TE OGH 1987/4/23 8Ob73/86

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Veröffentlicht am 23.04.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** A***

V***-AG, Hietzinger Kai 101-105, 1130 Wien, vertreten durch Dr. Heinz Oppitz und Dr. Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei V***-A*** AG, Werksgelände, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Hans und Dr. Georg Maxwald, Rechtsanwälte in Linz, wegen 861.424,66 S s.A., infolge Revision der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 9. Juli 1986, GZ 2 R 90/86-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes Linz vom 2. Jänner 1986, GZ 3 Cg 107/85-9, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 10. Dezember 1979 ereignete sich gegen 6,45 Uhr auf dem Werksgelände der Beklagten in Linz auf der Sinterstraße ein Verkehrsunfall, an dem Horst P*** als Halter und Lenker des PKW mit dem Kennzeichen O 852.464 - die Klägerin ist der Haftpflichtversicherer dieses Kraftfahrzeuges - und Franz A*** als Lenker eines von der Beklagten gehaltenen Radladers der Type Alpine 562 beteiligt waren. Die beiden Fahrzeuge kollidierten im Begegnungsverkehr. Dabei wurde Horst P*** so schwer verletzt, daß er am 11.Jänner 1980 an den Unfallsfolgen verstarb. Seine in seinem PKW mitfahrende Ehegattin Theresia P*** wurde schwer verletzt. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde zu 19 Vr 130/80 des Landesgerichtes Linz ein Strafverfahren gegen Franz A*** eingeleitet; es wurde gemäß § 90 StPO eingestellt.

Mit einer am 28. August 1980 beim Erstgericht zu 7 Cg 252/80 eingebrachten Klage begehrte Theresia P*** die Feststellung, daß ihr die nunmehrige Klägerin zur Gänze für sämtliche Schäden und Folgen aus diesem Verkehrsunfall, beschränkt auf die Deckungssumme des zum Unfallszeitpunkt hinsichtlich des PKW mit dem Kennzeichen O 852.464 bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages, ersatzpflichtig sei. Diesem Begehren wurde mit Versäumungsurteil vom 18. September 1980 rechtskräftig stattgegeben.

In dem zu 7 Cg 307/81 des Erstgerichtes gegen Franz A*** und die nunmehrige Beklagte geführten Rechtsstreit (die Klage wurde am 20. Oktober 1981 eingebracht) begehrte Theresia P*** die Feststellung, daß ihr die Beklagten zur ungeteilten Hand für sämtliche Schäden und Folgen aus dem Verkehrsunfall vom 10. Dezember 1979 zur Gänze ersatzpflichtig seien. Dieses Begehren wurde in letzter Instanz mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 20. Juni 1984, 8 Ob 28/84, gegenüber Franz A*** abgewiesen; bezüglich der nunmehr Beklagten wurde dem Feststellungsbegehren im Rahmen der im EKHG normierten Höchstbeträge stattgegeben; das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

In dem zu 7 Cg 124/83 des Erstgerichtes gegen die nunmehrige Klägerin geführten Rechtsstreit (die Klage wurde am 11. März 1983 eingebracht) begehrte Theresia P*** aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus dem Verkehrsunfall vom 10. Dezember 1979 die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 437.885,10 S s.A. (Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Kosten einer kosmetischen Operation, Pflegekosten, Kosten für Hilfsmittel und Rezeptgebühren). Mit Urteil des Erstgerichtes vom 12. Februar 1984 wurde in diesem Verfahren der Klägerin ein Betrag von 287.885,10 S s. A. zugesprochen, das auf Zahlung eines weiteren Betrages von 150.000 S s.A. gerichtete Mehrbegehren hingegen abgewiesen. Eine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Die nunmehr klagende Partei leistete aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall Zahlungen an Theresia P***, die OÖ G*** (für unfallskausale Leistungen an Theresia P***), die AUVA und die P*** der Angestellten (gleichfalls für unfallskausale Leistungen an Theresia P***), die der Höhe nach mit je 1 S außer Streit stehen (ON 8 S 48 f). Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 861.424,66 S s.A. (das ist ein Drittel der nach den Behauptungen der Klägerin von ihr erbrachten Schadenersatzleistungen) im wesentlichen mit der Begründung, daß ihren Versicherungsnehmer Horst P*** ein mit zwei Dritteln zu bewertendes Verschulden an dem Verkehrsunfall vom 10. Dezember 1979 treffe, daß ihr aber nach den Bestimmungen des EKHG ein Drittel der von ihr erbrachten Leistungen von der Beklagten zu ersetzen sei, weil der von Franz A*** gelenkte Radlader unzureichend beleuchtet gewesen sei. Der Radlader sei nur mit Scheinwerfern beleuchtet gewesen, die 3,2 m über dem Fahrbahnniveau angebracht gewesen seien. Begrenzungsleuchten und seitliche Rückstrahler seien nicht angebracht gewesen. Durch diese mangelhafte Beleuchtung seien die Umrisse des Fahrzeuges, nämlich die Breite der Schaufel, nur äußerst schwer erkennbar gewesen. Wären Begrenzungsleuchten vorhanden gewesen, wäre der Radlader bereits auf größere Entfernung erkennbar gewesen. Wenn schon die Verwendung des Radladers ohne Begrenzungsleuchten und ohne seitliche Rückstrahlereinrichtungen unter den konkreten Umständen kein Verschulden begründe, liege doch jedenfalls darin die Verwirklichung einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr.

Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, Horst P*** sei als ihrem langjährigen Arbeitnehmer bekannt gewesen, daß Radlader nicht mit Begrenzungsleuchten ausgerüstet gewesen seien und daß in ihrem Werksgelände auch in der Nacht Arbeitsmaschinen verkehrten. Vom Radlader sei nur die gewöhnliche Betriebsgefahr ausgegangen. Der Klagsanspruch sei verjährt. Hinsichtlich der an Theresia P*** von der Klägerin erbrachten Leistungen von 487.885,10 S werde die Verjährungseinrede auch darauf gestützt, daß Theresia P*** ihre Leistungsklage gegen die Klägerin erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist eingebracht habe. Die von der Klägerin in bezug auf jenes Verfahren abgegebene Erklärung, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, sei gegenüber der Beklagten unwirksam. Das Erstgericht entschied nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruches (ON 8 S 46) mit Zwischenurteil, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Zur Unfallszeit war die Sinterstraße naß, weil feiner Nieselregen herrschte. Die Sichtverhältnisse waren schlecht. Die Straßenbeleuchtung war eingeschaltet. Die Sinterstraße verläuft im Unfallsbereich über mehrere hundert Meter geradlinig. Ihre Fahrbahnbreite beträgt von Asphaltrand zu Asphaltrand 5,8 m. Im V***-Gelände besteht eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h. Horst P*** fuhr bei durch den Arbeitsbeginn (Schichtbeginn) bedingtem starkem Verkehraufkommen mit seinem PKW auf der Sinterstraße mit Abblendlicht mit einer Geschwindigkeit von ca. 70 bis 80 km/h von der Werkshauptstraße kommend in Richtung Erzvorbereitung. Vor seinem PKW fuhr Johann A*** mit seinem Moped mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h. Horst P*** wollte dieses Moped überholen und übersah dabei den von Franz A*** gelenkten entgegenkommenden Radlader der Beklagten, der auf der Sinterstraße, von der Erzvorbereitung (Lagergarage) kommend, mit einer Geschwindigkeit von 15 bis 20 km/h in Richtung Werkshauptstraße am äußerst rechten Fahrbahnrand fuhr. Die Schaufelbreite des Radladers beträgt 2,47 m; die Schaufel ist geringfügig breiter als die Bereifung des Radladers. Der Abstand zwischen der Schaufel des Radladers und dem für den PKW-Lenker rechten Fahrbahnrand betrug ca. 3 m und hätte ohne weiteres für die Durchfahrt des PKW ausgereicht. Im Zuge des Überholmanövers geriet der PKW etwa 15 bis 20 m vor dem Radlader über die Fahrbahnmitte und kollidierte mit unverminderter Geschwindigkeit mit dem Radlader, wobei es zu einer frontalen Kollision mit etwa halber Breitenüberdeckung kam und der PKW mit mehr als der halben Fahrzeugbreite über die Fahrbahnmitte gekommen war. Franz A*** hatte von seinem Vorarbeiter den Auftrag erhalten, etwa 100 m nach der späteren Unfallstelle auf der Sinterstraße mit dem Radlader Planierungsarbeiten vorzunehmen; er befand sich gerade auf der Fahrt von der Lagergarage zu dieser Baustelle zwecks Durchführung des Auftrages. Am Radlader bestand die Beleuchtung aus zwei an der oberen Dachkante der Führerkabine angebrachten nach vorn gerichteten Scheinwerfern, aus zwei symmetrisch angebrachten Rück- und Bremsleuchten und aus Blinkern. Die am Führerhaus angebrachten Scheinwerfer haben, bezogen auf ihre Mitte, einen Abstand von 3,2 m vom Fahrbahnniveau. An der Führerhausfront sind links- und rechtsseitig Steckdosen vorhanden, die die Möglichkeit für eine Stromversorgung für eine auf die Ladeschaufel aufgesteckte Beleuchtungseinrichtung ergeben. Diese Beleuchtungseinrichtung ist, falls sie angebracht wird, nur an der Ladeschaufel festzuklemmen. Der Radlader war jedoch zum Unfallszeitpunkt nicht mit diesen Begrenzungsleuchten ausgerüstet; auch waren seitliche Rückstrahler nicht vorhanden. Zum Unfallszeitpunkt hatte A*** die Scheinwerfer und die Rundumleuchte des Radladers eingeschaltet.

Die Umrisse des Radladers, insbesondere die Breite der Schaufel und des gesamten Fahrzeuges, sind bei eingeschalteten Dachscheinwerfern und auch bei zusätzlich dazu eingeschalteter Rundumleuchte aus einer Distanz von 200 bis 300 m nicht erkennbar. Die Erkennbarkeit dieser Umrisse ist ohne eingeschaltete Begrenzungsleuchten bei weiterer Annäherung erst durch die Straßenbeleuchtung rechts außerhalb der Fahrbahn, gesehen in Fahrtrichtung des PKW-Lenkers, gegeben. Die Wahrnehmung der Umrisse des Radladers ist aber auch ohne eingeschaltete Begrenzungsleuchten aus einer Distanz von 30 bis 40 m auf jeden Fall möglich, bei genauerer Beobachtung schon aus einer Distanz von 50 bis 60 m. Die Rundumleuchte erhöht kaum die Wahrnehmbarkeit des Fahrzeuges, zumal sie im Hinblick auf die geringe Leuchtdichte und den Standort zwischen den beiden Dachscheinwerfern trotz des beweglichen Lichtes nur verhältnismäßig schwach erkennbar ist. Die Beklagte besitzt eine Ausnahmegenehmigung des Arbeitsinspektorates, daß bei Radladern eine Rundumleuchte genügt und die Verwendung von Begrenzungsleuchten nicht erforderlich ist. Diese Regelung gilt für Radlader und Gabelstapler im Bereich des Werksgeländes der Beklagten. Zum Zeitpunkt des am 20. Dezember 1982 im Verfahren 7 Cg 307/81 des Erstgerichtes durchgeführten Ortsaugenscheines waren an den äußeren Enden der Ladeschaufel des Radladers bereits Begrenzungsleuchten montiert. Bei diesen Begrenzungsleuchten handelt es sich um Scheinwerfer, die eine Lichtaustrittsfläche von 14 cm haben, wodurch die Erkennbarkeit des Radladers für einen entgegenkommenden Fahrzeuglenker bedeutend besser ist. Franz A*** war seit vielen Jahren bei der Beklagten als Ladefahrer beschäftigt und fuhr auch schon vor dem Unfallstag mehrere Jahre hindurch im V***-Gelände mit derartigen Radladern. Er hatte jedoch bis zum Unfallstag nie derartige Begrenzungsleuchten verwendet und waren solche auch nie auf dem Radlader montiert. Franz A*** wurde auch nie dazu angehalten, die Begrenzungsleuchten aufzumontieren. Er war selbst der Meinung, im Werksgelände der V*** genüge die Verwendung von Scheinwerfern und der Rundumleuchte. Außerdem war der Balken mit den Begrenzungsleuchten damals nicht geteilt und dadurch so schwer, daß er ohne Hilfe einer weiteren Person nicht aufmontiert werden konnte.

Der Radlader der Beklagten hat als Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Z 1 KFG zu gelten.

Horst P*** war seit 21. Juli 1960 im Werk der Beklagten beschäftigt. Ihm war daher bekannt, daß auf dem Gelände der Beklagten Arbeitsmaschinen, insbesondere auch Radlader, verkehren. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, die Nichtverwendung einer Begrenzungsbeleuchtung gereiche der Beklagten zwar nicht zum Schuldvorwurf, doch liege hier eine vom Radlader ausgehende außergewöhnliche Betriebsgefahr vor. Die Inbetriebnahme des Radladers zur Nachtzeit ohne die vorhandenen Begrenzungsleuchten, die nur an den eigens dafür vorgesehenen Steckdosen an der Führerhausfront anzuschließen gewesen wären, stelle ein wesentliches über den normalen Betrieb hinausgehendes Gefahrenmoment dar. Das Erstgericht erachtete deshalb eine Schadensteilung im Verhältnis von 2 : 1 zu Gunsten der Beklagten als angemessen. Die geltendgemachten Regreßansprüche der Klägerin unterlägen der 30jährigen Verjährung. Die von Theresia P*** gegen die Klägerin erhobene

Leistungsklage sei innerhalb von drei Jahren nach der Zustellung des Versäumungsurteiles, in welchem die Haftung der Klägerin festgestellt worden sei, überreicht worden. Schon im Hinblick darauf habe in jenem Verfahren ein Verjährungseinwand der dort Beklagten erfolglos bleiben müssen.

Der gegen dieses Zwischenurteil des Erstgerichtes gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es (unter Einbeziehung des bestätigenden Teiles seiner Entscheidung) den Klagsanspruch dem Grunde nach mit 60 % (ein Fünftel vom Ganzen) als zu Recht bestehend und mit 40 % als nicht zu Recht bestehend erkannte. Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus, daß der von der Klägerin geltend gemachte Ausgleichsanspruch der 30jährigen Verjährung (§ 1497 ABGB) unterliege. Die Einbringung einer mit einer Leistungsklage verbundenen in der Folge erfolgreichen Feststellungsklage bewirke, daß einzelne Schadenersatzansprüche, selbst wenn sie bereits zum selben Zeitpunkt mit Leistungsklage hätten begehrt werden können, auch nach Ablauf der dreijährigen Verjährungszeit im anhängigen Prozeß durch Ausdehnung geltend gemacht werden könnten. Dieser Grundsatz müsse auch für eine nach dem erwirkten Feststellungsurteil überreichte Leistungsklage gelten. Die innerhalb der Verjährungsfrist begehrte Feststellung, die Klägerin hafte der Theresia P*** zur Gänze für sämtliche Schäden und Folgen aus diesem Unfall, umfasse sämtliche von der Klägerin an Theresia P*** beglichenen Ansprüche. Auf Grund des Feststellungsurteiles wären daher bereits damals bestandene und auch erst nachträglich entstehende Ansprüche - sofern nicht die Haftung für künftig wiederkehrende Leistungen festgestellt worden sei - erst nach 30 Jahren verjährt. Die Klägerin habe daher nicht bereits verjährte Forderungen an Theresia P*** bezahlt.

Was die Frage der Ausgleichspflicht der Beklagten anlange, sei davon auszugehen, daß ein von der Beklagten zu vertretendes Verschulden des Lenkers ihres Fahrzeuges nicht vorliege. Bei eindeutigem Verschulden eines Beteiligten komme es darauf an, ob nach den Umständen Anlaß bestehe, auch den anderen Beteiligten zum Ausgleich heranzuziehen. Da den Versicherungsnehmer der Klägerin ein Verschulden treffe und die gewöhnliche Betriebsgefahr gegenüber einem Verschulden zur Gänze zurücktrete, komme eine Ausgleichspflicht der Beklagten nur in Frage, wenn der Unfall auf eine außergewöhnliche Betriebsgefahr des Radladers zurückzuführen sei.

Die gewöhnliche vom Kraftfahrzeug der Beklagten ausgehende Betriebsgefahr sei dadurch entscheidend erhöht worden, daß das Nichtvorhandensein von Begrenzungsleuchten die zum Unfall führende Gefahrenlage unmittelbar heraufbeschworen habe. Durch die Inbetriebnahme des Radladers bei Dunkelheit (6,45 Uhr) und Nieselregen sei deshalb eine besondere Gefahr entstanden, weil der Radlader durch die nicht angebrachten Begrenzungsleuchten für einen entgegenkommenden Kraftfahrzeuglenker erheblich schwerer erkennbar gewesen sei. Dazu komme, daß gerade zu jener Zeit wegen des Arbeitsantrittes vieler V***-Dienstnehmer um 7 Uhr mit einem verstärkten Begegnungsverkehr zu rechnen gewesen sei. Die Tatsache, daß das Fahren mit dem Radlader zum Unfallszeitpunkt nicht rechtswidrig gewesen sei, besage noch nicht, daß sich nicht darin eine außergewöhnliche Betriebsgefahr verwirklicht habe. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß die Beleuchtungsvorschriften des KFG der Verkehrssicherheit dienten. Wenn auf einem privaten Werksgelände Kraftfahrzeuge verkehrten, die hinsichtlich der Beleuchtungsvorschriften nicht den Bestimmungen des KFG entsprächen, führe dies insbesondere bei schlechten Sichtverhältnissen wie bei Dunkelheit und Nieselregen zu einer außergewöhnlichen Erhöhung der mit dem Betrieb eines derartigen Fahrzeuges verbundenen Unfallsgefahr. Durch den Mangel der Beleuchtung werde nämlich die Erkennbarkeit eines solchen Fahrzeuges wesentlich erschwert. Es sei also durch die Benützung des Radladers zur Unfallszeit keineswegs nur die normalerweise mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges verbundene Betriebsgefahr verwirklicht worden. Daß der Radlader als solcher schon auf größere Entfernung infolge der Rundumleuchte und der Scheinwerfer erkennbar gewesen wäre, ändere an diesen Schlußfolgerungen nichts. Es gehe darum, daß die Erkennbarkeit der Umrisse dieses Fahrzeuges dadurch außerordentlich erschwert gewesen sei, daß die vorhandenen Beleuchtungseinrichtungen 3,2 m über dem Fahrbahnniveau gelegen seien und insbesondere die äußeren Begrenzungen erst auf 50 bis 60 m bei angespannter Aufmerksamkeit erkennbar gewesen seien. Es wären aber Einrichtungen am Radlader vorhanden gewesen, die die Anbringung besserer Beleuchtungseinrichtungen ermöglicht hätten.

Der Unfall sei daher auch auf eine besondere Betriebsgefahr des Radladers der Beklagten zurückzuführen.

Der Versicherungsnehmer der Klägerin habe allerdings ein schweres Verschulden zu vertreten. Er habe die höchstzulässige Geschwindigkeit von 50 km/h um 40 bis 60 % überschritten und weiters gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht verstoßen. Obwohl er die Scheinwerfer und die Rundumleuchte auf dem Dach des Radladers bereits aus größerer Entfernung hätte sehen können, habe er das Fahrzeug zum Überholen auf die Gegenfahrbahn gelenkt. Bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte er sogar die Umrisse des Radladers auf eine Entfernung von 50 bis 60 m erkennen können. Horst P*** habe daher auch einen schwerwiegenden Aufmerksamkeitsfehler zu vertreten.

Bei derartig grobem Verschulden des Versicherungsnehmers der Klägerin sei eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 4 zu Lasten der Klägerin gerechtfertigt.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Streitteile. Die Klägerin bekämpft sie in ihrem abändernden Teil aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern. Die Beklagte bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes in ihrem bestätigenden Teil gleichfalls aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß zu Recht erkannt wird, daß das Klagebegehren dem Grunde nach nicht zu Recht besteht", allenfalls es dahin abzuändern, "daß das Klagebegehren dem Grunde nach zur Hälfte (vom eingeklagten Drittel) zu Recht besteht"; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Beide Streitteile haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs. 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Soweit die Beklagte in ihrer Rechtsrüge darzutun versucht, daß der Klagsanspruch verjährt sei, ist ihr zu entgegnen, daß nach ständiger Rechtsprechung (SZ 43/15 mwN; 8 Ob 173/78; 2 Ob 228/81 ua). Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Ersatzpflichtigen nach Erfüllung von Ersatzansprüchen Dritter im Sinne des § 11 Abs. 1 erster Satz EKHG - und nur ein solcher Anspruch wird von der Klägerin geltend gemacht - der dreißigjährigen Verjährung unterliegen. Soweit die Beklagte aber mit ihren Ausführungen zum Ausdruck bringen will, daß sie der Klägerin ihre an Theresia P*** erbrachten Schadenersatzleistungen nicht zu refundieren brauche, weil die Ersatzansprüche der Theresia P*** gegen die Klägerin bereits im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung verjährt gewesen seien, übersieht sie, daß nach Lehre und ständiger Rechtsprechung durch die Einbringung einer auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftig fällig werdende Schadenersatzleistungen gerichteten Feststellungsklage - wenn und insoweit ihr später stattgegeben wurde - die Verjährung derartiger Schadenersatzforderungen unterbrochen wird (Klang in Klang 2 VI 636; SZ 46/81; SZ 47/61; 8 Ob 64/85 uva). Daß aber im Zeitpunkt der Einbringung der Feststellungsklage der Theresia P*** gegen die Klägerin die später von Theresia P*** gegen die Klägerin geltend gemachten Leistungsansprüche bereits fällig gewesen wären, hat die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht einmal behauptet. Schon aus diesem Grund erweist sich dieser Einwand der Beklagten als unberechtigt. Im übrigen versucht die Klägerin in ihren Revisionsausführungen darzutun, daß bei ihrer Meinung nach richtiger Würdigung der im § 11 Abs. 1 erster Satz EKHG normierten Zurechnungskriterien ihr ein Rückgriffsanspruch in Ansehung eines Drittels der von ihr erbrachten Schadenersatzleistungen zuzubilligen sei; dem gegenüber stellt sich die Beklagte in ihrer Rechtsrüge auf den Standpunkt, daß ein Rückgriffsanspruch der Klägerin im Sinne dieser Gesetzesstelle überhaupt zu verneinen sei, weil durch den Betrieb des Radladers der Beklagten unter den gegebenen Umständen keine außergewöhnliche Betriebsgefahr verwirklicht worden sei. Selbst wenn man dies bejahe, sei eine außergewöhnliche Betriebsgefahr des Radladers gegenüber dem groben Verschulden des Versicherungsnehmers der Klägerin zu vernachlässigen. Bei Bejahung eines Rückgriffsanspruches der Klägerin könne dieser im Hinblick auf das ihrem Versicherungsnehmer anzulastende schwere Verschulden nur ein Sechstel der von ihr erbrachten Leistungen umfassen.

All dem kann nicht gefolgt werden.

Die Bestimmung des § 11 Abs. 1 erster Satz EKHG regelt den Rückgriff mehrerer beteiligter Ersatzpflichtiger untereinander in Ansehung der einem geschädigten Dritten erbrachten Leistungen. Danach hängen, wenn der Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht wurde und die Beteiligten einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet sind, im Verhältnis der Beteiligten zueinander die Verpflichtung zum Ersatz und der Umfang des Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Beteiligten verschuldet oder durch außergewöhnliche Betriebsgefahr (§ 9 Abs. 2 EKHG) oder überwiegende gewöhnliche Betriebsgefahr verursacht wurde. Auf Grund der verschiedenen Stärke und Zahl der Zurechnungsmomente, die bei den einzelnen Haftpflichtigen gegeben sind, kann es zu einer Aufteilung des Schadens zwischen ihnen in verschiedenen Verhältnissen, aber auch zur alleinigen Schadenstragung eines einzelnen Haftpflichtigen kommen, wenn die ihn belastenden Momente stark überwiegen, was insbesondere dann in der Regel anzunehmen sein wird, wenn nur auf seiner Seite Verschulden vorliegt und beim anderen bloß die gewöhnliche Betriebsgefahr gegeben ist. Steht hingegen dem Verschulden eines Beteiligten eine dem anderen zuzurechnende außergewöhnliche Betriebsgefahr gegenüber, so rechtfertigt dies in der Regel die Belastung beider Beteiligten mit einem entsprechenden Schadensanteil (siehe dazu Koziol, Haftpflichtrecht 2 II 563 f und die dort angeführte Judikatur). Im vorliegenden Fall besteht auf der Grundlage der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen kein Zweifel daran, daß dem Versicherungsnehmer der Klägerin ein schweres Verschulden an dem eingetretenen Unfall anzulasten ist, weil er entgegen den Bestimmungen des § 20 StVO die bestehende Geschwindigkeitsbeschränkung übertrat, nicht auf Sicht fuhr und überdies nicht die erforderliche Aufmerksamkeit aufwendete, weil er ansonsten den entgegenkommenden Radlader früher hätte wahrnehmen müssen. Daß es sich bei dieser Fahrweise um eine schuldhafte Verletzung grundlegender Prinzipien der Straßenverkehrsordnung handelte, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner in dem zu 7 Cg 307/81 des Erstgerichtes anhängig gewesenen Rechtsstreit ergangenen Entscheidung vom 20. Juni 1984, 8 Ob 28/84 (veröffentlicht in ZVR 1985/51), ausgeführt, daß zwar dem Lenker des Radladers der Beklagten die Unterlassung der Verwendung von Begrenzungsleuchten im Sinne des § 14 Abs. 3 KFG nicht als Verschulden anzulasten ist, weil die im KFG normierten speziellen Beleuchtungsvorschriften gemäß § 1 Abs. 1 KFG nur auf den Verkehr von Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr anzuwenden sind; um eine derartige Verkehrsfläche handelt es sich aber bei der hier in Frage stehenden Sinterstraße im Werksgelände der Beklagten nicht. Von der Erbringung des Entlastungsbeweises im Sinne des § 9 Abs. 2 EKHG könne keine Rede sein, wenn der Radlader in Betrieb genommen worden sei, ohne daß die Begrenzungsleuchten, die vorhanden gewesen seien und die nur an den eigens dafür vorgesehenen Steckdosen an der Führerhausfront anzuschließen gewesen wären, verwendet worden wären; auch ein nur durchschnittlich umsichtiger und sachkundiger Kraftfahrer hätte ohne weiteres erkennen können, daß er durch die Inbetriebnahme des Radladers ohne Verwendung der Begrenzungsleuchten die Erkennbarkeit dieses Fahrzeuges und die Möglichkeit der Abschätzung seiner Breite für einen entgegenkommenden Kraftfahrzeuglenker wesentlich erschwerte und damit die Gefahr eines Zusammenstoßes mit einem entgegenkommenden Kraftfahrzeug wesentlich erhöhte. Dem ist auch im vorliegenden Rechtsstreit nichts hinzuzufügen.

Wenn die Vorinstanzen die von dem ohne Begrenzungsleuchten im Betrieb befindlichen Radlader der Beklagten ausgehende Betriebsgefahr außergewöhnliche Betriebsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 EKHG und des § 11 Abs. 1 EKHG qualifizierten, ist darin ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen.

Eine solche außergewöhnliche Betriebsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn durch die schon durch den Betrieb des Fahrzeuges gegebene gewöhnliche Betriebsgefahr eine besondere Gefahrenlage hervorgerufen wird. Der Unterschied zwischen gewöhnlicher und außergewöhnlicher Betriebsgefahr ist funktionell darin zu erblicken, daß zur gewöhnlichen Betriebsgefahr besondere Gefahrenmomente hinzutreten, die nach dem normalen Ablauf der Dinge nicht schon dadurch gegeben waren, daß ein Fahrzeug überhaupt in Betrieb gesetzt wurde (ZVR 1979/139; ZVR 1984/297; 2 Ob 14/84; 8 Ob 24/84 u.a.). In der Rechtsprechung wurde das Vorliegen außergewöhnlicher Betriebsgefahr etwa dann bejaht, wenn sich ein Traktor bei Dunkelheit trotz Ausfalles seiner Beleuchtungsanlage auf der Fahrbahn einer viel befahrenen Straße im Betrieb befand (ZVR 1984/241) oder wenn ein im Ausland zugelassener Anhänger, der nicht im Sinne des § 16 Abs. 2 KFG mit seitlichen Rückstrahlern ausgestattet war, bei schlechten Sichtverhältnissen in eine Straße einbog oder diese querte (ZVR 1984/317). Die dafür maßgeblichen Erwägungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Wenn die für den Radlader der Beklagten für den Fall seines Betriebes auf Straßen mit öffentlichem Verkehr geltenden Beleuchtungsvorschriften (Verwendung von Begrenzungsleuchten im Sinne des § 14 Abs. 3 KFG) auf dem Werksgelände der Beklagten nicht eingehalten wurden, so begründet dies keinen Verstoß gegen eine bestimmte Schutznorm; da aber dadurch die Erkennbarkeit dieses Fahrzeuges wesentlich erschwert und damit die Gefahr eines Zusammenstoßes mit einem entgegenkommenden Kraftfahrzeug wesentlich erhöht wurde, traten im Sinne obiger Rechtsausführungen zur gewöhnlichen Betriebsgefahr des Fahrzeuges noch besondere Gefahrenmomente hinzu, die nicht schon dadurch gegeben waren, daß das Fahrzeug überhaupt in Betrieb gesetzt wurde. Mit Recht haben unter diesen Umständen die Vorinstanzen die vom Radlader der Beklagten ausgehende Betriebsgefahr als außergewöhnliche im Sinne des § 9 Abs. 2 EKHG bzw. des § 11 Abs. 1 EKHG qualifiziert.

Es steht somit dem dargestellten schweren Verschulden des Versicherungsnehmers der Klägerin die von der Beklagten zu vertretende von ihrem Fahrzeug ausgehende außergewöhnliche Betriebsgefahr gegenüber. Diese außergewöhnliche Betriebsgefahr kann den Umständen des Falles nach nicht als so wenig bedeutungsvoll qualifiziert werden, daß sie gegenüber dem schweren Verschulden des Versicherungsnehmers der Klägerin zu vernachlässigen wäre; andererseits wird sie ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach von diesem schweren Verschulden bei weitem übertroffen. Unter diesen besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist in der vom Berufungsgericht vorgenommenen Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 4 zu Lasten der Klägerin ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Es muß daher den Revisionen beider Streitteile ein Erfolg versagt bleiben.

Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 393 Abs. 4 ZPO.

Anmerkung

E11021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00073.86.0423.000

Dokumentnummer

JJT_19870423_OGH0002_0080OB00073_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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