TE OGH 1987/6/9 11Os44/87

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Veröffentlicht am 09.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juni 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sailler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Helmut Herbert M*** wegen des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 17.September 1986, GZ 16 Vr 70/83-101, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten Helmut Herbert M*** und des Verteidigers Dr. Schmiedt zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in den Freisprüchen II/1, II/4 und II/5 des Urteilstenors sowie im den Angeklagten Helmut Herbert M*** betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und die Sache gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut Herbert M*** des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15 Abs. 1, 144 Abs. 1 StGB sowie der Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 12 (zweite Täterschaftsform), 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB und der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB schuldig erkannt. Von weiteren Punkten der gegen ihn erhobenen (in der Hauptverhandlung ausgedehnten) Anklage wurde Helmut Herbert M*** gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen; dies insbesondere auch in Ansehung der Vorwürfe, in der Zeit von Mitte April bis Ende Mai 1982 in Linz aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Margarethe S*** durch Ausbeutung seinen Unterhalt zu gewinnen gesucht zu haben, indem er ihr den überwiegenden Teil ihres Schandlohnes abnahm (Punkt II/1 des Urteilsspruches), ferner Ende August 1980 in Salzburg Margarethe B*** der gewerbsmäßigen Unzucht zugeführt zu haben, indem er ihr wiederholt und intensiv die hervorragenden Verdienstmöglichkeiten als Prostituierte aufzeigte und ihr konkrete Hinweise und Ratschläge gab (II/4) und schließlich im Verlauf des Jahres 1981 bis März 1982 in Salzburg und anderen Orten Österreichs sowie in Kiel (Bundesrepublik Deutschland) Margarethe B*** mit dem Vorsatz, sich aus gewerbsmäßiger Unzucht eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ausgebeutet zu haben, indem er ihr den überwiegenden Teil des Schandlohnes abnahm (II/5; im Zusammenhang mit der letzterwähnten Tat übersah die Anklagebehörde, daß § 216 StGB in der vor Inkrafttreten der Strafgesetznovelle 1984 BGBl. 295 geltenden Fassung - schon wegen der durch § 216 Abs. 1 StGB nF eingetretenen Kriminalisierung auch des [nicht notwendigerweise auf Gewinnung des Unterhalts abzielenden] Schmarotzertums im Vorfeld der Ausbeutung einer Prostituierten - als das im Sinn des § 61 StGB in der Gesamtauswirkung für den Täter günstigere Strafgesetz anzuwenden wäre).

Nur in diesen drei Punkten des Freispruchs (II/1, 4 und 5) wird das Urteil von der Staatsanwaltschaft mit einer formell auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten, der Sache nach aber nur den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund zur Darstellung bringenden Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Zutreffend macht die Anklagebehörde unzureichende Begründung der den Freispruch II/1 tragenden (Negativ-)Feststellung (US 9 unten und US 25) geltend, wonach nicht mit der erforderlichen Sicherheit geklärt werden könne, welches Einkommen Margarethe S*** als Prostituierte erzielte und welche Beträge hievon der Angeklagte erhielt: In erster Linie wird diese für die Verneinung des Tatbestandsmerkmals der Ausbeutung wesentliche Feststellung vom Erstgericht (laut US 25) mit dem - nicht näher

konkretisierten - Hinweis begründet, die diesbezüglichen Aussagen der Zeugin S*** seien mit zu vielen Widersprüchlichkeiten behaftet. Dem hält die Anklagebehörde aber zu Recht entgegen, daß in diesen Belangen zwischen den Angaben der Zeugin vor der Polizei, vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung keine wesentlichen Widersprüche erkennbar sind (siehe Band I, AS 13: "In dieser Zeit verdiente ich wöchentlich mindestens 15.000 S. In den ersten Wochen kam Helmut wöchentlich einmal und kassierte bei mir ab. Ich gab ihm meine gesamten Einnahmen, bis auf jenen Betrag, welchen ich für Miete, Zigaretten und Lebensmittel für mich benötigte. Wöchentlich habe ich Helmut immer ca. 10.000 S gegeben ....."; Band I, AS 38: "Ich gab dem M*** dann ca. im Schnitt wöchentlich 10.000 S ...."; Band I, AS 39: "Genau kann ich nicht angeben, wieviel ich wöchentlich verdient habe, ich kann nur sagen, daß ich Herrn M*** ca. 10.000 S wöchentlich gegeben habe und daß ich pro Tag an den Klub "K*** ME" 500 S an Miete bezahlt habe. Ungefähr verblieb mir in der Woche zum Leben und zum Ankauf von diversen Kosmetikartikeln und Kleidern 1.000 S bis 1.500 S ...."; vergleiche die Aufrechterhaltung dieser Angaben in Bd. III, AS 61, 66, 72 oben). Daß - wie vom Erstgericht vor allem unter Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen Hermann K*** beweiswürdigend weiters ausgeführt wird - die Aussagen der Zeugin "im übrigen von niemandem bestätigt" wurden (vgl. aber zur von ihr behaupteten Ablieferung von Einnahmen an den Zeugen K*** die auch in diese Richtung weisende Verantwortung des Angeklagten M*** vor der Polizei Bd. I, AS 25), kann angesichts der eklatanten Bedeutung der aufgezeigten zu Unrecht behaupteten Widersprüchlichkeit für die Beurteilung der (primär ausschlaggebenden) inneren Glaubwürdigkeit der belastenden Aussage eine mangelhafte Begründung allein nicht zu einer zureichenden machen.

An einem gleichartigen Mangel leidet auch die Begründung des Freispruches II/4, wonach dem Angeklagten die Entfaltung einer auf Umwandlung der bisherigen Lebensführung der Margarethe B*** in die einer Prostituierten abzielende Tätigkeit - insbesondere im Sinn wiederholter und intensiver Hinweise auf die hervorragenden Verdienstmöglichkeiten als Prostituierte und im Sinn einer Erteilung von konkreten Ratschlägen und Hinweisen - nicht habe nachgewiesen werden können, weil sich dies aus den Aussagen der genannten Zeugin nicht ergäbe (US 27 f). Zutreffend verweist die Staatsanwaltschaft demgegenüber (formell im Rahmen der Rechtsrüge) auf jene Angaben der Zeugin B***, worin die Ursächlichkeit der "Hilfe" des Angeklagten für ihr Abgleiten ins Prostituiertenmilieu hervorgehoben wird (Bd. III, AS 89 f). Mit diesem Hinweis wird aber der Sache nach die Unvollständigkeit der Urteilsbegründung rücksichtlich der ein gezieltes Hinwirken des Angeklagten auf sein Opfer in der bezeichneten Richtung verneinenden - für den Freispruch maßgebenden - Tatsachenfeststellung geltend gemacht. Schon im Hinblick auf den engen beweismäßigen Zusammenhang dieser Tat mit dem Anklagevorwurf, an Margarethe B*** überdies das Vergehen der Zuhälterei begangen zu haben, erweist sich auch die Aufhebung des letzteres Delikt betreffenden - von der Staatsanwaltschaft ebenfalls bekämpften - Freispruchs II/5 als unumgänglich.

Rechtliche Beurteilung

Mithin war der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt zu bleiben hatte, in den Freisprüchen II/1, II/4 und II/5 des Urteilstenors sowie im den Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) aufzuheben und die Sache gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Mit ihrer Berufung war die Anklagebehörde auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E11045

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00044.87.0609.000

Dokumentnummer

JJT_19870609_OGH0002_0110OS00044_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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