überwiesen werden könne. Dies sei dem Beschwerdeführer mit Telefax vom 11. November 2002 zur Kenntnis gebracht worden. Am 19. November 2002 habe der Beschwerdeführer den Antrag auf auf bescheidmäßige Anordnung der Versteigerung dieser genehmigungspflichtigen Schusswaffe gestellt und dies damit begründet, die Versteigerung könne nur durch Bescheid (gegen welchen dem Rechtsunterworfenen ein Rechtsmittel zustehe) angeordnet werden; die bloße Verständigung von einer Anordnung der Versteigerung reiche nicht aus. Die belangte Behörde sei der Auffassung, den §§ 25 Abs 4 bis 6 WaffG sei nicht zu entnehmen, dass dem Besitzer einer gemäß § 25 WaffG sichergestellten Schusswaffe im Rahmen der Anordnung der Versteigerung ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse gemäß § 8 AVG zukommen würde. Unbestritten sei, dass die in diesem Zusammenhang im WaffG vorgesehene Verpflichtung des Besitzers, eine waffendokumentenpflichtige Schusswaffe einer befugten Person zu überlassen oder sie der Behörde abzuliefern, einen Eingriff in dessen privates Vermögensrecht darstelle. Zur Verfassungsmäßigkeit der inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen des WaffG 1967 habe der Verfassungsgerichtshof (VfGH) keinerlei Bedenken geäußert; auch könne ein bloßer wirtschaftlicher Nachteil keine Parteistellung im Verfahren begründen. § 25 Abs 6 WaffG schreibe eine Vorgangsweise zur Verwertung abgelieferter bzw sichergestellter Waffen vor und sehe die Setzung eines Verwaltungsaktes gegenüber dem ehemaligen Besitzer der Waffe nicht vor. Auch sei die Unzulässigkeit eines weiteren Besitzes einer Schusswaffe durch das Gesetz direkt an das Entziehungsverfahren bzw an den in diesem Verfahren ergangenen (Entziehungs)Bescheid geknüpft. Da dem Beschwerdeführer sohin keine Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zukomme und mit dem Antrag primär ein prozessuales Parteienrecht, nämlich die Erlassung eines Bescheides, geltend gemacht werde, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die gegen den angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 2002 erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers wurde mit hg Erkenntnis vom 1. Juli 2005, Zl 2005/03/0025, als unbegründet abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf richtige Anwendung der Gesetze - insbesondere des Waffengesetzes und des AVG" verletzt. Seinem gesamten Vorbringen nach sind diese Beschwerdepunkte dahin zu verstehen, dass sich der Beschwerdeführer einerseits in seinem Recht auf Parteistellung nach § 25 WaffG und andererseits in seinem Recht auf bescheidmäßige Anordnung der Versteigerung gemäß § 25 Abs 6 WaffG verletzt erachtet.

2. § 25 Abs 3 bis 6 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997, lauten:

"§ 25. ...

(3) Ergibt sich, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist, so hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen.

(4) Wem eine waffenrechtliche Urkunde, die zum Besitz von genehmigungspflichtigen Schusswaffen berechtigt, entzogen wurde, der hat binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft des Entziehungsbescheides die Urkunden und die in seinem Besitz befindlichen genehmigungspflichtigen Schusswaffen der Behörde abzuliefern; dies gilt für die Schusswaffen dann nicht, wenn der Betroffene nachweist, dass er diese einem zum Erwerb solcher Waffen Befugten überlassen hat.

(5) Die Behörde hat die im Besitz des Betroffenen befindlichen Urkunden gemäß Abs. 1 und genehmigungspflichtigen Schusswaffen sicherzustellen, wenn

1. er sie nicht binnen zwei Wochen ab Eintritt der Rechtskraft des Entziehungsbescheides der Behörde abgeliefert oder die Waffen einem zum Erwerb solcher Waffen Befugten überlassen hat, oder

2. Gefahr im Verzug besteht (§§ 57 und 64 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51).

(6) Abgelieferte Waffen (Abs. 4) und - nach Eintritt der Rechtskraft des Entziehungsbescheides - sichergestellte Waffen (Abs. 5) sind von der Behörde der öffentlichen Versteigerung oder der Veräußerung durch eine zum Handel mit Waffen befugten Person zuzuführen. Der Erlös ist dem früheren Besitzer der Waffen auszufolgen."

3. Insoweit sich der Beschwerdeführer im Recht auf bescheidmäßige Anordnung der Versteigerung gemäß § 25 Abs 6 WaffG verletzt erachtet, ist festzuhalten, dass diese Bestimmung eine Verpflichtung der Behörde normiert, gemäß § 25 Abs 4 WaffG abgelieferte sowie gemäß § 25 Abs 5 WaffG sichergestellte Waffen, letztere nach Eintritt der Rechtskraft des Entziehungsbescheides, der öffentlichen Versteigerung oder der Veräußerung durch eine zum Handel mit Waffen befugte Person zuzuführen. Eine Verpflichtung der Behörde zur bescheidmäßigen Anordnung dieser Verwertung gegenüber dem früheren Besitzer der Waffe ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

4. Der Beschwerdeführer bringt nun vor, durch die bloße Entziehung seines Waffenpasses sei noch kein unmittelbarer Eingriff in sein (verfassungsgesetzlich geschütztes) Eigentumsrecht an der gegenständlichen Waffe erfolgt. Ein solcher Eingriff sei erst durch die Anordnung der Versteigerung durch die Behörde erfolgt und könne nicht als bloßer wirtschaftlicher Nachteil qualifiziert werden, sondern stelle als irreversible Entziehung eines Sachenrechts einen definitiven Eingriff in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers dar. Ohne bescheidmäßige Anordnung der Versteigerung wäre ihm eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung gegen den Verlust des Eigentumsrechtes nicht möglich.

Wie der VfGH bereits (zur Rechtslage nach dem WaffG 1986) festgehalten hat, greift ein Bescheid, mit dem eine Waffenbesitzkarte oder ein Waffenpass entzogen wird, in das Eigentum im Hinblick auf die Auswirkungen ein, die sich aus der Entziehung der Waffenbesitzkarte für den Besitz und die Verfügungsmöglichkeit über Waffen ergeben (vgl das Erkenntnis des VfGH vom 27. Februar 1982, VfSlg 9331, mwN). Dem schließt sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Hinblick auf die insofern gleichgelagerte Rechtslage des WaffG 1996 an:

Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass der entscheidende Eingriff in die Rechte des Beschwerdeführers bereits durch den in Rechtskraft erwachsenen Entziehungsbescheid erfolgte, gegen den dem Beschwerdeführer die gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten offenstanden.

Der Eigentumsverlust selbst tritt im übrigen - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht durch die Anordnung der Versteigerung, sondern erst durch die Veräußerung der Waffe im Zuge der Versteigerung ein (vgl zum Eigentumserwerb im Zuge einer Versteigerung etwa das hg Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl 99/03/0283, mwN).

Damit greift aber die - im vorliegenden Fall alleine vom Antrag des Beschwerdeführers erfasste - Anordnung der Versteigerung als verwaltungsinterne Maßnahme, die im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer lediglich zur Kenntnis gebracht wurde, nicht in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers ein. Dem Beschwerdeführer kommt daher auch aus diesem Grund kein Recht auf bescheidmäßige Anordnung der Versteigerung zu.

5. Von daher geht auch das Beschwerdevorbringen, mit dem eine Verletzung des Rechtes auf Parteistellung geltend gemacht wird, ins Leere.

6. Soweit sich der Beschwerdeführer auf das bestehende Miteigentum seiner Ehegattin an der verfahrensgegenständlichen Schusswaffe beruft und vorbringt, die gegenständliche Anordnung der Versteigerung greife in die Rechtssphäre seiner Ehegattin ein, welche als Partei übergangen worden sei, macht er damit keine die Beschwerdelegitimation begründende Verletzung eigener subjektivöffentlicher Rechte geltend.

7. Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 6. September 2005

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005030026.X00

Im RIS seit

05.10.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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