TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/6 2005/03/0059

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Veröffentlicht am 06.09.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §56 Abs1;
WaffG 1996 §56;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des G S in V, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher und Dr. Renate Erlacher-Philadelphy, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Marktgraben 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 18. Juni 2002, Zl Wa 4618-15/02, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. April 2002 entzog die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 in Verbindung mit § 8 Abs 1 Z 3 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), die ihm ausgestellten waffenrechtlichen Urkunden (Waffenbesitzkarte und Waffenpass). Dem lag im Wesentlichen zugrunde, dass bei einer am 19. November 2001 durchgeführten Hausdurchsuchung unter anderem folgende Waffen und Munition im Besitz des A S, gegen den ein rechtskräftiges Waffenverbot bestehe, vorgefunden worden seien: Pistolen der Marken Walther CP 99, Walther PPK und Walther CP 88 (jeweils CO2-Waffen), eine Pistole der Marke Röhm (Luftdruckwaffe), ein Revolver der Marke Smith & Wesson (CO2-Waffe) sowie ca 7.000 Stück Luftdruckmunition, zwei Stück StG-Patronen und 11 Stück Projektile verschiedenen Kalibers. Bei einer Befragung des A S habe sich herausgestellt, dass er diese Waffen "bei der Firma T sowie bei der Firma D in V" erworben habe. Bei einer weiteren Einvernahme dieses Zeugen am 3. April 2002 habe dieser angegeben, die CO2-Pistole der Marke Walther CP 99 im Jahr 1999 oder 2000 "bei der Firma D in V" erworben zu haben. Nach dem Konkurs dieses Unternehmens sei es "von der Firma T" übernommen worden; der "Besitzer der neuen Firma", der Beschwerdeführer, habe ihm 2001 in zeitlich verschiedenen Abständen zwei CO2-Waffen sowie eine Luftdruckpistole verkauft. Allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer "als Angestellter und verantwortliche Person" für den Verkauf von Waffen in einem Geschäft einer Person, welche nicht zum Besitz einer Waffe berechtigt sei, zahlreiche Waffen verkauft habe, rechtfertige die Annahme, dass der Beschwerdeführer auch in Hinkunft Waffen an Personen überlassen könnte, die zu deren Besitz nicht berechtigt seien. Dazu komme, dass dem Beschwerdeführer die beantragte Erteilung einer Gewerbeberechtigung zum Handel mit nichtmilitärischen Waffen von der Gewerbebehörde unter anderem verweigert worden sei, weil ihm in den Jahren 1989, 1993 und 1996 die Lenkberechtigung jeweils wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Lenkens von Fahrzeugen in alkoholisiertem Zustand entzogen worden sei.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den angeführten Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs 4 AVG ab. Gemäß § 45 WaffG sei auch auf die in dieser Bestimmung genannten "mindergefährlichen Waffen" § 56 WaffG anzuwenden, weshalb die Verpflichtung "des befugten (Waffen-) Gewerbetreibenden bzw dessen Mitarbeiters (Verkäufers)", unverzüglich bei der zuständigen Behörde anzufragen, ob gegen den Erwerber ein Waffenverbot erlassen worden sei, auch im Fall des - hier gegenständlichen - Verkaufs von Druckluft- und CO2-Waffen gelte. Der "dreimalige Waffenverkauf an den mit einem behördlichen Waffenverbot belegten A S im Jahr 2001 ist daher eine (vom Beschwerdeführer) zu verantwortende Tatsache im Sinn des § 8 Abs 1 Z 3 WaffG". Der Beschwerdeführer sei daher nicht mehr verlässlich, weshalb die waffenrechtlichen Urkunden gemäß § 25 Abs 3 WaffG entzogen werden müssten. Auf die von der erstinstanzlichen Behörde überdies relevierten Grundlagen des für den Beschwerdeführer "negativen Gewerberechtsverfahrens" komme es dabei nicht mehr an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich aus Anlass einer Überprüfung der Verlässlichkeit gemäß § 25 Abs 1 oder 2 WaffG ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Verlässlich ist ein Mensch gemäß § 8 Abs 1 Z 3 WaffG unter anderem nur dann, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen Menschen überlassen werde, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.

Die belangte Behörde hat die von ihr angenommene fehlende Verlässlichkeit des Beschwerdeführers lediglich darauf gestützt, dass dieser im Jahr 2001 an A S, gegen den ein Waffenverbot bestanden habe, dreimal Waffen verkauft habe. Die Verpflichtung gemäß § 56 WaffG bestehe gemäß § 45 WaffG auch hinsichtlich der gegenständlichen "mindergefährlichen" Waffen und treffe auch den Mitarbeiter des befugten Gewerbetreibenden.

Damit ist die belangte Behörde nicht im Recht:

§ 56 WaffG lautet:

"Information über das Verbot Waffen zu überlassen

§ 56. (1) Nach Abschluß des für den Erwerb einer meldepflichtigen oder sonstigen Schußwaffe maßgeblichen Rechtsgeschäftes, für das die Wartepflicht des § 34 Abs. 2 gilt, hat der zum Handel damit berechtigte Gewerbetreibende unverzüglich bei der nach dem Ort der Betriebsstätte zuständigen Behörde unter Angabe der Namen, des Geschlechts, Geburtsdatums sowie des Geburtsortes des Erwerbers anzufragen, ob gegen diesen ein Waffenverbot erlassen worden ist. Wenn dies der Fall ist, hat die Behörde dies dem Gewerbetreibenden innerhalb der in § 34 Abs. 2 genannten Frist mitzuteilen; das bezughabende Rechtsgeschäft wird damit nichtig.

(2) Anfragen gemäß Abs. 1 können auch bei einer dem Gewerbetreibenden von der Behörde bekanntgegebenen Sicherheitsdienststelle ihres Sprengels eingebracht werden.

(3) Kann die Behörde, ohne Kenntnis des Grunddatensatzes des Betroffenen, auf Grund einer Anfrage gemäß Abs. 1 nicht klären, ob ein Waffenverbot besteht, hat sie dies dem Gewerbetreibenden mitzuteilen. Diesfalls verlängert sich die Frist des § 34 Abs. 2 bis zur Zustimmung zur Überlassung durch die Behörde.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat der Gewerbetreibende den Betroffenen aufzufordern, entweder ihm - zur Weiterleitung an die Behörde - oder der Behörde selbst, den ihn betreffenden Grunddatensatz bekannt zu geben. Kommt der Betroffene dieser Aufforderung nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab der Aufforderung nach, tritt die Rechtsfolge des Abs. 1 letzter Satz ein.

(5) Die Behörde darf personenbezogene Daten aus Anfragen gemäß Abs. 1 nur nach dem Datum geordnet aufbewahren. Sie hat diese Unterlagen drei Jahre nach der Anfrage zu vernichten. Dies gilt auch, wenn die Behörde die Aufzeichnungen automationsunterstützt verarbeitet, wobei die Speicherung der Aufbewahrung und die Vernichtung der Löschung gleichzuhalten ist."

Diese Bestimmung richtet sich also ausschließlich an zum Handel mit den in Abs 1 angeführten Schusswaffen berechtigte Gewerbetreibende. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung bestritten, "Besitzer der Firma T" zu sein, er sei "lediglich ein freier Mitarbeiter". Die belangte Behörde, die rechtsirrtümlich davon ausging, die Verpflichtung des § 56 WaffG treffe auch den "Mitarbeiter (Verkäufer)", hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Beschwerdeführer bei Verkauf der drei Schusswaffen im Jahr 2001 an S der "berechtigte Gewerbetreibende" im Sinne des § 56 WaffG war. Die Aktenlage bietet für eine derartige Annahme keine Grundlage, zumal (abgesehen vom Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers) im Akt ein Gewerbeschein der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23. Mai 2001 über eine Gewerbeberechtigung des E O zum "Handel mit nichtmilitärischen Waffen und nichtmilitärischer Munition gem. § 178 Abs. 1 Ziffer 1 lit b GewO 1994" am Standort V (der Geschäftsanschrift der "T") liegt, an den - ausgehend vom Schreiben des Masseverwalters im Konkurs der D GesmbH, Rechtsanwalt Dr. Klaus Gürtler, vom 25. Mai 2001 - die Aktiva und Passiva des gemeinschuldnerischen Unternehmens "in Pausch und Bogen" veräußert worden seien. Darüber hinaus soll der Beschwerdeführer nach Mitteilung der belangten Behörde vom 4. März 2005 "mit Berufungserkenntnis des UVS Tirol vom 25.01.2005, Zl. uvs-2004/22/153-9, wegen unbefugter Ausübung des Gewerbes 'Handel mit nichtmilitärischen Waffen und nichtmilitärischer Munition' im Zeitraum vom 23.05.2001 bis 17.06.2004 im Standort V, mit einer Geldstrafe von insgesamt EUR 2.340,-- bestraft" worden sein.

Die belangte Behörde, die die fehlende Verlässlichkeit des Beschwerdeführers nur auf die von ihr als verletzt erachtete Bestimmung des § 56 WaffG stützte, hat dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Er war schon deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003. Wien, am 6. September 2005

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005030059.X00

Im RIS seit

04.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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