TE OGH 1987/6/24 14Os74/87

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Veröffentlicht am 24.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Juni 1987 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Eric B*** wegen des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Körperverletzung (zum Teil als Beteiligter) nach §§ 83 Abs 1, 15 und 12 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Eric B*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 29.Jänner 1987, GZ 4 Vr 2761/86-25, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und der Verteidigerin Dr. Buder-Steinhoff, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - neben einem weiteren Angeklagten - der 19-jährige Eric B*** des Vergehens der (teils vollendeten, teils versuchten) Körperverletzung (zum Teil als Beteiligter) nach §§ 83 Abs 1, 15 und 12 zweiten Fall StGB, des Verbrechens der schweren Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1 und 3, 85 Z 2 StGB, des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB, des Verbrechens der Verleumdung als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 297 Abs 1 "zweiter Fall" (gemeint: zweiter Strafsatz) StGB und des Vergehens der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er - unter anderem - in Graz am 17.August 1986 im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Robert W*** dadurch, daß er von Robert W*** angezündetes Bodenwachs mit einem Löffel gegen Jürgen Z*** schleuderte, versucht, letzteren vorsätzlich am Körper zu verletzen, wobei die Vollendung der Tat nur deshalb unterblieb, weil sich Jürgen Z*** mit einem Leintuch oder Handtuch schützte (Punkt I/1/c des Urteilssatzes) und weiters am selben Tag dadurch, daß er auf dem Unterleibchen des Jürgen Z*** Bodenwachs auftrug und das Bodenwachs anzündete, den Genannten am Körper verletzt, wobei die Tat Verbrennungen zweiten und dritten Grades am Rücken und an den Armen im Ausmaß von 12 % der Körperoberfläche, mithin eine an sich schwere und mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung verbundene Verletzung, sowie für immer oder für lange Zeit eine auffallende Verunstaltung durch Narbenbildung zur Folge hatte und mit einem solchen Mittel (sowie auf solche Weise), womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, unter Zufügung besonderer Qualen begangen worden ist (Punkt I/4 des Urteilssatzes).

Lediglich diese Teile des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte mit seiner nur auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch zu Punkt I 1/c wendet der Beschwerdeführer ein, aus den Sachverhaltsfeststellungen des Urteils ergebe sich keinesfalls, daß er durch das ihm angelastete Tatverhalten seinen Mithäftling Jürgen Z*** habe verletzen wollen; er räumt jedoch selbst ein, daß das Erstgericht davon ausgegangen ist, daß seine Handlungsweise (Schleudern angezündeten Bodenwachses mit einem Löffel) darauf gerichtet war, Jürgen Z*** zumindest leicht zu verletzen (vgl S 240 d.A). Hiebei handelt es sich, mögen auch die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils eine strenge Trennung zwischen Sachverhaltskonstatierung und rechtlicher Beurteilung vermissen lassen, eindeutig um eine Tatsachenfeststellung, welche die rechtliche Annahme eines auf Körperverletzung gerichteten Tätervorsatzes deckt. Auf der Basis dieses Urteilssachverhaltes bleibt aber für die von der Beschwerde angestrebte Subsumtion des Tatverhaltens des Angeklagten bloß als Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB kein Raum. Nach Ansicht des Beschwerdeführers ließen weiters auch die zu Punkt I/4 des Schuldspruches getroffenen Feststellungen ein vorsätzliches Handeln nicht erkennen. Daraus sei nämlich nur abzuleiten, daß er die betreffende Tat fahrlässig begangen habe, weil er deren Folgewirkungen offensichtlich falsch eingeschätzt habe. Diesem Beschwerdevorbringen ist zunächst zu erwidern, daß das Schöffengericht auch insoweit, wenngleich (wiederum) ohne strenge Trennung von den rechtlichen Erwägungen, in tatsächlicher Hinsicht als erwiesen angenommen hat, daß der Angeklagte die Körperverletzung des Jürgen Z*** als solche vorsätzlich herbeigeführt hat und sich auch dessen bewußt gewesen ist und billigend in Kauf genommen hat, auf eine Weise zu handeln, womit in der Regel Lebensgefahr sowie die Zufügung besonderer Qualen verbunden ist, sodaß mithin auch die Qualifikationsumstände des § 84 Abs 2 Z 1 und 3 StGB von seinem zumindest bedingten Vorsatz erfaßt gewesen sind (vgl S 242 d.A). In diesem Belang ermangelt die Rechtsrüge daher (gleichfalls) einer gesetzmäßigen Darstellung.

Es bedeutet aber auch keinen Wertungswiderspruch, wenn das Erstgericht angenommen hat, daß die auffallende Verunstaltung, welche der Verletzte als Folge der Tat erlitten hat, für den Angeklagten zwar subjektiv voraussehbar, nicht aber von ihm gewollt gewesen ist. Denn während es sich bei den Umständen der Z 1 und 3 des § 84 Abs 2 StGB, die eine Körperverletzung zu einer schweren Körperverletzung machen, um Deliktsqualifikationen handelt, auf welche sich daher der zumindest bedingte Vorsatz des Täters bezogen haben muß (vgl SSt 48/20 = ÖJZ-LSK 1977/158; Leukauf-Steininger, Komm z StGB2 § 84 RN 22; Burgstaller im WK § 84 RN 65), stellen die schweren Dauerfolgen des § 85 StGB Erfolsqualifikationen dar, deren subjektive Zurechnung bloß Fahrlässigkeit erfordert. Daß die schweren Dauerfolgen, welche aus der gegenständlichen (objektiv und subjektiv sorgfaltswidrigen) Tat entstanden sind, bei der gegebenen Tatkonstellation für den Angeklagten objektiv und subjektiv vorhersehbar gewesen und ihm mithin gemäß § 7 Abs 2 StGB zuzurechnen sind, wird aber nicht einmal vom Beschwerdeführer selbst in Frage gestellt. Auch in Ansehung des im Punkt I/4 des Urteilsspruchs bezeichneten Tuns des Angeklagten haftet dem Urteil daher kein Subsumtionsirrtum an.

Im übrigen entbehrt das Beschwerdevorbringen, soweit es auf die der Tatausführung unmittelbar vorangegangenen, aber nicht gesondert verfolgten Deliktsakte Bezug nimmt, der prozeßordnungsgemäßen Darstellung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes. Kommt doch dem durch das Eingreifen des Mitangeklagten Andreas S*** zunächst vereitelten Versuch des Beschwerdeführers, das zuvor auf dem Rücken des Jürgen Z*** eingeriebene Bodenwachs anzuzünden, zufolge des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit dem nachfolgenden Angriff nur die Bedeutung eines unselbständigen Teilaktes eines von einem Gesamtvorsatz getragenen, auf ein und dasselbe Ziel gerichteten einheitlichen Tatgeschehens zu der - anders als die dem Punkt I/1/c des Schuldspruchs zugrundeliegende Tat - dem Angeklagten nicht gesondert als versuchte Körperverletzung angerechnet werden konnte. Daraus kann sohin keinesfalls abgeleitet werden, daß dem Angeklagten (insgesamt) nur fahrlässiges Handeln zu unterstellen gewesen wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Eric B*** nach §§ 28, 85 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die charakterliche Neigung dieses Angeklagten zu Gewalttätigkeiten, wie sie sich aus seiner Vorstrafe wegen § 222 StGB ergibt, weiters das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit drei Vergehen und die mehrfachen Angriffshandlungen bei den auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Delikten (Nötigung und Körperverletzung); als mildernd hielt es dem Angeklagten das Teilgeständnis, das Alter unter 21 Jahren und den Umstand zugute, daß die Körperverletzung teilweise beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung strebt Eric B*** die Herabsetzung der Strafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers hat das Erstgericht die Vorstrafe wegen Vergehens nach § 222 StGB nach Lage des Falles zu Recht als erschwerend gewertet, stellt doch § 33 Z 2 StGB darauf ab, daß der Rechtsbrecher schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist. Auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen mit Strafe bedrohte Handlungen nicht nur dann, wenn sie gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind, sondern auch dann, wenn sie auf gleichartige verwerfliche Beweggründe oder auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen sind (§ 71 StGB). Gerade letzteres trifft vorliegend zu. Lassen doch das rohe Mißhandeln bzw unnötige Quälen von Tieren einerseits und die (mehrfachen, zum Teil gravierenden und das Opfer in einen qualvollen Zustand versetzenden) tätlichen Angriffe auf die körperliche Integrität von Menschen andererseits deutlich erkennen, daß der Angeklagte zur Aggressivität gegenüber Lebewesen neigt, sodaß seine Taten jeweils auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen sind. Wird weiters bei der Gewichtung der Strafzumessungsschuld entsprechend berücksichtigt, daß dem Angeklagten mehrere (nämlich nicht bloß zwei, sondern insgesamt drei) Verbrechen und (drei) Vergehen zur Last liegen, daß er einen Teil der strafbaren Handlungen wiederholt hat und daß die unter Punkt

I/4 des Urteilssatzes bezeichnete Tat mehrfach qualifiziert ist (wobei das Tatopfer im Hinblick auf seine Anhaltung im selben Haftraum kaum eine Chance hatte, den brutalen Angriffen des Angeklagten zu entkommen), so erweist sich das in erster Instanz gefundene Strafmaß als nicht überhöht; es entspricht vielmehr dem besonders großen Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten, dem nur eine entsprechend strenge Sanktion gerecht zu werden vermag. Mithin mußte auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben, weshalb über die Rechtsmittel des Angeklagten insgesamt spruchgemäß zu erkennen war.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E11314

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0140OS00074.87.0624.000

Dokumentnummer

JJT_19870624_OGH0002_0140OS00074_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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