TE OGH 1987/9/24 7Ob665/87

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Veröffentlicht am 24.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Petrag und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Erich H***, Vertreter, Aich-Assach 56, vertreten durch Dr. Gerald Weidacher, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wider die Antragsgegnerin Friederike H***, Hausfrau, Birkfeld, Waisenegg 132, vertreten durch Dr. Ulf Zmölnig, Rechtsanwalt in Weiz, wegen §§ 81 ff. EheG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 15. Juni 1987, GZ 1 R 194/87-43, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Weiz vom 31. März 1987, F 6/86-38, im Rahmen der Anfechtung aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß, dessen Spruch dahin berichtigt wird, daß anstelle der nicht in Beschwerde gezogenen Jahresraten von 2.000 S der Betrag von 20.000 S zu treten hat, wird bestätigt.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Dezember 1984, 12 Cg 351/83 rechtskräftig gemäß § 55 Abs. 3 EheG geschieden. Gegenstand des vorliegenden Aufteilungsverfahrens ist die Liegenschaft EZ 177 KG Waisenegg, auf der sich ein Haus befindet, das den Ehegatten als Ehewohnung diente. Das Erstgericht hat diese Liegenschaft der Antragsgegnerin, in deren Alleineigentum sie schon bisher stand, zugewiesen und die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von 250.000 S zu leisten, und zwar 25.000 S binnen vier Wochen, den Rest längstens binnen sechs Jahren nach Rechtskraft dieses Beschlusses. Ferner hatte es grundbücherliche Durchführungen zur Sicherung der Ausgleichszahlung angeordnet. Die Antragsgegnerin hat die Abänderung dieser Entscheidung dahin begehrt, daß die Ausgleichszahlung lediglich mit 80.000 S, zahlbar in Jahresraten zu je 20.000 S ab Rechtskraft des Beschlusses, festgesetzt werde und eine Pfandbestellung lediglich zugunsten eines Betrages von 60.000 S zu erfolgen habe.

Das Rekursgericht hat die Entscheidung des Erstgerichtes im Rahmen der Anfechtung aufgehoben und den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt. In seinem Spruch hat es die Auferlegung einer Ausgleichszahlung von 80.000 S, zahlbar in Jahresraten von 2.000 S, gegen pfandrechtliche Sicherstellung von 60.000 S als unbekämpft bezeichnet.

In rechtlicher Hinsicht hat das Rekursgericht ausgeführt, es sei zwar richtig, daß man einem Ehegatten nicht unter Hinweis auf die Vermögenslosigkeit und das geringe Einkommen des anderen Ehegatten dazu verhalten könne, seinen Anteil am gemeinsamen Vermögen entschädigungslos oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Entschädigung aufzugeben. Es müsse jedoch gemäß dem Grundsatz der Billigkeit darauf geachtet werden, daß der ausgleichspflichtige Ehegatte durch die Festsetzung der Ausgleichszahlung nicht in eine prekäre wirtschaftliche Situation gerät, die ihn nicht bestehen läßt. Durch die Festsetzung der Höhe der Ausgleichszahlung und deren Abstattung solle der Ausgleichspflichtige nicht zur Aufgabe des gemeinsam geschaffenen Vermögens gezwungen werden. Allerdings sei dem Ausgleichspflichtigen, um die angemessene Ausgleichszahlung unter Anspannung aller Kräfte erbringen zu können, auch die Abtrennung und Veräußerung eines Teiles einer Liegenschaft zumutbar, wenn Größe und Lage derselben dies ermöglichten. Ebenso müsse ihm die Aufnahme eines Kredites zugemutet werden, der jedoch im Rahmen jener Mittel zu bleiben habe, die der Ausgleichspflichtige bei äußerster Anspannung seiner Kräfte gerade noch aufbringen könne. Im vorliegenden Fall fehle es an Feststellungen, die eine Beurteilung zulassen, welche Leistung die Antragsgegnerin unter Beachtung der aufgezeigten Grundsätze aufbringen könne. Insbesondere sei nicht geprüft worden, inwieweit die Abtrennung von Teilen der Liegenschaft und deren gesonderte Veräußerung bzw. die Aufnahme von Pensionsgästen im Haus möglich sei. Diesbezüglich erweise sich daher das erstgerichtliche Verfahren als mangelhaft.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsteller gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Unter dem Rekursgrund der Aktenwidrigkeit wendet sich der Antragsteller dagegen, daß das Rekursgericht in seinem Spruch die Leistung von Jahresraten von 2.000 S als unbekämpft angeführt hat. Hiebei handelt es sich jedoch um einen offensichtlichen Schreibfehler des Rekursgerichtes, wie sich schon aus der Zitierung der Anfechtungserklärung der angefochtenen Entscheidung (S 311 des Aktes) ergibt. Dieser Fehler konnte daher gemäß § 419 ZPO jederzeit von Amts wegen, und zwar auch durch eine höhere Instanz berichtigt werden (7 Ob 614/86, 1 Ob 1541/85). Demnach hatte der Oberste Gerichtshof eine solche Berichtigung vorzunehmen, womit dem Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit, der im übrigen in § 323 AußStrG nicht genannt ist, der Bogen entzogen ist. Die bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung nach § 94 Abs. 1 EheG zu beachtende Billigkeit hat auch darauf Rücksicht zu nehmen, daß nach dem konkreten Standard der beiderseitigen Lebensverhältnisse die wirtschaftliche Grundlage der nunmehr getrennten Lebensführung für beide seinerzeitigen Ehegatten, soweit dies möglich ist, gesichert bleibt. Hiebei müssen grundsätzlich die Interessen beider vormaligen Ehepartner veranschlagt werden. Jede Zahlungsverpflichtung eines vormaligen Ehegatten, die diesen selbst in seiner neuen wirtschaftlichen Lage nicht wohlbestehen ließe, widerspräche daher der nach § 94 Abs. 1 EheG zu beachtenden Billigkeit (6 Ob 702/81, 1 Ob 678/85 ua.). Daß hiebei derjenige, der grundsätzlich zur Leistung einer Ausgleichszahlung verpflichtet ist, seine gesamten Kräfte nach Möglichkeit anzuspannen hat, hat das Rekursgericht eingehend und zutreffend dargelegt, wie überhaupt seine gesamten Rechtsausführungen der ständigen Judikatur entsprechen, zur Vermeidung von Wiederholungen, wird daher auf diese Ausführungen verwiesen. Die auferlegte Ausgleichszahlung darf nicht dazu führen, daß der dazu Verpflichtete gezwungen ist, jene Gebrauchsgegenstände, die ihm überlassen wurden, zur Gänze zu veräußern. Ein solches Ergebnis würde dem Sinn des Aufteilungsverfahrens widersprechen. Entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers hat daher das Rekursgericht richtig erkannt, daß auch die Möglichkeiten der Antragsgegnerin zur Aufbringung einer Ausgleichszahlung in die Billigkeitserwägungen einzubeziehen sind. Die vom Rekursgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung ist demnach richtig.

Auf die Frage, ob die bisherigen Verfahrensergebnisse für eine abschließende Entscheidung im Sinne der richtigen rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichtes ausreichen, kann der Oberste Gerichtshof nicht eingehen, weil gemäß § 232 Abs. 2 AußStrG die Entscheidung des Rekursgerichtes nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft werden kann (6 Ob 646/86, 7 Ob 613/85 ua.) und demnach auch im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse einem Auftrag des Rekursgerichtes zur Ergänzung des Verfahrens und des Sachverhaltsbildes und bei richtiger rechtlicher Beurteilung, entscheidungswesentliche Umstände klarzustellen, nicht entgegengetreten werden kann (7 Ob 602/86, 7 Ob 612/86 u.a.). Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

Anmerkung

E12129

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00665.87.0924.000

Dokumentnummer

JJT_19870924_OGH0002_0070OB00665_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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