TE OGH 1987/6/23 10Os23/87

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Veröffentlicht am 23.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Juni 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bibulowicz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter S*** wegen des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 18.November 1986, GZ 22 a Vr 642/86-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten werden zurückgewiesen.

Über die Berufung der Staatsanwaltschaft wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde der Angeklagte Walter S*** der Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB (Punkt I des Urteilsspruches) und der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (Punkt II), sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (Punkt III) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Punkt IV) schuldig erkannt.

Darnach hat er in der Nacht vom 22. auf den 23.April 1986 Tamara G***

I. in Fußach dadurch, daß er sie unter Entziehung ihrer persönlichen Freiheit in seine Unterkunft brachte, sie an den Haaren zerrte, mit den Händen ins Gesicht schlug, festhielt und ihr androhte, wenn sie schreie, dann werde dies das letzte Mal gewesen sein, ihr sodann in seiner Unterkunft heftige Faustschläge und Fußtritte gegen das Gesicht versetzte, die mehrere Verletzungen am Kopf, unter anderem einen Nasenbeinbruch ohne Dislokation der Bruchenden, zur Folge hatten, und sie an den Haaren in die von ihm gewünschten Körperstellungen zerrte, sohin mit Gewalt und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht;

II. zwischen Hard und Bregenz zur Prostitutionsausübung zu seinen Gunsten durch gefährliche Drohung mit einer erheblichen Verstümmelung, indem er ihr erklärte, daß er sie zusammenschlagen, mit seinem Auto niederfahren oder ihr in die Beine schießen werde, sollte sie sich nicht hiezu verstehen, zu nötigen versucht;

III. in Hard dadurch, daß er sie an einer Hand und am Hals festhielt und ihr mehrere Schläge ins Gesicht versetzte, sohin mit Gewalt, zur Unterlassung der Flucht aus der Küche des Reinhold A*** genötigt; sowie

IV. in Hard und während der Fahrt mit dem PKW von Hard nach Bregenz in mehreren Angriffen durch Versetzen von Schlägen gegen deren Gesicht, welche Nasenbluten und eine blutende Wunde an der Innenseite der Oberlippe der G*** zur Folge hatten, am Körper verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich eine Rechtsmittelschrift des Angeklagten, die eine auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde enthält sowie zudem als "Strafberufung" bezeichnet wird.

In der Nichtigkeitsbeschwerde wird zwar nicht mit voller Bestimmtheit (§ 285 Abs 1 StPO) erklärt, in Ansehung welcher Fakten das schöffengerichtliche Urteil angefochten werden soll, sondern lediglich beantragt, letzteres "in dem Ausmaße, in dem es mit Begründungsmängeln behaftet ist, aufzuheben und den nach der Behebung dieser Mängel verbleibenden Sachverhalt dem sich dann ergebenden Tatbestand oder Tatbeständen zu unterstellen", doch scheint der Angeklagte mit der globalen Behauptung, es enthalte "keine Begründung zum Zeitablauf der einzelnen Handlungen und keine entsprechende Begründung zu der dem Verurteilten unterstellten subjektiven Tatseite", sodaß "die Zuordnung des Vorsatzes zu den einzelnen Sachverhaltsfeststellungen" fehle, eine Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe zur subjektiven Tatseite in Ansehung sämtlicher Schuldspruch-Fakten geltend zu machen.

Entgegen diesem Vorbringen enthält aber das Urteil sehr wohl auch dazu eindeutige Konstatierungen, wobei in chronologisch präziser Schilderung der Vorgänge in der Nacht vom 22. auf den 23. April 1986 in Hard, auf der Weiterfahrt nach Bregenz, dort und in Fußach sowohl die objektive Tatseite der zum Nachteil der Tamara G*** verübten Straftaten des Beschwerdeführers als auch zu jedem Delikt gesondert zugeordnet sein jeweiliger Vorsatz dargestellt werden.

So stellte das Schöffengericht ausdrücklich fest (US 5/6), daß der Angeklagte die Handgreiflichkeiten in der Wohnung des A*** in Hard und im PKW auf der Fahrt von dort nach Bregenz, die beim Tatopfer zu Nasenbluten und einer blutenden Wunde an der Innenseite der Oberlippe führten, mit Verletzungsvorsatz beging (Faktum IV), daß er Tamara G*** noch in jener Wohnung am Hals festgehalten und ihr einige "Backenstreiche" versetzt hatte, um sie im Verlauf eines Streits (willensbeugend) am Verlassen der Küche zu hindern (Faktum III), daß er die Genannte während der in Rede stehenden Fahrt mit dem Vorsatz bedrohte, sie dadurch zur Ausübung der Gewerbsunzucht zu seinen Gunsten zu veranlassen (Faktum II), und daß seine weiteren Tätlichkeiten gegen sie in seiner Wohnung in Fußach, nämlich Faustschläge und Fußtritte, die mehrere zusätzliche Verletzungen am Kopf, darunter einen Nasenbeinbruch, bei ihr hervorriefen, dazu dienten, sie widerstandsunfähig zu machen und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen (Faktum I). Von einer Undeutlichkeit der Urteilsbegründung kann daher insoweit keine Rede sein.

Das in der Rechtsmittelausführung vorgebrachte weitere Argument jedoch, daß sich dann, wenn sich Mißhandlungen vor und während der Autofahrt auf die Körperverletzung und auf die Nötigung der Tamara G*** zur Prostitution für den Angeklagten bezogen haben, daraus noch lange nicht ergebe, daß den folgenden Vorgängen in dessen Schlafzimmer sein Bewußtsein zu unterstellen sei, er habe das Tatopfer widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht, geht am tatsächlichen Inhalt der darauf bezogenen Entscheidungsgründe (US 7 bis 11) vollends vorbei und läuft überhaupt nur auf eine unzulässige Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung hinaus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zum Teil als offenbar unbegründet und im übrigen als nicht gesetzmäßig ausgeführt sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

In den als Berufung deklarierten Ausführungen der Rechtsmittelschrift wird ausschließlich vorgebracht, dieses Rechtsmittel sei "aus formalen Gründen" angemeldet worden; denn "sollte der ..... Nichtigkeitsbeschwerde Folge gegeben werden", dürfe "der Möglichkeit, das Strafmaß herabzusetzen, nicht dadurch ein Riegel vorgeschoben werden, daß die Straffestsetzung unangefochten geblieben" sei. Dementsprechend wird auch (wiederholt) nur der Antrag gestellt, für den Fall, daß der Nichtigkeitsbeschwerde Erfolg beschieden sein sollte, "die ausgesprochene Strafe entsprechend dem dann noch angenommenen Verschulden" oder (an anderer Stelle) "entsprechend dem sich dann aufzeigenden Tatbild" herabzusetzen.

Mit dem dargestellten Vorbringen wird jedoch der Sache nach keine Berufung wegen Strafe ausgeführt, sondern allein auf die Kompetenz des Obersten Gerichtshofes zur Strafneubemessung (als Folge einer - allenfalls teilweisen - Abänderung des erstgerichtlichen Urteils) Bezug genommen (§ 288 Abs 2 Z 3 erster Fall StPO). Die Ausführung einer Berufung hingegen setzt ein Festhalten am erstinstanzlichen Schuldspruch voraus (§ 295 Abs 1 StPO); Ausführungen oder einen Rechtsmittelantrag auf dieser Grundlage enthält die Rechtsmittelschrift aber nicht. Die ohne deutliche und bestimmte Bezeichnung der Punkte des angefochtenen Straf-Erkenntnisses (Strafmaß, Nichtgewährung bedingter Strafnachsicht), gegen die sie sich richtet, bloß angemeldete, jedoch nach dem zuvor Gesagten nicht ausgeführte Berufung war somit gleichfalls zurückzuweisen (§§ 294 Abs 2 und 4, 296 Abs 2 StPO).

Über die Berufung der Staatsanwaltschaft hingegen wird in einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E11256

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00023.87.0623.000

Dokumentnummer

JJT_19870623_OGH0002_0100OS00023_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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