TE OGH 1987/10/15 12Os127/87

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Veröffentlicht am 15.10.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Oktober 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Thoma als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter L*** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1.Juli 1987, GZ 12 b Vr 11.036/85-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Beteiligten, Rechtsanwalt Dr. K***, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Peter L*** wegen §§ 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall; 223 Abs. 2 StGB, AZ 12 b Vr 11.036/85 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, verletzt der Beschluß dieses Gerichtes vom 1.Juli 1987, mit dem die von Peter L*** zu ersetzenden Kosten des von amtswegen bestellten Verteidigers mit 55.936,35 S (unter Abweisung des Mehrbegehrens) bestimmt wurden, das Gesetz in der Bestimmung des § 41 Abs. 3 StPO.

Dieser Beschluß und alle darauf beruhenden Verfügungen werden aufgehoben und es wird der Antrag des Rechtsanwaltes Dr.Ernst K***, seine Kosten als Amtsverteidiger des Angeklagten Peter L*** mit 115.242,30 S zu bestimmen, abgewiesen.

Mit seiner Beschwerde gegen den erwähnten Beschluß (gegen die Abweisung seines Mehrbegehrens) wird Rechtsanwalt Dr.Ernst K*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

In der Strafsache gegen Peter L*** wegen § 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall; 223 Abs. 2 StGB, AZ 12 b Vr 11.036/85 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, wurde dem Angeklagten Peter L*** nach Ausschreibung der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden des Schöffengerichtes am 2.Dezember 1985 ein Verteidiger gemäß § 41 Abs. 3 StPO für die Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht beigegeben, als welcher am 5.Dezember 1985 vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland Rechtsanwalt Dr.Ernst K*** bestellt wurde (vgl S 2, 127, 128 d.A). Bereits damals waren der Aktenlage die materiellen Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 zu entnehmen, weil der Angeklagte im Hinblick auf ein monatliches Nettoeinkommen von 6.500 S und seine Sorgepflicht für einen Sohn (vgl S 8 d.A) außerstande war, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für die er zu sorgen hatte, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.April 1986, GZ 12 b Vr 11.036/85-26, wurde Peter L*** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB, sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 9.Oktober 1986, GZ 12 Os 103/86-11, wurde die gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verworfen, seiner Berufung jedoch dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafe auf ein Jahr herabgesetzt und unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehen wurde. Nach Rechtskraft des Urteils beantragte Rechtsanwalt Dr.Ernst K*** gemäß § 395 Abs. 5 StPO die Festsetzung einer Entlohnung als von amtswegen bestellter Verteidiger im Betrag von insgesamt 115.242,30 S (vgl S 291 ff d.A). Obwohl die wirtschaftlichen Verhältnisse des Peter L*** im wesentlichen unverändert geblieben waren (vgl S 148, 220, 221) bestimmte das Landesgericht für Strafsachen Wien nach Verstreichen des dem Verurteilten zur Äußerung eingeräumten Frist mit Beschluß vom 1. Juli 1987 die von Peter L*** zu ersetzenden Kosten der Verteidigung mit insgesamt 55.936,35 S und wies das Mehrbegehren ab (vgl S 303 d.A). Die ordnungsgemäß zugestellte (vgl S 321 bis 325 d.A) Entscheidung blieb seitens des Verurteilten unangefochten; Rechtsanwalt Dr.Ernst K*** erhob gegen deren abweislichen Teil Beschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Juli 1987, GZ 12 b Vr 11.036/85-38, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach § 41 Abs. 3 StPO hat der Angeklagte, dem von Amts wegen ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten dann nicht zu tragen, wenn die Voraussetzungen für die Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs. 2 StPO vorliegen, er also nicht imstande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen

(vgl EvBl 1978/143; RZ 1981/80). Da diese materiellen Voraussetzungen, wie bereits erwähnt, hier zutrafen, wäre es angezeigt gewesen, schon bei der Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs. 3 StPO auf die mangelnde Kostenersatzpflicht des Angeklagten Peter L*** hinzuweisen, und zwar unbeschadet der Möglichkeit einer allenfalls danach eintretenden Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage.

Da der Angeklagte Peter L*** sohin die Kosten für den ihm von Amts wegen beigegebenen Verteidiger nicht zu tragen hatte, wurde durch den Beschluß des Landesgerichtes für Strafachen Wien vom 1. Juli 1987 das Gesetz in der Bestimmung des § 41 Abs. 3 StPO verletzt.

Anmerkung

E11916

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00127.87.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19871015_OGH0002_0120OS00127_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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