TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/8 2005/21/0100

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Veröffentlicht am 08.09.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
FrG 1997 §61 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des Valentine O, vertreten durch Dr. Johann Bruckner, Rechtsanwalt in 4780 Schärding, Oberer Stadtplatz 45, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. Jänner 2005, Zl. III- 1092971/FrB/05, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. März 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen im Februar 2002 in das Bundesgebiet eingereisten nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen. Dieser Bescheid wurde mit näher genannten, vom Beschwerdeführer im Frühjahr 2002 begangenen Suchtgiftdelikten begründet, wegen der er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Juli 2002 gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Suchtmittelgesetz (SMG) und § 15 StGB rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden war. Bei der Beurteilung des Aufenthaltsverbotes nach § 37 Abs. 2 FrG berücksichtigte die Behörde auf der einen Seite die schwer wiegende Delinquenz des Beschwerdeführers kurz nach seiner Einreise und andererseits das Fehlen familiärer und sonstiger Bindungen im Bundesgebiet.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Jänner 2005 ordnete die Bundespolizeidirektion Wien gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FrG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft eintreten.

Begründend nahm die belangte Behörde Bezug auf das genannte rechtskräftige Aufenthaltsverbot. Der Beschwerdeführer, der sich nicht bloß kurzfristig in Strafhaft befinde, sei mit (weiterem) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 8. Juni 2004 wegen § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten und mit Urteil desselben Gerichtes vom 17. November 2004 wegen § 28 Abs. 2 und 3 erster Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Vor der Strafhaft habe der Beschwerdeführer an einer näher genannten Adresse im 10. Wiener Gemeindebezirk gewohnt. Der Beschwerdeführer sei nach eigenen Angaben ledig und verfüge im Bundesgebiet weder über berufliche noch über familiäre Bindungen. Sein Verhalten ließe aber klar erkennen, dass er nicht gewillt sei, österreichische Rechtsvorschriften einzuhalten. Bei Abwägung der maßgeblichen öffentlichen Interessen gegen die Privatinteressen des Beschwerdeführers fielen die öffentlichen Interessen erheblich schwerer ins Gewicht. Die Anwendung gelinderer Mittel sei im Fall des Beschwerdeführers auszuschließen, da auf Grund seines bisherigen Verhaltens die Annahme gerechtfertigt sei, er werde sich dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Schubhaft einen gravierenden Eingriff in seine persönliche Freiheit darstelle. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die öffentlichen Interessen gegen die Privatinteressen des Beschwerdeführers - dieser habe das Haftübel verspürt, sodass von seinem künftigen Wohlverhalten ausgegangen werden könne - abzuwägen. Eine nachvollziehbare Interessenabwägung habe die belangte Behörde unterlassen.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Gegenständlich wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers angeordnet, weil gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht. Wie dargestellt hatte die Fremdenpolizeibehörde bereits im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer einerseits im Rahmen einer Prognose gemäß § 36 Abs. 1 FrG zu beurteilen, ob sein Aufenthalt künftig den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Interessen zuwiderlaufen werde und andererseits eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen des Beschwerdeführers vorzunehmen. Diese Beurteilung mündete in das genannte - rechtskräftige - Aufenthaltsverbot vom 10. März 2003. Ausgehend von diesem Aufenthaltsverbot, dem daher nicht nur die Prognose über die weitere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers zugrunde liegt, sondern auch eine Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an der Beendigung seines Aufenthalts, ist nicht erkennbar, welche Umstände die belangte Behörde bei der Anordnung der Schubhaft, insbesondere in Ausübung ihres Ermessens nach § 61 Abs. 1 FrG, zugunsten des Beschwerdeführers hätte berücksichtigen müssen.

Nach der hg. Rechtsprechung ist Voraussetzung für die Anordnung der Schubhaft, dass im Entscheidungszeitpunkt mit Recht angenommen werden kann, der Fremde werde sich dem behördlichen Zugriff entziehen oder diesen zumindest wesentlich erschweren (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Juni 2002, Zl. 2002/02/0138, und vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/21/0145).

Der Beschwerdeführer bestreitet die Notwendigkeit, ihn nach der Entlassung aus der Strafhaft in Schubhaft zu nehmen. Vielmehr könne das fremdenpolizeiliche Vorgehen auch durch Anwendung gelinderer Mittel gesichert werden, so etwa durch die Weisung, dass er sich alle zwei Tage bei der Behörde zu melden habe.

Die belangte Behörde hat zum Sicherungserfordernis darauf hingewiesen, dass dieser weder familiäre noch berufliche Bindungen in Österreich habe. Dies stimmt mit der Aktenlage überein, hat der Beschwerdeführer doch am 10. Mai 2004 niederschriftlich (Akt S. 450) angegeben, er sei ledig, habe keine Sorgepflichten und verdiene seinen Lebensunterhalt mit "Gelegenheitsarbeiten". Er sei weder im Besitz von Barmitteln noch verfüge er über einen Reisepass. Vor diesem Hintergrund ist der belangten Behörde unbeschadet des Umstandes, dass der Beschwerdeführer vor der Strafhaft aufrecht gemeldet war, nicht entgegen zu treten, wenn sie im vorliegenden Fall von der Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers ausgegangen ist und daher die Verhängung der Schubhaft für erforderlich angesehen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2005, Zl. 2004/21/0316).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 8. September 2005

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005210100.X00

Im RIS seit

03.10.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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