TE OGH 1987/6/9 5Ob50/87

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Veröffentlicht am 09.06.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Grundbuchssache wegen Ab- und Zuschreibung von Liegenschaftsteilen zufolge amtwegiger Verbücherung (§§ 15 ff LiegTeilG) des Anmeldungsbogens des Vermessungsamtes Innsbruck vom 22. August 1985, GZ A 278/85, infolge Revisionsrekurses des Dr. Franz S***, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria Theresien-Straße 42, vertreten durch DDr. Armin Santner, Rechtsanwalt in Innsbruck, sowie des DDr. Armin S***, Rechtsanwalt in Innsbruck, Schöpfstraße 6 b, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 14. April 1987, GZ 1 b R 58/87-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23. März 1987, TZ 886/87-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Aufgrund des mit der Amtsbestätigung nach § 16 LiegTeilG versehenen Anmeldungsbogens GZ A 278/85 des Vermessungsamtes Innsbruck vom 22. August 1985, des Bescheides des Vermessungsamtes Innsbruck vom 7. Mai 1985, GZ P 196/85, sowie der Planurkunde des Dipl.Ing.Dr. Jürgen E***, GZ 1136/84, betreffend die Anlage B 174 Innsbruckerstraße - Baulos Holzhammerbrücke ordnete das Erstgericht mit Beschluß vom 23. Jänner 1987 gemäß § 15 LiegTeilG im Grundbuch Wilten in insgesamt 15 Einlagezahlen (unter anderem in EZ 660, bestehend unter anderem aus GSt 1093/10) die Abschreibung von Trennstücken samt deren Zuschreibung zu den Einlagezahlen 634, 636, 638 und 1634 an. Aus dem Grundstück 1093/10 wurden dabei aufgrund dieses Beschlusses 626 m2 (bezeichnet als Trennstück 17) abgeschrieben.

Zuvor hatte das Erstgericht in einem Aktenvermerk vom 20. Jänner 1987, 19 Nc 198/85, hinsichtlich der Wertermittlung gemäß § 17 LiegTeilG folgendes festgehalten:

"Der Wert der abzutrennenden Teilflächen übersteigt wahrscheinlich den Betrag von S 30.000,-- nicht. Dies kann der unterfertigte Grundbuchsbeamte aufgrund seiner Erfahrungen feststellen, es ergibt sich aus den in den verbücherten Kaufverträgen angegebenen Grundpreisen.

Der ortsübliche Durchschnittspreis in der KG Wilten wird mit S 30,-- bis S 70,-- angenommen.

Es wird angenommen, daß die abzutrennende Fläche nicht bebaubar (Bauverbot) war.

Dieses Projekt wurde mit Bescheid vom 29. November 1982 enteignet, GZ 2782/83 hg. Urkundensammlung.

Daraus ergibt sich, daß noch 1982 ein Quadratmeterpreis von S 20,-- bis ca. S 70,-- bezahlt wurde, da diese Flächen schon jahrzehntelang für dieses Objekt mit Bauverbot belegt waren. Die Enteignung ist jedoch nicht in allen Einlagezahlen angemerkt worden, weil wahrscheinlich nicht beantragt."

Am 10. Februar 1987 überreichten der 44/2586-Miteigentümer Dr. Franz S*** sowie der 42/2586-Miteigentümer DDr. Armin S*** des Grundbuchskörpers EZ 660 beim Erstgericht einen als "Einspruch" bezeichneten Schriftsatz mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß aufzuheben. Als Begründung wurde angeführt, daß der Wert der abgeschriebenen Teilfläche (Trennstück 17) weit über dem in § 17 LiegTeilG festgesetzten Betrag liege; es handle sich nämlich um ein Grundstück in bester städtischer Wohnlage in der Nähe der Universität und des Klinikareals, für welche Grundflächen mehrere tausend Schilling pro m2 bezahlt würden. Darüber hinaus hätte aber das Grundbuchsgericht das vereinfachte Verfahren nur dann durchführen dürfen, wenn unter anderem die zu verbüchernden Besitzänderungen durch eine der im § 15 LiegTeilG bezeichneten Anlagen herbeigeführt und in der Natur bereits durchgeführt worden wären. Da in dem die Rechtsgrundlage für die Abtrennung der gegenständlichen Teilfläche bildenden Enteignungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 9. August 1982, Zl. II b-B-13/99-1982, lediglich die Enteignung von 617 m2 des Grundstückes 1093/10 ausgesprochen worden sei, könnten in der Natur auch nur diese 617 m2, nicht aber 626 m2 in Anspruch genommen worden sein.

Dieser Schriftsatz wurde nach Vorlage an das Rekursgericht von diesem am 17. März 1987 unerledigt dem Erstgericht zurückgestellt, weil es sich nach Auffassung des Rekursgerichtes hiebei tatsächlich nicht um einen Rekurs im Sinne der §§ 32 LiegTeilG, 122 ff GBG, sondern (seiner Bezeichnung und seinem Inhalt nach) um einen Einspruch nach § 14 LiegTeilG handle, über den vom Erstgericht zu entscheiden sei.

Daraufhin wies das Erstgericht mit Beschluß vom 23. März 1987 im Sinne der vorstehenden Rechtsauffassung des Rekursgerichtes den Einspruch der Miteigentümer Dr. Franz S*** und DDr. Armin S*** als unzulässig zurück.

Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs der genannten Miteigentümer nicht Folge. Es legte zunächst dar, daß gegen Beschlüsse eines Grundbuchsgerichtes im Rahmen der "Sonderbestimmungen für die Verbücherung von Straßen- .... Anlagen" (§§ 15 ff LiegTeilG) nur das Rechtsmittel des Rekurses nach den Rechtsmittelvorschriften des Verfahrens außer Streitsachen (§ 32 LiegTeilG, §§ 9, 10 AußStrG), nicht aber jenes des Einspruches im Sinne des § 14 LiegTeilG offen stehe, die mit juristischen Fachkenntnissen ausgestatteten Miteigentümer aber eindeutig einen solchen unzulässigen Einspruch erhoben hätten; in der Zurückweisung des Einspruches sei daher eine Fehlbeurteilung des Erstgerichtes nicht zu erblicken. Selbst eine meritorische Erledigung des "Einspruches" als Rekurses müßte jedoch, wie das Rekursgericht weiter ausführte, aus nachstehenden Erwägungen ein abweisliches Ergebnis zeitigen:

Könne eine Verbücherung der durch die Enteignung erfolgten Eigentumsänderungen im vereinfachten Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG erfolgen, dann habe sie das zuständige Grundbuchsgericht von Amts wegen durchzuführen. Es bedürfe dazu weder des Enteignungsbescheides noch des Nachweises der Bezahlung der Entschädigung. Die Grundlage für die Verbücherung bilde vielmehr der Anmeldungsbogen der Vermessungsbehörde, in dem die Besitzänderungen nach § 15 LiegTeilG mitgeteilt werden. Dem Grundbuchsgericht obliege im sogenannten grundbücherlichen Bagatellverfahren nach den Bestimmungen der §§ 15 bis 22 LiegTeilG bloß die Durchführung der tatsächlich eingetretenen Veränderungen im Grundbuch, welche ihm vom Vermessungsamt im Wege des Anmeldungsbogens unter Anschluß eines Planes zur Kenntnis gebracht werden. Den Beteiligten, die sich durch irgendeinen Vorgang bei der Grundeinlösung oder beim Bau der Anlage benachteiligt fühlten, müsse es überlassen bleiben, von den Schuldtragenden Ersatz zu fordern (§ 20 LiegTeilG), worauf gemäß der zitierten Gesetzesstelle ohnedies im Verbücherungsbeschluß des Erstgerichts vom 23. Jänner 1987 dem Gesetzeswortlaut entsprechend hingewiesen sei. Der Anmeldungsbogen als öffentliche Urkunde, welche an die Stelle eines Eintragungsbegehrens trete, und seine Beilagen (Plan, Flächenausweis) seien somit die einzige urkundliche Grundlage für die Verbücherung der Anlage. Eine Überprüfung der gemäß § 16 LiegTeilG ausgestellten Bestätigung des Vermessungsamtes Innsbruck, daß es sich um eine Straßenanlage handle, durch das Grundbuchsgericht auf ihre Richtigkeit sei nicht möglich. Aufgrund des Anmeldungsbogens sei bloß zu ermitteln, ob das vereinfachte Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG Platz greife oder ob nach §§ 21, 28 LiegTeilG vorzugehen sei. Damit könne aber die Behauptung der Rechtsmittelwerber, vom Enteignungsbescheid seien nur 617 m2 erfaßt worden, vom Grundbuchsgericht nicht untersucht, geschweige denn überprüft werden. Als Rekursgrund gegen einen Verbücherungsbeschluß der vorliegenden Art könnte nur das Fehlen der Voraussetzungen nach §§ 15 ff LiegTeilG oder der Umstand, daß der Verbücherungsbeschluß mit dem Anmeldungsbogen nicht übereinstimme, geltend gemacht werden. Daß der erstgerichtliche Beschluß mit dem Anmeldungsbogen des Vermessungsamtes Innsbruck nicht in Übereinstimmung stehe, treffe aber nicht zu und werde auch von den Rekurswerbern nicht behauptet. Nicht gefolgt werden könne auch den weiteren Ausführungen, daß der Nachweis dafür, daß die Straßenanlage in der Natur bereits durchgeführt sei, nicht erbracht worden sei. Sowohl dem mit der Bestätigung nach § 16 LiegTeilG versehenen Anmeldungsbogen als auch dem gemäß § 39 VermessungsG bescheinigten Plan des Dipl.Ing.Dr. Jürgen E*** sei nämlich zu entnehmen, daß die Herstellung der Straßenanlage B 174 Holzhammerbrücke im gegenständlichen Bereich bereits in der Natur durchgeführt sei. Schließlich sei auch die Wertermittlung des Erstgerichtes nach § 17 LiegTeilG nicht zu beanstanden. Die Wertermittlung nach Abs. 2 der genannten Gesetzesstelle sei nämlich ohne förmliche Schätzung vorzunehmen. Sie solle nur die Voraussetzungen für die Einleitung des vereinfachten Verfahrens nach §§ 15 ff LiegTeilG prüfen und brauche einer ordentlichen Schätzung nicht standzuhalten. Bei der Wertermittlung sei von den ortsüblichen Durchschnittspreisen auszugehen, wie sie vor der Planung der Anlage bezahlt wurden; Werterhöhungen, die durch die Planung entstanden seien, hätten außer Betracht zu bleiben. Daß nunmehr, weil es sich um "ein Grundstück in bester städtischer Wohnlage in der Nähe der Universität und des Klinikareals" handelt, für Grundflächen in diesem Bereich "mehrere tausend Schilling pro Quadratmeter bezahlt werden", sei daher unmaßgeblich.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der auf Nichtigkeit und offenbare Gesetzwidrigkeit gestützte Revisionsrekurs der Miteigentümer Dr. Franz S*** und DDr. Armin S*** mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die Abschreibung des Trennstückes 17 aus dem Grundstück 1093/10 der EZ 660 KG Wilten nicht angeordnet wird. Hilfsweise wird beantragt, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, über das Rechtsmittel vom 10. Februar 1987 meritorisch zu entscheiden, oder nur den Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben und diesem die meritorische Entscheidung über das Rechtsmittel vom 10. Februar 1987 aufzutragen.

In der Behandlung ihrer Eingabe vom 10. Februar 1987 als unzulässigen Einspruches erblicken die Revisionsrekurswerber eine Nichtigkeit bewirkende Verweigerung der Einleitung des gesetzlichen Verfahrens. Die Bejahung der Voraussetzungen des § 17 LiegTeilG ist nach Auffassung der Revisionsrekurswerber offenbar gesetzwidrig. Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Geht man davon aus, daß die Eingabe der Revisionsrekurswerber vom 10. Februar 1987 als Einspruch zu beurteilen ist, dann ergibt sich die Unzulässigkeit des Rechtsmittels daraus, daß die rekursgerichtliche Entscheidung mit keinem der in § 16 Abs. 1 AußStrG genannten Mängel behaftet ist.

Folgt man dem Standpunkt der Revisionsrekurswerber, daß ihre als "Einspruch" bezeichnete Eingabe vom 10. Februar 1987 als Rekurs aufzufassen und vom Rekursgericht als solcher zu behandeln gewesen wäre, dann sind sie durch die tatsächlich gefällte Entscheidung des Rekursgerichtes aus folgenden Überlegungen nicht beschwert:

Mag das Erstgericht auch die Eingabe der Revisionsrekurswerber vom 10. Februar 1987 zunächst als Rekurs angesehen und demgemäß dem Rekursgericht zur Entscheidung vorgelegt und erst im Hinblick auf die rekursgerichtliche Begründung der Rückleitung des Aktes an das Erstgericht als unzulässigen Einspruch zurückgewiesen haben, so ändert dies doch daran nichts, daß das Erstgericht und das Rekursgericht die Voraussetzungen für eine Verbücherung des gegenständlichen Anmeldungsbogens im Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG bejaht haben. Diese übereinstimmende Auffassung der Vorinstanzen könnte vom Obersten Gerichtshof nur bei Vorliegen eines der Beschwerdegründe des § 16 Abs. 1 AußStrG überprüft werden (siehe die in MGA3 des GBG unter Nr. 1 zu § 32 LiegTeilG abgedruckten Entscheidungen; 5 Ob 54/84 ua). Keiner dieser Beschwerdegründe wird aber von den Revisionsrekurswerbern mit den den Voraussetzungen der §§ 15 ff LiegTeilG gewidmeten Rechtsmittelausführungen dargetan. Eine allfällige Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 17 LiegTeilG, mit welchem Bestimmungen über die Wertermittlung der im § 15 Z 1 und 2 LiegTeilG bezeichneten Grundstücke getroffen werden, ist nicht mit Nichtigkeit bedroht (5 Ob 28/80, 5 Ob 54/84 ua). Die Rechtsansicht, daß (auch) der Wert des Trennstückes 17 den Betrag von S 30.000,-- wahrscheinlich nicht übersteigt, ist angesichts der Wertermittlungsergebnisse unter Zugrundelegung des Umstandes, daß die abzutrennende Fläche schon jahrzehntelang mit Bauverbot belegt war, nicht offenbar gesetzwidrig (5 Ob 25/72, 5 Ob 147/75 ua). Die Übereinstimmung der auf dem Anmeldungsbogen der Vermessungsbehörde enthaltenen Bestätigung mit den in der Natur gegebenen tatsächlichen Verhältnissen hat das Gericht nicht zu überprüfen (5 Ob 181/75, 5 Ob 40/81 ua). Es war daher spruchgemäß zu beschließen.

Anmerkung

E11165

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00050.87.0609.000

Dokumentnummer

JJT_19870609_OGH0002_0050OB00050_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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