TE OGH 1987/6/4 6Ob528/85

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Veröffentlicht am 04.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johanna Gerhild H***, geborene M***, Arbeitslehrerin, Graz, Neupauerweg 21, vertreten durch Dr. Hannes Priebsch, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Josef D***, Schlosser, Graz, Ullreichstraße 15, vertreten durch Dr. Leopold Mittelbach, Rechtsanwalt in Graz, wegen Einwilligung zur Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes (Streitwert S 65.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12. November 1984, GZ 5 R 140/84-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 15. August 1984, GZ 16 Cg 419/82-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gleich Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung:

Die Klägerin und die Gattin des Beklagten, Gertraud D***, sind eheliche Töchter der Ehegatten Ing. Hans und Maria M***. Der Vater, Ing. Hans M***, erwarb aus eigenen Mitteln im Jahre 1965 die Liegenschaft EZ 2451 KG Graz-Webling, ließ jedoch auf Grund des Kaufvertrages vom 10. August 1965 seine Tochter Gertraud D*** als bücherliche Eigentümerin einverleiben. Auf Grund einer Vereinbarung vom 3. Jänner 1975 zwischen den Ehegatten Josef und Gertraud D*** wurde auf dieser Liegenschaft das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Beklagten eingeräumt.

Die Mutter Maria M*** erwirkte am 9. März 1978 beim Erstgericht ein in Rechtskraft erwachsenes Urteil nach dessen Punkt 1.) ihre Tochter Gertraud D*** schuldig erkannt wurde, "in den 'Übergabsvertrag', abgeschlossen am heutigen Tag zwischen Frau Gertraud D***, geborener

M***, wohnhaft ... als Übergeberin und ihrer Schwester Fräulein

Johanna M*** ... als Übernehmerin.

In Erfüllung interner familiärer Vereinbarungen übergibt Frau Gertraud D*** hiemit die ihr gehörige Liegenschaft EZ 2451 KG Graz-Webling an ihre Schwester Johanna M*** und übernimmt diese die Liegenschaft mit heutigem Tag.

Die Übergeberin, Frau Gertraud D***, erhält für die Übergabe der Liegenschaft keinerlei Zahlungen oder sonstige Leistungen. Frau Gertraud D*** erteilt hiemit die ausdrückliche Bewilligung, daß auf Grud dieses Übergabsvertrages auf der Liegenschaft EZ 2451 KG Graz-Webling das Eigentumsrecht für Johanna M*** einverleibt wird. Die übergebene Liegenschaft, bestehend aus Wald und Weide im Ausmaß von 7.098 m2, wird nur landwirtschaftlich genutzt und hat einen mit Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt, Zl. .....

festgesetzten Einheitswert von S 158.000,--, einzuwilligen bzw. beglaubigt zu unterfertigen.

Mit Rechtskraft des Urteiles gilt die Unterzeichnung als vollzogen."

Unter Punkt 2.) des genannten Urteiles wurde Gertraud D*** verpflichtet, den früheren Buchstand durch Beseitigung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes des Josef D*** binnen 14 Tagen wieder herzustellen. Die Verbücherung des Eigentumsrechtes der Klägerin ist bisher nicht erfolgt.

Die Klägerin begehrte als Übernehmerin der Liegenschaft EZ 2451 KG Graz-Webling vom Beklagten als Verbotsberechtigtem die Einwilligung in die Löschung des auf dieser Liegenschaft zu seinen Gunsten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes. Sie behauptete, bei Begründung dieses Verbotes zwischen den Ehegatten Josef und Gertraud D*** hätten diese genau gewußt, daß die Eltern Ing. Hans und Maria M*** über diese Liegenschaft anderweitig disponiert gehabt hätten und diese Liegenschaft von Gertraud D*** herausgegeben bzw. ein Übergabsvertrag an die nunmehrige Klägerin hätte unterfertigt werden sollen. Der Beklagte habe im Rechtsstreit 23 Cg 250/76 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Zeuge bestätigt, die Begründung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes deshalb vereinbart zu haben, weil es seine Gattin so gewollt habe. Die Klägerin mache "vorsichtshalber" auch den Anfechtungstatbestand des § 2 Z 1 AnfO und ferner geltend, der Beklagte habe die Verbotsberechtigung wider besseres Wissen erlangt und sei schon nach allgemein bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen zur Aufgabe dieses Rechtes verpflichtet, seitdem er Kenntnis vom rechtskräftig festgestellten Übergabsvertrag gehabt habe. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Er behauptete, er habe durch eigenen Arbeits- und Geldeinsatz zur Erhaltung und zum Ausbau der Liegenschaft beigetragen. Er habe die Kosten aus den von seiner Gattin mit ihren Eltern geführten Prozessen tragen müssen. Seine Gattin habe ihm das Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt, um ihn für seine Leistungen für seine Gattin zu sichern. Das Verbot sei nicht eingeräumt worden, um die Liegenschaft vor dem Zugriff der Klägerin oder ihrer Eltern zu sichern. Derartige Verfahren seien zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Verbotes noch nicht anhängig gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch folgende Feststellungen aus dem Akt 23 Cg 250/76 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz:

Die damalige Klägerin Maria M*** stützte ihren mit der am 21. Februar 1975 eingebrachten Klage geltend gemachten Anspruch auf die Behauptung, die damalige Beklagte Gertraud D*** habe sich am 8. November 1975 (richtig laut ON 1 des bezogenen Aktes: 1965), schriftlich unter anderem verpflichtet, die Liegenschaft weder zu belasten noch zu veräußern und jederzeit Verkaufs- und sonstige Urkunden rechtsgültig zu unterfertigen. Es wurde auch eine von Gertraud D*** unterschriebene, mit 8. November 1965 datierte Erklärung unter Beilage B vorgelegt. Die damalige Beklagte Gertraud D*** begründete ihren Antrag auf Klagsabweisung unter anderem damit, eine Erklärung, wie sie in Beilage B enthalten sei, niemals unterschrieben zu haben. Sie habe aber ihrem Vater Ing. Hans M*** wiederholt "Blätter" blanko unterfertigt. Der nunmehrige Beklagte sagte in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14. Oktober 1973 als Zeuge folgendes aus: "Es ist richtig, daß zu meinen Gunsten auf der Liegenschaft Am Buchkogl ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt ist. Die Beklagte hat es eben so haben wollen. Sie gab mir auch zu verstehen, daß zu viele Blankounterschriften von ihr bestehen würden." Dem Beklagten war zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 3. Jänner 1975 über die Begründung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes - wenn schon nicht der Inhalt der Beilage B - so doch immerhin die Absicht der Ehegatten Ing. Hans und Maria M*** bekannt, Gertraud D*** die Liegenschaft EZ 2451 KG Graz-Webling abzuverlangen. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das Belastungs- und Veräußerungsverbot sei kein verwertbares Recht. Zweck des Verbotes sei die Erhaltung des Familienbesitzes oder die Sicherung der Versorgung des Begünstigten. Sei die Eigentümerin der Liegenschaft rechtskräftig dazu verurteilt worden, einen Vertrag zur Übergabe der Liegenschaft an die Klägerin zu unterfertigen, könne das Belastungs- und Veräußerungsverbot dem genannten Zweck nicht mehr gerecht werden. Es könnte nur mehr die Durchsetzung des Anspruches der Klägerin auf Übertragung der Liegenschaft verhindern. Der Beklagte habe daher kein schutzwürdiges Interesse mehr am Weiterbestehen des Belastungs- und Veräußerungsverbotes. Das Klagebegehren sei jedenfalls (schon) deswegen gerechtfertigt, weil dem Beklagten bei Begründung des Rechtes bekannt gewesen sei, daß die Eltern seiner Gattin dieser die Liegenschaft abverlangen wollten.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,-- übersteige, nicht aber S 300.000,-- und die Revision gemäß § 502 Abs 1 Z 4 ZPO zulässig sei. Das Berufungsgericht verneinte die vom Beklagten behaupteten Verfahrensmängel, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Das erst durch die dritte Teilnovelle gesetzlich verankerte rechtsgeschäftliche Veräußerungsverbot, dem unter zwei Voraussetzungen dingliche Wirkung zukomme, solle der Erhaltung des Familienbesitzes dienen. Dritten gegenüber sei es daher nur dann wirksam, wenn es zwischen dem begünstigten Personenkreis des § 364 c ABGB vereinbart und im Grundbuch eingetragen worden sei. Die Vereinbarung dürfe nicht abstrakt sein, sondern müsse einen Rechtsgrund enthalten. Es genüge aber, wenn die Vereinbarung den wirtschaftlichen Grund des Verbotes, wie Erhaltung des Familienbesitzes oder Versorgung des Begünstigten, zum Ausdruck bringe. Ob das Verbot in der Absicht der Benachteiligung Dritter eingeräumt worden sei, sei vom Grundbuchsrichter nicht zu prüfen. Sei der wirtschaftliche Grund dieses Verbotes, die Erhaltung des Familienbesitzes (die Versorgung des Begünstigten sei hier auszuschließen, weil die Sicherstellung seiner Alimentation nicht behauptet worden sei) schon im Zeitpunkt der Begründung des Verbotes nicht vorhanden gewesen, weil der verbotsbelastete Grundeigentümer davon habe ausgehen müssen, die Liegenschaft an den Geschenkgeber zurückzustellen, und werde er in der Folge mit Urteil zur Übergabe der Liegenschaft und Veranlassung der Löschung dieses Verbotes verhalten, sei von vornherein ein Rechtsgrund zur Einräumung nicht gegeben gewesen. Das Sichwidersetzen gegen die Forderung auf bücherlichen Vollzug eines gerichtlichen Urteiles unter Berufung auf eine Verbotsberechtigung, von der der Verbotsberechtigte schon bei Einräumung Kenntnis vom Fehlen jeder dafür erforderlichen Geschäftsgrundlage gehabt habe, und welche somit letztlich ausschließlich dazu diene, einen berechtigten Anspruch eines dem Personenkreis des § 364 c ABGB zuzuzählenden Familienangehörigen auf Ausfolgung der Liegenschaft zu vereiteln, stelle einen derartigen Rechtsmißbrauch und damit einen Verstoß gegen die guten Sitten dar, "der die Unwirksamkeit dieses Rechtsmittels gegenüber dem Gläubiger" bewirke. Da der Beklagte bei Einräumung dieses Rechtes gewußt habe, daß seine Gattin die Liegenschaft herauszugeben haben werde, sei das Erstgericht mit Recht von der Unwirksamkeit dieses Verbotes gegenüber der Klägerin ausgegangen. Dem Einwand des Beklagten, die Klägerin könne ihren Anspruch ohnedies im Wege der Exekution durchsetzen, sei zu erwidern, daß der Klägerin jede Exekutionsführung im Sinne des § 354 EO, mit Hilfe von Zwangsmaßnahmen gegen die Schwester die bücherliche Einräumung des Eigentumsrechtes zu erzwingen, genommen sei, da zur Durchsetzung ihres Rechtes die Zustimmung des Beklagten erforderlich wäre, diese aber mit Mitteln des Exekutionsrechtes nicht zu erreichen sei. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Beklagten aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Zulässigerklärung der Revision damit begründet, daß zur hier entscheidenden Frage der Anfechtungsmöglichkeit eines rechtsgeschäftlich vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbotes durch einen Dritten, der nicht Geldgläubiger sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Da dies zutrifft, ist die Revision des Beklagten gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, soweit er mit seiner Rechtsrüge eine unrichtige Lösung dieser Rechtsfrage durch das Berufungsgericht geltend macht. Sie ist insoweit im Ergebnis auch im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages gerechtfertigt.

Dies gilt allerdings nicht für die vom Beklagten geltend gemachte Nichtigkeit des angefochtenen Urteiles gemäß § 477 Abs 1 Z 9 erster Fall ZPO. Eine Grundsatzrevision wegen Nichtigkeit ist nämlich unzulässig, wenn die behauptete Nichtigkeit im Sinne ständiger Rechtsprechung nicht vorliegt (Petrasch in ÖJZ 1985, 297 mwN). Das Urteil des Berufungsgerichtes enthält aber sämtliche logische

Grundelemente einer Entscheidung, sodaß sich der gedankliche Konnex

zwischen Urteilsgründen und Spruch ohne weiteres herstellen läßt. Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt somit nicht vor (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1760 mwN). Wie sich aus den weiteren Ausführungen des Revisionswerbers ergibt, versucht er damit in Wahrheit nur sowohl die Vornahme einer im Revisionsverfahren unzulässigen Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung der Vorinstanzen, als auch die Wiederholung einer schon in der Berufung erfolglos geltend gemachten Mängelrüge in bezug auf das erstinstanzliche Verfahren. Letzteres kann aber auch im Rahmen einer Grundsatzrevision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (vgl. ÖBl 1984, 109; RdW 1986, 145). In seiner Rechtsrüge, die sich unter dem von ihm geltend gemachten Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO verbirgt, bekämpft der Beklagte die vom Berufungsgericht bejahte Anfechtungsmöglichkeit der von ihm mit seiner Gattin am 3. Jänner 1975 geschlossenen Vereinbarung über die Einräumung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes an ihn wegen Verstoßes gegen die guten Sitten im wesentlichen mit dem Hinweis darauf, daß er weder mit seinen Schwiegereltern noch mit der Klägerin in einer vertraglichen Beziehung gestanden sei. Es könne ihm schon aus diesem Grunde kein Vorwurf dahingehend gemacht werden, daß er diese Vereinbarung etwa deshalb geschlossen habe, um seine Schwiegereltern oder die Klägerin dadurch zu schädigen. Es ist dem Beklagten zuzugeben, daß die Klägerin ebenso wie ihre Eltern in Ansehung der von ihm mit seiner Gattin am 3. Jänner 1975 getroffenen Vereinbarung über die Einräumung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes außenstehende Dritte sind. In diesem Zusammenhang hat bereits die Klägerin zutreffend erkannt, daß ihr eine Einzelanfechtung dieses Rechtsgeschäftes nach der Anfechtungsordnung schon deshalb verwehrt ist, weil eine solche grundsätzlich nur für Geldforderungen, für andere Ansprüche aber nur dann zulässig ist, wenn ein Geldersatzanspruch an die Stelle des ursprünglichen Geldanspruches getreten ist und die Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit und Fruchtlosigkeit oder Aussichtslosigkeit der Zwangsvollstreckung vorliegen (SZ 7/352; EvBl 1960/46; jüngst 5 Ob 46/83 ua). Der Eigentumsverschaffungsanspruch der Klägerin an einer Liegenschaft gemäß dem "Übergabsvertrag" des Vorprozesses gewährt daher keine Anfechtungsbefugnis. Damit ist aber für den Beklagten noch nichts gewonnen, weil sich im vorliegenden Fall die Frage nach dem rechtlichen Schutz von Forderungsrechten Dritter stellt, unter deren Aspekt bewußte Eingriffe Dritter rechtswidrig sein und daher auch zur Anfechtung wegen Sittenwidrigkeit berechtigen könnten (vgl. dazu Krejci in Rummel, ABGB Rdz 134 zu § 879). Die Klägerin ist nämlich aufgrund des im Vorprozeß von ihrer Mutter Maria M*** erwirkten rechtskräftigen Urteiles vom 9. März 1978 Vertragspartnerin der Gattin des Beklagten und diese hat aufgrund des "Übergabsvertrages" auch die ausdrückliche Bewilligung erteilt, daß auf der ihr gehörigen Liegenschaft EZ 2451

KG Graz-Webling das Eigentumsrecht für die Klägerin einverleibt wird. Entscheidend für diese Verurteilung der Ehegattin des Beklagten war die Tatsache, daß diese - ungeachtet dessen, daß sie als Eigentümerin der Liegenschaft im Grundbuch einverleibt werden sollte und auch am 18. Oktober 1967 einverleibt worden ist - mit Vereinbarung vom 8. November 1965 gegenüber ihren Eltern ausdrücklich anerkannt hat, daß sie (auch jeder Elternteil für sich allein) wie Eigentümer und vollkommen frei über die Liegenschaft verfügen dürfen. Zugleich verpflichtete sie sich auch, jederzeit und ohne Gegenforderungen Verkaufs- oder sonstige Urkunden rechtsgültig zu unterschreiben.

In der Rechtsprechung wurde hiezu die Auffassung vertreten, daß sittenwidrige Verträge grundsätzlich nur vom Vertragspartner, nicht aber von einem außerhalb des Vertrages stehenden Dritten anfechtbar sind (SZ 31/87; JBl 1966, 254; RZ 1983/71; vgl. auch Gschnitzer in Klang2 IV/1 171 f.). Demgegenüber lehren Koziol-Welser (Lehrbuch7 I 134), daß sich jedermann auf die Nichtigkeit eines sittenwidrigen Rechtsgeschäftes berufen könne, bezeichnen dies jedoch als durchaus strittig. Auch Gschnitzer (aaO 172) bezeichnet die Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeit auf die Vertragspartner zumindest dann als bedenklich, wenn der Dritte durch die verletzte Norm geschützt werden soll. Die Frage braucht aber hier nicht allgemein beantwortet zu werden, weil von der nun bereits ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Übereinstimmung mit der neueren Lehre (Koziol, Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte 152 ff; 174 ff, 197; derselbe, Haftpflichtrecht2 II 41; Bydlinski in Klang2 IV/2 116 ff, 122;

Schilcher-Holzer, Der schadenersatzrechtliche Schutz des Traditionserwerbers bei Doppelveräußerung von Liegenschaften, JBl 1974, 445 ff, 512 ff) anerkannt ist, daß auch eine nur schuldrechtliche Beziehung zwischen zwei Personen gegen Eingriffe Dritter grundsätzlich zu schützen ist, und ein Dritter das Recht des Gläubigers auf obligationsgemäße Willensrichtung des Schuldners nicht beeinflussen darf. Der an der Schuldverletzung wissentlich mitwirkende Dritte wird daher schadenersatzpflichtig, wenn er den Vertragspartner des Geschädigten zum Vertragsbruch verleitete oder in arglistiger Weise im Zusammenspiel mit dem Vertragspartner bewußt zum Nachteil des Geschädigten handelte (EvBl 1969/58; SZ 41/45; SZ 49/75; SZ 55/170 ua; zuletzt 8 Ob 537/87). Letzteres liegt auch dann vor, wenn der Dritte im Bewußtsein der wahren Sachlage an diesem Vertragsbruch auf sonstige Art bewußt zum Nachteil des Gläubigers mitwirkte (SZ 50/24;

5 Ob 544/82; 7 Ob 505/83). Zumindest in diesem Fall einer deliktischen Mitwirkung eines Dritten an einem Vertragsbruch muß daher dem geschädigten Vertragspartner bzw. dem aus der verletzten schuldrechtlichen Beziehung Begünstigten nicht nur das Recht auf Schadenersatz (Naturalrestitution im Sinne des § 1323 ABGB) gegen den Dritten, sondern auch die Möglichkeit der Anfechtung des zwischen diesem und dem anderen Vertragspartner geschlossenen Vertrages wegen Sittenwidrigkeit zugebilligt werden. Beides ist auch vom Klagsvorbringen erfaßt. Die Klägerin hat nämlich auf die vertragliche Verpflichtung der Gattin des Beklagten, die Liegenschaft im Falle einer anderweitigen Disposition ihrer Eltern wieder herauszugeben (das ist die Vereinbarung vom 8. November 1965), ausdrücklich Bezug genommen und die Behauptung aufgestellt, die Vereinbarung über das dem Beklagten von seiner Ehegattin eingeräumte Veräußerungs- und Belastungsverbot sei zum maßgeblichen Zeitpunkt am 3. Jänner 1975 bereits in deren beiderseitigen genauen Wissen getroffen worden, daß die Eltern nunmehr anderweitig verfügt hätten und die Ehegattin des Beklagten die Liegenschaft daher an die Klägerin herauszugeben habe. Die Vereinbarung vom 3. Jänner 1975 sei demnach nur ein "taktisches Manöver" gewesen, um dies zu verhindern. Es ist keine Frage, daß damit auch der Vorwurf erhoben worden ist, der Beklagte habe durch die Vereinbarung vom 3. Jänner 1975 an einem Vertragsbruch seiner Ehegattin bewußt zum Nachteil der Klägerin mitgewirkt.

Ausgehend von den oben dargestellten Grundsätzen erweist sich daher die Rechtssache auf der Grundlage der bisher lediglich aus dem Vorverfahren gewonnen Tatsachenfeststellungen noch nicht als spruchreif. Es kann nämlich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes eine sittenwidrige Teilnahme des Beklagten an einem Vertragsbruch seiner Ehegattin noch nicht bejaht werden, weil ihm danach bei Abschluß der Vereinbarung vom 3. Jänner 1975 lediglich die Absicht seiner Schwiegereltern bekannt gewesen ist, die Liegenschaft von seiner Gattin wieder abzuverlangen. Ob ihm dabei aber auch die vertragliche Verpflichtung seiner Gattin vom 8. November 1965 bekannt war, derzufolge sie einem solchen Verlangen jedenfalls nachzukommen hatte, ist nach den Feststellungen ausdrücklich offen geblieben. Es ist daher eine Beweisaufnahme zu den strittig gebliebenen, nach den erwähnten Rechtsausführungen aber entscheidungswesentlichen beiderseitigen Prozeßbehauptungen nicht zu umgehen, sodaß sich die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht als erforderlich erweist. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E14887

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00528.85.0604.000

Dokumentnummer

JJT_19870604_OGH0002_0060OB00528_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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