TE OGH 1987/4/9 13Os1/87

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Veröffentlicht am 09.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. April 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Streller als Schriftführers in der Strafsache gegen Alois G*** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 8. September 1986, GZ. 25 Vr 5130/85-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Nagiller, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben. Es werden die Geldstrafe auf 240 (zweihundertvierzig) Tagessätze, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 (einhundertzwanzig) Tage und der Tagessatz auf 250 S (zweihundertfünfzig Schilling) herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 17. Oktober 1937 geborene Finanzbeamte Alois G*** ist des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB. (I) und des Vergehens der versuchten Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §§ 15, 310 Abs 1 StGB. (II) schuldig erkannt worden. Darnach hat er in Kufstein als Beamter des dortigen Finanzamts am 12. Mai 1981 die ihm eingeräumte Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mit dem Vorsatz mißbraucht, die Republik Österreich an ihren Vermögensrechten zu schädigen, indem er bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung des Dipl.Kfm. Peter F*** für das Jahr 1980 einen Verlust von 15.258 S in voller Höhe berücksichtigte und den bestehenden Vorschriften zuwider eine Gutschrift von 2.279 S zuerkannte (I), ferner am 9. Oktober 1985 ein ihm ausschließlich kraft seines Amts zugänglich gewordenes Geheimnis, dessen Offenbarung geeignet ist, ein öffentliches oder berechtigtes privates Interesse zu verletzen, zu offenbaren getrachtet, indem er der Barbara M*** Ablichtungen der Beilage zur Gewerbesteuererklärung 1981 betreffend Herta H*** und der Ermittlung des Veräußerungsgewinns auf Grund der Betriebsaufgabe zum 31. Mai 1980 betreffend Franz Z*** zukommen lassen wollte (II).

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit a und b StPO. stützt.

Eine Undeutlichkeit (Z. 5) liege bezüglich des Schuldspruchs wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt (I) vor, weil das Urteil nicht erkennen lasse, worin der Schöffensenat jenes Amtsgeschäft erblickte, bei dessen mißbräuchlicher Vornahme der Beschwerdeführer rechtsschädigend gehandelt habe. Ein solches Amtsgeschäft könne weder in der Verfassung der Einkommensteuererklärung für Dipl.Kfm. F*** noch in der behördeninternen "Approbation der Steuererklärung", aber auch nicht in der Unterlassung der Behebung des von der Veranlagungsleitstelle aufgezeigten Soforteingabehindernisses (Fehlen der Belege für die erklärten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) und der Weiterleitung der Einkommensteuererklärung (an die Finanzkasse) gelegen sein. Bei richtiger Beurteilung des festgestellten Sachverhalts sei der Tatbestand des § 302 Abs 1 StGB. nicht erfüllt (Z. 9 lit a). Mit diesem Vorbringen stellt der Beschwerdeführer nicht auf den gesamten Urteilsinhalt ab. Den Entscheidungsgründen ist der Schuldvorwurf mit zureichender Deutlichkeit zu entnehmen; denn nach den Feststellungen langte die vom Rechtsmittelwerber für Dipl.Kfm. F*** verfaßte und von letzterem unterfertigte Einkommensteuererklärung für das Jahr 1980, die bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft einen Verlust auswies, am 1. April 1981 beim Finanzamt Kufstein ein, wurde von der Veranlagungsleitstelle als Soforteingabefall behandelt und infolge Fehlens der Unterlagen für Landwirtschaft mit "Fehlerhinweis bei Soforteingabefällen" dem Referat 3 zur weiteren Bearbeitung übermittelt. Dort korrigierte der seit 29. November 1960 beim Finanzamt Kufstein tätige und im gegenständlichen Fall nach den internen Vorschriften allein entscheidungsbefugte Angeklagte die Ansätze über die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, übernahm aber wider besseres Wissen (ohne auf den Hinweis der Veranlagungsleitstelle einzugehen) den in der Einkommensteuererklärung für 1980 ausgewiesenen, nicht abzugsfähigen Verlust aus Land- und Forstwirtschaft mit 15.285 S, "approbierte" am 12. Mai 1981 "die fehlerhafte Einkommensteuererklärung, um dadurch seinem Klienten Dkfm. F*** eine (erhöhte) Steuergutschrift zukommen zu lassen" und leitete die Steuererklärung an die Finanzkasse weiter. Diese fertigte am 15. Mai 1981 den Einkommensteuerbescheid für 1980 aus, der eine um 2.279 S zu hohe Gutschrift des Steuerpflichtigen auswies (S. 147, 155, 167). Der Angeklagte hat sonach in Erledigung einer von ihm verfaßten unrichtigen Einkommensteuererklärung des Dipl.Kfm. F*** als Beamter des Finanzamts Kufstein mit dem Vorsatz, den Staat an Vermögensrechten zu schädigen, wissentlich seine Befugnis, Abgabenbescheide (§ 198 BAO.) zu erlassen, mißbraucht. Daß das Gericht von einer im gegenständlichen Fall nach den internen Vorschriften nicht erforderlichen Approbation (siehe jedoch den der Unterschrift G*** vorangehenden Vordruck im Steuerakt:

"Approbant") und irreführend von einer "Weiterleitung der" (von ihm unterzeichneten: S. 147) "Einkommensteuererklärung an die Finanzkasse zur Eingabe" (S. 167) spricht, ist für das soeben gewonnene Ergebnis bei logischer Überlegung nicht entscheidend. Die weiteren Einwände, es fehlten Feststellungen des Inhalts, daß der Beschwerdeführer den Befugnismißbrauch wissentlich und mit Schädigungsvorsatz begangen habe, sind gänzlich urteilsfremd. Dabei geht der Angeklagte nur von der fehlerhaften Verfassung der Einkommensteuererklärung für Dipl.Kfm. F*** aus und ignoriert (trotz Bezeichnung der Fundstellen im Urteil, allerdings unter unvollständiger Zitierung einzelner aus dem Zusammenhang gerissener Passagen) jene Feststellungen, wonach er "in der Abgabensache Dipl.Kfm. F***" durch die Absetzung der Zinsen in voller Höhe wider besseres Wissen seine Befugnis (als Beamter den Abgabenbescheid zu erlassen) "mit dem Vorsatz mißbraucht(e), die Republik Österreich an ihren Vermögensrechten zu schädigen", um "dadurch seinem Klienten Dipl.Kfm. F*** eine (erhöhte) Steuergutschrift zukommen zu lassen", ihn sohin "zu begünstigen" (S. 155, 167). Das Schöffengericht läßt also keinen Zweifel daran, daß es von einem wissentlichen (§ 5 Abs 3 StGB.) Mißbrauch der Befugnis ausgegangen ist und daß es auch den Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB.) des Beschwerdeführers als erwiesen angenommen hat, den Staat an seinen Vermögensrechten zu schädigen.

Die Rechtsrüge vermeint, der Nichtigkeitswerber habe ohne Verstoß gegen bestehende Vorschriften "im rechtsfreien Raum gehandelt", sohin seine Befugnis nicht, jedenfalls nicht wissentlich, mißbraucht, weil die für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft für das Kalenderjahr 1980 maßgebende, einen Verlustabzug ausschließende Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 18. Mai 1981 (ausgegeben am 5. Juni 1981) im Zeitpunkt seines Handelns am 12. Mai 1981 noch gar nicht existierte und "die Ausweisung von Verlusten" - soweit dies nicht ausdrücklich untersagt sei - "dem System des österreichischen Steuerrechtes" entspreche.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Verlustabzüge bzw. Gewinnminderungen in der Land- und Forstwirtschaft regeln sich entweder nach § 18 Abs 1 Z. 4 EStG. 1972 bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach § 4 Abs 1 (oder nach § 5) EStG. 1972 auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung und den Verlust nach §§ 4 bis 14 EStG. 1972 ermitteln, oder nach den gemäß § 17 Abs 1 EStG. 1972 erlassenen Verordnungen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Gewinnermittlung bei nicht buchführungspflichtigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, deren Inhaber (tatsächlich) weder ordnungsmäßige Bücher noch Aufzeichnungen führen, die eine Gewinnermittlung nach § 4 EStG. 1972 ermöglichen. Allen auf Grund des § 17 Abs 1 EStG. 1972 seit 1973 in Abständen von zwei Jahren erlassenen Verordnungen des Bundesministers für Finanzen ist bzw. war gemeinsam, daß der Abzug bestimmter gewinnmindernder Ausgaben, darunter auch Schuldzinsen, mit der Höhe der aus den Bestimmungen der jeweiligen Verordnung hervorgehenden (seit 1979 Gesamt-) Gewinnsumme begrenzt wird bzw. wurde. Diese Rechtslage war dem Beschwerdeführer bekannt, zumal er den auf eine Gewinn- (und Verlust-) Ermittlung gemäß § 18 Abs 1 Z. 4 EStG. 1972 bezogenen "Hinweis der Veranlagungsleitstelle auf das Eingabehindernis (Fehlen der Unterlagen für Landwirtschaft)" nicht mißverstanden hat (S. 155, 157).

Der Angeklagte handelte keineswegs im "rechtsfreien Raum", sondern bewußt normwidrig. Er ermittelte bei der Veranlagung des Dipl.Kfm. F*** zur Einkommensteuer 1980 am 12. Mai 1981 den Gewinn aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb für das Kalenderjahr 1980 gestützt auf die §§ 1 bis 3 der nur für die Jahre 1978 und 1979 geltenden Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 10. Mai 1979, BGBl. Nr. 217, mit 3.400 S, zog von dieser Gewinnsumme entgegen § 6 Abs 1 der zur Anwendung gebrachten, soeben zitierten Verordnung, die den Abzug gewinnmindernder Beträge - siehe oben - mit der Höhe der Gewinnsumme begrenzte, die Schuldzinsen in der vollen Höhe von 18.115 S ab und glich den (einschließlich eines möglichen Rechenfehlers) errechneten Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von 15.258 S ohne Rechtsgrundlage mit Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit aus (ein Verlustabzug bzw. eine Gewinnminderung ohne die Begrenzung der für nicht buchführende Steuerpflichtige gemäß § 17 EStG. 1972 erlassenen

Verordnungen - siehe voriger Absatz - wäre ja nur, und zwar als Sonderausgabe, bei einem buchführenden Landwirt gemäß § 18 Abs 1 Z. 4 EStG. 1972 in Frage gekommen).

Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß auf im Kalenderjahr 1980 nicht buchführende Landwirte die Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 18. Mai 1981, BGBl. Nr. 266, anzuwenden gewesen wäre. Sie wurde im 103. Stück des Bundesgesetzblatts am 5. Juni 1981 ausgegeben. Bis dahin hätte mit der Veranlagung des Dkfm. F*** zur Einkommensteuer 1980 zugewartet werden müssen. § 6 Abs 1 dieser Verordnung stimmt aber inhaltlich mit § 6 Abs 1 der von G*** angezogenen Vorgängerverordnung überein.

Der Schuldspruch wegen versuchter Verletzung des Amtsgeheimnisses (II) sei - so die Beschwerde - deshalb verfehlt, weil ein Geheimnis nur in der Verknüpfung des Inhalts der von ihm hergestellten und zur Weiterleitung an Barbara M*** bestimmten Photokopien mit den Namen der jeweils Steuerpflichtigen Herta H*** und Franz Z*** gelegen sein könne. Es sei ihm aber niemals darauf angekommen, M*** Kenntnis über Steuererklärungen bestimmter Personen zu verschaffen, sondern festgestelltermaßen nur darauf, ihr "Beispiele für die Steuererklärung" bei Betriebsaufgabe zukommen zu lassen. Dazu sei aber gar nicht erforderlich gewesen, die auf den Urkunden aufscheinenden Namen zu belassen.

Auch dieser Einwand versagt.

Nach den insoweit maßgebenden, in seiner Verantwortung vor dem Finanzamt Kufstein vom 11. Oktober 1985 (S. 19 bis 21 in Verbindung mit S. 124) gedeckten, sohin mängelfrei begründeten Konstatierungen (S. 157, 159) stellte der Angeklagte Kopien der "Beilage zur Gewerbesteuererklärung" der Herta H*** zu deren Gewerbesteuererklärung 1981 und der "Ermittlung des Veräußerungsgewinnes auf Grund der Betriebsaufgabe zum 31. Mai 1980" betreffend Franz Z*** her, um sie (mit weiteren Schriftstücken) als Beispiele für die steuerliche Behandlung der beabsichtigten Veräußerung einer Liegenschaft an Barbara M*** zu versenden. Dabei war ihm "klar, daß es sich bei den von ihm angefertigten Kopien um Aktenteile aus Steuerakten handelte", deren unbefugte Offenbarung einen Verstoß gegen § 251 FinStrG. (gemeint: Abs 1 lit b in der Fassung vor der Finanzstrafgesetznovelle 1985) - einen u.a. gegenüber dem § 310 StGB. an und für sich überflüssigen Spezialtatbestand (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, § 251 FinStrG. Anm. 1) - darstellt (S. 139, 141, 157, 159). Mit diesen Feststellungen bringt der Schöffensenat deutlich zum Ausdruck, daß der Angeklagte den tatbildmäßigen Erfolg, nämlich die seit der BAO.-Nov. 1980 BGBl. Nr. 151 im § 48 a BAO. einläßlich umschriebene (und jedem Finanzbeamten geläufige) Verletzung der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht, als Folge seiner Handlung mit Gewißheit voraussah, also auch hier wissentlich (§ 5 Abs 3 StGB.) handelte. Da § 251 FinStrG., der als Spezialtatbestand dem § 310 StGB. vorgeht, in der alten gleichwie in der neuen Fassung (Nov. 1985) als Schuldform schlicht Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB.) erfordert, geht die Rechtsrüge ins Leere, sofern man auf dem Boden des soeben umrissenen subjektiven Urteilssachverhalts bleibt. Indessen verlangt der irrig herangezogene § 310 StGB. keine andere Schuldform. Punkto Strafe verweist § 251 FinStrG. (a.F. und n.F.) auf § 310 StGB. Folglich ist der Nichtigkeitswerber durch die Verwechslung (§ 310 StGB. statt § 251 Abs 1 lit b FinStrG. a.F.) unter keinem Gesichtspunkt benachteiligt (§ 290 Abs 1 StPO; EvBl 1981 Nr. 108 und Nr. 118).

Mit dem weiteren Vorbringen, wonach sich in Berücksichtigung seiner Zielvorstellung bei der von ihm reklamierten differenzierenden Betrachtungsweise die Schlußfolgerung aufdränge, "daß die Weitergabe der Namen keinesfalls vom Vorsatz umfaßt sein konnte" und er diesbezüglich allenfalls "Fahrlässigkeit zu verantworten" habe, bringt der Beschwerdeführer einmal mehr weder einen formellen noch einen materiellen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung, sondern lediglich eine in der Senatsgerichtsbarkeit unzulässige Schuldberufung zur Ausführung. Eine substantiierte Rüge unter der angerufenen Z. 9 lit b ist der Rechtsmittelschrift nicht zu entnehmen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28, 37 und 302 Abs 1 StGB. eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen (Ersatzfreiheitsstrafe 180 Tage), wobei es die Höhe des Tagessatzes mit 500 S festsetzte. Gemäß § 43 Abs 1 StGB. sah es diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Bei der Strafbemessung war das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen erschwerend, mildernd hingegen waren der bisher untadelige Lebenswandel des Angeklagten, das lange Zurückliegen der Tat (nur des Amtsmißbrauchs), daß das Vergehen nicht vollendet wurde und daß durch die Neubemessung der Einkommensteuer des Dkfm. F*** der Schaden beim Amtsmißbrauch gutgemacht wurde. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Reduzierung der Anzahl der Tagessätze auf sechzig, der Ersatzfreiheitstrafe auf 30 Tage und der Höhe des Tagessatzes auf 170 S an. Die Berufung erweist sich, wenn auch nicht im angestrebten Umfang, als berechtigt. Gewiß bestimmt bei einem Amtsmißbrauch nicht die Höhe des Schadens allein den Unrechtsgehalt der Tat, der vielmehr wesentlich in der betragsunabhängigen mißbräuchlichen Amtsausübung selbst wurzelt. Es darf aber doch nicht ganz außer acht bleiben, wie hoch neben der ideellen Schädigung durch Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in eine korrekte Amtsführung der Beamtenschaft der materielle Schaden ist, der aus einer solchen mißbräuchlichen Amtsausübung entsteht oder entstehen kann. Im gegebenen Fall liegt dieser materielle Nachteil beim Amtsmißbrauch (I) mit 2.279 S weit unter dem Schaden, der aus einer vergleichbaren Kriminalität zu entspringen pflegt. So gesehen und im Verein mit dem bald sechsjährigen Zurückliegen des Amtsmißbrauchs und der diesbezüglichen - objektiven - Schadensgutmachung könnte, weil hier die Milderungsgründe sowohl der Zahl wie dem Gewicht nach die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen und zudem feststeht, daß der Angeklagte angesichts der präventiven Wirkung dieses Strafverfahrens auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen (mehr) begehen wird, im Fall des Ausspruchs einer Freiheitsstrafe das außerordentliche Milderungsrecht (§ 41 Abs 1 Z. 5 StGB.) zur Anwendung kommen. Der Oberste Gerichtshof hält darnach eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Tagen für angemessen. Hiebei wurde § 37 StGB., wie schon in erster Instanz, unmittelbar angewendet. Den Urteilskonstatierungen zufolge ist der Angeklagte verheiratet und (im Zeitpunkt der Urteilsfällung erster Instanz) für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig. Als Beamter verdient er darnach jährlich inklusive Familienzulage und -beihilfe netto vierzehnmal rund 14.000 S. Mit seiner Ehegattin gemeinsam ist er Eigentümer mehrerer Grundstücke und einer Eigentumswohnung in Innsbruck.

Durch vom Finanzamt Kufstein beigeschaffte und vom Angeklagten vorgelegte Urkunden erweist sich, daß die vom Schöffensenat angenommenen Einkommensverhältnisse im wesentlichen zutreffen. Der Angeklagte ist (Mit-)Eigentümer mehrerer Grundstücke, die jedoch, weil die Geldstrafe keinen konfiskatorischen Charakter haben soll (LSK. 1976/5, 1978/226), bei der Bemessung des Tagessatzes nur insoweit zu berücksichtigen sind, als sie einen Ertrag abwerfen. Nach den darnach einsichtigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten und seiner Sorgepflicht für zwei Kinder erscheint ein monatlicher Betrag von 7.500 S abschöpfbar, was einen Tagessatz von 250 S ergibt.

Die vom Schöffensenat gewährte bedingte Strafnachsicht bleibt unberührt.

Anmerkung

E10659

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00001.87.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19870409_OGH0002_0130OS00001_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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