TE OGH 1987/10/15 6Ob701/86

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Veröffentlicht am 15.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Werner B***, Rechtsanwalt, 6020 Innsbruck, Maria Theresienstraße 7, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma B***-F***

Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, 6020 Innsbruck, Geyrstraße 80 (S 60/83 des Landesgerichtes Innsbruck), wider die beklagte Partei Ö*** C*** Aktiengesellschaft, 6020 Innsbruck, Erlerstraße 18, vertreten durch Dr. Heinz Bauer und Dr. Harald E. Hummel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 3,765.332,56 und Unwirksamerklärung (Streitwert S 500.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 3. Juli 1986, GZ. 2 R 139/86-44, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Endurteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. Dezember 1985, GZ. 14 Cg 31/84-37, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung 1. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Der Nachtrag zur Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht Folge gegeben, soweit sie sich gegen den Zuspruch von S 281.060,98 samt 4 % Zinsen seit 24.11.1983 an die klagende Partei und den Ausspruch wendet, daß die in der Zeit vom 8.10.1982 bis 8.4.1983 vorgenommenen Forderungsabtretungen sowie die Hereinnahme von Zahlungen zur teilweisen Abdeckung des zugunsten der beklagten Partei bestehenden Saldos den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen der Firma B***-F*** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, S 60/83 des Landesgerichtes Innsbruck gegenüber mit einem Betrag von S 281.060,98 unwirksam sind. In diesem Umfang wird das Urteil des Berufungsgerichtes als Teilurteil bestätigt.

3. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Im übrigen wird der Revision Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden - abgesehen von dem sich aus Punkt 2. ergebenden Ausspruch und dem rechtskräftig abgewiesenen Zinsenmehrbegehren gemäß Punkt 2 c des Berufungsurteiles - aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Gesellschaftsvertrag vom 30.3.1979 gründeten Wolfgang K*** und Luis B*** die Firma B***-F***

Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, die am 4.7.1979 in das Handelsregister des Landesgerichtes Innsbruck eingetragen wurde. Alleinige Komplementärin war die Firma B***-F*** Gesellschaft m.b.H., deren Stammkapital von zuletzt S 500.000 bar einbezahlt war. Die Kommanditeinlagen beliefen sich zum 22.10.1980 auf S 500.000 und waren mit Ausnahme eines Teilbetrages von S 70.000 voll einbezahlt. Gegenstand der Kommanditgesellschaft war der Handel mit Friseureinrichtungen, Friseurbekleidung und Friseurbedarf. Die Komplementärin, deren Geschäftsführer Wolfgang K*** war, war über die Geschäftsführertätigkeit hinaus zu keiner Zeit selbst unternehmerisch tätig. Im Jahre 1982 konnte die Kommanditgesellschaft S 600.000 durch Beteiligung stiller Gesellschafter erlangen.

Über das Vermögen der Firma B***-F***

Gesellschaft m.b.H. & Co. KG (künftig kurz Firma B*** genannt) wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 8.4.1983 zu S 60/83 der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die Firma B*** stand mit der Beklagten seit 1979 bis zur Konkurseröffnung in Geschäftsverbindung. Seit der Gründung der Firma B*** war der überwiegende Teil aller ihr zur Verfügung stehenden Mittel nicht Eigenkapital, sondern Fremdkapital. Die Aufbringung der Mittel zur Finanzierung der Anlagen, der Vorräte, der Kundenforderungen und der Geschäftsverluste erfolgte vorwiegend über Lieferanten und Banken. Die Anschaffungswerte der Anlagegüter betrugen bis einschließlich 1981 zusammen nur S 605.000. Im Jahre 1982 wurden weitere S 626.000, hievon S 200.000 für einen weiteren PKW investiert. Über erhebliche stille Reserven verfügte die Firma B*** zu keiner Zeit. Sie betrugen 1981 etwa S 300.000 bis höchstens S 900.000 und waren 1982 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht höher. Seit ihrer Gründung bis zur Konkurseröffnung erwirtschaftete die Firma B*** nur Verluste. Die Verluste betrugen in den Jahren 1979, 1980 und 1981 zusammen ca. S 6,3 Mio.

Ursache hiefür waren nicht etwa außerordentliche Geschäftsfälle, sondern vorwiegend überhöhte Kosten für Personal und Fremdkapital, überhöhte Umsatzprognosen und verfehlte Kalkulationen. Entgegen der für 1981 gestellten Umsatzprognose trat in diesem Jahr bei der Firma B*** eine Umsatzstagnation ein, während zugleich die Aufwendungen weiter anstiegen. Die Erhöhung der Aufwendungen führte wesentlich zu dem 1981 erwirtschafteten Jahresverlust von S 4,416.000. Wie schon 1981 überstiegen zunehmend 1982 allein die Aufwendungen für Personal, Reisekosten und Zinsen den gesamten unternehmerischen Rohgewinn. Die Firma B*** hätte, um lediglich ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen zu können, bei sonst proportionalen Kosten 1981 einen Nettoumsatz von rund S 24 Mio. und 1982 einen solchen von rund S 27 Mio. erreichen müssen. Dies hätte aber noch nicht zu Gewinnen und zu einem Abbau der Verbindlichkeiten geführt. Sie erzielte im Rumpfjahr 1979 einen Erlös von ca. 2,3 Mio., 1980 von ca. 12,5 Mio, 1981 von ca. 11,8 Mio. und 1982 von ca. 16,6 Mio. Ihre Überschuldung betrug jeweils zum Jahresende 1979 S 847.000, 1980 S 982.000, 1981 S 5,739.000 und 1982 S 8.895.000. Die Firma B*** führte laufend eine ordnungsgemäße Buchhaltung. Die krisenhafte Entwicklung der Firma, die im Jahre 1981 drastisch einsetzte, setzte sich 1982 kontinuierlich fort und war der späteren Gemeinschuldnerin jedenfalls Ende September 1982 bekannt und aus ihren Geschäftsunterlagen leicht erkennbar. Ernsthafte Schwierigkeiten, fällige Verbindlichkeiten zu bezahlen, traten bereits 1981 auf. So wurden, nachdem es 1980 zu vier Fahrnisexekutionen gekommen war, 1981 39 Exekutionen und 1982 71 Exekutionen vorwiegend durch die Gebietskrankenkassen aufgrund fälliger Rückstandsausweise geführt. Spätestens ab Mitte des Jahres 1981 war die Firma B*** zunehmend nicht mehr in der Lage, alle fälligen Lieferantenverbindlichkeiten zu bezahlen. Die letztlich unbezahlten Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin stiegen ab Juli 1982 sprunghaft an und erreichten im September 1982 S 900.000.

Im November 1981, als die Firma B*** bereits bei zwei anderen Banken Kreditverbindlichkeiten von zusammen rund S 2,4 Mio. hatte, die bis zur Konkurseröffnung annähernd gleich hoch blieben, trat sie an die Beklagte mit dem Ersuchen um Gewährung eines Kredites über S 900.000 heran. Mit Kreditanbotschreiben der Beklagten vom 30.11.1981, welches von der Firma B*** am 4.12.1981

vollinhaltlich angenommen wurde, räumte die Beklagte der Firma B*** einen Kontokorrentkredit in der Höhe von S 600.000 mit einer Laufzeit bis 31.12.1982, jedoch unbeschadet der "Terminierung der Kreditlaufzeit" beiderseits jederzeit lösbar, ein. Zur Sicherstellung sämtlicher Forderungen verpflichtete sich die Firma B***, der Beklagten existente Kundenforderungen im Ausmaß von 150 % der jeweiligen Vorlagen abzutreten. Die Auswahl der Drittschuldner sowie die Verständigung derselben von der Forderungsabtretung behielt sich die Beklagte vor. Es wurde ferner vereinbart, daß der Beklagten während der Dauer des Kreditverhältnisses das Recht zusteht, durch ihre Organe bzw. Vertrauensleute jederzeit in sämtliche Geschäftsbücher, Belege und Korrespondenzen der Firma B*** Einsicht zu nehmen. Die Firma B*** verpflichtete sich, diesen Personen alle gewünschten Aufklärungen zu erteilen und der Beklagten jährlich firmenmäßig gefertigte Abschriften der erstellten Bilanzen samt Gewinn- und Verlustrechnungen spätestens fünf Monate nach Schluß des jeweiligen Geschäftsjahres zu übergeben. Überdies war die Firma B*** verpflichtet, Zwischenabschlüsse über Verlangen der Beklagten zu erstellen und dieser zu übermitteln und die Beklagte von bedeutenden Vorkommnissen im Unternehmen, insbesondere von solchen, die auf den Vermögensstand von Einfluß sein könnten oder eine Gefahr für den Kredit bzw. die Sicherheit in sich tragen, sogleich zu unterrichten. Die Beklagte war ferner berechtigt, den Kredit mit sofortiger Wirksamkeit fälligzustellen, falls die Firma B*** einer der übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen sollte. Die Firma B*** nützte den ihr gewährten Kredit bis 31.12.1981 laufend in voller Höhe von S 600.000 aus. In den ersten Monaten des Jahres 1982 kam es zu Verhandlungen über eine Abänderung der geschlossenen Kreditvereinbarung, insbesondere über eine Erhöhung des Kreditrahmens. Die Beklagte richtete am 27.4.1982 an die Firma B*** ein Kreditanbotschreiben, worin der mit Schreiben vom 30.11.1981 eingeräumte Kontokorrentkredit in der Höhe von S 600.000 um S 600.000 auf nunmehr insgesamt S 1,200.000 bis 30.6.1982 unter der Bedingung erhöht wurde, daß die Firma B*** der Beklagten auch für den Krediterhöhungsbetrag existente Kundenforderungen im Ausmaß von nunmehr 130 % - bisher 150 % - der jeweiligen Vorlagen abtritt. Alle übrigen vereinbarten Kreditbedingungen sollten unverändert aufrecht bleiben und auch für den erhöhten Kreditrahmen Gültigkeit haben und Anwendung finden. Dieses Anbot der Beklagten wurde von der Firma B*** kurzfristig mündlich vollinhaltlich angenommen, worauf der Kontokorrentkredit von S 1,200.000 zur Verfügung gestellt und von der Firma B*** bis 30.6.1982 stets in voller Höhe ausgenützt wurde. Die Beklagte duldete jedoch auch eine erhebliche Überziehung des Kreditrahmens, sodaß bei Eintritt der Fälligkeit zum 30.6.1982 der Debetsaldo ca. S 1,700.000 betrug. Nach dem 30.6.1982 forderte die Beklagte den aushaftenden Saldo von der Firma B*** vorerst weiterhin nicht ein, sondern es kam zu Verhandlungen über eine Weitergewährung und Erhöhung des Kontokorrentkredites. Die Firma B*** forderte die Weitergewährung und die Erhöhung des Kontokorrentkredites auf zumindest S 2,5 Mio, nach Möglichkeit auf S 3 Mio. und erklärte, in laufenden Beteiligungsverhandlungen mit dritten Personen zu stehen, weshalb Aussicht bestehe, daß sich diese in absehbarer Zeit mit Millionenbeträgen an der Firma B*** beteiligen würden. Im Hinblick auf die weiterhin aufrecht erhaltene laufende Geschäftsverbindung und im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Erklärungen gewährte die Beklagte der Firma B*** auch nach dem 30.6.1982 weiterhin einen Kontokorrentkredit, wobei beiderseits einvernehmlich vorausgesetzt wurde, daß abgesehen vom Kreditrahmen von S 1,2 Mio. und von der Fälligkeit 30.6.1982 weiterhin auch die sonstigen Bedingungen des Kreditanbotschreibens der Beklagten vom 27.4.1982 gelten sollten, allerdings mit der Maßgabe, daß dieser Kontokorrentkredit vorerst bis zum erfolgreichen Abschluß der Beteiligungsverhandlungen nur als Überbrückung dienen sollte und erst nach Kenntnis des Ergebnisses der Beteiligungsverhandlungen endgültig über eine Weitergewährung und Erhöhung des Kontokorrentkredites verhandelt und bestimmte Vereinbarungen getroffen werden sollten. Zwischen der Beklagten und der Firma B*** wurde zu keiner Zeit eine bestimmte Vereinbarung getroffen, daß der zum 30.6.1982 aushaftende Debetsaldo auf bestimmte Zeit weiter gestundet werde. Es wurde nie eine Vereinbarung über eine Erhöhung des Kreditrahmens von S 1,2 Mio. auf einen bestimmten höheren Betrag geschlossen. Im Hinblick auf die laufenden Verhandlungen stellte die Beklagte die aushaftende Forderung aber vorerst nicht zur sofortigen Zahlung fällig und gestattete darüber hinaus eine weitere Überziehung des Kreditrahmens, beides jeweils unter der Voraussetzung, daß die Gemeinschuldnerin der Beklagten weiterhin Kundenforderungen im Ausmaß von 130 % der jeweiligen Vorlagen abtritt. Beiderseits wurde dabei einvernehmlich auch unterstellt, daß die abzutretenden Forderungen der Gemeinschuldnerin nicht nur den S 1,2 Mio. übersteigenden Debetsaldo sichern, sondern insgesamt zur Besicherung des nunmehr jeweils aushaftenden Debetsaldos dienen sollten.

Von den in der Zeit vom 15.10.1982 bis 22.3.1983 von der Firma B*** der Beklagten abgetretenen Kundenforderungen von insgesamt S 7,207.153,03 erfolgten Zahlungen auf das Kontokorrentkonto in der Zeit vom 15.10.1982 bis zur Konkurseröffnung in der Höhe von S 3,328.661,46 und in der Zeit nach Konkurseröffnung bis 9.8.1984 weitere S 436.711,10, zusammen daher S 3,765.332,56. Weitere Zahlungseingänge aus den Zessionen sind unwahrscheinlich. Elisabeth K***, die Gattin des Wolfgang K***, zahlte am 18.2.1983 auf das Kontokorrentkonto S 1 Mio. ein. Diese Zahlung sollte vereinbarungsgemäß eine Vorauszahlung auf spätere Warenlieferungen der Firma B*** an Elisabeth K*** sein, die selbst zwei Friseursalons betreibt. Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung belief sich der Debetsaldo der Firma B*** bei der Beklagten auf S 2,192.703,18, der in der Folge durch die Zahlungseingänge nach Konkurseröffnung um den Betrag von S 436.711,10 verringert wurde.

Die Beklagte machte von ihrem Recht auf volle Bucheinsicht zu keiner Zeit Gebrauch. Beteiligungsverhandluungen mit einem Kaufmann aus Italien über eine Beteiligung mit S 2,5 Mio. und mit Grete L*** über eine Beteiligung mit etwa S 2 Mio. wurden von den Beiden jeweils nach Einsicht in die Unterlagen der Firma B*** im Hinblick auf die schlechte Lage dieser Firma abgebrochen.

Beteiligungsverhandlungen zwischen der Gemeinschuldnerin und der Firma S*** Gesellschaft m.b.H. & Co., in welchen dieses Unternehmen zwar eine Bereitschaft zu einer weitgehenden Zusammenarbeit, aber wenig Aussicht auf eine finanzielle Beteiligung im Hinblick auf eine eigene große Investition erklärt hatte, wurden Anfang Februar 1983 ebenfalls abgebrochen. Spätestens Ende Juni 1982

lag bei der Gemeinschuldnerin eine Überschuldung vor, die der Beklagten aufgrund der ihr bis zu dieser Zeit bekannt gewordenen Umstände auch bekannt sein mußte. Ihrem im April 1982 gegebenen Versprechen auf Vorlage der Bilanz für 1981 bis Ende Juni 1982 kam die Gemeinschuldnerin bis 30.6.1982 nicht nach.

Zum 8.10.1982 haftete auf dem Kontokorrentkonto der Gemeinschuldnerin ein Saldo zugunsten der Beklagten von S 3,037.053,06 aus, während der Debetsaldo zum 1.11.1982 S 2,865.926,43 betrug. Die jeweils unberichtigte Summe der an die Beklagte abgetretenen Forderungen der Gemeinschuldnerin betrug am 8.10.1982 S 2,628.611,51 und zum 1.11.1982 S 2,586.343,47. In der Zeit vom 8.10.1982 bis zur Konkurseröffnung erreichte der Debetsaldo am 11.10.1982 (von den Vorinstanzen unrichtig mit 11.1.1982 bezeichnet) einen Höchststand von S 3,331.179,80 und in der Zeit vom 1.11.1982 bis zu der am 8.4.1983 erfolgten Konkurseröffnung am 17.2.1983 einen Höchststand von S 3,316.395,75. Zu Beginn des 8.4.1983 betrug der Debetsaldo S 2,192.703,18. Die Konkursgläubiger haben keine Aussicht, im Konkurs eine auch nur annähernd volle Befriedigung ihrer Forderungen zu erlangen.

Der Kläger beantragte zuletzt den Zuspruch von S 3,765.332,56 samt 4 % Zinsen seit 9.4.1983 und die Feststellung, daß die in der Zeit vom 8.10.1982 bis 8.4.1983 vorgenommenen Zessionen in der Höhe von S 7,207.153,03 sowie die Hereinnahme von Zahlungen aufgrund dieser Zessionen auf das Kreditkonto der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten zur Abdeckung der Kreditforderungen der Beklagten gegenüber der Gemeinschuldnerin gegenüber den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen der Firma B***-F*** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, S 60/83 des Landesgerichtes Innsbruck, unwirksam seien. Er brachte vor, die Firma B*** sei spätestens im Jänner 1982 zahlungsunfähig und die Beklagte über deren wirtschaftliche Situation immer unterrichtet gewesen. Die Abtretung von Forderungen im Betrag von S 7,207.153,03 innerhalb der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung sei daher gemäß § 31 KO anfechtbar. Die Abtretung sei im Sinne des § 31 Abs.1 Z 2 zweiter Fall KO für die Gläubiger nachteilig gewesen und werde aus diesem Grunde, aber auch gemäß den §§ 28 und 30 KO, angefochten.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, sie habe das Unternehmen für sanierungsfähig gehalten, weil Beteiligungsverhandlungen gelaufen seien und erhebliches Kapital von dritter Seite eingeflossen sei. Die Beklagte habe bis zum Konkurs keine Kenntnis von einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin gehabt. Die in der Zeit nach dem 8.10.1982 hereingenommenen Zessionen seien ausnahmslos nur zur Bereitstellung neuer Kreditmittel zur versuchten Sanierung und Fortsetzung des Betriebes verwendet worden. Mit den aufgrund dieser Zessionen gewährten Kontoüberziehungsbeträgen seien "ausnahmslos nur produktive und für den Betrieb typische Geschäfte der Gemeinschuldnerin zu angemessenen Bedingungen finanziert worden", so daß es durch die angefochtenen Zessionen aus der Zeit nach dem 8.10.1982 zu keiner Benachteiligung der übrigen Konkursgläubiger gekommen sei. Die angefochtenen Zessionen hätten auch nicht der Besicherung und Befriedigung alter Forderungen der Beklagten gedient, sondern ausschließlich der Besicherung der Überziehungsbeträge und Neuausnutzungen Zug um Zug gegen die jeweilige Neuausnutzung. Die Abtretungen seien daher nicht nachteilig gewesen.

Das Erstgericht sprach dem Kläger den Betrag von S 1,560.403,67 samt 4 % Zinsen seit 24.11.1983 zu und stellte der Beklagten gegenüber fest, daß die in der Zeit nach dem 1.11.1982 erfolgte Hereinnahme von Zahlungen auf das bei der Beklagten für die Gemeinschuldnerin geführte Konto Nr. 17332295 zur teilweisen Abdeckung des zugunsten der Beklagten bestehenden Saldos im Ausmaß von S 1,560.403,67 den Gläubigern im Konkurs der Gemeinschuldnerin S 60/83 des Landesgerichtes Innsbruck gegenüber unwirksam ist. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 2,204.928,89 s.A., das Feststellungsmehrbegehren und ein Zinsenmehrbegehren wies es ab. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - allerdings in eine Feststellung gekleidet - dahin, daß die Firma B*** Anfang November 1982 (angenommener Stichtag 1.11.1982) zahlungsunfähig gewesen sei und dies der Beklagten bei auch nur flüchtiger Bucheinsicht habe erkennbar sein müssen. Der Anfechtungstatbestand des § 28 KO liege zwar ebensowenig vor wie jener des § 30 Abs.1 Z 1 KO, wohl aber der des § 31 Abs.1 Z 2 KO. Die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit aufgrund der Zessionen erfolgten Zahlungen, durch welche das Kontokorrentkreditkonto vermindert worden sei, erfüllten den Tatbestand des § 31 Abs.1 Z 2 erster Fall KO wie auch jenen des zweiten Falles, da die Hereinnahme dieser Zahlungen im Ausmaß der Reduktion für die übrigen Gläubiger nachteilig gewesen sei. Der Debethöchstsaldo habe nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit am 17.2.1983 S 3,316.395,75 betragen, während der Saldo am Beginn des Tages der Konkurseröffnung S 2,192.703,18 ausgemacht habe. Daraus ergebe sich, daß zuzüglich der nach Konkurseröffnung auf das Konto geflossenen Beträge von S 436.711,10 insgesamt der Betrag von S 1,560.403,67 anfechtbar sei. Da der maßgebliche Sachverhalt vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982 liege, sei § 67 KO nF nicht anzuwenden, weshalb nur auf den Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit abzustellen gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, wohl aber der Berufung des Klägers und gab dem Klagebegehren - abgesehen von einem Zinsenmehrbegehren, das es abwies - zur Gänze statt, wobei es dem Begehren sprachlich die Fassung einer Rechtsgestaltung gab. Es sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes "sowohl hinsichtlich des abändernden wie auch des bestätigten Teiles S 300.000" übersteige. Das Berufungsgericht übernahm die eingangs wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichtes, welche seiner Ansicht nach auf einem mangelfreien Verfahren beruhten, und vertrat rechtlich die Auffassung, die Zahlungsunfähigkeit der Firma B*** sei bereits mit 30.6.1982 eingetreten. Dies hätte der Beklagten wenige Wochen nach diesem Zeitpunkt, spätestens aber sechs Monate vor Konkurseröffnung, bekannt sein müssen. Die Firma B*** habe schon vom Beginn an an einem Mangel an Eigenkapital gelitten und zu keiner Zeit über nennenswerte stille Reserven verfügt. Sie habe in den Jahren 1979, 1980 und 1981 nur Verluste von zusammen ca. S 6,3 Mio. erwirtschaftet, wobei die Überschuldung zum Jahresende 1981 S 5,739.000 betragen habe. Im Jahre 1981 habe eine krisenhafte Entwicklung eingesetzt und es seien ernsthafte Schwierigkeiten aufgetreten, fällige Verbindlichkeiten zu bezahlen. Spätestens ab Mitte des Jahres 1981 sei die Firma B*** zunehmend nicht mehr in der Lage gewesen, alle fälligen Lieferantenverbindlichkeiten zu bezahlen. Diese krisenhafte Entwicklung habe sich im Laufe des Jahres 1982 kontinuierlich verschärft. Die Zahl der Exekutionen sei von 1981 auf 1982 von 39 auf 71 gestiegen. Der mit Kreditvertrag vom 4.12.1981 mit einer Laufzeit bis 31.12.1982 von der Beklagten eingeräumte Kredit von S 600.000 sei bereits Ende 1981 voll ausgenützt und die Firma B*** gezwungen gewesen, schon in den ersten Monaten des Jahres 1982 um eine Erhöhung auf 1,2 Mio. S anzusuchen. Auch dieser nur bis 30.6.1982 bewilligte Kreditrahmen sei nicht nur voll ausgeschöpft, sondern mit rund S 500.000

überzogen worden. Die ab diesem Zeitpunkt von der Beklagten geduldete Überziehung des Kontokorrentkreditrahmens bis über S 3 Mio. habe in der Folge nur mehr dazu gedient, die dringendsten Verbindlichkeiten abzudecken. Ausschließlich und allein durch diese Kreditüberziehungen sei die Firma B*** in der Lage gewesen, den Geschäftsbetrieb durch Abdeckung der dringendsten Verbindlichkeiten aufrecht zu erhalten. Es sei aber ein typisches Anzeichen der Zahlungsunfähigkeit, wenn ein Schuldner nur mehr die dringendsten Verbindlichkeiten erfülle, um den Geschäftsbetrieb noch einige Zeit aufrecht erhalten zu können. Auch die festgestellten Exekutionen seien mit ein Indiz, daß die Zahlungsunfähigkeit der Firma B*** bereits zum 30.6.1982 eingetreten gewesen sei. Für die Anfechtung gemäß § 31 Abs.1 Z 2 KO genüge es, daß der Kläger die Umstände beweise, die den Schluß rechtfertigten, dem Beklagten habe die Zahlungsunfähigkeit des nachmaligen Gemeinschuldners bekannt sein müssen. Der Anfechtungsgegnerin stehe der Gegenbeweis offen, daß sie infolge besonderer Umstände von der Zahlungsunfähigkeit keine Kenntnis hätte haben müssen. Die Beklagte hätte angesichts der alarmierenden Zeichen eines unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruches vor Duldung der weiteren Überziehung des Kontokorrentkreditkontos von dem ihr eingeräumten Recht der vollen Bucheinsicht und Überprüfung sämtlicher Geschäftsunterlagen Gebrauch machen müssen, um sich selbst ein tatsächliches Bild von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens machen zu können, zumindest aber vor Gewährung weiterer Überziehungen die Vorlage der Bilanz 1981 verlangen müssen. Sie habe es jedoch bei den Schilderungen des Geschäftsführers der Firma B*** bewenden lassen und weitere Überziehungen geduldet. Die von der Beklagten behauptete Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit beruhe daher auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt. Die Beklagte habe daher schon wenige Wochen nach dem 30.6.1982, spätestens aber sechs Monate vor Eröffnung des Konkurses, die Zahlungsunfähigkeit der Firma B*** erkennen können. Daß sie zu einer Einsichtnahme in die Bücher und Unterlagen nicht in der Lage oder ihr eine solche nicht zumutbar gewesen sei, könne ernstlich nicht behauptet werden. Dazu komme noch, daß die Firma B*** bis zur Konkurseröffnung eine ordnungsgemäße Buchführung gehabt habe, so daß es umso leichter und einfacher gewesen wäre, sich ein objektives Bild selbst zu verschaffen. Auch mit dem Hinweis auf die von der Firma B*** geführten Beteiligungsverhandlungen sei für den Standpunkt der Beklagten nichts gewonnen, da sie nicht einmal behauptet habe, sie habe sich ernstlich an diesen Verhandlungen selbst beteiligt und den Eindruck gewonnen, "daß diese konkret und in absehbarer Zeit realisierbar wären". Die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit innerhalb der letzten sechs Monate aus den abgetretenen Forderungen auf das Kontokorrentkreditkonto bei der Beklagten eingegangenen Zahlungen seien auch für die Gläubiger nachteilig im Sinne des § 31 Abs.1 Z 2 zweiter Fall KO gewesen. Bei den Forderungsabtretungen handle es sich um Rechtsgeschäfte im Sinne dieser Gesetzesbestimmung. Es liege nämlich hier nicht der Fall einer Globalzession vor, sondern nur die Zusage, künftig Abtretungen vorzunehmen. Von einem einheitlichen Rechtsgeschäft könne schon mangels einer Individualisierung der künftig abzutretenden Forderungen in den Kreditverträgen, auf denen die Überziehungen ab dem 30.6.1982 beruhten, nicht gesprochen werden. Die Rechtsgeschäfte seien für die Gläubiger nachteilig gewesen. In der nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit von der Beklagten wegen Bestellung weiterer Sicherheiten in Wahrheit eingeräumten Kreditausweitung durch Duldung der Überziehung des Kreditrahmens von S 1,2 Mio. auf stellenweise über S 3 Mio. bei weiteren Forderungsabtretungen sei ein für die Beklagte objektiv vorhersehbarer Nachteil für die übrigen Gläubiger gelegen gewesen, da diese Gelder ohne erkennbare Verbesserung der Lage der Masse letztlich versickert seien. Die Beklagte habe vor Gewährung weiterer Überziehungen nach dem 30.6.1982 die wirtschaftliche Lage der Firma B*** nicht sorgfältig überprüft und auch keinerlei Maßnahmen gesetzt, um eine optimale Verwendung der Kreditmittel in Richtung Sanierung des Unternehmens zu gewährleisten. Die Klage des Masseverwalters könne sowohl allein als auch neben dem Begehren auf Leistung an die Konkursmasse auf die Unwirksamerklärung der angefochtenen Rechtshandlung gegenüber dem Gläubiger gerichtet sein. In den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung habe die Firma B*** der Beklagten Kundenforderungen von zusammen S 7,207.153,03 abgetreten, wobei aus diesen Abtretungen bis zur Konkurseröffnung S 3,328.621,46 und nach Konkurseröffnung weitere S 436.711,10, zusammen sohin S 3,765.332,56, auf das bei der Beklagten geführte Kontokorrentkreditkonto der Firma B*** eingegangen seien. Es sei unbestritten, daß zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung der Debetsaldo zugunsten der Beklagten mit S 2,192.703,18 (unter Einbeziehung der Zahlung von S 1 Mio. durch Elisabeth K*** am 18.2.1983) unberichtigt ausgehaftet habe, sohin höher gewesen sei als der Debetsaldo zum 30.6.1982, woraus folge, daß mit den auf das Kontokorrentkreditkonto eingegangenen Zahlungen Verbindlichkeiten aus den Kreditverträgen vor dem 30.6.1982 nicht abgedeckt worden seien, da der Debetsaldo ab 30.6.1982 nie unter S 1,200.000

abgesunken sei. Da die Konkursgläubiger keine Aussicht hätten, im Konkurs eine auch nur annähernd volle Befriedigung ihrer Forderungen zu erreichen, sei auch die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung gegeben. Die Beklagte sei daher schuldig, der Konkursmasse das zu leisten, was ihr durch die erfolgreich angefochtenen Zessionen entgangen sei.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen oder das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zuq Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen. Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Er erstattete ferner nach der fristgerecht am 2.Dezember 1986 überreichten Revisionsbeantwortung einen am 23.Februar 1987 eingelangten Nachtrag zur Revisionsbeantwortung, der zurückzuweisen war.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Soweit die Beklagte unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit die Ansicht des Berufungsgerichtes bekämpft, die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin sei bereits mit 30.6.1982 eingetreten, die Beklagte hätte dies schon wenige Wochen danach, spätestens aber sechs Monate vor Eröffnung des Konkurses erkennen können, liegt eine Aktenwidrigkeit nicht vor. Es ist zwar richtig, daß der Sachverständige die Meinung vertreten hat, für die Beklagte sei die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin erst Mitte Februar 1983 erkennbar gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung ist jedoch die Frage, ob die Zahlungsunfähigkeit dem Anfechtungsgegner bekannt sein mußte, eine Rechtsfrage (SZ 55/65, SZ 40/146 uva). Auch bedarf die Lösung der Frage, ob Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners vorliegt, einer rechtlichen Schlußfolgerung (EvBl. 1982/164 ua). Darin, daß das Berufungsgericht die Ansicht des Sachverständigen nicht teilte, kann daher keine Aktenwidrigkeit liegen. Im übrigen wird die Frage des Zeitpunktes der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin und der Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit im Rahmen der Rechtsrüge behandelt werden. Richtig ist, daß der Debetsaldo nicht am 11.1.1982 einen Höchststand von S 3,331.179,80 erreicht hat. Entgegen dem Vorbringen in der Revision wurde dieser Höchststand allerdings auch nicht am 10.11.1982, sondern am 11.10.1982 erreicht. Bei den anders lautenden Feststellungen der Vorinstanzen und wohl auch beim Revisionsvorbringen handelt es sich um offenbare Schreibfehler. Der weitere geltend gemachte Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).

Die Rechtsrüge ist jedoch teilweise berechtigt.

Was zunächst die Frage anlangt, wann die Gemeinschuldnerin zahlungsunfähig wurde und wann dies für die Beklagte erkennbar war, kann den Ausführungen in der Revision zwar nicht beigepflichtet werden. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein auch nicht überschuldeter Schuldner fällige Schulden mangels bereiter Zahlungsmittel nicht zu zahlen vermag und sich die erforderlichen Zahlungsmittel auch nicht alsbald verschaffen kann (SZ 55/65 mwN). Gegen den Gemeinschuldner geführte Exekutionen stellen dabei ein gewisses Indiz für eine bestehende Zahlungsunfähigkeit dar (SZ 55/65 ua, zuletzt etwa Bank-Archiv 1987, 332 - insbesondere 336). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Gemeinschuldnerin seit ihrer Gründung nur Verluste gemacht, wobei die Überschuldung zum Jahresende 1981 bereits S 5,739.000 betragen hat. Schon im Jahre 1981 setzte eine krisenhafte Entwicklung ein und es traten ernsthafte Schwierigkeiten auf, fällige Verbindlichkeiten zu bezahlen. Spätestens seit Mitte 1981 war die Gemeinschuldnerin nicht mehr in der Lage, alle fälligen Verbindlichkeiten zu bezahlen, wobei sich die krisenhafte Entwicklung im Laufe des Jahres 1982 verschärfte. Die Exekutionen stiegen von 39 im Jahre 1981 auf 71 im Jahre 1982. Die von der Beklagten eingeräumten Kredite von zunächst S 600.000 und später S 1,200.000 wurden nicht nur voll ausgeschöpft, sondern zum 30.6.1982 um rund S 500.000 überzogen. Wenn das Berufungsgericht daraus den Schluß zog, daß die Gemeinschuldnerin in der Folge nur noch durch die Überziehung des ihr von der Beklagten eingeräumten Kreditrahmens in der Lage gewesen sei, den Geschäftsbetrieb durch Abdeckung der dringendsten Verbindlichkeiten aufrecht zu erhalten, kann darin keine unrichtige Beurteilung erblickt werden. Die Annahme des Berufungsgerichtes, die Gemeinschuldnerin sei bereits seit 30.6.1982 zahlungsunfähig gewesen, ist daher zutreffend.

Der Beklagten hätte dies aber auch zumindest sechs Monate vor Konkurseröffnung bekannt sein müssen. Daß der Beklagten die krisenhafte finanzielle Situation der Gemeinschuldnerin bekannt war, ergibt sich schon daraus, daß nach den Vereinbarungen der Kontokorrentkredit nach dem 30.6.1982 vorerst bis zum Abschluß von Verhandlungen über eine Beteiligung dritter Personen am Unternehmen der Gemeinschuldnerin nur als Überbrückung dienen und erst nach Kenntnis des Ergebnisses dieser Beteiligungsverhandlungen endgültig über die Weitergewährung und Erhöhung des Kredites entschieden werden sollte. Wenn die Beklagte unter diesen Umständen von dem ihr eingeräumten Recht der vollen Bucheinsicht und Überprüfung sämtlicher Geschäftsunterlagen vor Duldung der weiteren Überziehung des Kreditrahmens nicht Gebrauch machte, liegt darin die ung der gehörigen Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes. Hätte die Beklagte von ihrem Recht Gebrauch gemacht, dann hätte sie angesichts der ordnungsgemäßen Buchführung der Gemeinschuldnerin unschwer feststellen können, daß die Gemeinschuldnerin nicht mehr in der Lage war, die fälligen Schulden zu bezahlen, stiegen doch die letztlich unbezahlt gebliebenen Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin ab Juli 1982 sprunghaft an und erreichten im September 1982 ca. S 900.000. Auch die geduldete Überziehung des Kredites der Beklagten genügte daher nicht zur Bezahlung der fälligen Schulden. Soweit die Beklagte meint, sie habe auf die Sanierungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin vertrauen können, übersieht sie, daß sie sich diesbezüglich ausschließlich auf die Angaben der Organe der Gemeinschuldnerin verlassen und sich niemals selbst ein Bild über die Aussichten einer Sanierung durch Beteiligung Dritter gemacht hat. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang meint, das Scheitern der Sanierungsverhandlungen mit Grete L*** sei durch unvorhergesehene Ereignisse verursacht worden, entfernt sie sich von den Feststellungen der Vorinstanzen.

Mit Recht verweist jedoch die Beklagte darauf, daß Gegenstand der Anfechtung nach § 31 Abs.1 Z 2 zweiter Fall KO immer nur das gesamte Rechtsgeschäft und nicht bloß die Sicherung desselben sein kann. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner grundlegenden Entscheidung SZ 57/87 kurz darauf hingewiesen, daß das Fehlen der Voraussetzungen nach dem Anfechtungstatbestand des § 31 Abs.1 Z 2

erster Fall KO eine Anfechtung nach anderen Tatbeständen, insbesonders eine Anfechtung des ganzen Rechtsgeschäftes wegen Nachteiligkeit nicht ausschließt. Koziol (Der Begriff des "nachteiligen Rechtsgeschäftes" im § 31 Abs.1 Z 2 KO, JBl. 1982, 57 insbesondere 66) verweist mit Recht darauf, daß es untragbar wäre, wenn bei einem Kaufvertrag vom Masseverwalter nicht der gesamte Kaufvertrag, sondern nur die Verpflichtungserklärung des Gemeinschuldners, den Kaufpreis zu zahlen, angefochten werden könnte. In synallagmatischen Verträgen bildeten nämlich die gegenseitigen Verpflichtungen eine untrennbare Einheit, deren Schicksal stets miteinander verknüpft sei. Gleiches gelte beim Kreditgeschäft, das einerseits die Kreditgewährung, andererseits die Zahlung von Zinsen und die Bestellung von Sicherheiten als Gegenleistung vorsehe. Es könne deshalb nur der gesamte Kreditvertrag angefochten werden. Dieser Ansicht ist die Entscheidung EvBl. 1985/93 gefolgt. Auch der erkennende Senat vertritt die Ansicht, daß nach § 31 Abs.1 Z 2 zweiter Fall KO - abgesehen etwa vom Fall einer von keiner Gegenleistung abhängigen Vereinbarung über eine Sicherheitsleistung (vgl. Koziol aaO) - nicht allein die bestellten Sicherheiten angefochten werden können, sondern der gesamte Kreditvertrag angefochten werden muß. Im vorliegenden Fall stellte die Beklagte den zum 30.6.1982 aushaftenden Debetsaldo im Hinblick auf die laufenden Verhandlungen nicht zur sofortigen Zahlung fällig und gestattete darüber hinaus eine weitere Überziehung des Kreditrahmens unter der Voraussetzung, daß die Gemeinschuldnerin weiterhin Kundenforderungen im Ausmaß von 130 % der jeweiligen Vorlagen der Beklagten abtritt, ohne daß es aber jemals zu einer Vereinbarung über eine bestimmte Erhöhung des Kreditrahmens von S 1,200.000 gekommen wäre. Da der Bank das Recht zustand, den Kredit jederzeit fällig zu stellen, lag nach dem 30.6.1982 in der Gestattung einer Wiederausnützung des zurückgezahlten Kredites und in jeder Duldung der weiteren Überziehung eine neue Kreditgewährung (SZ 57/87; Bank-Archiv 1987, 332). Soweit solche Kreditgewährungen und die dafür gegebenen Sicherheiten in die Sechs-Monatsfrist des § 31 Abs.4 KO fielen, muß daher eine Anfechtung nicht allein die gegebenen Sicherheiten, sondern auch die jeweilige Kreditgewährung, also das gesamte Rechtsgeschäft umfassen.

Im vorliegenden Fall hat der Masseverwalter zwar spruchmäßig nur die Unwirksamerklärung der Zessionen und der aufgrund dieser Zessionen erfolgten Zahlungen und den Zuspruch dieser Zahlungen begehrt. Dem Vorbringen, wonach alle Rechtshandlungen angefochten werden, die zu einer Vermögensverschiebung an die beklagte Partei geführt hätten, kann jedoch noch mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, daß der Masseverwalter ohnedies die gesamten Geschäfte anficht, wenn dies auch im begehrten Urteilsspruch nicht zum Ausdruck kommt. Im Sinne der obigen Ausführungen wäre die Frage des Umfanges der Anfechtung daher zu erörtern und dem Masseverwalter Gelegenheit zu geben gewesen, sein Begehren entsprechend zu präzisieren. Darüber hinaus ist die Sache, soweit es sich um die Anfechtung nach § 31 Abs.1 Z 2 zweiter Fall KO handelt, derzeit noch nicht spruchreif. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung SZ 57/87 ausführte, liegt zwar eine "typische Nachteiligkeit" eines Geschäftes vor, wenn der Gläubiger in der Krise dem Schuldner gegen Bestellung weiterer Sicherheiten Kredit gibt. Der Anfechtungsgegner hat daher die in der Regel in seiner Sphäre liegenden Umstände dafür darzutun, daß aus der Eingehung des Geschäftes aus besonderen Gründen Nachteile für die Gläubiger nicht zu erwarten waren. So wäre es etwa unbedenklich, wenn sich der Anfechtungsgegner als Sicherheiten für den in der Krise gewährten Kredit nur Vermögenswerte bestellen ließe, die, wäre der Kredit nicht gewährt worden, gar nicht existent geworden wären, wie zum Beispiel die Abtretung von Forderungen aus künftigen Lieferungen und Leistungen aus der mit Hilfe der Kreditgewährung bewirkten Wiederaufnahme der Produktion. Gleiches muß auch für die mit Hilfe der Kreditgewährung bewirkte Fortführung der Produktion gelten. Die beklagte Partei hat dazu vorgebracht, mit den gewährten Krediten seien nur produktive Geschäfte der Gemeinschuldnerin finanziert worden und hiefür auch Beweise angeboten (ON 3 S. 34 f). Darin könnte die Behauptung eingeschlossen sein, die bestellten Sicherheiten wären ohne Gewährung der Kredite gar nicht existent geworden. Auch dies wäre mit den Parteien zu erörtern gewesen und es wären darüber allenfalls Beweise aufzunehmen und Feststellungen zu treffen.

Hingegen ist dem Kläger beizupflichten, daß die Zessionen zum Teil nach § 31 Abs.1 Z 2 erster Fall KO anfechtbar sind. Die angefochtenen Zessionen sollten der Sicherung des jeweils aushaftenden Debetsaldos und damit nicht nur der Sicherung der neuen Kredite dienen. Insoweit liegt daher eine weitere Sicherung eines bereits bestandenen Kredites vor, weshalb eine Anfechtung nach § 31 Abs.1 Z 2 erster Fall KO möglich ist (SZ 57/87 ua). Im vorliegenden Fall betrug der Debetsaldo am 8.10.1982 S 3,037.053,06 und erreichte in der Folge am 11.10.1982 einen Höchststand von S 3,331.179,80. Danach sank er bis zum Tage der Eröffnung des Konkurses auf S 2,192.703,18. Dieser Saldo verringerte sich durch die nach Konkurseröffnung eingegangenen zedierten Forderungen um weitere S 436.711,10 auf S 1,755.992,08. Wenn man die Zahlung von S 1 Mio. durch Elisabeth K***, die ihre Grundlage nicht in einer Zession hatte, berücksichtigt, ergibt sich daraus, daß mit den zwischen 8.10.1982 und 8.4.1983 abgetretenen und nunmehr angefochtenen zedierten Forderungen nicht nur die jeweiligen in dieser Zeit zusätzlich gewährten Kredite, sondern auch ein Teil des am 8.10.1982 bestandenen Debetsaldos abgedeckt wurde. Die Differenz zwischen S 3,037.053,06 und S 2,755.992,08, also Schulden von S 281.060,98, wurde daher jedenfalls durch nachträgliche Zessionen abgedeckt, weshalb in diesem Ausmaß die Zessionen bereits nach § 31 Abs.1 Z 2 erster Fall KO anfechtbar sind. Daß die Zessionen in höherem Ausmaß bereits bestandene Kredite abgedeckt hätten, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs.1 und 2 ZPO.

Anmerkung

E12342

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00701.86.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19871015_OGH0002_0060OB00701_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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