TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/14 2004/04/0097

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Veröffentlicht am 14.09.2005
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Index

95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;
IngGDV 1991/244 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. Franz Bixner, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Meidlinger Hauptstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 6. April 2004, Zl. 91.508/39026- I/3/04, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. April 2004 wies der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" vom 18. Februar 2004 mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 des Ingenieurgesetzes (IngG) 1990, BGBl. Nr. 461, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2001, ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seit dem 2. Oktober 2000 bei einem näher genannten Unternehmen der Automobilzulieferindustrie beschäftigt.

Zu seiner Tätigkeit führte die belangte Behörde aus:

"Laut Praxiszeugnis vom 26.1.2004 sind Sie beim oben genannten Unternehmen in der Abteilung Logistik Formteile (FTLO) in technischer Verwendung beschäftigt und mit folgenden Tätigkeiten betraut:

( Verpackungsplanung der FF-Teile, HF-Teile und Rohstoffe ( Berechnung des Transportvolumens, der Frachtanteile, der Lademittelkosten sowie externer Dienstleisterkosten

( Konstruktion und Entwicklung der Verpackung in Kooperation mit dem Hersteller

( Preisverhandlungen mit dem Verpackerhersteller im Vorfeld ( Koordination des gesamten Verpackungsprozesses im gesamten

Unternehmen

( Abstimmung der Verpackung mit den Lager- und Materialsteuerungsverantwortlichen

...

Mit Schreiben vom 10.3.2004 haben Sie Ihre Tätigkeit in der Verpackungsplanung folgendermaßen beschrieben:

Schwerpunkte der Fachrichtung 'Feinwerktechnik', insbesondere des Unterrichtsgegenstandes Feinwerktechnik sind die Gebiete Kunststofftechnik (in Kombination mit Chemie) sowie Fertigungstechnik.

(Das den Beschwerdeführer beschäftigende Unternehmen) produziert vorrangig hinterspritzte und hinterpresste Kunststoffteile für die Automobilinnenausstattung. Die erworbenen Kenntnisse in den oben genannten Bereichen sind somit für das Verständnis für Herstellung und Verhalten der Teile, vor allem aber auch für die Verpackungsplanung (hauptsächlich auf Basis Kunststoff) erforderlich und anwendbar.

Darüber hinaus kommen der Planung, Entwicklung und Konstruktion von Verpackungshilfsmitteln bzw. Sonderbehältern die Grundlagen der Konstruktionsübungen, insbesondere Fähigkeiten und Erfahrungen mit CAD o. dgl. zugute.

...

Mit e-mail vom 31.3.2004 haben Sie ausgeführt, dass Ihre Tätigkeit als Verpackungsplaner bei dem Unternehmen ... wesentliche Kenntnisse in den Bereichen Kunststofftechnik, Fertigungstechnik und Konstruktionszeichnung erfordert."

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die für die Verleihung des Ingenieurtitels erforderliche Berufspraxis müsse überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand haben, die den vermittelten Lehrinhalten der gewählten Fachrichtung - im vorliegenden Fall "Fertigungstechnik" (gemeint: "Feinwerktechnik") - entsprächen bzw. jenen Lehrinhalten, die das Spezifikum (Fachrichtung) jener höheren technischen Lehranstalt darstellten, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert worden seien. Eine Praxis im Sinne des IngG 1990 könne demnach nur eine solche berufliche Tätigkeit sein, die auf die durch die Absolvierung der jeweiligen Fachrichtung erworbenen Kenntnisse abstelle.

Wie der Stundentafel des Reifeprüfungszeugnisses des Beschwerdeführers zu entnehmen sei, vermittle der Ausbildungsschwerpunkt der Fachrichtung "Feinwerktechnik" eine vertiefte Ausbildung in den Bereichen Mechanik, Fertigungstechnik, Feinwerktechnik, technische Optik, Betriebstechnik, Elektrotechnik, Eletronik, Mess-, Steuerungs-, und Regelungstechnik sowie Konstruktion. Das Hauptanwendungsgebiet der "Feinwerktechnik" befasse sich mit Konstruktion und Fertigung feinmechanischer Geräte und Apparate. Solche seien hauptsächlich als Zubehör im Maschinenbau und als Zubehör oder Werkzeuge für optische, akustische, medizintechnische und vermessungstechnische Instrumente und Apparate sowie für Foto-, Film- und Kinogeräte usw. im Einsatz. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Praxis in Form der "Verpackungsplanung" setze keine höheren technischen Kenntnisse voraus, wie sie die HTL für "Feinwerktechnik" bis zur Reifeprüfung vermittele und könne daher nicht als facheinschlägig angesehen werden. Eine Tätigkeit, die höhere HTL-Fachkenntnisse auf dem Gebiet "Feinwerktechnik" voraussetze, habe dem Praxiszeugnis nicht entnommen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Der Beschwerdeführer gab dazu eine Äußerung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht er geltend, die belangte Behörde habe "keine Kenntnisse über die Erfordernisse und Komplexität (aller Probleme)" der modernen Verpackungsindustrie. Nur derjenige könne eine Verpackungsplanung vornehmen, der eine spezifische technische Ausbildung genossen habe. Ohne Anwendung des dadurch erworbenen Wissens könne eine solche Tätigkeit nicht erbracht werden. Dazu hätte die belangte Behörde einen Sachverständigen aus dem Gebiet des Verpackungswesens zuziehen müssen. Der Sachverhalt sei daher ergänzungsbedürftig.

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit führt er aus, die im Praxiszeugnis genannten Tätigkeiten der Entwicklung, Planung und Konstruktion von Verpackungen seien ohne wesentliche Kenntnisse aus den Fachgebieten der "/Feinwerktechnik" (Fertigungstechnik, Betriebstechnik, technische Grundlagen, Verbindungen und Lagerungen, Toleranzen und Normen, diverse Verfahren zur Herstellung und Bearbeitung von Metallen und Kunststoffen), "/Fertigungstechnik" (wesentliche Grundlagen der Festigkeitslehre, Werkstoffkunde (vorrangig Metalle und Kunststoffe), Werkstofftechnik, Stoffeigenschaften, Oberflächen- und Beschichtungstechnik sowie Kunststoffe, insbesondere deren Entstehung, Herstellung, Eigenschaften, Einsetzbarkeit und Verarbeitung), "/Mechanik" (Festigkeitslehre, Statik, Reibung, Berechnung/Kalkulation) und "/Konstruktion" (Anfertigen von Skizzen, Konstruieren am Reißbrett, sowie computerunterstütztes Konstruieren mittels Auto-CAD Version 12 und Version 13), welche alle Hauptbestandteil der Ausbildung des Beschwerdeführers (gewesen) seien - was sowohl dem Lehrplan als auch dem zum Akt gebrachten und der Entscheidung gleichfalls zu Grunde gelegten Diplom- und Reifeprüfungszeugnis entnommen werden könne - nicht "leistbar". Die Beurteilung der belangten Behörde, die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers setze keine höheren technischen Kenntnisse voraus, wie sie durch die HTL für "Feinwerktechnik" bis zur Reifeprüfung vermittelt werden, sodass sie als nicht facheinschlägig anzusehen seien, sei falsch.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 IngG 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer und höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.

Nach § 2 der zum IngG 1990 ergangenen Durchführungsverordnung BGBl. Nr. 244/1991 ist eine berufliche Tätigkeit anzurechnen, wenn sie erlaubt und selbstständig oder in einem Dienstverhältnis ausgeübt wurde und "in überwiegendem Maße" höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzt.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Ausbildungsschwerpunkt der (vom Beschwerdeführer an einer höheren technischen Lehranstalt mit Reifeprüfung abgeschlossenen) Fachrichtung "Feinwerktechnik" vermittle eine vertiefte Ausbildung in den Bereichen Mechanik, Fertigungstechnik, Feinwerktechnik, technische Optik, Betriebstechnik, Elektrotechnik, Elektronik, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie Konstruktion. Das Hauptanwendungsgebiet der "Feinwerktechnik" befasse sich mit der Konstruktion und Fertigung "feinmechanischer Geräte und Apparate" (Hervorhebungen im Original), die hauptsächlich als Zubehör im Maschinenbau und als Zubehör oder Werkzeuge für optische, akustische, medizinische und vermessungstechnische Instrumente und Apparate sowie für Foto-, Film- und Kinogeräte Verwendung fänden.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Ausführungen der belangten Behörde zur Stundentafel und zum Hauptanwendungsgebiet der "Feinwerktechnik" nicht; er macht vielmehr geltend, dass die in seinem Praxiszeugnis genannten Tätigkeiten ohne wesentliche Kenntnisse aus den Fachgebieten Feinwerktechnik, Fertigungstechnik, Mechanik und Konstruktion, die alle Hauptbestandteil seiner Ausbildung gewesen seien, nicht "leistbar" seien.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Berufspraxis, die nicht überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand hat, die jenen Lehrinhalten entsprechen, die das Spezifikum jener höheren technischen oder höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt darstellen, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert wurde, nicht als höherwertige Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b IngG 1990 angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 2003, Zl. 2001/04/0164, mwH). Bei der Beurteilung der Lehrinhalte, die das Spezifikum (Fachwissen) jener höheren technischen oder höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt darstellen, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert wurde, kommt es nur auf den sich aus den Rechtsvorschriften ergebenden abstrakten Katalog an Pflichtgegenständen an (vgl. das Erkenntnis vom 8. August 2003, Zl. 2001/04/0095).

Ausschlaggebend für die Anrechenbarkeit einer Berufspraxis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. B IngG 1990 ist, dass die in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten auf dem absolvierten Fachgebiet, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde, Voraussetzung für die ordnungsgemäße und fachgerechte Ausführung der beruflichen Tätigkeit sind, wobei es im Gegenzug noch nicht ausreichend ist, dass die erworbenen Fachkenntnisse für die verrichtete Tätigkeit grundsätzlich von Nutzen sein können (vgl. auch dazu das vorerwähnte Erkenntnis vom 19. November 2003).

Die Auffassung der belangten Behörde, im Hinblick auf die Fächer der Stundentafel der Fachrichtung "Feinwerktechnik" mit ihrem auf die Konstruktion und Fertigung "feinmechanischer Geräte und Apparate" orientierten typischen Tätigkeitsfeld entspreche die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Verpackungsplaner in einem auf "vorrangig hinterspritzte und hinterpresste Kunststoffteile" für die Automobilinnenausstattung spezialisierten Unternehmen dem Tätigkeitsfeld der Fachrichtung "Feinwerktechnik" nicht und er übe seine berufliche Tätigkeit als Verpackungsplaner im logistischen Bereich nicht (in überwiegendem Maße) unter Verwendung höherer Fachkenntnisse entsprechend der von ihm absolvierten Fachrichtung aus, kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Dies schließt zwar nicht aus, dass der Beschwerdeführer im Rahmen eines solchen Unternehmens tatsächlich Tätigkeiten verrichtet hat, die derartige höhere Fachkenntnisse erfordern. In einem solchen Fall ist es allerdings Sache des Antragstellers, konkret darzutun, dass und aus welchen Gründen dies zutrifft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/04/0186).

Es wäre daher Sache des Beschwerdeführers gewesen konkret darzustellen, dass die von ihm verrichteten Tätigkeiten derartige höhere Fachkenntnisse auf dem Gebiet der "Feinwerktechnik" erfordern. Dem Beschwerdevorbringen sind jedoch derartige konkrete Ausführungen nicht zu entnehmen, sodass die belangte Behörde auch nicht gehalten war, zu dieser Frage einen Sachverständigen beizuziehen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 14. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004040097.X00

Im RIS seit

19.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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