TE OGH 1987/4/7 2Ob625/86

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Veröffentlicht am 07.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian K***, Geschäftsführer, 6072 Lans 166, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Martin H***, derzeit beschäftigungslos, 5020 Salzburg, Hans-Pfitzer-Straße 8, vertreten durch Dr. Dietmar Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, als Verfahrenshilfeanwalt, wegen S 105.038,55 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 9. April 1986, GZ 4 R 346/85-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11. November 1985, GZ 6 Cg 393/85-12, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.657,85 (darin S 514,35 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war Geschäftsführer der Firma ABC-Elektrohandel Gesellschaft m.b.H. (im folgenden Firma ABC genannt) mit dem Sitz in Innsbruck. Am 25.7.1984 wurde ein Antrag, über das Vermögen dieses Unternehmens das Konkursverfahren zu eröffnen, mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Die Firma wurde wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht. Dieses Unternehmen unterhielt in Innsbruck eine Filiale, die unter anderem den Vertrieb von Kachelöfen zum Gegenstand hatte. Der Kläger begehrte vom Beklagten die Bezahlung von S 105.038,55 samt 10 % Zinsen seit 1.12.1984. Er brachte dazu vor, daß der Beklagte vom Strafgericht nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB rechtskräftig verurteilt worden sei. Der Kläger habe aufgrund des Urteils des Landesgerichtes Innsbruck gegen die Firma ABC eine Forderung von S 60.000 samt 10 % Zinsen vom 9.3.1982 (bis 30.11.1984 S 16.350), an Prozeßkosten S 25.292,36 sowie an Exekutionskosten S 1.673,99, S 1.665,20 und S 57,--, insgesamt S 105.038,55. Die Firma ABC habe ihm einen Kachelofen verkauft und montiert, ohne eine entsprechende Gewerbeberechtigung zu haben. Er habe seine Forderung gegen dieses Unternehmen nicht einbringlich machen können und erleide daher einen Schaden in der Höhe des Klagsbetrages. Der Beklagte hafte ihm für diesen Schaden aus der schuldhaften Verletzung eines Schutzgesetzes. Der Kläger nehme einen Bankkredit in Anspruch, für den er 10 % Zinsen zu bezahlen habe. Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete im wesentlichen ein, daß das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Beklagten gebe. Die Zahlungsunfähigkeit der Firma ABC sei im letzten Quartal 1982 eingetreten. Der Kläger mache aber einen Anspruch aus einem Geschäftsabschluß im Jahre 1981 geltend. Es fehle für diesen Schaden ein Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der Verurteilung des Beklagten; dieser habe nicht eine Gesetzesverletzung zu verantworten, die dem Schutz der Gläubiger diene. Die Filiale der Firma ABC in Innsbruck sei selbständig geführt worden; verantwortlicher Geschäftsführer dieser Filiale sei Herr A*** gewesen, gewerberechtlich verantwortlicher Geschäftsführer Herr L***. Bei der geltend gemachten Forderung handle es sich ausschließlich um einen Gewährleistungsanspruch; der Beklagte sei aber für den Geschäftsabschluß nicht verantwortlich gewesen. Es fehlten daher die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten. Vorsichtshalber werde auch Verjährung eingewendet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Der Kläger schloß am 9.12.1981 mit der Firma ABC in Innsbruck einen Vertrag über die Errichtung eines Kachelofens ab; die Firma ABC hatte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Gewerbeberechtigung für das Hafnergewerbe; dies wußte der Kläger nicht. Die Firma ABC montierte den Kachelofen bis zum 14. oder 15.12.1981; am 16.12.1981 bezahlte der Kläger die vereinbarten S 60.000. Am 17.3.1982 klagte der Kläger die Firma ABC zu 13 Cg 483/83 des Landesgerichtes Innsbruck auf Aufhebung des Vertrages und Rückzahlung von S 60.000; diesem Begehren wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6.4.1984 stattgegeben, da dieses Gericht das Klagebegehren wegen Gewährleistung und wegen eines wesentlichen Irrtums über die Person des Vertragspartners für begründet hielt. Am 7.6.1984 führte der Kläger gegen die Firma ABC zu 5 E 5693/84 des Bezirksgerichtes Salzburg Fahrnisexekution, die mangels pfändbarer Gegenstände erfolglos blieb. Die Firma ABC erstreckte mit Gesellschaftsbeschluß vom 15.1.1982 ihren Unternehmensgegenstand auf die Ausübung des Hafnergewerbes; der Hafnermeister Johann L*** wurde zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt.

Mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 1.7.1985, 18 EHv 87/85 (18 EVr 3181/84), wurde der Beklagte wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Monaten, bedingt auf 3 Jahre, verurteilt, weil er als Geschäftsführer der Firma ABC, 1.) in der Zeit vom 10.6.1977 bis Ende 1982 fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt habe, indem er den Geschäftsbetrieb von Anbeginn an mit Fremdkapital eröffnet, unverhältnismäßig Kredit benützt und in der Folge gewagte Geschäfte getätigt habe, und 2.) in der Zeit von Ende 1982 bis 28.5.1984 in Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung der Gläubiger dadurch vereitelt habe, daß er neue Verbindlichkeiten eingegangen ist, Schulden bezahlt und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht rechtzeitig beantragt habe.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Verurteilung des Beklagten nach § 159 StGB und dem Schaden des Klägers fehle, da dieser Schaden keine typische Folge der im StGB beschriebenen Tathandlung sei; es handle sich um einen Rückabwicklungsanspruch aus dem Titel der Gewährleistung bzw. der Irrtumsanfechtung. Der Beklagte sei auch nie Vertragspartner des Klägers gewesen; er hafte auch nicht, wenn dadurch, daß der Firma ABC die Gewerbeberechtigung für den Vertrieb von Kachelöfen gefehlt habe, eine Schutznorm verletzt worden sei.

Infolge Berufung änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes teilweise dahin ab, daß dem Kläger S 105.038,55 s. A. zugesprochen und lediglich ein Zinsenmehrbegehren abgewiesen wurde; es sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, gelangte aber zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Nach der Rechtsprechung könnten die Gläubiger einer Gesellschaft m.b.H., die für ihre Forderungen im Vermögen der Gesellschaft keine oder keine ausreichende Deckung gefunden haben, den Geschäftsführer der Gesellschaft nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen auf Ersatz ihres Schadens in Anspruch nehmen, den ihnen der Geschäftsführer durch schuldhafte Verletzung eines gerade oder auch zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger erlassenen Gesetzes zugefügt habe. Als solche Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB kämen die beiden Deliktstatbestände des § 159 StGB in Betracht, und zwar sowohl zugunsten der Altgläubiger, deren Forderungen vor der Konkursreife der Gesellschaft entstanden sind, als auch zugunsten der Neugläubiger, die erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit infolge der Fortführung des Geschäftsbetriebes zu Gläubigern wurden. Nach ständiger Rechtsprechung sei zumindest § 159 Abs 1 Z 2 StGB eine Schutznorm zugunsten der Gläubiger; § 159 Abs 1 Z 1 StGB sei bisher von der Rechtsprechung nicht behandelt worden. Im gegenständlichen Fall stehe die strafrechtliche Verurteilung des Beklagten nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB fest, also auch die Übertretung einer Schutznorm zugunsten der Gesellschaftsgläubiger durch den Beklagten. Es bestehe daher auch ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der schuldhaften und rechtswidrigen Handlung des Beklagten (fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit) und dem Schaden des Klägers durch die Nichtbezahlung seiner Forderungen durch die Gesellschaft. Der Beklagte hätte also behaupten und beweisen müssen, daß der Schaden des Klägers auch im Falle eines vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre. Dieser Beweis sei dem Beklagten jedenfalls nicht gelungen. Bei der fahrlässigen Krida gemäß § 159 Abs 1 Z 1 StGB hafte der Geschäftsführer sowohl den Altgläubigern als auch den Neugläubigern - auch bei leichter Fahrlässigkeit - für deren Erfüllungsinteresse; der Schadenersatzanspruch bestehe daher in der vollen Höhe der nichtbezahlten Forderung gegen die Gesellschaft. Die Höhe des Schadens des Klägers durch die rechtswidrige und schuldhafte Handlung des Beklagten ergebe sich schon dadurch, daß die Firma ABC mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6.4.1984 verurteilt worden sei, dem Kläger S 60.000 samt 10 % Zinsen seit 9.3.1982 und die mit S 25.292,36 bestimmten Prozeßkosten zu bezahlen; der Kläger habe auch beim Bezirksgericht Salzburg gegen die Firma ABC zur Hereinbringung dieser Forderungen erfolglos Fahrnisexekution geführt; dabei seien die Exekutionskosten mit S 1.673,99, S 1.665,20 und S 57,-- bestimmt worden. Diese Forderungen des Klägers seien, wie sich aus der erfolglosen Exekutionsführung und der Abweisung eines Konkurseröffnungsantrages mangels eines kostendeckenden Vermögens ergebe, dem Kläger nicht bezahlt worden. In den angeführten Beträgen an Kapital, Zinsen (vom 9.3.1982 bis 30.11.1984 S 16.350), Prozeßkosten und Exekutionskosten liege auch der Schaden des Klägers, da ihm ohne die fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit überhaupt kein Schaden entstanden wäre; er hätte dann seine Forderungen einschließlich der Zinsen und Kosten bei der Firma ABC einbringlich machen können, oder es wären ihm Zinsen und Kosten im Falle einer Bezahlung überhaupt nicht entstanden. Der Beklagte habe daher dem Kläger den Ausfall der vollen Forderungen gegen die Firma ABC zu ersetzen. Der Verjährungseinwand sei nicht berechtigt.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), jedoch nicht berechtigt.

Der Beklagte führte in seinem Rechtsmittel aus, das gegenständliche Geschäft sei nicht vom Beklagten, sondern von der Zweigstelle der Firma ABC am 9.12.1981 abgeschlossen worden. Das rechtswidrige Verhalten des Beklagten habe sich nicht unmittelbar gegen den Kläger gerichtet, der Vertrag sei am 9.12.1981 abgeschlossen worden, somit zu einem Zeitpunkt, als eine Zahlungsunfähigkeit der GmbH noch nicht vorgelegen sei. Bei Rechtskraft des Urteils, mit dem der Anfechtung des Rechtsgeschäftes wegen Gewährleistung und Irreführung Folge gegeben worden und der Anspruch des Klägers entstanden sei, nämlich am 6.4.1984, sei die GmbH bereits zahlungsunfähig gewesen und es seien bereits Konkursanträge gestellt worden. Zutreffend habe daher das Erstgericht den Schadenseintritt nicht als typische Folge des Verhaltens des Beklagten als Geschäftsführers der GmbH beurteilt. Der Beklagte sei auch nie direkt Vertragspartner des Klägers gewesen, der Geschäftsführer der GmbH könne wegen Verletzung von Vertragspflichten durch die Gesellschaft nicht persönlich in Anspruch genommen werden. Das rechtswidrige Verhalten des Beklagten habe sich nicht unmittelbar gegen den Kläger gerichtet. Im vorliegenden Fall sei der Vertrag vom 9.12.1981 zunächst durch Lieferung und Montage des Kachelofens erfüllt worden. Die Verurteilung des Beklagten im Sinne des § 159 Abs 1 Z 1 StGB für die Zeit vom 10.6.1977 bis Ende 1982 ahnde jedoch kein Verhalten des Beklagten, welches den Schadenseintritt als typische Folge wahrscheinlich erscheinen lasse. Im gegenständlichen Fall handle es sich ja um einen Rückabwicklungsanspruch aus dem Titel der Gewährleistung bzw. eine Irrtumsanfechtung, sodaß aus diesem Grund jedenfalls ein Rechtswidrigkeitszusammenhang nicht vorliege. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Es entspricht nunmehr ständiger Rechtsprechung (SZ 42/104; GesRZ 1976, 99; SZ 50/75; GesRZ 1979, 36; EvBl 1980/4; GesRZ 1981, 111 u.a.), daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der fahrlässige Krida, somit einen strafrechtlich verfolgbaren Angriff gegen Rechte eines Dritten zu verantworten hat, dem Gläubiger nach Deliktsgrundsätzen für den Schaden haftet, der durch sein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten verursacht wurde. Diese Rechtsprechung hat auch im wesentlichen im Schrifttum Zustimmung gefunden (Kastner, Grundriß 4 , 300; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 3 II 421 und 457, 311; Schuppich in GesRZ 1972, 32 f; P.Doralt in JBl 1972, 125 f und in GesRZ 1982, 88 ff, Ostheim in JBl 1972, 143, Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 139 f). Begründet wird diese Rechtsprechung im wesentlichen damit, daß es sich bei den strafgesetzlichen Vorschriften bezüglich der fahrlässigen Krida um Schutzvorschriften im Sinne des § 1311 ABGB zugunsten der Gläubiger der Gesellschaft handelt, deren Übertretung die persönliche Haftung des Geschäftsführers bewirkt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß § 159 Abs 1 Z 2 StGB eine Schutznorm zugunsten der Gläubiger darstellt (vgl. SZ 53/53; NotZ 1986, 17 u.a.). In der nicht veröffentlichten E. 8 Ob 515/83 wurde dies ausdrücklich auch bezüglich der Bestimmung des § 486 Z 1 StG, die inhaltlich der Bestimmung des § 159 Abs 1 Z 1 StGB entspricht, ausgesprochen. Der erkennende Senat folgt daher der auch in der Lehre (vgl. Reich-Rohrwig a.a.O., 142, P.Doralt in GesRZ 1982, 92 f) vertretenen Auffassung, daß beide Tatbestände des § 159 Abs 1 StGB Schutzgesetze im Sinn des § 1311 ABGB zugunsten der Gläubiger der Gesellschaft darstellen und daß deren Übertretung grundsätzlich die persönliche Haftung des Geschäftsführers bewirkt.

Im vorliegenden Fall steht infolge der im § 268 ZPO normierten Bindungswirkung des gegen den Beklagten ergangenen rechtskräftigen Straferkenntnisses für das Zivilgericht bindend fest, daß der Beklagte die Bestimmungen des § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB übertreten hat, weil er als Geschäftsführer der Firma ABC 1.) in der Zeit vom 10.6.1977 bis Ende 1982 fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt hat, indem er den Geschäftsbetrieb von Anbeginn an mit Fremdkapital eröffnet, unverhältnismäßig Kredit benützt und in der Folge gewagte Geschäfte getätigt hat, und 2.) in der Zeit von Ende 1982 bis 28.5.1984 in Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung der Gläubiger dadurch vereitelt hat, daß er neue Verbindlichkeiten eingegangen ist, Schulden bezahlt und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht rechtzeitig beantragt hat. Der Kläger nimmt den Beklagten aber nicht wegen seiner deliktischen Haftung als Geschäftsführer einer GmbH wegen Nichterfüllung der die Eigenart des Rechtsgeschäftes kennzeichenden primären Leistungspflicht in Anspruch, sondern wegen Nichterfüllung der sekundären Leistungspflichten in Form der Sachmängelhaftung der insolventen Verkäuferin infolge Aufhebung (Wandelung) des Kaufvertrages auf Erfüllung der anstelle der primären Leistungspflicht getretenen sekundären Leistungspflicht auf Zurückzahlung des Kaufpreises im Zuge der Rückabwicklung. Wie der Oberste Gerichtshof in der E. 5 Ob 603/84, veröffentlicht in EvBl 1986/129, ausgesprochen hat, ist die in der wirtschaftlichen Krise befindliche Gesellschaft mbH grundsätzlich nicht vom Abschluß und von der Erfüllung von Verkaufsgeschäften, die nach dem in diesem Stadium gebotenen Prinzip des Zug-um-Zug-Leistungsaustausches abgewickelt werden und bei denen keine als Vermögensverschleuderung zu qualifizierende schwere Äquivalenzstörung vorliegt, ausgeschlossen. Der aus der Nichterfüllung sekundärer Leistungspflichten, wie hier im besonderen der Zurückzahlung des Kaufpreises etwa zufolge Wandelung des Kaufvertrages wegen Sachmängeln der Ware oder erfolgreicher Anfechtung wegen Irrtums dem Käufer erwachsene Schaden fällt aber nur dann in den vom Schutzzweck des § 159 StGB (iVm § 161 StGB) erfaßten Bereich und löst die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers aus, wenn die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung dieses Risikos im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses so groß war, daß bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung unter Beachtung der gebotenen kaufmännischen Sorgfalt nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge damit gerechnet werden mußte. Anders als in dem der genannten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hat aber im vorliegenden Fall ein besonderes Risiko der Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums deshalb bestanden, weil die ABC GmbH im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Kläger gar keine Gewerbeberechtigung für das Hafnergewerbe besaß (vgl. Rummel in Rummel ABGB, Rz 2 zu § 873). Darüberhinaus wurde, wie sich aus dem Vorakt 13 Cg 483/83 des Landesgerichtes Innsbruck ergibt, der Ofen ohne Beaufsichtigung bzw. Kontrolle durch einen gewerberechtlich befugten Meister aufgestellt, sodaß der Beklagte auch mit der erheblichen Wahrscheinlichkeit des Eintrittes eines Gewährleistungsfalles rechnen mußte. Entgegen der Auffassung der Revision war daher, wie dargelegt, der dem Kläger infolge Nichteinbringlichkeit seiner rechtskräftig festgestellten Forderung auf Zurückzahlung des Kaufpreises im Zuge der Rückabwicklung des Vertrages mit der ABC GmbH samt Prozeß- und Exekutionskosten entstandene Schaden vom Schutzzweck der vom Beklagten übertretenen Vorschrift des § 159 StGB (iVm § 161 StGB) umfaßt. Da der Beklagte somit eine Schutznorm im Sinn des § 1311 ABGB übertreten hat, hätte er, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, behaupten und beweisen müssen, daß der Schaden des Klägers auch im Fall eines vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre (vgl. SZ 51/109, SZ 45/32 uva.). Dieser Beweis ist dem Beklagten jedoch nicht gelungen. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht im Ergebnis die Haftung des Beklagten für den in der Klage geltend gemachten, dem Kläger entstandenen Schaden bejaht. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10895

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00625.86.0407.000

Dokumentnummer

JJT_19870407_OGH0002_0020OB00625_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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