TE OGH 1987/4/7 5Ob39/87

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Veröffentlicht am 07.04.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Helmut H***, Redakteur, Graz, Bergmanngasse 13, vertreten durch Dr. Franz Gölles, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Ing. Karl P***, Hauseigentümer, Graz, Grazbachgasse 32, vertreten durch Dr. Werner Stauder, Rechtsanwalt in Graz, wegen Ermäßigung des Hauptmietzinses (§ 37 Abs 1 Z 8, § 44 MRG) infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 23. Dezember 1986, GZ 3 R 369/86-32, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22. August 1986, GZ 6 Msch 21/86-25, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag des Antragsgegners auf Zuspruch der Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung für die Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist Mieter einer im Erdgeschoß des dem Antragsgegner gehörenden Hauses Graz, Bergmanngasse 13, gelegenen Wohnung mit einer Nutzfläche von 89 m 2 . Ab dem 1. Oktober 1984 wurde dem Antragsteller ein monatlicher Nettohauptmietzins von 975 S (500 S an Grundmiete, 475 S an Wertsicherung) vorgeschrieben. Das vom Antragsteller gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht wies dessen Antrag auf Entscheidung,

1. daß die Wohnung der Kategorie D entspreche, 2.) daß durch eine Vorschreibung von 975 S (monatlich an Nettohauptmietzins) das gesetzlich zulässige Zinsausmaß (ab dem 1. Oktober 1984) in unzulässiger Weise überschritten werde, mit Sachbeschluß ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Antragsteller wohnte ursprünglich bei seiner Wahltante, die vor dem Antragsgegner Eigentümerin des Hauses Graz, Bergmanngasse 13, war. Als die Vormieterin der gegenständlichen Wohnung, eine Schuldirektorin, verstarb, gab die Voreigentümerin des Hauses dem Antragsteller die Schlüssel zur gegenständlichen Wohnung und erklärte, daß er sie haben könne; sie sei jedoch in einem sehr schlechten Zustand. Gemeinsam wurde die Wohnung besichtigt. Aus der Wohnung war alles ausgeräumt; es waren weder ein Ofen noch ein Bad vorhanden. Der Antragsteller erklärte, daß er diese Wohnung um den frei vereinbarten Mietzins von 500 S anmiete, und verpflichtete sich, sie herzurichten. Darüber wurde dann von der Vermieterin der schriftliche Mietvertrag vom 6. Dezember 1971 errichtet und von beiden Teilen unterfertigt. Demnach wurde ein indexgebundener freier Mietzins von 500 S vereinbart. In § 16 des Mietvertrages wurde festgehalten:

"Der Mieter verpflichtet sich, alle notwendig werdenden Instandsetzungsarbeiten, die der Wohnbarkeit dienen, auf seine eigene Kosten durchzuführen. Aus diesem Grunde wird seitens der Hauseigentümerin anläßlich des Mietvertragsabschlusses auf jede weitere Entgeltleistung, ausgenommen den im § 3 vereinbarten Mietzins, verzichtet, sodaß der Mieter bei Auflösung des Mietvertrages nicht das Recht hat, unter dem Titel Mietvertrag irgendwelche Ablösebeträge gegenüber der Vermieterin geltend zu machen."

Diese Vereinbarung war zuerst mündlich getroffen worden, der schriftliche Vertrag wurde erst nach Beginn bzw. Durchführung der Adaptierungsarbeiten durch den Antragsteller unterfertigt. Dieser ging nämlich gleich nach der mündlichen Vereinbarung daran, die Wohnung zu adaptieren. Er ließ ein Badezimmer einrichten, die Elektroinstallationen herrichten (die alten Elektroleitungen waren völlig veraltet und über Putz verlegt) und das WC reparieren. Dort lief nämlich kein Wasser zu, die Muschel war gebrochen. Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Wohnung sei bei Anmietung in desolatem, also unbrauchbarem Zustand gewesen, was grundsätzlich eine Einstufung in die Kategorie D gerechtfertigt hätte. Der Mieter habe sich jedoch verpflichtet, die Wohnung auf eigene Kosten in einen brauchbaren Zustand zu bringen. Diese Verpflichtung sei auch im Rahmen der damals offenkundig gegebenen freien Vermietbarkeit rechtlich zulässig gewesen. Der Einordnung in eine höhere Kategorie stehe nicht entgegen, daß erst der Mieter aufgrund einer vertraglich übernommenen Verpflichtung nach Abschluß des Mietvertrages und Übergabe des Mietgegenstandes die Wohnung in einen brauchbaren Zustand versetzt habe (MietSlg 36.340). Da die Wohnung über WC und Wasser im Inneren verfügt habe und auch die Brauchbarkeit gegeben erscheine, könne sie nicht in die Kategorie D eingestuft werden. Das Herabsetzungsbegehren des Antragstellers sei daher nicht gerechtfertigt. Eine Mietzinsüberschreitung liege schon bei Einstufung der Wohnung in die Kategorie C nicht vor. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Es führte aus:

Für die Beurteilung der Ausstattungskategorie sei gemäß § 16 Abs 3 erster Satz MRG der Zustand im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses entscheidend. Darunter sei auch noch jener Zustand der Wohnung zu verstehen, den der Vermieter nach dem Inhalt des Mietvertrages auf seine Kosten erst herzustellen habe. Bei freier Mietzinsbildung seien sogar die nach ausdrücklicher Vereinbarung vom Mieter vorzunehmenden Arbeiten bei dem nach § 16 Abs 3 erster Satz MRG maßgebenden Zustand zu berücksichtigen (MietSlg 35.328/32, 36.340; Würth-Zingher, MRG 2 , Anm. 36 zu § 16). Ein solcher Fall liege hier vor. Die Annahme des Erstgerichtes, der Mietzins habe frei vereinbart werden können, sei bisher unbestritten geblieben und werde auch im Rekurs nicht ausdrücklich bekämpft. Es seien auch keinerlei Tatsachen behauptet worden oder hervorgekommen, die einer Anwendung des § 16 MG entgegengestanden hätten. Von einer verbotenen Ablöse könne im Sinne der Rechtsprechung zur früheren Rechtslage nicht die Rede sein. Die Wohnung habe nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der vereinbarten Brauchbarmachung durch den Mieter über eine brauchbare Wasserentnahmestelle und ein brauchbares Klosett im Inneren verfügt, weshalb die dem vorangegangenen Zustand entsprechende Einstufung in die Ausstattungskategorie D nicht mehr gerechtfertigt sei. Soweit der Antragsteller versuche, durch Wortinterpretation des Vertragstextes die in der Vertragsurkunde vom 6. Dezember 1971 festgehaltene Verpflichtung des Mieters zu Instandsetzungsarbeiten auf damals erst bevorstehende (notwendig "werdende") Arbeiten zu beschränken, sodaß die damals von ihm bereits vorgenommenen außer acht zu bleiben hätten, könne ihm nicht gefolgt werden, weil er damit über die Feststellung hinweggehe, daß die genannte Vereinbarung zuerst mündlich getroffen worden sei. Auf den Zeitpunkt der Errichtung der Vertragsurkunde und deren Fertigung komme es nicht an. Eine Ermäßigung des Hauptmietzinses im Sinne des § 44 Abs 2 Z 2 MRG wäre bereits bei Annahme der Ausstattungskategorie C ausgeschlossen, weil der zulässige Hauptmietzins dann 1.628,70 S betragen würde, der Antragsteller jedoch nur 975 S bezahle. Der Revisionsrekurs sei gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG für zulässig zu erklären gewesen, weil die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung sei. Die entscheidende Rechtsfrage, ob die vereinbarungsgemäß erfolgte Übernahme der Kosten der Brauchbarmachung (und Kategorieanhebung) durch den Mieter im Zusammenhang mit der Mietzinsermäßigung nach § 44 MRG die Einstufung der Wohnung in die dadurch geschaffene höhere Kategorie rechtfertige, sei zur Wahrung der Rechtsentwicklung und Rechtseinheit von erheblicher Bedeutung.

Gegen den bestätigenden Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne des Antrages abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Antragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG), aber nicht berechtigt.

Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt der Antragsteller im Unterbleiben der beantragten Erörterung und Klarstellung des Parteiwillens der Mietvertragspartner. Bei wörtlicher Auslegung könne sich der erste Satz des § 16 des schriftlichen Mietvertrages vom 6. Dezember 1971 nur auf künftige Instandsetzungsarbeiten beziehen. Festgestelltermaßen sei aber am 6. Dezember 1971 ein Großteil der Arbeiten in der Wohnung durch den Antragsteller bereits durchgeführt gewesen.

Einer weiteren Klarstellung des Parteiwillens der Mietvertragspartner hat es - wie bereits das Rekursgericht zutreffend darlegte - nicht bedurft, weil die Vereinbarung über die vom Mieter durchzuführenden Instandsetzungsarbeiten nach den Feststellungen schon vor dem Beginn der Arbeiten mündlich getroffen worden ist.

In Ausführung der Rechtsrüge vertritt der Antragsteller den Standpunkt, daß es nicht ausreiche, einem Mieter global die Durchführung und die Kosten der Bewohnbarmachung einer Wohnung aufzuerlegen, um daraus ableiten zu können, daß es sich dabei um eine erlaubte Mietzinsvorauszahlung für einen unbestimmten Zeitraum handle und dementsprechend ein Begehren auf Herabsetzung auf den Kategoriemietzins nicht gerechtfertigt sei. Die vom Rekursgericht zitierten Vorentscheidungen hätten anders gelagerte Fälle betroffen. Wie der Oberste Gerichtshof in MietSlg 36.334 ausgesprochen hat, ist für die Einordnung der Wohnung in eine der Ausstattungskategorien der im Mietvertrag vereinbarte und ausgeführte Ausstattungszustand im Zeitpunkt des Beginnes des Mietverhältnisses bei der Übergabe der Wohnung maßgebend (MietSlg 35.328/32). War die Vereinbarung über die Höhe des für den Gebrauch des Bestandobjektes zu leistenden Mietzinses keinen anderen als den allgemein im Vertragsrecht geltenden Schranken (§ 879 ABGB) unterworfen, so ändert daran auch der Umstand nichts, daß die Mittel für die Verbesserung des Zustandes der Wohnung durch einen höheren Mietzins aufgebracht werden, sei es, daß der Mieter einmalige Kostenbeiträge entrichtet, sei es, daß der Mietzins in einer Höhe vereinbart wird, wodurch die Aufwendungen abgedeckt sind. Bei freier Mietzinsbildung ist für die Kategorieeinordnung sogar der Wohnungszustand maßgeblich, den der Mieter vereinbarungsgemäß auf eigene Kosten herzustellen übernimmt (5 Ob 54/86). Durch eine solche Vereinbarung wird nämlich in wirtschaftlicher Hinsicht dieselbe Lage herbeigeführt, die bestanden hätte, wenn der Vermieter selbst die Wohnung instandsetzt und dafür vom Mieter einen einmaligen Kostenbeitrag oder einen entsprechend höheren Mietzins verlangt. Daß die hier vom Antragsteller vertraglich übernommenen (und in der Folge auch tatsächlich durchgeführten) Instandsetzungsarbeiten die Wohnung in einen zumindest der Kategorie C entsprechenden Zustand versetzen sollten (und auch versetzten), kann aber nach der Sachlage nicht zweifelhaft sein.

Da die Vorinstanzen aus diesen Erwägungen zu Recht zu einer Abweisung des Antrages gelangten, war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung für die Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung hat der Antragsgegner gemäß § 37 Abs 3 Z 19 MRG selbst zu tragen, weil davon, daß der Antragsteller diese Kosten durch Erhebung des gegenständlichen, vom Rekursgericht gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG für zulässig erklärten Revisionsrekurses mutwillig verursacht hätte, keine Rede sein kann.

Anmerkung

E10735

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00039.87.0407.000

Dokumentnummer

JJT_19870407_OGH0002_0050OB00039_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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