TE OGH 1987/7/14 4Ob357/87

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Veröffentlicht am 14.07.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr, Angst, Dr. Petrag und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann B***, Schischulunternehmer, Tauplitzalm 28, vertreten durch Dr. Heinz Kalss, Rechtsanwalt in Bad Aussee, wider die beklagte Partei Helmut H***, Gastwirt und Schischulunternehmer, Tauplitz Nr. 118, vertreten durch Dr. Hans Pirker, Rechtsanwalt in Irdning, wegen Unterlassung (Streitwert S 75.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 3. April 1987, GZ. 6 R 62/87-9, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 12. Februar 1987, GZ. 4 Cg 36/87-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Kläger hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger betreibt die Schischule "Tauplitzalm-Ost", der Beklagte die an das Schischulgebiet des Klägers angrenzende Schischule "Tauplitzalm-Mitte". In dem Bescheid, mit dem der Beklagte die Bewilligung zum Betrieb einer Schischule gemäß §§ 3 bis 7 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 LGBl. 211 (im folgenden: Stmk SchischulG) erhielt, wurden die Grenzen zwischen den Schischulgebieten der Streitteile mit einer gedachten Nord-Süd-Linie westlich der Bergstation des Tauplitzalm-Bergliftes festgesetzt (siehe Skizzen Beilage A und II). Der Beklagte betreibt in dem im Schischulgebiet des Klägers gelegenen Gebäude der Raiffeisenkasse "Tauplitzalm" (richtig: Raiffeisenkasse Tauplitz, Zweigstelle Tauplitzalm) ein Schischulbüro. An der Eingangstüre dieser Raiffeisenkassenfiliale befinden sich zwei Hinweistafeln mit der Aufschrift "S*** Tauplitzalm-Mitte" und "S***

T***-MITTE Inh. Helmut H***". Das zweite Hinweisschild enthält die Schischultarife, eine Übersicht über das Kursangebot und den Hinweis "Auskünfte und Anmeldungen im Schischulbüro Raiffeisenkasse Tauplitzalm, Telefon...." Ein Prospekt der Arbeitsgemeinschaft für den Fremdenverkehr Tauplitzalm (Beilage A) enthält einen Übersichtsplan über das Schigebiet Tauplitzalm. In der Legende zu diesem Plan ist unter Nr.27 die Schischule H*** am Standort der Raiffeisenkasse eingezeichnet.

Der Kläger behauptet, der Beklagte dürfe gemäß § 5 Stmk SchischulG seine Schischule nur in dem ihm zugewiesenen Schischulgebiet betreiben; außerhalb dieses Gebietes sei ihm jede mit dem Betrieb einer Schischule verbundene Tätigkeit (insbesondere Kundenwerbung, Vertragsabschlüsse, Reklametätigkeit, Betrieb eines Schischulbüros, Erteilung von Schiunterricht) verboten. Der Kläger stellt das dem Inhalt des Klagebegehrens im wesentlichen entsprechende Sicherungsbegehren, dem Beklagten auf die Dauer des Rechtsstreites zu verbieten, im Gebäude der Raiffeisenkasse Tauplitz ein Schischulbüro im eigenen Namen oder unter der Ankündigung "Schischulbüro Tauplitzalm-Mitte" zu betreiben (die weiteren Sicherungsbegehren sind nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens).

Der Beklagte beantragte die Abweisung dieses Sicherungsbegehrens. Vertreter der Steiermärkischen Landesregierung hätten ihm bei einem Lokalaugenschein am 10.7.1986 gesagt, daß er im gesamten Gemeindegebiet werben und auch außerhalb des Schischulgebietes ein Büro betreiben dürfe.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Das Anwerben oder die Aufnahme von Schülern beim Aufsuchen eines fremden Schigebietes im Rahmen des Ausflugsverkehrs sei gemäß § 5 Abs 4 Stmk SchischulG verboten. Es handle sich hiebei um eine wettbewerbsregelnde Norm, deren Übertretung Unterlassungsansprüche wegen Verstoßes gegen § 1 UWG nach sich ziehe. Der Betrieb eines Schischulbüros sei jedoch keine Werbung und daher auch in einem fremden Schischulbereich zulässig, auch wenn mit der Ankündigung dieses Büros naturgemäß eine Werbung verbunden sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers teilweise Folge und verbot dem Beklagten, im Gebäude der Raiffeisenkasse Tauplitz durch Verwendung seines Namens und der Bezeichnung "Tauplitzalm-Mitte" auf seine Schischule hinzuweisen, sowie (dort) Schischüler anzuwerben oder aufzunehmen; das Mehrbegehren, dem Beklagten den Betrieb eines zu seiner Schischule gehörenden Büros im Gebäude der Raiffeisenkasse Tauplitz schlechthin zu verbieten, blieb abgewiesen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes (Beschwerdegegenstandes) S 300.000,-- übersteige. § 5 Abs 4 Satz 3 Stmk SchischulG bestimme, daß die Anwerbung oder die Aufnahme von Schülern in dem gemäß dem ersten Satz dieser Bestimmung aufgesuchten Schigebiet nicht zulässig sei. Sei aber die Anwerbung und die Aufnahme von Schülern schon anläßlich des nur drei Tage hindurch zulässigen Aufsuchens eines fremden Schischulgebietes nicht gestattet, dann sei der Betrieb eines Schischulbüros im Schischulgebiet einer anderen Schischule umso mehr verboten, zumal § 5 Abs 4 Satz 2 Stmk SchischulG das regelmäßige Aufsuchen eines fremden Schigebietes untersage. Diese Auslegung stehe auch mit der neueren Schischulgesetzgebung (anderer Bundesländer) in Übereinstimmung: So normiere § 11 Abs 5 des Tiroler Schischulgesetzes, daß die Werbung und die Aufnahme neuer Schüler innerhalb eines fremden Schischulgebietes nicht zulässig sei. Nach dem Steiermärkischen Schischulgesetz werde die Bewilligung zum Betrieb einer Schischule nur für bestimmte Schischulbereiche (Standorte) erteilt, so daß der Tätigkeitsbereich des Bewilligungsinhabers von vornherein territorial abgegrenzt sei. Der Beklagte habe durch die im Schischulgebiet des Klägers betriebene Werbung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen; dieser Verstoß sei ihm auch subjektiv vorwerfbar, da er eine Organisation unterhalte, die auf eine planmäßige und fortgesetzte Werbetätigkeit für seine Schischule im Schischulgebiet abgestellt sei. Diese Mißachtung der wettbewerbsregelnden Vorschriften des Stmk SchischulG sei somit eine im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs vorgenommene Handlung, die gemäß § 1 UWG gegen die guten Sitten verstoße. Ein nur interner Bürobetrieb im Gebäude der Raiffeisenkasse Tauplitz habe dem Beklagten allerdings nicht untersagt werden können.

Der Beklagte erhebt gegen den stattgebenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes Revisionsrekurs mit dem Antrag, den (gänzlich abweisenden) Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Der Kläger beantragt, dem Rechtsmittel des Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Errichtung und der Betrieb einer Schischule bedürfen einer Bewilligung der Landesregierung (§ 3 Abs 1 Stmk SchischulG); diese wird für einen bestimmten Standort innerhalb eines Gebietes (Schischulgebiet) erteilt. Das Gebiet einer Schischule umfaßt in der Regel das Gebiet einer Gemeinde; sofern es jedoch die Lage der vorhandenen Fremdenverkehrsbetriebe im vorhandenen Übungsgebiet erfordert, können ..... aus dem Gebiet einer Gemeinde mehrere Schischulgebiete gebildet werden. Das Gebiet der Schischule ist im Bewilligungsbescheid festzusetzen (§ 5 Abs 1 Stmk SchischulG). Daß der gesamte Betrieb einer Schischule grundsätzlich auf das im Bewilligungsbescheid festgesetzte Gebiet zu beschränken ist, ergibt sich aus den Ausnahmevorschriften des § 5 Abs 4 und 5 Stmk SchischulG. Gemäß § 5 Abs 4 Stmk SchischulG kann eine Schischule im Rahmen des Ausflugsverkehrs mit ihren Schülern auch das Gebiet einer anderen Schischule (jedoch höchstens für die Dauer von drei Tagen) aufsuchen und in deren Gebiet Unterweisungen in den Fertigkeiten des Schilaufes vornehmen. Ein regelmäßig wiederkehrendes Aufsuchen des gleichen (richtig wohl: desselben) Schischulgebietes ist jedoch nicht gestattet. Die Anwerbung oder die Aufnahme von Schülern innerhalb des aufgesuchten Schischulgebietes ist nicht zulässig. § 5 Abs 5 Stmk SchischulG enthält eine weitere Ausnahme für den Fall unzureichender Schneelage in angrenzenden Talschischulen, die aber für den vorliegenden Fall keine Bedeutung hat.

Da das Stmk SchischulG von einem Konzessionssystem ausgeht, das allen bewilligten Schischulen ein bestimmtes Gebiet mit einem Standort innerhalb dieses Gebietes zuweist und die Ausübung des Schischulunterrichtes im Gebiet einer anderen Schischule nur ausnahmsweise gestattet, wobei für diesen Fall die Werbung und Aufnahme von Schülern innerhalb des aufgesuchten Schischulgebietes untersagt ist, muß es, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, umso mehr als unzulässig angesehen werden, in einem fremden Schischulgebiet dauernd ein Schischulbüro zum Zweck der Anwerbung und Aufnahme von Schülern zu unterhalten und damit Interessenten, die sich in diesem Schischulgebiet befinden, an sich zu ziehen. Dem Stmk SchischulG liegt damit ebenfalls der in moderneren Schischulgesetzen anderer Bundesländer (zB § 11 Abs 5 Tir.SchischulG LGBl. 1981/3; § 11 Abs 2 Sbg SchischulG 1976 LGBl 58) zum Ausdruck gebrachte Gedanke zugrunde, daß die Anwerbung und die Aufnahme neuer Schüler innerhalb eines fremden Schischulgebietes unzulässig ist (vgl. aber zum Sbg SchischulG 1955 ÖBl 1969, 41). Eine derartige Werbung und Aufnahme greift in die Interessen des örtlichen Schischulinhabers, dem ein bestimmtes Gebiet zugewiesen ist, viel nachhaltiger ein als das bloße Aufsuchen eines Schigebietes; selbst ein solches Aufsuchen wurde aber vom steiermärkischen Landesgesetzgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise gestattet.

Die Einrichtung eines Schischulbüros zum Zweck der Anwerbung und Aufnahme von Schülern gehört zu den wichtigsten mit dem Betrieb einer Schischule verbundenen Tätigkeiten. Die grundsätzliche Beschränkung der gesamten Schischultätigkeit auf das eigene Schischulgebiet (mit den erwähnten Ausnahmen) kommt im Stmk SchischulG so deutlich zum Ausdruck, daß sich der Beklagte, dem mit Bescheid vom 15.12.1986 ein bestimmtes Schischulgebiet zugewiesen wurde, nicht darauf berufen kann, er habe auf Grund angeblicher Äußerungen bei einem Lokalaugenschein am 10.7.1986 (also vor der Zustellung des Bescheides) darauf vertrauen dürfen, daß es gestattet sei, ein Büro auch außerhalb des eigenen Schischulgebietes zu betreiben. Da sich der Beklagte als Schischulinhaber mit den einschlägigen Bestimmungen des Stmk SchischulG entsprechend vertraut zu machen hatte, konnte er nicht mit guten Gründen der Meinung sein, er dürfe sein Schischulbüro im Schischulgebiet einer anderen Schischule betreiben. Der Verstoß ist daher dem Beklagten auch subjektiv vorwerfbar, so daß es der Aufnahme der vom Beklagten angebotenen Bescheinigungsmittel darüber, was ihm angeblich am 10.7.1986 von Teilnehmern des damaligen Lokalaugenscheines gesagt worden ist, nicht bedarf.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 402 EO, 40, 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E11795

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00357.87.0714.000

Dokumentnummer

JJT_19870714_OGH0002_0040OB00357_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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