TE OGH 1987/6/24 11Os67/87

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Veröffentlicht am 24.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Juni 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert K*** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 7.April 1987, GZ 20 j Vr 1.096/87-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Kodek, des Angeklagten Robert K*** und des Verteidigers Dr. Weigert zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben, die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt und zugleich unter Anwendung des § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Juli 1962 geborene Robert K*** auf Grund des einstimmigen Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 erster Satz, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs versuchte er am 28.Jänner 1987 in Wien dadurch, daß er der Kassierin Angelika S*** den Mund zuhielt, ihr ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 19 cm anhielt und äußerte, "sie solle nicht schreien", sohin mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe, Verfügungsberechtigten der Firma "Z***" Lebensmittel im Gesamtwert von 156,20 S mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung erblickt die Beschwerde darin, daß weder gemäß dem § 314 StPO eine Eventualfrage (in Richtung versuchten Diebstahls oder versuchter Entwendung) noch gemäß dem § 316 StPO eine Zusatzfrage gestellt wurde, deren Gegenstand sie allerdings nicht bezeichnet. In diesem zweiten Punkt ist das Rechtsmittel daher mangels Substantiierung einer Prüfung auf sachliche Berechtigung nicht zugänglich und demgemäß nicht gesetzgemäß ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit aber das Fehlen einer Eventualfrage nach einer anderen strafbaren Handlung (versuchter Diebstahl oder Entwendung) gerügt wird, ist die Nichtigkeitsbeschwerde zwar gesetzmäßig ausgeführt, jedoch unbegründet:

Eine solche Frage wäre nämlich nur dann zu stellen gewesen, wenn die in der Hauptverhandlung - sei es auch nur in der Verantwortung des Angeklagten - vorgebrachten Tatsachen eine geeignete Grundlage dafür wären, den Gegenstand der Hauptfrage bildenden Sachverhalt juristisch anders zu beurteilen. Dies trifft aber nicht zu: Der Angeklagte ließ in seiner geständigen Verantwortung keinen Zweifel daran, daß er zwecks Sachwegnahme der Kassierin den Mund zuzuhalten versuchte, wobei er sie schrecken und am Schreien hindern wollte, und daß er aus dem gleichen Grund das Messer in der Hand hatte (das er laut Wahrspruch der Geschwornen der Kassierin anhielt), mit dem er gleichfalls "schrecken", aber nicht verletzen wollte (S 84 bis 94). Er selbst bezeichnete seine Tathandlung zwar wiederholt laienhaft als "Diebstahl", brachte aber immer klar zum Ausdruck, daß er die Kassierin, als er einsehen mußte, daß sie ihren Platz an der Kassa nicht verläßt, deshalb bedroht habe, um die Sachen, ohne sie bezahlen zu müssen, an sich bringen zu können (S 85), somit versuchte, durch Gewalt und Drohung den erwarteten Widerstand gegen die Sachwegnahme zu brechen. Darin liegt nicht bloß eine versuchte Sachwegnahme im Sinn eines Diebstahls oder gar bloß einer Entwendung, sondern eine solche unter Anwendung von Gewalt und gefährliche Drohung gegen Leib und Leben (§ 142 Abs. 1 StGB). Auch von einem - vom Beschwerdeführer übrigens ausdrücklich gar nicht behaupteten - räuberischen Diebstahls (§ 131 StGB) kann nach diesem Vorbringen nicht gesprochen werden, weil der Täter die angeführten gefährlichen Mittel nicht einsetzte, um sich den Besitz von bereits weggenommenen Sachen zu erhalten, und weil es sich auch nicht um einen "heimlich begonnenen Gewahrsamsbruch" handelte, bei dem - ohne daß der Täter die Anwendung räuberischer Mittel geplant hätte - die Gewaltausübung und Drohung erst stattfanden, nachdem der Angeklagte beim Diebstahl betreten wurde (ÖJZ-LSK 1984/104 = EvBl. 1985/6 = JBl. 1985, 53 mit weiteren Nachweisen und mit Besprechung von Burgstaller).

Die vermißten Eventualfragen wurden daher zu Recht nicht gestellt, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war. Das Geschwornengericht verurteilte Robert K*** nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 41 StGB zu einer zweijährigen (unbedingten) Freiheitsstrafe und wertete keinen Umstand als erschwerend, als mildernd hingegen das umfassende und reumütige Geständnis im Zusammenhalt mit der Selbststellung, den Umstand, daß es beim Versuch blieb, und den geringen Wert der Waren, die geraubt werden sollten.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe unter gleichzeitiger bedingter Strafnachsicht an. Bei Würdigung der auch von der Berufung als richtig anerkannten Strafzumessungsgründe ist wohl auch zu beachten, daß die Tat einer gewissen - wenn auch teilweise selbst verschuldeten - Notlage entsprang und mit relativ geringer Intensität ausgeführt wurde, sodaß es beim Versuch blieb und die Kassierin keinerlei physischen oder psychischen Schaden erlitt. Überdies stellte sich der Angeklagte, der zunächst unerkannt entkommen konnte, zu einem Zeitpunkt freiwillig der Polizei, als sich die Beamten bereits wieder sammelten und sich anschickten, die Suche abzubrechen (S 101, 102); er trug sohin nicht nur durch ein reumütiges Geständnis wesentlich zur Wahrheitsfindung bei, sondern machte überhaupt erst seine rasche Ausforschung möglich.

Der Oberste Gerichtshof meint daher, daß das Verhalten des Berufungswerbers bei und nach der Tat noch eine weitere Ausschöpfung des auch vom Geschwornengericht angewendeten außerordentlichen Milderungsrechtes rechtfertigt und daß eine fünfzehnmonatige Freiheitsstrafe noch als tat- und tätergerecht anzusehen ist. Zieht man weiters die aus der sofortigen Selbststellung hervorleuchtende innere Umkehr des Täters unmittelbar nach der Tat und die ihr auf den Fuß folgende Reaktion in Form der Verhaftung und Anhaltung in Untersuchungshaft durch fast fünf Monate hindurch ins Kalkül, dann liegen auch die (strengen) Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 StGB vor, weshalb der Berufung spruchgemäß Folge zu geben war. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E11268

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00067.87.0624.000

Dokumentnummer

JJT_19870624_OGH0002_0110OS00067_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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