TE OGH 1987/3/10 2Ob597/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** & Co, Bankaktiengesellschaft, Wien 1., Renngasse 1-3, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Josef S***, Stahlbauschlosser, Ferndorf, Politzen 2, vertreten durch Dr. Paul Meyer, Rechtsanwalt in Villach, wegen Feststellung einer Dienstbarkeit und Einverleibung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 6. Februar 1986, GZ 4 R 11, 17/86-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 15. Oktober 1985, GZ 20 Cg 205/85-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat dem Beklagten die mit 14.739,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.339,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei erhob das Begehren, 1.) festzustellen, daß zugunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstückes Nr. 160 der EZ 584 KG Ferndorf, Gerichtsbezirk Villach, die Dienstbarkeit des Wegerechtes an der Liegenschaft EZ 19 KG Ferndorf als dem dienenden Gut derart bestehe, daß die jeweiligen Dienstbarkeitsberechtigten berechtigt seien, über den bereits in natura zwischen dem herrschenden Grundstück und dem zur dienenden Liegenschaft gehörenden Grundstück Nr. 147/2 bestehenden, an den auf den Liegenschaften vorhandenen Gebäuden vorbeiführenden Weg zur öffentlichen Straße Wegparzelle Nr. 1398 zu gehen, mit Fahrzeugen aller Art zu fahren, zu reiten usw; 2.) den Beklagten schuldig zu erkennen, in die grundbücherliche Einverleibung der zu 1.) genannten Dienstbarkeit einzuwilligen.

Zur Begründung brachte die klagende Partei vor, sie sei zufolge rechtskräftigen Zuschlages im Zwangsversteigerungsverfahren 14 E 137/83 des Bezirksgerichtes Villach vom 18.Oktober 1984 außerbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 584 KG Ferndorf mit dem Grundstück Nr. 160 und habe alle Versteigerungsbedingungen erfüllt. Der Beklagte sei zufolge rechtskräftigen Zuschlages vom 31. Jänner 1985 im selben Exekutionsverfahren außerbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ 19 KG Ferndorf mit den Grundstücken Nr. 10 und 147/2. Letzteres Grundstück umschließe als Wiese zur Gänze die Liegenschaft der klagenden Partei, sodaß der Zugang hiezu von der öffentlichen Straße nur durch Benützung der in natura bestehenden vorgenannten, an den Gebäuden der klagenden Partei und des Beklagten vorbeiführenden Weganlage möglich sei. Diese Wegbenützung sei auch bereits vom Rechtsvorgänger des Beklagten, seinem Bruder Matthias S***, vorgenommen worden und habe der Beklagte zumindest vor dem Versteigerungstermin hievon gewußt. In dem der Versteigerung zugrundeliegenden Schätzungsgutachten vom 7. November 1983 habe der Sachverständige demgemäß auch ausgeführt "Die Liegenschaft (EZ 584) ist aufgeschlossen, besitzt Zufahrt von der öffentlichen Straße durch den Hofbereich der EZ 19 KG Ferndorf (kein verbüchertes Geh- und Fahrrecht)." Somit bestehe eine offenkundige Servitut, welche bislang deswegen nicht verbüchert worden sei, weil bis zur Versteigerung beide Liegenschaften im Alleineigentum des Matthias S*** gestanden seien. Durch das Auseinanderfallen des Eigentums sei es zu einer stillschweigenden Dienstbarkeitsbestellung hinsichtlich der offenkundig der EZ 584 KG Ferndorf dienenden, auf dem Grundstück Nr. 147/2 der Liegenschaft EZ 19 KG Ferndorf vorhandenen Weganlage gekommen. Die Unterfertigung eines zwischen den Streitteilen abzuschließenden Servitutsbestellungsvertrages habe der Beklagte letztlich verweigert und hinsichtlich einer Wegbenützung mit Besitzstörungsklage gedroht. Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Auf dem Grundstück Nr. 160 der EZ 584 KG Ferndorf befinde sich ein vom Voreigentümer errichtetes zweigeschoßiges Einfamilienhaus. Ein Weg zu diesem Haus über das Grundstück 147/2 KG Ferndorf sei in der Natur nicht vorhanden. Der Bereich zwischen Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude stelle einen Hof dar. Bei Errichtung des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 160 KG Ferndorf sei an die Benützung "dieses Areals" nicht gedacht worden, eine offenkundige Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes liege nicht vor. Der Zugang zum Grundstück Nr. 160 sei über einen anderen Weg erfolgt. Eine Dienstbarkeit in der von der klagenden Partei geforderten Form würde eine erhebliche Belastung der Bewirtschaftung des Grundstückes 147/2 nach sich ziehen, was dem Grundsatz des § 484 ABGB widerspreche. Hinsichtlich des beanspruchten Umfanges der Dienstbarkeit werde auch teilweise tatsächliche Unmöglichkeit eingewendet. Im übrigen habe die klagende Partei die Einleitung eines Notwegeverfahrens angekündigt und damit das Fehlen eines Titels für eine Dienstbarkeit zugegeben. Die klagende Partei brachte in der mündlichen Verhandlung ergänzend vor, der Antrag auf Einräumung eines Notweges sei vom Gericht zurückgewiesen worden.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil in eine Klagsabweisung ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die klagende Partei eine auf § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Das Erstgericht legte seinem Urteilsspruch folgenden Sachverhalt zugrunde: Matthias S***, der Bruder des Beklagten, hat die Liegenschaft EZ 19 KG Ferndorf im Jahre 1975 durch Übergabsvertrag von seinem Vater erworben. In den Jahren 1978/79 begann er auf dem Grundstück Nr. 160 mit dem Bau des Hauses Politzen Nr. 35. Im Jahr 1980 ließ er durch Abschreibung von der EZ 19 KG Ferndorf für das Grundstück Nr. 160 die neue Einlage EZ 584 KG Ferndorf eröffnen, weil er mit dem zum Hausbau erforderlichen Kredit nicht die gesamte Liegenschaft belasten wollte. Anläßlich des Hausbaues wurde das Baumaterial teilweise von der öffentlichen Straße mittels Krans auf das Grundstück Nr. 160 befördert, teilweise fuhr er hiemit über die Wiese oder über einen südöstlich des Wirtschaftsgebäudes gelegenen Weg. Während des Baues fuhr er sodann "mit allen Fuhren über den Grund, der nunmehr dem Beklagten gehört". Auf diesem streitgegenständlichen Weg über das Grundstück 147/2 fuhren auch LKWs mit Schotter und Sand zur Baustelle des Hauses. In der Folge wurde dieser Weg teilweise asphaltiert und teilweise gepflastert und in dieser Ausstattung zum Gehen und Fahren für alle Bedürfnisse des neu errichteten Einfamilienhauses benützt. Im Jahre 1984 wurden die beiden Liegenschaften versteigert. Die Erteilung des Zuschlages an die klagende Partei hinsichtlich der Liegenschaft EZ 584 KG Ferndorf wurde am 18.Oktober 1984 angemerkt, der am 31.Jänner 1985 erteilte Zuschlag hinsichtlich der Liegenschaft EZ 19 KG Ferndorf an den Beklagten wurde am 20.Februar 1985 rechtskräftig. Die Streitteile sind somit außerbücherlicher Eigentümer der jeweils zugeschlagenen Liegenschaft. Der Beklagte, der seit 1979 in Salzburg wohnhaft ist und jährlich etwa einen Monat insgesamt zu Hause verbrachte, hatte keine Kenntnis davon, daß im Schätzungsgutachten des Zwangsversteigerungsaktes hinsichtlich der Liegenschaft EZ 584 eine Verbindung mit dem öffentlichen Weg angegeben war. Er vertritt die Ansicht, die klagende Partei solle sich durch Aufschütten des alten, früher südöstlich des Wirtschaftsgebäudes vorhandenen Weges eine Verbindung zum öffentlichen Weg schaffen. Der streitgegenständliche Weg stellt die einzige Verbindung der EZ 584 zum öffentlichen Weg dar, dessen Benützung zur Erreichung des neu erbauten Hauses war dem Beklagten bekannt.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, durch das Auseinanderfallen des Eigentums sei eine stillschweigende Begründung einer Wegservitut zugunsten der EZ 584 KG Ferndorf eingetreten. Eine solche Servitut entstehe auch ohne Verbücherung, wenn eine Liegenschaft der anderen offenkundig diene. Wegen dieser Offenkundigkeit könne sich der Beklagte nicht auf einen gutgläubigen Erwerb durch Zuschlag berufen, vielmehr habe er die Liegenschaft samt Wegdienstbarkeit erworben.

Das Berufungsgericht traf nachfolgende ergänzende Feststellungen: "Sowohl der Zuschlag der angeblich dienenden Liegenschaft EZ 19 an den Beklagten wie der angeblich herrschenden Liegenschaft EZ 584 an die klagende Partei erfolgte am 18.Oktober 1984. Die dem Zuschlag an den Beklagten zugrundeliegenden, von der klagenden Partei als betreibender Gläubigerin vorgelegten Versteigerungsbedingungen beinhalten die nun begehrte Dienstbarkeit nicht. Diese oder auch nur das Bestehen eines Zufahrtsweges zur EZ 584 über die EZ 19 werden in den Bedingungen nicht erwähnt, insbesondere wird nicht bedingt, daß der Ersteher der EZ 9 eine mit dem Zuschlag an ihn auf diesem Zufahrtsweg allenfalls entstehende Dienstbarkeit übernehmen müsse. Dies, obwohl die Ausbietung nach einzelnen Grundbuchskörpern vorgesehen wurde und damit gerechnet werden mußte, daß die Eigentümeridentität hinsichtlich der EZ 19 und 584 aufgehoben werden würde. Das für die Liegenschaft EZ 19 erzielte Meistbot reicht zur Befriedigung des die Versteigerung betreibenden Pfandgläubigers nicht hin."

Den solcherart erweiterten Sachverhalt beurteilte das Berufungsgericht rechtlich wie folgt: Der Eigentumserwerb des Erstehers durch Zuschlag im Exekutionsverfahren vollziehe sich auf der Grundlage der Versteigerungsbedingungen. Nicht verbücherte Dienstbarkeiten blieben gegenüber dem Ersteher wirkungslos. Der Ersteher übernehme nicht das belastete Eigentum des Verpflichteten, sondern nur die ihm in den Versteigerungsbedingungen auferlegten Lasten. Nur diese Bedingungen seien für den Lastenübergang maßgebend, dies auch, wenn dem Ersteher der gute Glaube fehlen sollte (SZ 50/61 und 50/120). Die gegenteilige ältere Rechtsprechung (GlU 14.427, GlUNF 7.483, SZ 36/92) sei aufgegeben worden. Das Berufungsgericht schließe sich der jüngeren, überzeugend begründeten Rechtsprechung an. Der Eigentumserwerb durch Zuschlag sei mit dem Eigentumserwerb durch ein Verfügungsgeschäft des bisherigen Eigentümers nicht vergleichbar, weil es im letzteren Fall die Verfügungsmacht des bisherigen Eigentümers rechtfertige, im freiwilligen Übertragungsakt zumindest bei Gutgläubigkeit des Erwerbers des bisher faktisch herrschenden Grundstücks die Mitbegründung einer Dienstbarkeit ebenso anzunehmen wie bei Schlechtgläubigkeit des Erwerbers des bisher faktisch dienenden Grundstückes (Offenkundigkeit des Dienens). Die dazu ergangene Rechtsprechung (SZ 9/137, 34/128, ZBl. 1920/178) berühre aber nicht den Fall des Erwerbs durch Zuschlag. Hier bestehe keine Verfügungsmacht des bisherigen Eigentümers. Der Bieter im Versteigerungsverfahren stehe keinem Vertragspartner gegenüber, dem er bestimmte vertragliche Nebenpflichten (etwa Aufmerksamkeit hinsichtlich offenkundiger Anlagen) schulde und von dem er die Erfüllung anderer vertraglicher Nebenpflichten (etwa Aufklärung über wenn auch offenkundige Anlagen) erwarten könne. Der Bieter müsse sich darauf verlassen können, daß die durch Gerichtsbeschluß wahrscheinlich sogar gegen den Willen des Verpflichteten festgelegten Eigentumserwerbsbedingungen vollständig seien und die Auswirkungen der Aufhebung der Eigentümeridentität zu benachbarten Grundstücken in ausreichender Weise berücksichtigten. Ein Ersteher könne daher mit einer einzigen gesetzlichen Ausnahme, nämlich dem Fehlen des Eigentums des Verpflichteten (§ 170 Z 5 EO), nicht schlechtgläubig erwerben, weil selbst Offenkundigkeit des Dienens der zu ersteigernden Liegenschaft nicht ausschließe, daß für den Fall des Auseinanderfallens der Eigentümerschaft in anderer Weise vorgesorgt sei. Sich über diese andere Versorgung zu erkundigen, könne dem Bieter aber als zu weitgehende Anforderung nicht mehr zugemutet werden. Selbst wenn dieser streng exekutionsrechtlichen Betrachtungsweise nicht gefolgt würde, bliebe die Klage vorliegendenfalls aber erfolglos, weil die Dienstbarkeit erst durch den Zuschlag des dienenden Gutes an den Beklagten entstanden sein könnte, mit diesem Rang aber im Meistbot wegen dessen Erschöpfung durch vorrangige Pfandforderungen keine Deckung mehr gefunden hätte. Die von der klagenden Partei behaupteten Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In ihrer Rechtsrüge führt die klagende Partei aus, in den Versteigerungsbedingungen hätte die Übernahme einer Dienstbarkeit gar nicht vorgesehen sein können, weil eine solche nicht bestanden habe. Demgemäß sei der Hinweis des Berufungsgerichtes auf die Entscheidungen SZ 50/61 und SZ 50/120 verfehlt. Die erstgenannte Entscheidung sei für den vorliegenden Fall nicht repräsentativ. Die Verpflichtung zur Übernahme "öffentlich-rechtlicher Dienstbarkeiten", welche "offenkundig" seien, könne nicht nach § 150 EO behandelt werden, da hier ein Geldausgleich unmöglich sei. Auch aus der Entscheidung SZ 50/120 könne für den vorliegenden Fall nichts gewonnen werden, weil dort die Frage der Übernahme einer ersessenen, nicht verbücherten Servitut entschieden worden sei. Der Oberste Gerichtshof habe zwar ausgesprochen, daß beim Erwerb einer Liegenschaft im Wege der Zwangsversteigerung nicht verbücherte Dienstbarkeiten gegenüber dem Ersteher wirkungslos blieben, wenn sie nicht bis zur Versteigerung gegen den Verpflichteten mit der Klage zur Geltendmachung der Dienstbarkeit durchgesetzt und exekutiv oder durch eine freiwillig ausgestellte Erklärung des Verpflichteten verbüchert worden seien, weil sich nur auf diese Weise der Berechtigte die im § 150 EO vorgesehenen Rechte erhalten könne. Es bliebe aber die Frage offen, was mit einer "durch Ablauf der Ersitzungszeit zwischen dem Tage der Vorlage der Versteigerungsbedingungen und dem Termin durch Ersitzung erworbenen Dienstbarkeit" zu geschehen habe. Davon abgesehen sei der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung EvBl 1985/174 nunmehr der Meinung, daß "der Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren nicht verbücherte, jedoch offenkundige Dienstbarkeiten jedenfalls nur nach Maßgabe ihres durch den Begründungsakt geschaffenen Ranges ohne oder in Anrechnung auf das Meistbot (§ 150 Abs 1 EO) zu übernehmen hat". Lediglich in der Entscheidung SZ 56/105 habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß eine Klage auch dann erfolglos bleiben müsse, wenn "die Dienstbarkeit zwar inzwischen durch den Zuschlag des dienenden Gutes an den Beklagten entstanden sein könnte, mit diesem Range aber im Meistbot wegen dessen Erschöpfung durch vorangehende Pfandrechtsforderungen keine Deckung mehr gefunden hätte". Dabei werde aber übersehen, daß die Dienstbarkeit vorliegendenfalls ja durch die Trennung neu entstehe, also nicht übernommen werde, während die Vorlasten durch den Zuschlag erlöschten. Es wäre undenkbar, daß eine durch den Zuschlag entstehende Dienstbarkeit wegen der das Meistbot übersteigenden Vorlasten gleichzeitig wieder untergehe, also nur dann Bestand haben könnte, wenn eine Hyperocha verbleibe. Der Ersteher der von der Dienstbarkeit befreiten Liegenschaft bekomme dann für die Einräumung eines Notweges eine Entschädigung und sei dadurch begünstigt. Vorliegendenfalls könne sich der Beklagte als Ersteher und Bruder des Verpflichteten auch nicht auf guten Glauben berufen.

Diesen Ausführungen kann insgesamt nicht gefolgt werden. In der auch vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 1 Ob 611/85 = EvBl 1985/174 hat der Oberste Gerichtshof zuletzt unter ausführlicher Darstellung der Lehrmeinungen und der einschlägigen, zunächst nicht einheitlichen Rechtsprechung und unter Hinweis auf die Entscheidung SZ 56/105, welcher ebenfalls ein Auseinanderfallen des bislang gleichen Eigentums an verschiedenen Erstehern zugeschlagenen Liegenschaften zugrundelagen, zusammenfassend die herrschende Ansicht wiederholt, daß der Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren nicht verbücherte, aber offenkundige Dienstbarkeiten nur nach Maßgabe ihres durch den Begründungsakt geschaffenen Ranges zu übernehmen hat, weil es nach übereinstimmender Rechtsauffassung einen Wertungswiderspruch darstellte, würden nicht verbücherte dingliche Rechte im Zwangsversteigerungsverfahren bessergestellt werden als verbücherte. Eine Geltendmachung nichtverbücherter, offenkundiger Dienstbarkeiten müsse daher entweder dem betreibenden Gläubiger oder einem in noch besserem Rang befindlichen Pfandgläubiger vorgehen oder jedenfalls im Meistbot Deckung finden. Die Entscheidung SZ 56/105 halte es trotz ihrer deutlichen Einschränkung auf ersessene Servituten aber auch noch für denkbar, daß Dienstbarkeiten, die durch das Auseinanderfallen des bisher gleichen Eigentums am herrschenden und am dienenden Gut entstanden seien, in diesem Range berücksichtigt würden.

In ihrer Revision vermag die klagende Partei keinerlei erhebliche Argumente gegen die Richtigkeit der dargestellten Rechtsauffassung vorzubringen, sondern beschränkt sich darauf, die Anwendbarkeit der angeführten Judikatur auf den vorliegenden Fall in Zweifel zu ziehen. Weder der Hinweis auf baurechtliche Bestimmungen noch auf eine "noch vor dem Versteigerungstermin" erworbene Dienstbarkeit ist geeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen; die klagende Partei geht im übrigen selbst in der Klage und in der Revision stets davon aus, daß die Dienstbarkeit vorliegendenfalls erst durch das Auseinanderfallen des Eigentums an den beiden Liegenschaften neu entstanden ist.

Wie in der Entscheidung SZ 56/105 ausgeführt wurde, kann eine erst durch das Auseinanderfallen des bisher gleichen Eigentums an zwei Liegenschaften entstehende Dienstbarkeit nur in diesem Range berücksichtigt werden. Aus dem Zwangsversteigerungsakt ergibt sich nach den ergänzenden berufungsgerichtlichen Feststellungen vorliegendenfalls aber, daß das Meistbot zur Befriedigung des die Zwangsversteigerung betreibenden Pfandgläubigers nicht hinreichte. Somit hat der Beklagte als Ersteher die von der klagenden Partei behauptete, in den Versteigerungsbedingungen nicht angeführte Dienstbarkeit eines Geh- und Fahrrechtes auf der Liegenschaft EZ 147/2 KG Ferndorf nicht zu übernehmen.

Der Revision war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10304

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00597.86.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19870310_OGH0002_0020OB00597_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten