TE OGH 1987/4/9 12Os177/86

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Veröffentlicht am 09.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lindner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Akbar Akbari A*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach §§ 15 StGB, 12 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und 3, Abs. 4 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten 1) Akbar Akbari A***, 2) Samad Akbari A***,

3) Ahmed K*** und 4) Satar N*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. Oktober 1986, GZ 20 u Vr 10874/85-478, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, des Vertreters des Zollamtes Wien, Kommissär Mag. Podlesnigg und der Verteidiger Rechtsanwälte Dr. Gahleithner, Dr. Philipp, Dr. Bernhauser und Dr. Maurer, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen herabgesetzt werden wie folgt:

bei Akbar Akbari A*** auf 8 Jahre,

bei Samad Akbari A*** auf 14 Jahre,

bei Ahmed K*** und Satar N*** auf je 17 Jahre.

Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO haben die Angeklagten Akbar Akbari A***, Samad Akbari A***, Ahmed K*** und Satar N*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden (neben dem weiteren Angeklagten Medhi Shakeri M***, hinsichtlich dessen das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist) die iranischen Staatsangehörigen Akbar Akbari A***, Samad Akbari A***, Ahmed K*** und Satar N***

des versuchten Verbrechens nach §§ 15 StGB, 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 2 und Z 3 SGG, die Angeklagten Samad Akbari A***, Ahmed K*** und Satar N*** auch nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle, sowie sämtliche Angeklagte überdies des Vergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a und b FinStrG schuldig erkannt.

Darnach haben sie

A/ den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer Menge, die das fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausmacht, wobei Akbar Akbari A***, Samad Akbari A***, Ahmed K*** und Satar N*** die Taten als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung strafbarer Handlungen nach dem Suchtgiftgesetz begangen haben und Samad Akbari A***, Ahmed K*** und Satar N*** in dieser Verbindung führend tätig waren, dadurch in Verkehr zu setzen versucht, daß

1./ Akbar Akbari A***, Samad Akbari A***, Ahmed K*** und Satar N*** am 11.Oktober 1985 in Wien an ausländische Käufer ca. 50.006 Gramm Heroin weiterzugeben suchten;

2./ Akbar Akbari A*** und Samad Akbari A*** bis zum 12. Oktober 1985 insgesamt 9.615 Gramm Heroin und 5.250 Gramm Opiumstangen zu einem geplanten Weiterverkauf bereithielten;

3./ Satar N*** dazu beitrug, daß der abgesondert verfolgte Karim G*** am 22.Juni 1985 in Wien 1.350 Gramm Heroin über seinen Auftrag und über Vermittlung des abgesondert verfolgten Hüsseyin N. B*** und eines noch unbekannten Mohammed M*** weiterzugeben suchte;

B/ durch die zu A/ angeführten Tathandlungen Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, an sich gebracht, verheimlicht oder verhandelt, bzw. den Täter am Verheimlichen oder Verhandeln unterstützt.

Die Geschwornen hatten die anklagekonformen Hauptfragen 1 bis 11 jeweils stimmeneinhellig bejaht, allerdings mit der Einschränkung, daß bei den Angeklagten Akbar und Samad Akbari A*** die Täterschaft hinsichtlich 10.019 Gramm Rohopium, beim Angeklagten Akbar Akbari A*** überdies die Beteiligung in führender Tätigkeit und bei den Angeklagten Ahmed K*** und Satar N*** die Bereitstellung von 9.615 Gramm Heroin und 5.250 Gramm Opiumstangen sowie 10.019 Gramm Rohopium zu einem geplanten Weiterverkauf nicht angenommen werde.

Hinsichtlich der angeführten Suchtgiftmenge ergingen unangefochten gebliebene Teilfreisprüche.

Den Schuldspruch bekämpfen die angeführten Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde, welche Akbar Akbari A*** auf die Z 5, 6 und 12, Samad Akbar A*** auf die Z 5, 8 und 12, Ahmed K*** auf die Z 4, 5, 8 und 12 und Satar N*** auf die Z 5, 8 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO stützen. Der Strafausspruch wird von den genannten Angeklagten mit Berufung angefochten.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Akbar Akbari A***:

Als Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte macht dieser Beschwerdeführer in seiner Verfahrensrüge (Z 5) zunächst geltend, der Schwurgerichtshof habe zu Unrecht seinen Antrag, "das Hauptverhandlungsprotokoll über die Verantwortung des Mitangeklagten Mehdi Shakeri M*** ... in den entscheidenden Punkten verlesen und durch den Dolmetsch übersetzen zu lassen", abgewiesen habe. Einen solchen Antrag hat indes der Beschwerdeführer, wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ON 476 ergibt, in erster Instanz nicht gestellt, womit es sich erübrigt, auf die unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des "§ 270 Abs. 2" (gemeint wohl: § 271 Abs. 2) StPO vorgebrachten Beschwerdeeinwände einzugehen. Der Sache nach wendet sich die Rüge allerdings - wie sich aus der Bezugnahme auf S 236/IX ergibt - gegen die Ablehnung des vom Verteidiger des Zweitangeklagten gestellten Antrages (dem sich der Beschwerdeführer angeschlossen hatte), die Verantwortung des Fünftangeklagten Mehdi Shakeri M*** durch den Dolmetsch wörtlich in die persische Sprache übersetzen zu lassen, damit er zu den ihn betreffenden Details Stellung nehmen könne (S 236/IX); sie ist jedoch nicht berechtigt. Der in Rede stehende Antrag wurde während der (in deutscher Sprache erfolgten; vgl. hiezu S 218/IX) Vernehmung des Fünftangeklagten gestellt (abermals S 236/IX), worauf ihn der Schwurgerichtshof (sogleich) mit der Begründung abwies, daß die Aussage des Angeklagten Mehdi Shakeri M*** den anderen Angeklagten in geraffter Form durch den Dolmetsch bekanntgegeben (werden) wird, wobei sich im übrigen die Angaben des genannten Angeklagten mit seiner Darstellung im Vorverfahren decken, die den anderen Angeklagten bekannt ist, weil ihnen der gesamte Akteninhalt (durch Überlassung einer Aktenkopie) zur Kenntnis gebracht worden war (S 236, 237/IX). Nach dem Abschluß der Einvernahme des Fünftangeklagten wurde sodann dessen Verantwortung durch den Dolmetsch für die persische Sprache inngeraffter Form den übrigen Angeklagten mitgeteilt (S 246/IX).

Rechtliche Beurteilung

Nun ist es zwar richtig, daß einem der Gerichtssprache nicht mächtigen Angeklagten grundsätzlich das gesamte mündliche Vorbringen in der Hauptverhandlung (dem Sinne nach) durch Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache zugänglich zu machen ist (EvBl. 1972/139). Soweit es jedoch - wie im gegenständlichen Fall - um die Mitteilung der Verantwortung von Mitangeklagten geht, so genügt es, wenn diese resümierend zusammengefaßt dem der Gerichtssprache nicht kundigen Angeklagten übersetzt wird, weil diesbezüglich an den Umfang der Mitteilung im Regelfall keine anderen Anforderungen gestellt werden können als an die gemäß § 250 StPO vorgeschriebene Mitteilung an einen Angeklagten, dessen Abtretung aus dem Gerichtssaal angeordnet worden war. Dem Gebot dieser Gesetzesstelle ist aber entsprochen, wenn dem in den Verhandlungssaal zurückgekehrten Angeklagten die während seiner Abwesenheit abgelegten Aussagen von Mitangeklagten oder Zeugen in ihren wesentlichen Punkten kurz zusammengefaßt mitgeteilt werden, ohne daß es erforderlich wäre, sie zur Gänze (im vollen Wortlaut) zu wiederholen (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 5 zu § 250). Durch die Abweisung des Antrages, die Verantwortung des Fünftangeklagten (simultan) in die persische Sprache übersetzen zu lassen (und solcherart dem Beschwerdeführer diese Verantwortung in ihrem vollen Wortlaut zur Kenntnis zu bringen) wurde der Beschwerdeführer demnach in seinen Verteidigungsrechten nicht gesetzwidrig verletzt, zumal auch Art. 6 Abs. 3 lit. e MRK eine derartige simultane Übersetzung nicht gebietet. Nachdem dem Beschwerdeführer (und den übrigen der deutschen Sprache nicht mächtigen Mitangeklagten) die Angaben des Fünftangeklagten durch den Dolmetsch in geraffter Form mitgeteilt worden waren (abermals S 246/IX), wäre es im übrigen seinem Verteidiger (bzw. den Verteidigern der in Betracht kommendent Mitangeklagten) freigestanden, die wörtliche Übersetzung einzelner ihm (ihnen) unter dem Aspekt des § 248 Abs. 4 StPO besonders wichtig erscheinender Passagen der Verantwortung des Fünftangeklagten in die persische Sprache zu begehren; ein solcher Antrag wurde indes nicht gestellt (vgl. neuerlich S 246/IX).

Unrechtigt sind auch die weiteren Verfahrensrügen dieses Beschwerdeführers: Ein Antrag auf Vernehmung des Vermieters der Wohnung Taubstummengasse zum Nachweis dafür, daß "(Mehdi) Shakeri M*** ihn nach den Gesprächen mit diesem Zeugen fälschlich belastet habe", wurde in der Hauptverhandlung nicht gestellt. Der Zweitangeklagte hat allerdings die Einvernahme dieses Zeugen zum Nachweis dafür beantragt, daß der Angeklagte Mehdi Shakeri M*** mermals in der Wohnung Taubstummengasse war und mit dem Vermieter gesprochen hat; diesem Antrag hat sich der Beschwerdeführer angeschlossen (S 258, 259/IX). Die angestrebte Beweisaufnahme konnte jedoch deshalb sanktionslos unterbleiben, weil die im Vorverfahren abgelegte Aussage des Zeugen Karl G*** (ON 331) in der Hauptverhandlung ohne Widerspruch verlesen wurde (S 249/IX) und es Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, bei Stellung des Beweisantrages darzutun, aus welchen Gründen anzunehmen sei, daß die (letztlich doch begehrte) persönliche Einvernahme des Zeugen in der Hauptverhandlung nun ein anderes, den Depositionen des Angeklagten Mehdi Shakeri M*** (S 249 f/IX) widersprechendes und dessen Glaubwürdigkeit verminderndes Ergebnis erbringen sollte. Der Angeklagte stellte in der Hauptverhandlung am 7.Oktober 1986 ferner den Antrag auf Anfrage an die Iranische Botschaft zum Nachweis dafür, daß die Angaben des Mehdi Shakeri M***, daß sein Vermögen daher stamme, daß er im Iran seine Teppiche und seine sonstige Habe verkauft hat und das Geld sofort nach Österreich schaffen konnte, nach den dort bestehenden Gesetzen unmöglich und unglaubwürdig ist (S 259/IX).

Abgesehen davon, daß der Angeklagte Medhi Shakeri M*** sich nicht dahin verantwortet hat, daß er Teppiche im Iran (Teheran) verkauft hat, sondern daß er Ende 1979 Anfang 1980 sein Kapital und Teppiche aus dem Iran nach Österreich brachte (S 218/IX), ist die begehrte Anfrage an die Iranische Botschaft zum Nachweis, daß nach den iranischen Gesetzen ein Verkauf von Vermögenswerten im Iran und die Ausfuhr von Teppichen und Kapital ins Ausland verboten ist, kein geeignetes Beweismittel, um die Verantwortung des Angeklagten Mehdi Shakeri M*** zu widerlegen, daß er unter Verletzung der geltenden Gesetzes- und Devisenvorschriften im Iran Vermögen veräußert und illegal Geld und Teppiche nach Österreich gebracht hat. Denn ein gesetzliches Verbot indiziert noch nicht, daß die gesetzwidrige Handlung unmöglich ist.

Da das angeführte Beweisthema somit unerheblich war, wurde auch dieser Antrag zu Recht abgelehnt.

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) erblickt der Beschwerdeführer in der Fassung der ihn betreffenden Hauptfrage 1. Seiner Ansicht nach wäre diese soweit zu spezialisieren gewesen, daß sie die entsprechende Mindestzahl der Menschen, die für eine "Verbindung" (§ 12 Abs. 3 Z 2 SGG) erforderlich sei, nenne. Ausführungen hiezu in der Rechtsbelehrung seien nicht ausreichend.

Der Angeklagte rügt somit in Wahrheit nicht die mit Recht unterlassene Spezialisierung der Tat, somit die Anführung unbedeutender Nebenumstände in der Fragestellung, sondern das Fehlen der Auslegung gesetzlicher Merkmale. Gemäß § 312 StPO sind in die Hauptfrage jedoch nur alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung aufzunehmen und die besonderen Umstände der Tat nach Ort, Zeit, Gegenstand usw. soweit beizufügen, als es zur deutlichen Bezeichnung der Tat (Individualisierung) oder für die Entscheidung über die Entschädigungsansprüche notwendig ist. Gesetzliche Merkmale der strafbaren Handlung sind (soweit relevant) die Tatbegehung "als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen". Diese gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung bzw. einer strafsatzändernden Qualifikation wurden jedoch ohnehin in die Frage aufgenommen. Die Erläuterung dieser Merkmale ist ausschließlich Sache der Rechtsbelehrung (§ 321 Abs. 2 StPO, Mayerhofer-Rieder StPO 2 E 16 ff zu § 312 StPO). Als Subsumstionsirrtum (Z 12) bekämpft der Beschwerdeführer schließlich die Unterstellung seiner Tat auch unter die Qualifikationsnorm des § 12 Abs. 3 Z 2 SGG. Da dem Wahrspruch nicht zu entnehmen sei, mit welcher Mindestanzahl von Menschen er als Mitglied in Verbindung gewesen sein soll, liege insoweit ein Feststellungsmangel vor. Dabei übersieht die Beschwerde aber, daß die zu § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a, b und Z 10 StPO entwickelte Judikatur über den sogenannten Feststellungsmangel auf die Rechtsrügen nach § 345 Abs. 1 StPO nicht übertragbar ist. Eine Verpflichtung der Geschwornen zur Feststellung eines konkreten Sachverhaltes, der die umfassende rechtliche Beurteilung ermöglicht, besteht nämlich nach dem Gesetz nicht. Die Erörterung aller aus den Verfahensergebnissen resultierenden Rechtsfragen ist vielmehr durch die Vorschriften über die Fragestellung (§§ 312 bis 316 StPO) sichergestellt; diesbezügliche Verfahrensfehler stehen unter der Nichtigkeitssanktion der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO. Da aber im vorliegenden Fall die Fragen dem Gesetze gemäß gestellt wurden, kommt eine Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung nur insoweit in Betracht, als die im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Tatsachen diese Beurteilung als unrichtig erscheinen lassen (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr. 2, 7 zu § 345 Z 11 a). Unter Zugrundelegung der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Tatsache, daß der Beschwerdeführer als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung strafbarer Handlungen nach dem Suchtgiftgesetz die im Wahrspruch näher bezeichneten strafbaren Taten begangen hat, ist die rechtliche Beurteilung der Tat (auch) nach § 12 Abs. 3 Z 2 StGB aber frei von Rechtsirrtum.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Samad Akbari A***:

Auch dieser Beschwerdeführer wendet sich in seiner Verfahrensrüge (Z 5) zunächst gegen die Abweisung seines Antrages auf wörtliche Übersetzung der Aussage des Fünftangeklagten Mehdi Shakeri M***. Dazu kann auf die bezüglichen Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten verwiesen werden. Mit der weiteren Rüge der Abweisung des Antrages, die Hauptfrage 2 dahin zu ergänzen, daß als weitere Versuchshandlungen angeführt werde: .... "das bereits im Frühjahr 1985 eingeführte und in Wien bereitgehaltene Heroin im Ausmaß von ca. 60 kg, wobei im Juni 1985 bereits über 1 kg Heroin zum Zwecke der Qualitätsprüfung nach Amerika ausgeführt wurde ..." (S 273/IX) wird der Sache nach der Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO geltend gemacht (Mayerhofer-Rieder aaO, ENr. 1 zu § 345 Z 6, ENr. 5 zu § 345 Z 5).

Auch dies zu Unrecht:

Wie der Schwurgerichtshof in seinem ablehnenden Zwischenerkenntnis (S 274/IX) zutreffend zum Ausdruck gebracht hat, ist das Gericht an den historischen Sachverhalt, wie er der Anklage zugrundeliegt, gebunden. Eine Fragestellung nach Taten, die nicht unter Anklage gestellt wurden, wäre wegen Überschreitung der Anklage nichtig (§ 345 Z 7 StPO). Im übrigen irrt der Beschwerdeführer, wenn er vermeint, daß die Feststellung von (weiteren) Tathandlungen, die unter der Herrschaft des Suchtgiftgesetzes in der Fassung vor der Novelle 1985 begangen wurden, die Anwendung der neuen Strafbestimmungen auf die nach deren Inkrafttreten

(1.September 1985) begangenen Taten hätte hindern können. Denn ein aus mehreren Teilakten bestehendes, an sich aber einheitliches Tatgeschehen ist nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit der Begehung des letzten Teilaktes in Geltung steht, was insbesondere auch für den vom Beschwerdeführer vergleichsweise herangezogenen Fall eines fortgesetzten Delikts gilt, das zu der Zeit (§ 67 Abs. 1 StGB) begangen ist, zu welcher der letzte Teilakt gesetzt wurde (Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 67 RN 3), sodaß das in diesem Zeitpunkt geltende Strafgesetz maßgebend ist, ohne daß es darauf ankäme, ob dieses günstiger oder ungünstiger ist als das zu Beginn des strafbaren Verhaltens in Kraft stehende Gesetz. Die Rechtsbelehrung hält der Beschwerdeführer deshalb für unrichtig (Z 8), weil sie die "führende Beteiligung" dahin erläutert, daß auch mehrere Personen, mögen sie auch nur als "Unterführer" tätig gewesen sein, führend beteiligt sein können (S 5 f und 13 der Rechtsbelehrung). Nach Auffassung des Beschwerdeführers könne nur derjenige "führend" beteiligt sein, welcher der Personenverbindung vorsteht und die wesentlichsten Entscheidungen trifft, womit es aber begrifflich ausgeschlossen sei, "viele Personen" in einer Organisation als führend beteiligt anzusehen.

Die Rechtsbelehrung entspricht jedoch dem Gesetz: "Führend tätig" im Sinn des § 12 Abs. 4 SGG ist nicht nur das "Oberhaupt" der Verbindung, sofern ein solches überhaupt vorhanden ist, sondern auch derjenige, der innerhalb der Verbindung eine zumindest teilweise selbständige Anordnungsgewalt in größerem Umfang hat (Leukauf-Steininger, Nebengesetze 2 , 2. ErgH 1985, An. C 4, 53). Daß die in Rede stehende Qualifikation ausschließlich auf "den Führer der Verbindung" anwendbar wäre, läßt sich dem Wortlaut des Gesetzes, das insoweit bewußt die entsprechenden Formulierungen in den §§ 246 Abs. 2, 279 Abs. 1 StGB übernommen hat, nicht entnehmen. Denn § 12 Abs. 4 SGG nF spricht nicht vom "Führer" einer dort genannten Verbindung, sondern von jedem, der in einer solchen Verbindung "führend tätig ist".

Die Rechtsrüge (Z 12) schließlich, wonach das Suchtgiftgesetz in der Fassung vor der Novelle 1985 anzuwenden gewesen wäre, weil Teile des Tatgeschehens vor dem 1.September 1985 verwirklicht wurden, geht nicht vom Wahrspruch aus und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Ahmed K***:

Eine Nichtigkeit nach § 345 Abs. 1 Z 4 StPO durch Verletzung der Vorschrift des § 250 StPO erblickt dieser Beschwerdeführer darin, daß ihm - obwohl er bei der Einvernahme der Angeklagten Akbar und Samad Akbari A*** nicht im Sitzungssaal anwesend war -, die Aussagen dieser Mitangeklagten nicht mitgeteilt worden seien. Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls wurde zwar dem Beschwerdeführer nicht unmittelbar nach Abschluß seiner Vernehmung die Verantwortung der beiden genannten, vor ihm vernommenen Mitangeklagten mitgeteilt (S 189 f/IX). Aus der Feststellung des Vorsitzenden, daß sämtliche Angeklagten die Aussagen ihrer Mitangeklagten "bekannt sind" (S 275/IX), womit nach dem aufklärenden Bericht des Vorsitzenden anläßlich der Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß diese Aussagen den Angeklagten im Zuge der Hauptverhandlung bekannt gemacht wurden, ergibt sich jedoch, daß diese Mitteilung (noch während der Hauptverhandlung) nachgeholt wurde. Der Vorschrift des § 250 StPO wurde demnach entsprochen, sodaß die Rüge fehlgeht. Soweit der Beschwerdeführer auch aus dem (angeblichen) Unterbleiben einer Übersetzung von Teilen des (in seiner Anwesenheit durchgeführten) Beweisverfahrens in die persische Sprache den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 4 StPO wegen Verletzung des § 250 StPO ableiten will, so übersieht er, daß § 250 StPO auf Vorgänge der relevierten Art nicht anwendbar ist. Diesbezügliche Verfahrensmängel könnten vielmehr nur unter den Voraussetzungen des § 345 Abs. 1 Z 5 StPO gerügt werden (vgl. EvBl. 1972/139), wofür es aber an einer entsprechenden Antragstellung in erster Instanz mangelt.

Der Beschwerdeführer hält des weiteren die Vorschrift des § 260 StPO für verletzt und damit eine Nichtigkeit gemäß § 345 Abs. 1 Z 4 StPO für gegeben, und zwar deshalb, weil bei der mündlichen Verkündung des Urteils der Schuldspruch wegen des Vergehens der Abgabenhehlerei unterblieben und nur das diesbezügliche Strafmaß verkündet worden sei. Demgegenüber ergibt sich aber aus dem Hauptverhandlungsprotokoll, daß der Vorsitzende "das Urteil" (also auch hinsichtlich des Schuldspruchfaktums B/) verkündet hat (ON 476, unrichtig journalisiert S 262/IX). Eine Verletzung des § 260 Abs. 1 Z 1 und 2 StPO ist daher nicht ersichtlich, zumal der vermißte Schuldspruch auch in der schriftlichen Urteilsausfertigung enthalten ist.

In seiner Verfahrensrüge (Z 5) bekämpft der Beschwerdeführer zunächst die Abweisung seines Antrages, den Angeklagten Mehdi Shakeri M*** in persischer Sprache zu vernehmen (S 217/IX). Seinen Ausführungen zuwider ist jedoch nicht ersichtlich, warum ein Angeklagter, der der Gerichtssprache kundig und zu ihrer Verwendung bereit ist, nur deshalb in der Muttersprache der (ohnedies von der deutschen Sprache mächtigen Rechtsanwälten verteidigten) Mitangeklagten vernommen werden sollte, damit diese eher (und besser) als das Gericht den Inhalt seiner Aussage hören. Dem Antrag wurde daher mit diesbezüglichem Zwischenerkenntnis (S 218/IX) zu Recht nicht entsprochen.

Die weitere Rüge der Abweisung des Antrages auf wörtliche Übersetzung der Aussage dieses Mitangeklagten in das Persische - der Beschwerdeführer räumt allerdings selbst ein, daß die Aussage des Angeklagten Mehdi Shakeri M*** zumindest in groben Zügen aus dem Deutschen in das Persische übersetzt wurde - kann auf die bezüglichen Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Akbar Akbari A*** verwiesen werden.

In der Hauptverhandlung beantragte der Angeklagte K*** die Vernehmung des Polizeibeamten Inspektor B*** zum Beweise dafür, daß er nicht in dem von diesem Zeugen und vom Zeugen Inspektor H*** am Heumarkt beobachteten Fahrzeug war, in dem wenig später Heroin sichergestellt wurde; zum gleichen Thema begehrte er ferner die Durchführung eines Lokalaugenscheines zum Nachweis, daß die Zeugen H*** und B*** aus ihrer Perspektive nicht mit Sicherheit erkennen konnten, wer in dem vorbeifahrenden Fahrzeug als Beifahrer saß (S 256 f/IX). Beide Beweisanträge wurden mit Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofes abgewiesen, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß der (zur Hauptverhandlung geladene) Zeuge Kurt B*** derzeit wegen Auslandsaufenthaltes nicht greifbar ist und in ON 368 eine klare Aussage dahin gemacht habe, daß Ahmed K*** am Beifahrersitz des PKWs von ihm deutlich zu erkennen war. Aufgrund der Verlesung dieser Aussage und der Angaben des Zeugen Gerhard H*** in der Hauptverhandlung (S 253 f/IX) erscheine auch die Durchführung eines Lokalaugenscheines nicht erforderlich, da es sich hier um eine Frage der Beweiswürdigung handle (S 270/IX). Auch diese Verfahrensrügen versagen. Der Zeuge Gerhard H*** hat in der Hauptverhandlung bekundet, bei der Vorbeifahrt des beigen "Mercedes" eindeutig den Beifahrer als Ahmed K*** erkannt zu haben, wobei er darauf verwies, daß dieser sich mit dem Gesicht zu den Observanten (H*** und B***) gewendet hatte, sodaß diese ihm ins Gesicht sehen konnten, während der Fahrer durch ihn verdeckt worden ist. Gleichlautende Angaben machte Inspektor B*** im Vorverfahren (ON 368/VI), dessen Aussage in der Hauptverhandlung (ohne Widerspruch der Parteien) verlesen wurde (S 272/IX). Unter diesen Umständen wäre es Sache des Antragstellers gewesen, darzulegen, inwiefern aus der persönlichen unmittelbaren Einvernahme des Zeugen B*** nun ein anderes, zugunsten des Beschwerdeführers sprechendes Beweisergebnis zu erwarten gewesen sein sollte; da er dies unterlassen hat, ist er durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis nicht beschwert.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist die Identifizierung einer den Observanten durch ein Lichtbild bekannten Person in einem in einer seitlichen Entfernung von zwei bis drei Meter vorbeifahrenden PKW möglich. Weil der Beschwerdeführer, in seinem Beweisantrag keine Gründe angegeben hat, aus welchen Erwägungen dennoch der beantragte Lokalaugenschein geeignet sein sollte, die klaren Aussagen der Zeugen H*** und B*** zu widerlegen (Mayerhofer-Rieder aaO E 19 zu § 281 Z 4), war die Durchführung eines Lokalaugenscheins gleichfalls entbehrlich.

Auch durch die Ablehnung (S 270/IX) des weiteren Beweisantrags auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Daktyloskopie zum Beweise dafür, daß der K*** zugeordnete Fingerabdruck auf einem (Heroin enthaltenden) Plastiksack nicht vom Beschwerdeführer stammt (S 257/IX), wurden die Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt. Der Zeuge Rudolf Z*** (S 262 f/IX), der aufgrund seiner Tätigkeit als Daktyloskop besondere Sachkenntnisse besitzt, hat den diesbezüglichen Sachverhalt nämlich - entgegen den Beschwerdeausführungen - soweit aufgeklärt, daß kein Grund zur Beiziehung eines anderen Experten ersichtlich ist. Nach den Erkenntnisses des Bundeskriminalamtes Wiesbaden rührt die Spur 2.7 D 1 b (im Hauptverhandlungsprotokoll als Spur B bezeichnet) zufolge Übereinstimmung sowohl im Papillarlinienverlauf als auch mit wenigen anatomischen Merkmalen vom linken Ringfinger des Angeklagten Ahmed K*** her (siehe Beil./A zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 476). Zufolge der strengeren, vom österreichischen Erkennungsdienst angelegten Richtlinien (erforderlich ist die Übereinstimmung in nicht bloß sieben, sondern zwölf anatomischen Merkmalen) wurde diese - gleichwohl aber ein den Beschwerdeführer belastendes Indiz darstellende - Spur nicht verwertet. Hingegen entspricht die Spur

2.7 D 1 a (im Hauptverhandlungsprotokoll Spur A) den besagten strengeren österreichischen Richtlinien (zwölf anatomische Merkmale). Die - zufolge der bei Plastikmaterial unzureichenden technischen Ausstattung der österreichischen Erkennungsdienststelle erforderliche - Mitwirkung des Bundeskriminalamtes Wiesbaden bestand (auch) diesbezüglich nur in der Herstellung des Spurenfotogramms des auf einem Plastiksack aufscheinenden Fingerabdrucks. Die Auswertung dieses Fotogramms durch die österreichische Institution begegnet keinerlei Bedenken; eine solche wäre in Deutschland gar nicht erforderlich gewesen, sodaß auf die andere dortige Beurteilung hinsichtlich der durch eine Narbe unterbrochenen Papillarlinien (siehe Vermerk vom 15.April 1986 in der Beil./A) nicht eingegangen werden mußte. Solche Bedenken ergeben sich entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht daraus, daß ein Geschworner keine Narbe am linken Ringfinger des Beschwerdeführers sehen konnte, weil eine solche Beobachtung, die offenbar von einem laienhaften Verständnis des Begriffs Narbe ausgeht, nicht die Bekundungen eines sachverständigen Zeugen entkräften kann. Im übrigen hatten die Geschwornen, wie sich aus der Niederschrift ergibt, Bedenken gegen die sachgemäße Auswertung der Fingerabdrücke und haben die Täterschaft des Beschwerdeführers auf andere Beweisergebnisse gestützt. Die Abweisung des Beweisantrags hat daher auf die Entscheidung keinen für ihn nachteiligen Einfluß geübt (§ 345 Abs. 3 StPO).

Aus dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 8 StPO rügt der Beschwerdeführer die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung deshalb als unvollständig und unrichtig, weil zum einen darin nicht hinreichend erklärt werde, was unter einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zu verstehen ist, und zum anderen die Erläuterung der führenden Tätigkeit in einer solchen Verbindung rechtlich verfehlt sei. Auch dieser Rüge kommt keine Berechtigung zu. Indem die Geschwornen dahin unterrichtet wurden, daß eine Verbindung im Sinn des § 12 Abs. 3 Z 2 SGG "der Zusammenschluß einer größeren Zahl von Menschen, wobei als Richtzahl für die Mindestanzahl 10 angenommen werden kann", ist (S 5 der Rechtsbelehrung), wurde ihnen der in Rede stehende Rechtsbegriff im Kern richtig (vgl. Leukauf-Steininger, Nebengesetze 2 2. ErgH 1985, 52), aber auch zureichend und in einer Weise erläutert, der keinen Anlaß zu etwaigen Mißverständnissen bei dessen Auslegung bieten konnte, wobei sich diese Belehrung sowohl auf die Qualifikationsnorm des § 12 Abs. 3 Z 2 SGG als auch auf jene des Abs. 4 der zitierten Gesetzesstelle bezogen hat. Nicht erforderlich war es dabei, den Unterschied zu einer Bande (im Sinn des § 12 Abs. 3 Z 1 SGG) herauszustellen; genug daran, daß als wesentliches Merkmal einer Verbindung der Zusammenschluß einer größeren, etwa mit mindestens 10 Personen anzunehmenden Zahl von Menschen zur Erreichung eines bestimmten Zweckes, nämlich der Begehung von strafbaren Handlungen nach § 12 Abs. 1 SGG, angeführt wurde. Durch die am Schluß der Rechtsbelehrung, die von den Geschwornen als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen ist, beigefügten ergänzenden Erläuterungen (S 13 der Rechtsbelehrung) konnte bei den Geschwornen aber auch kein Zweifel darüber entstehen, daß eine Verbindung im hier relevanten Sinn auf eine gewisse Dauer ausgerichtet sein und eine mehr oder minder ausgestaltete Organisation aufweisen muß, um das damit angestrebte Ziel erreichen zu können (vgl. abermals Leukauf-Steininger aaO 52 sowie Kodek, Suchtgiftgesetz, 57 f). Die Geschwornen wurden aber auch - wie bereits anläßlich der Erörterung des bezüglichen Einwands in der Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten ausgeführt wurde - über den Begriff des "führenden Tätigseins" in einer derartigen Verbindung entsprechend belehrt, wird doch in der Rechtsbelehrung (S 5, 13) zutreffend ausgeführt, daß die "führende Tätigkeit" nicht auf den "obersten Chef" der Verbindung beschränkt ist, sondern auch "Unterführer" erfaßt, die einen nicht unmaßgeblichen Einfluß auf die Verbindungstätigkeit haben, mithin, wenn auch allenfalls nur in Teilbereichen, selbständig im Rahmen der Verbindung zur Erreichung ihres Zwecks disponieren können (vgl. Leukauf-Steininger aaO 53; Foregger-Litzka, Suchtgiftgesetz, 34). Daß dabei an einer Stelle der Rechtsbelehrung (S 13) von "führender Beteiligung" (und nicht von "führender Tätigkeit", wie auf S 5 der Rechtsbelehrung) gesprochen wird, ist ohne Belang. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bedurfte es im gegebenen Zusammenhang nicht des Hinweises, daß es "lediglich" darum gehe, wer bei der gegenständlichen Straftat führend tätig war. Denn gemäß § 12 Abs. 4 SGG kommt es nur darauf an, daß der Täter in einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung "solcher" (nämlich nach § 12 Abs. 1 SGG) strafbarer Handlungen führend tätig ist, sofern nur die konkrete Tat im Rahmen der Verbindung verübt worden ist.

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 12 StPO rügt der Beschwerdeführer die Anwendung des Suchtgiftgesetzes in der Fassung der Novelle 1985, weil es sich um ein fortgesetztes Delikt handle, das schon mit dem "Probekauf" unter der Herrschaft des alten Gesetzes (im Frühjahr 1985) begonnen habe. Hinsichtlich dieses - nicht vom Wahrspruch ausgehenden - Vorbringens genügt es jedoch, auf die Ausführungen zur gleichartigen Rüge des Zweitangeklagten zu verweisen.

Aus demselben Nichtigkeitsgrund bekämpft der Beschwerdeführer die Heranziehung der Qualifikation des § 12 Abs. 4 SGG, weil nach dem Wahrspruch nur fünf Täter beteiligt waren, unter denen unmöglich drei eine führende Tätigkeit entfaltet haben könnten, insbesondere nicht der Beschwerdeführer, dessen Tathandlung nur in der Verpackung eines Teils des Suchtgifts in einem Koffer und in der Mitwirkung beim Transport bestanden habe. Bei diesen Ausführungen übersieht der Beschwerdeführer, daß der Wahrspruch (im Zusammenhang mit der auf die Richtzahl 10 bei der Verbindung abstellenden Rechtsbelehrung) eindeutig zum Ausdruck bringt, daß die Angeklagten Mitglieder einer aus einer größeren Personenzahl bestehenden Verbindung waren, wobei andere Mitglieder nicht ausgeforscht oder vor Gericht gestellt werden konnten. Insbesondere konnte im Verfahren nicht aufgeklärt werden, wer das Heroin nach Österreich gebracht hat. Der Versuch des Beschwerdeführers, die Rechtsrüge abweichend vom Wahrspruch auf die willkürliche Annahme zu stützen, er sei nur an einer Verbindung der Mitangeklagten beteiligt gewesen, auszuführen, widerspricht dem Gesetz (Mayerhofer-Rieder 2 , E 1 ff zu § 345 Z 11 a, E 8 zu § 345 Z 12).

Zwar gesetzmäßig ausgeführt, aber im Irrtum ist die Subsumtionsrüge schließlich, wenn sie aus dem Plural "Verbindung .... zur Begehung solcher strafbaren Handlungen" (§ 12 Abs. 3 Z 2 SGG) ableiten will, die Qualifikation des § 12 Abs. 4 SGG könne nur den treffen, der mehrere Taten nach Abs. 1 zu verantworten hat. Die Unrichtigkeit dieser Ansicht ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 4 SGG: "der Täter der im Abs. 1 bezeichneten Tat".

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Satar N***:

Dieser Beschwerdeführer bekämpft zunächst in der Verfahrensrüge (Z 5) die Abweisung der von ihm in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge (S 257 f und 271 f, 275/IX). Der erste dieser Anträge bezog sich auf die Vernehmung der (anscheinend in den USA wohnhaften) Suchtgifthändler F*** und M*** zum Beweis dafür, daß der Beschwerdeführer nicht in führender Position tätig war und über jede von ihm weitergegebene Entscheidung mit F*** Rücksprache halten mußte, sowie ferner, daß Samad Akbari A*** direkt mit F*** Kontakt aufgenommen habe und nicht (wie er sagt) mit dem Beschwerdeführer. Diese Beweisanträge wurden abgewiesen, weil sich aus einem Fernschreiben des amerikanischen Suchtgiftbekämpfungsamtes (D*** E*** A*** - Beil./B zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 9.Oktober 1986, ON 476, Bd. IX S 261 - ergibt, daß der Aufenthalt dieser (als Mittäter verdächtiger) Personen den amerikanischen Behörden nicht bekannt ist. Der darauffolgenden Adreßbekanntgabe durch den Verteidiger Dr. M*** (S 273/IX) hielt das Gericht entgegen, daß das Fernschreiben jüngsten Datums und daher aktueller ist als die aus Dezember 1984 stammende Information des Verteidigers. Das Beschwerdevorbringen dagegen, das im wesentlichen auf der Überlegung beruht, F*** sei gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden und diese wäre für verfallen erklärt worden, wenn er seinen Aufenthalt verlassen hätte, kann nicht überzeugen. Da aufgrund einer unbedenklichen Behördenmitteilung feststeht, daß der Aufenthalt der genannten Zeugen den Behörden seines Aufenthaltstaates unbekannt ist, die Zeugen somit für das Gericht unerreichbar sind, begründet die Nichtdurchführung dieses aussichtslosen Beweises keine Nichtigkeit im Sinne des § 345 Abs. 1 StPO (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 E 102 bis 104 zu § 281 Z 4, E 21 zu § 345 Z 5). Das Zwischenerkenntnis über die Abweisung der auf den Nachweis der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers abzielenden Beweisanträge (Beischaffung eines freisprechenden Urteils aus Holland; Strafregisterauskunft aus Täbris) kann schon deshalb keine Nichtigkeit des Urteils begründen, weil sich die abgewiesenen Anträge nicht auf für den Schuldspruch entscheidende Tatsachen, sondern lediglich auf einen allenfalls für die Strafzumessung bedeutsamen Umstand beziehen, wozu kommt, daß ohnedies von der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ausgegangen wurde. Schließlich wurde auch die Beischaffung einer Tonbandaufzeichnung über ein Telefonat zwischen dem Beschwerdeführer und dem (als Scheinkäufer aufgetretenen amerikanischen Polizeibeamten) S*** zum Beweis dafür begehrt, daß der Beschwerdeführer bei diesem Gespräch schwer bedroht worden sei. Der Schwurgerichtshof hielt diese Beweisaufnahme - mit Recht - für überflüssig, weil auch bei Zutreffen der Behauptung eine Notstandssituation nicht gegeben wäre; hat doch der Angeklagte selbst mit S*** Kontakt aufgenommen und sich freiwillig (vgl. § 10 Abs. 2 erster Satz StGB) in ein kriminelles und im allgemeinen auch mit Gefahr verbundenes Geschäft eingelassen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es keine Frage der Beweiswürdigung, ob derartige telefonische Äußerungen einen die Schuld des Angeklagten ausschließenden Notstand begründen, sondern eine Rechtsfrage. Schon nach der Verantwortung des Beschwerdeführers selbst lag der Schuldausschließungsgrund des Notstandes nicht vor. Auch wenn er von dem Scheinkäufer zur Beschleunigung und Durchführung der von ihm angebahnten Geschäftsverbindung bedroht und eingeschüchtert worden sein sollte, hätte das für ihn keinesfalls Notstand im Sinne des § 10 StGB begründet, sodaß der nähere Gesprächsinhalt tatsächlich ohne rechtliche Relevanz ist und die Beweisaufnahme überflüssig war. Die Rüge der Rechtsbelehrung (Z 8), die sich abermals auf die Rechtsfrage der Verbindung einer größeren Zahl von Menschen und die führende Tätigkeit darin bezieht, kann auf Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ahmed K*** verwiesen werden.

Ebenso ist die Rechtsrüge (U 12), die ebenfalls die Anwendbarkeit der Suchtgiftgesetznovelle 1985 auf die gegenständlichen Taten bestreitet, weil das gesamte Suchtgiftgeschäft schon vom Frühjahr 1985 an etappenweise verwirklicht worden sei, auf das Vorgesagte zu verweisen. Auch diese, vom Wahrspuch abweichende Rüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden waren somit zu verwerfen. Akbar Akbari A*** wurde nach § 12 Abs. 3 SGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Jahren und gemäß § 12 Abs. 5 SGG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 500.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit sechs Monate Freiheitsstrafe und nach § 37 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 100.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Freiheitsstrafe, Samad Akbari A*** nach § 12 Abs. 4 SGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren, nach § 12 Abs. 5 SGG zu einer Geldstrafe von 1 Mio S, im Fall der Uneinbringlichkeit ein Jahr Freiheitsstrafe und nach § 37 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 100.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Freiheitsstrafe, Ahmed K*** nach § 12 Abs. 4 SGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren, nach § 12 Abs. 5 SGG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 1 Mio S, im Fall der Uneinbringlichkeit ein Jahr Freiheitsstrafe und nach § 37 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 100.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Freiheitsstrafe, Satar N*** nach § 12 Abs. 4 SGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren, nach § 12 Abs. 5 SGG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 1 Mio S, im Fall der Uneinbringlichkeit ein Jahr Freiheitsstrafe und nach § 37 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 100.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 26 Abs. 1 FinStrG (§ 43 Abs. 1 StGB) wurde die über Akbar Akbari A*** verhängte Geldstrafe für die Dauer einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Auf diese Strafen wurden die Vorhaftzeiten angerechnet und gemäß § 13 Abs. 1 SGG das sichergestellte Suchtgift eingezogen.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei allen Angeklagten als erschwerend die große Suchtgiftmenge, als mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und daß es beim Versuch geblieben ist. Bei Samad Akbari A*** außerdem als mildernd das reumütige Geständnis und bei Satar N*** das Geständnis und als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art (§ 33 Z 1 StGB).

Mit ihren Berufungen begehren alle vier Angeklagten eine Herabsetzung der Freiheits- und der Geldstrafen, Samad Akbari A*** und Satar N*** außerdem ausdrücklich von einer Geldstrafe abzusehen oder diese bedingt auszusprechen. Die Berufungen sind teilweise berechtigt.

Zu den vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründen kommt bei Akbar Akbari A*** und Samad Akbari A*** als erschwerend noch das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art (Urteilsfakten A 1 und A 2) hinzu. Das Erstgericht hat bei der Verhängung der Strafen aber nicht berücksichtigt, daß es sich bei den 50.006 Gramm Heroin um eine gestreckte Menge handelt, die tatsächlich 15 Kilo reines Heroin enthält. Richtig ist aber, daß auch 15 Kilo Heroin eine derartig große Menge ist, die die Grenzmenge laut § 12 Abs. 3 Z 3 SGG um ein Vielfaches übersteigt. Bei allen Angeklagten wurde nicht im ausreichenden Maße der ordentliche Lebenswandel und der Umstand gewürdigt, daß es beim Versuch geblieben ist. Die ganze Suchtgiftmenge konnte in Beschlag genommen werden, sodaß objektiv kein Schaden für die Volksgesundheit entstehen konnte. Auch wurde der Verkauf der großen Menge Heroin von Beamten der amerikanischen Suchtgiftfahndung initiiert.

Beim Angeklagten Akbar Akbari A*** kann zwar von minderer Beteiligung nicht gesprochen werden, doch erscheint bei den vorliegenden Strafbemessungsgründen eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren angemessen.

Bei Samad Akbari A*** wurde neben den Milderungsgründen des Versuchs und des ordentlichen Lebenswandels das reumütige Geständnis nicht ausreichend gewertet. Als mildernd kommt noch hinzu, daß er nach seiner unwiderlegt gebliebenen Verantwortung zur Begehung von Suchtgiftverbrechen mit der Zusage, die Ausreise seines im Heimatland verbliebenen Kindes zu ermöglichen, veranlaßt wurde. Außerdem war er zwar, dem Wahrspruch der Geschwornen folgend, in einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung von Suchtgiftverbrechen tätig (§ 12 Abs. 4 SGG), jedoch handelt es sich bei ihm keineswegs um das Oberhaupt der Verbindung, sondern lediglich um einen Unterführer, dessen Bedeutung in der Organisation auch nicht der des Ahmed K*** und des Satar N***

entspricht. Unter Berücksichtigung der Milderungsgründe und seiner tatsächlichen Stellung in der Organisation, erscheint eine Strafe von 14 Jahren ausreichend und angemessen.

Aber auch bei Ahmed K*** und Satar N*** war unter Berücksichtigung der bereits mehrfach erwähnten Milderungsgründe und des Umstandes, daß auch sie nicht einem Oberhaupt der Verbindung gleichzustellen waren, die Verhängung der Höchststrafe nicht gerechtfertigt. Bei Satar N*** kommt noch das Geständnis als mildernd, das Zusammentreffen mit einem weiteren Suchtgiftdelikt hingegen als erschwerend hinzu. In Stattgebung ihrer Berufungen war daher die über diese beiden Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf die angemessene Höhe von jeweils 17 Jahren herabzusetzen. Mit Rücksicht auf die großen Suchtgiftmengen und den erwarteten Nutzen ist bei allen Angeklagten die Verhängung von Geldstrafen nach § 12 Abs. 5 SGG in der vom Erstgericht ausgesprochenen Höhe gerechtfertigt. Eine Herabsetzung oder das Absehen von Geldstrafen ist nicht vertretbar. Für eine bedingte Nachsicht der nach dem Suchtgiftgesetz ausgesprochenen Geldstrafen fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen.

Unter Rücksichtnahme auf die Höhe der hinterzogenen Eingangsabgaben, die auf die verhehlten Sachen entfallen, sind auch die nach § 37 Abs. 2 FinStrG über alle Angeklagten verhängten Geldstrafen keineswegs zu hoch. Eine bedingte Nachsicht derselben ist bei dem Zweit-, Dritt- und Viertangeklagten aus Gründen der Spezial- und Generalprävention (§ 26 Abs. 1 FinStrG, § 43 Abs. 1 StGB) nicht vertretbar.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E10849

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00177.86.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19870409_OGH0002_0120OS00177_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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