TE OGH 1987/11/30 15Os101/87

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Veröffentlicht am 30.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.November 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Plachy als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz S*** und Felicia H*** wegen der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und Z 2, Abs. 3 letzter Fall StGB sowie anderer Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. November 1986, GZ 12 b Vr 11.575/81-119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) angefochtenen Urteil wurden (I.) Franz S*** der Vergehen (1.) der Täuschung nach § 108 Abs. 1 StGB, (2.) der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB, (3.) der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und Z 2, Abs. 3 letzter Fall StGB sowie (4.) nach § 24 Abs. 1 lit a und lit b DevG und (II.) Felicia H*** der als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB begangenen Vergehen nach § 24 Abs. 1 lit a und lit b DevG schuldig erkannt.

Die zuletzt relevierte Verurteilung des Angeklagten S*** (lt Pkt I. 4.) blieb unangefochten.

Rechtliche Beurteilung

Den auf § 281 Abs. 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden dieses Angeklagten gegen die übrigen ihn betreffenden Schuldsprüche (lt den Pkten I. 1. bis 3.) sowie der Angeklagten H*** gegen ihre Verurteilung (lt Pkt II.) kommt keine Berechtigung zu.

Zum Faktum I. 1.

fällt dem Angeklagten S*** als Täuschung zur Last, daß er am 8.April 1980 in Wien der "B*** F*** & Co AG" (im folgenden: B*** F***) in ihren Rechten (hier: auf Ablehnung einer Darlehensfreigabe vor dem Eintritt der hiefür vereinbarten Bedingungen) absichtlich einen Schaden zugefügt hat, indem er Angestellte dieser Bank durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die Vorspiegelung, zwischen Felicia H*** und der "L*** W*** GesmbH" (im folgenden: Fa L***) sei ein Mietvertrag betreffend die Liegenschaft (samt Geschäftsräumlichkeiten) in Purkersdorf, Wienerstraße 8, bereits abgeschlossen worden, wobei er ihnen die manipulierte Fotokopie einer Vertragsurkunde übermittelte, die den Anschein erweckte, das Original sei auch seitens der Fa L*** schon unterzeichnet worden, zur Freigabe von 4,500.000 S (Kontokorrent-) Kredit an H***

verleitete, die den Schaden herbeiführte.

Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen zu diesem Schuldspruch (US 12 bis 26, 66 bis 68) hatte die Angeklagte H*** die Bewilligung des in Rede stehenden Kredits beim B*** F*** zur Finanzierung des Ankaufs der zuvor bezeichneten Liegenschaft und der Errichtung einer Großmarkthalle darauf erwirkt; der Kredit sollte durch die grundbücherliche Verpfändung der Liegenschaft sowie durch die Abtretung der Zinserträgnisse aus einer vorgesehenen Vermietung der Halle an eine Handelskette besichert und der Kreditnehmerin nach der Vorlage eines entsprechenden Mietvertrages zur Verfügung gestellt werden. Als in der Folge Vertragsverhandlungen mit der Fa L*** (als Mietinteressentin) so weit gediehen waren, daß der Angeklagte S***, der das gemeinsame Projekt initiiert hatte und daran maßgebend beteiligt war, bereits fest mit einem positiven Abschluß rechnete, war die Liquidität beider Angeklagten schon derart angespannt, daß er sich dazu entschloß, dem B*** F*** mit Hilfe einer von ihm verfälschten Fotokopie des Vertragsentwurfs, die er der Angeklagten H*** überbrachte und die von letzterer an die Kreditabteilung der Bank weitergeleitet wurde, einen schon vorgenommenen Abschluß des Mietvertrages vorzutäuschen, um vorzeitig die Verfügungsberechtigung über den Kredit zu erlangen und jenen primär für andere Zwecke verwenden zu können. Tatsächlich wurden die hiefür zuständigen Bankangestellten durch diese Täuschung zur Freigabe des Kontokorrentkredits bewogen, die in der Folge in einen (erheblichen) Vermögensschaden des Kreditgebers mündete; ohne die Täuschung wäre der Kredit nicht freigegeben worden, weil die Verhandlungen letzten Endes dann doch scheiterten.

Das Erstgericht nahm, von der Anklage abweichend, nicht als erwiesen an, daß der Vorsatz des Beschwerdeführers auf eine Schädigung des B*** F*** an dessen Vermögen und auf eine dementsprechende (unrechtmäßige) Bereicherung anderer Personen gerichtet war, sondern ging davon aus, daß es ihm (nur) darauf ankam, eine vereinbarte Kontrollmaßnahme des Kreditgebers zu unterlaufen; demgemäß lastete es ihm nicht Betrug, sondern lediglich das durch die Schädigung der Bank an ihrem Recht, "die Einhaltung des ausbedungenen Sicherungsmittels zu verlangen", begangene Vergehen nach § 108 Abs. 1 StGB an.

Begründungsmängel des Urteils (Z 5) in Ansehung entscheidungswesentlicher Feststellungen vermag der Beschwerdeführer zu diesem Schuldspruch nicht aufzuzeigen.

Aus der projektfremden Verwendung eines erheblichen Teiles der herausgelockten Kreditmittel an sich hat das Erstgericht ohnedies keine für ihn nachteiligen Schlußfolgerungen gezogen; mit den die angebliche Zulässigkeit einer derartigen Verwendung betreffenden Bekundungen der Angeklagten H*** (S 330, 333, 343 f./III) mußte es sich daher nicht auseinandersetzen, zumal es ja, wie nochmals vermerkt sei, eine Schädigung der Bank nicht in deren allfälligem Recht auf bestimmungsgemäße Verwendung der betreffenden Gelder, sondern nur in ihrem Recht auf Ablehnung der Darlehensfreigabe vor dem Eintritt der hiefür vereinbarten Bedingungen als erwiesen annahm.

In jene Richtung hin aber konnte das Schöffengericht daraus, daß ein Teil der verfrüht freigegebenen Kreditmittel auch dem Angeklagten S*** (für projektfremde Zwecke) zugute kam, in Verbindung mit dessen ausgeprägter Liquiditätsschwäche sehr wohl (auch) ein Interesse seinerseits an einer vorzeitigen Erlangung der Verfügungsberechtigung über den in Rede stehenden Kontokorrentkredit ableiten und darin eines der mehreren Indizien für seine Täterschaft bei der mit diesem Ziel unternommenen Täuschung der Bank erblicken (US 16 bis 19, 25 f.); einer vollständigen Erfassung der Kreditverwendung bedurfte es dazu nicht.

Jeglicher Substantiierung hinwieder entbehrt die Behauptung, das "Zustandekommen der unrichtigen Kopie" - also das Manipulieren einer Fotokopie der erst von der Angeklagten H*** unterfertigt gewesenen Vertragsurkunde durch den Beschwerdeführer dahin, daß der Eindruck entstand, auch die Fa L*** habe jene schon unterzeichnet - sei im Urteil nur undeutlich, unvollständig sowie offensichtlich unzulänglich begründet worden und stehe mit "dem Akteninhalt" im Widerspruch; dieser Einwand ist demnach einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.

Gleichermaßen nicht zielführend sind die mit der Mängelrüge unternommenen Versuche darzutun, Felicia H*** habe vom Nichtzustandekommen des Mietvertrages gewußt und ihrerseits an der Freigabe des Kredits (auch für projektsfremde Zwecke) Interesse gehabt; denn über deren Rolle bei der Täuschung der Bank vermochte sich zwar das Erstgericht keine Klarheit zu verschaffen, doch ist daraus für den Angeklagten S*** deswegen nichts zu gewinnen, weil es immerhin die Möglichkeit, sie könnte von der Manipulation der Fotokopie informiert gewesen sein, ohnehin in den Kreis seiner Erwägungen einbezog und die Genannte für diesen Fall, ohne die Täterschaft des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen, als Mittäterin beurteilte (US 23 f.). Soweit er demgegenüber ihr (angebliches) Wissen um die Manipulation und ihr Interesse an der Kreditfreigabe sowie den Umstand, daß er daraus "persönlich" keinerlei Vorteil erzielt habe, als Argumente für seine eigene Schuldlosigkeit ins Treffen führt, ficht er nur im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an.

Aus den Aussagen der Zeugen F*** (S 27 bis 36/IV), D*** (S 3 bis 21, 144 bis 150/IV) und L*** (S 36 bis 46/IV) in ihrem Zusammenhang sowie in Verbindung mit den Aktenvermerken des Letztgenannten (bei ON 8 in ON 19) schließlich konnte das Schöffengericht durchaus im Einklang mit den Denkgesetzen und mit allgemeiner Lebenserfahrung ableiten, daß das vom Angeklagten S*** vorgetäuschte scheinbare Vorliegen eines Mietvertrages für die Freigabe des Kontokorrentkredits entscheidend war (US 13, 16 bis 18, 24, 67). Indem er mit Hinweisen auf einzelne aus dem Zusammenhang gerissene und zum Teil sinnentstellend wiedergegebene Bekundungen dieser Zeugen Gegenteiliges nachzuweisen trachtet, unternimmt jener abermals nur einen unzulässigen Angriff gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die den in Rede stehenden Schuldspruch betreffende Rechtsrüge (Z 9 lit a) indessen läßt eine gesetzmäßige Ausführung vermissen, weil sie auf die urteilsfremde Annahme abgestellt ist, die inkriminierte Täuschung des B*** F*** sei ohne jede vorsätzliche Mitwirkung des Beschwerdeführers ausschließlich durch die Angeklagte H*** begangen worden; materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können aber nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden.

Zum Faktum I. 2.

hat der Angeklagte S*** als vor Gericht abgelegte falsche Beweisaussage zu verantworten, daß er am 1.Oktober 1982 in Wien im Verfahren zum AZ 6 Cg 103/82 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt hat, indem er behauptete, Felicia H*** habe als Belohnung für seine im Zusammenhang mit einem Bauprojekt in Wien 1., Wollzeile 15, erbrachten besonderen Leistungen sowohl für ihn als auch für seine Söhne Marco S*** und Andreas S*** Prämiensparbücher angelegt, die in einem Depot bei der E*** Ö*** S***-C***, Zweigstelle Mödling, verwahrt worden seien. Dazu nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß die Angeklagte H*** die betreffenden drei Sparbücher (zugleich mit einem auf ihren eigenen Namen lautenden vierten) im September 1978 für sich selbst eröffnet hatte; daß sie dabei unter Mitwirkung des Beschwerdeführers diesen und seine Söhne als Konteninhaber vorschob, um solcherart die Begrenzung der staatlichen Prämienspar-Förderung zu umgehen; daß sie in der Folge die regelmäßigen Einzahlungen vornahm, im Oktober 1980 alle vier Sparbücher zur Besicherung ihres Kreditobligos beim B*** F*** verpfändete und mit Anfang 1981 weitere Zahlungen einstellte, weil sie nicht mehr über die hiezu nötigen Mittel verfügte; daß die Gattin des Angeklagten S*** auf Grund der hiedurch ausgelösten Zahlungsaufforderung von der Existenz der Prämiensparbücher erfuhr, die Einzahlungen für die Söhne fortsetzte und im Februar 1982 deren Klage auf Herausgabe der Sparbücher gegen die genannte Bank initiierte; und daß der Beschwerdeführer in jenem Verfahren zur Unterstützung des Prozeßstandpunkts seiner Söhne vorsätzlich die inkriminierte falsche Zeugenaussage abgelegt hat (US 26 bis 35, 68). Bei diesen Feststellungen folgte es den Angaben der Felicia H***, die es als in allen Phasen des Zivil- und des Strafverfahrens widerspruchsfrei, logisch und einleuchtend ansah und deren Richtigkeit es dadurch, daß das wirtschaftliche Schicksal aller vier in Rede stehenden Sparbücher einheitlich verlaufen sei, daß der Angeklagte S*** auch deren späterer Verpfändung zugestimmt, seiner Gattin gegenüber von einem schenkungsweisen Erhalt der Sparkonten nichts erwähnt sowie im Konkurs über das Vermögen der Erstgenannten keinen Anspruch auf das unter seinem Namen eröffnete, zu deren Gunsten verpfändete Sparbuch geltend gemacht habe, und vor allem dadurch bestätigt fand, daß das vom Beschwerdeführer behauptete Motiv der Angeklagten H*** für die im September 1978 angeblich zu seinen und seiner Söhne Gunsten vorgenommene Eröffnung der Sparbücher durch sie nicht vorgelegen haben könne, weil jener Geschäftsfall, für dessen verdienstvolle Abwicklung er seiner Darstellung nach solcherart habe belohnt werden sollen, erst im Frühjahr 1979 begonnen habe und ab dem Juni dJ aktuell geworden sei. Auch die gegen diesen Schuldspruch erhobene Mängelrüge (Z 5) versagt.

Daß die Akten 6 Cg 103, 104/82 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien in der Hauptverhandlung vorgelegen oder gar eingesehen worden wären, ist dem Protokoll (ON 100, 118) gleichwie dem übrigen Akteninhalt nicht zu entnehmen; eine Verwertung von in jenem Verfahren abgelegten Zeugenaussagen im hier angefochtenen Urteil kam daher nur soweit in Betracht (§ 258 Abs. 1 StPO), als beim Akt erliegende Fotokopien von darüber aufgenommenen Protokollen (ON 18) verlesen wurden (S 72/V): in Ansehung der mit der Beschwerde relevierten angeblichen Aussagen des Zeugen K*** sowie des nunmehrigen Verteidigers der Angeklagten H*** trifft das nicht zu. Gleiches gilt - abgesehen davon, daß in einem anderen Verfahren angestellten beweiswürdigenden Überlegungen keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl § 5 StPO) - auch für das im Zivilrechtsstreit ergangene Urteil, dessen Ergebnis im vorliegenden Verfahren lediglich in der Aussage der Zeugin Karin S*** (S 42/V) Niederschlag fand.

Den in der Hauptverhandlung abgelegten Aussagen der Zeugen K*** (S 63 f./IV) und M*** (S 143/IV) jedoch, wonach sich Felicia H*** ersterem gegenüber nach ihrer Trennung vom Angeklagten S*** unter anderem mit der Schenkung von Sparbüchern an dessen Kinder gebrüstet habe und wonach sie letzterer gegenüber einmal davon gesprochen habe, daß die (von jener nie gesehenen) Sparbücher für die Kinder und nicht für sie selbst bestimmt seien, maß das Schöffengericht - ebenso wie den tendenziell gegenläufigen Bekundungen des Zeugen Mag. B***, dem sie gesagt habe, alle vier Prämiensparbücher seien ihr Eigentum und der Beschwerdeführer habe ihr seinerzeit deren Eröffnung auf seinen Namen sowie auf den seiner Kinder angeraten (S 27/IV) - ersichtlich als in bezug auf den wirtschaftlichen Bestimmungszweck der Sparbücher bloß mittelbaren Erkenntnisquellen, denen durchaus unterschiedlich motivierte Äußerungen der Angeklagten H*** zugrunde gelegen haben können, keine ins Gewicht fallende Bedeutung zu.

Darin, daß es diese Zeugenaussagen in den (nach § 270 Abs. 2 Z 5 StPO in gedrängter Darstellung anzugebenden) Entscheidungsgründen nicht besonders erwähnte, kann daher nach Lage des Falles im Hinblick darauf, daß sie gar nicht geeignet sein konnten, den als entscheidend beurteilten, auf objektivierte Gründe chronologischer Unmöglichkeit gestützten Ausschluß des vom Angeklagten S*** behaupteten Schenkungsmotivs in Frage zu stellen, und daß es insoweit einen Irrtum seinerseits ausdrücklich ausschloß (US 34), ein Übergehen wichtiger Verfahrensergebnisse im Sinn einer Unvollständigkeit des Urteils (Z 5) nicht erblickt werden. Erörterungen darüber hinwieder, aus welchen Erwägungen die Staatsanwaltschaft gegen die Zeugen K*** und M*** kein Verfahren wegen falscher Zeugenaussage eingeleitet hat, waren schon deswegen nicht geboten, weil das Gericht derartige Überlegungen der Anklagebehörde - denen zudem keineswegs, wie der Beschwerdeführer zu vermeinen scheint, eine eigenständige Beweismittelfunktion beigemessen werden könnte - zu überprüfen weder verpflichtet noch überhaupt in der Lage war.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) gegen den nunmehr in Rede stehenden Schuldspruch schließlich entbehrt mit Rücksicht darauf, daß sie nicht auf den ihm zugrunde liegenden Urteilssachverhalt, sondern auf die damit abgelehnte Annahme, der Angeklagte S*** habe wahrheitsgemäß ausgesagt, und auf die angeblichen Feststellungen des Zivilgerichts abgestellt ist, abermals einer gesetzmäßigen Ausführung.

Zum Faktum I. 3

wurde der Angeklagte S*** wegen fahrlässiger Krida verurteilt, weil er in Wien als faktischer Leiter des von der B*** Baugesellschaft mbH (im folgenden: "B***") betriebenen Unternehmens gleich einem Schuldner mehrerer Gläubiger fahrlässig (a) in der Zeit vom 1.Jänner 1980 bis zum 30.Juni 1981 deren Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt hat, indem er übermäßigen Aufwand trieb, leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benutzte sowie das Unternehmen in eine einseitige wirtschaftliche Abhängigkeit brachte, wobei er zudem die Geschäftsbücher verfälschte, indem er Geschäftsfälle nicht erfaßte und zum Teil für erbrachte Leistungen keine Rechnung legte, sowie (b) in der Zeit vom 1.Juli 1981 bis gegen Mitte März 1982 in Kenntnis dieser Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern vereitelt hat, indem er neue Schulden einging, Schulden zahlte und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht rechtzeitig beantragte.

Formelle Begründungsmängel des Urteils (Z 5) werden vom Beschwerdeführer dazu nicht dargetan.

Inwiefern ein seinerzeit "stets gemeinsames Auftreten" sowohl des Geschäftsführers als auch der beiden Prokuristen gegenüber dem Buchhalter S*** gegen die Richtigkeit der Feststellung sprechen sollte, daß der Angeklagte S*** im Jahr 1977 wegen des Konkurses der "H*** & S*** Baugesellschaft mbH" zwar nach außen hin seine Tätigkeit als Geschäftsführer der "B***" aufgab, im Innenverhältnis aber deren Bauunternehmen ohne Änderung der faktischen Verhältnisse weiterhin leitete, wobei er nach wie vor alle wichtigen Entscheidungen traf und ihm auch die Führung der Geschäftsbücher anvertraut war (US 36 f., 39, 41 f., 47 f., 50 f., 53, 55 f.), ist der Beschwerde nicht zu entnehmen; solcherart vermag demnach der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, daß sich das Erstgericht mit der eingangs relevierten Aussage des genannten Zeugen (S 134/IV) auseinanderzusetzen verhalten gewesen wäre (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO). Mit der ohne Bezugnahme auf Verfahrensergebnisse erhobenen bloßen Gegenbehauptung jedoch, bei der bekämpften Konstatierung bleibe "die

interne Aufgabenverteilung ... völlig unberücksichtigt", nach der er

"z.B. ... für das Rechnungswesen überhaupt nicht verantwortlich

gewesen" sei, remonstriert er neuerlich nur nach Art einer Schuldberufung im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unbeachtlicherweise gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung; Gleiches unternimmt er mit dem Hervorheben des Umstands, daß nach den Urteilsfeststellungen "alle drei Herren (gemeint: er und die beiden anderen Gesellschafter) hohe Bezüge hatten und Entnahmen tätigten", woraus er abzuleiten trachtet, daß die Annahme, gerade er (als "einer von drei gleichartigen Tätern") habe das Unternehmen faktisch geleitet, einer tragenden Begründung entbehre. Darauf ist demnach nicht weiter einzugehen.

Ganz unzutreffend hinwieder ist der Beschwerdevorwurf, das Schöffengericht habe aus einem Rückgang der Überschuldung von 4,3 Millionen S im Jahr 1980 auf 3,1 Millionen S im Jahr 1981 logisch unhaltbar auf eine "tendenziell sich vergrößernde Überschuldung" der Gesellschaft geschlossen.

Denn die damit beschriebene Vermögenssituation der "B***" in diesen beiden Jahren gleichermaßen wie das Ergebnis der Erfolgsrechnung für den Tatzeitraum werden im Urteil zwar unmißverständlich als sichtbare Zeichen einer "strukturell defizitären Gebarung" gedeutet (US 39 f., 52), die ihrerseits zum Teil auch auf eine progressive Verschuldung (als Folge einer ständigen Ausweitung der Lieferantenkredite) zurückgeführt (US 46 f., 50) und als eine der mehreren Ursachen für eine (ab dem Beginn des Jahres 1980 eingetretene) kontinuierliche Verschlechterung der Liquiditäts-Entwicklung "in Richtung Krise" angesehen wird (US 39 bis 41, 46 bis 48, 50, 52, 59 f.), doch ist von der (mit der Mängelrüge demnach zu Unrecht unterstellten) Konstatierung eines Ansteigens der Überschuldung im hier interessierenden Zeitraum in den Entscheidungsgründen nirgends die Rede. Die mit dem erörterten Einwand erhobene Behauptung einer Widersprüchlichkeit der Urteilsbegründung in bezug auf die - den Fahrlässigkeitsvorwurf tragende - Annahme einer Vorhersehbarkeit der tendenziellen Abwärtsentwicklung des Unternehmens für den Angeklagten S*** ist demnach in keiner Weise stichhältig.

Ebensowenig wird jenem zur Last gelegt, "auf den Konkurs eines wesentlichen Auftraggebers (H*** GesmbH) nicht entsprechend reagiert zu haben"; wird doch dem mit diesem Konkurs verbunden gewesenen Forderungsausfall ausdrücklich keine für die letztliche Zahlungsunfähigkeit der "B***" kausale Bedeutung beigemessen (US 57 f.). Der (zudem die Chronologie des Geschehens völlig außer acht lassende) Versuch des Beschwerdeführers, aus dem (lt US 40) festgestellten Rückgang nicht nur des Ertrags, sondern auch des Aufwands der Gesellschaft im Jahr 1980 (der Sache nach: in rechtlicher Hinsicht) eine unternehmerisch richtige Reaktion seinerseits auf den in Rede stehenden konkursbedingten Entfall eines Großkunden (im Jänner 1981) abzuleiten, geht daher schon darum ins Leere.

Sein weiterer Einwand aber, das Schöffengericht habe Fehlplanungen und Baumängel als Ursachen der Insolvenz zu Unrecht ihm angelastet, ist bereits deswegen nicht zielführend, weil er nur eine von mehreren alternativen Begehungsarten fahrlässiger Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB betrifft und dementsprechend - mit Rücksicht darauf, daß er die Verwirklichung dieses Tatbestands durch das insoweit inkriminierte übrige Tatverhalten (übermäßiger Aufwand, leichtsinnige und unverhältnismäßige Kreditbenützung, Herbeiführung einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, Verfälschung der Geschäftsbücher) ungeachtet seines globalen, auf Freispruch (auch) in den Kridafakten gerichteten Schlußantrages gar nicht in Frage stellt - weder die Schuldfrage noch die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes berührt (§ 295 Abs. 1 StPO), sondern bloß die für die Strafbemessung mitaktuelle (§ 32 Abs. 3 StGB) Intensität der Tatbegehung (vgl RZ 1984/89 ua).

Gleiches gilt für die (auch im Rahmen der Mängelrüge der Sache nach in diese Richtung hin ausgeführte) Rechtsrüge (Z 9 lit a) gegen den Vorwurf einer Säumigkeit des Angeklagten S*** in bezug auf die Einleitung eines Insolvenzverfahrens: auch solcherart ficht jener im Hinblick darauf, daß ihm die fahrlässige Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB jedenfalls wegen des Eingehens neuer und der Bezahlung alter Schulden der "B***" in Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit zur Last fällt, bloß die zusätzliche Annahme einer weiteren alternativen Begehungsart des nunmehr in Rede stehenden Vergehens an, die nach dem soeben Gesagten eben deshalb ausschließlich mit Berufung bekämpft werden könnte.

Dazu sei demgemäß nur der Vollständigkeit halber vermerkt, daß dem Beschwerdeführer, seiner Auffassung zuwider, nicht etwa die Unterlassung einer eigenen Antragstellung auf Konkurseröffnung vorgeworfen wird, zu der er in der Tat aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, sondern vielmehr - bei zusammenfassender Betrachtung von Spruch und Gründen (US 5, 47 f., 50 f., 68) unmißverständlich - die in seiner Eigenschaft als leitender Angestellter (§ 309 StGB) vorgenommene Veranlassung der Weiterführung des Unternehmens durch den (formell als solcher aufgetretenen) Geschäftsführer in statu cridae unter Abstandnahme von der Einleitung eines Insolvenzverfahrens solang, bis sich letzterer dann doch gegen seinen Willen zum Konkursantrag entschloß. Diese Position als leitender Angestellter schließlich übergeht er mit dem Argument, die Befriedigung von Verbindlichkeiten und das Eingehen neuer Schulden (gemeint: nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit) könne "einem Angestellten", möge ihm auch Prokura erteilt worden sein, strafrechtlich nicht zur Last gelegt werden (Z 9 lit a), weil dies zu seinen Dienstpflichten "als Angestellter und Dienstnehmer" des Unternehmens gehöre; eine prozeßordnungsgemäße Ausführung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe setzt jedoch, wie schon zuvor gesagt, einen Vergleich des gesamten maßgebenden Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz voraus.

Zum Faktum II.

wurde die Angeklagte H*** schuldig erkannt, gegen Ende des Jahres 1980 in Wien den Angeklagten S*** zu den ihm zur Last fallenden Vergehen nach § 24 Abs. 1 lit a und lit b DevG (Faktum I. 4.) bestimmt zu haben, indem sie ihn aufforderte, Goldbarren im Wert von ca 70.000 S im Ausland zu verkaufen, wobei sie ihm diese übergab und ihm erklärte, wie er in Zürich den bestmöglichen Erlös erzielen könne.

Sowohl die Rechts- (Z 9 lit a) als auch die Mängelrüge (Z 5) der Beschwerdeführerin richten sich ausschließlich gegen die Beurteilung der Tatobjekte als Gold im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 4 DevG; beide erweisen sich als nicht stichhältig.

Sogenanntes "Devisen-Gold" - mit dem nach § 2 Abs. 1 DevG (sanktioniert durch § 24 Abs. 1 lit a DevG) nur der Nationalbank sowie den von ihr dazu ermächtigten Personen Handel zu treiben gestattet ist und welches nach § 5 Abs. 1 DevG (sanktioniert durch § 24 Abs. 1 lit b DevG) nur mit Bewilligung der Nationalbank ins Ausland verbracht werden darf - ist nach der zitierten Legaldefinition lediglich solches Feingold und legiertes Gold, bei dem es sich um Roh- oder um Halbmaterial handelt; ob ein aus Gold (iS des PunzG) bestehendes Objekt noch als Halbmaterial oder aber schon als Fertigware anzusehen ist, hängt dabei - dem Ziel der relevierten devisenrechtlichen Beschränkungen entsprechend - davon ab, ob es nach Form und Beschaffenheit noch dem von der Notenbank zur Deckung der Währung gehaltenen "Währungs-Gold" entspricht oder aber diese Eignung infolge seiner Bearbeitung bereits verloren hat:

bei der Beurteilung jener Eignung geht es somit um eine von den faktischen Usancen der Notenbank abhängige Tatfrage (vgl hiezu Schwarzer-Csoklich-List3, Anm 1, 2 zu § 1 Abs. 1 Z 4 DevG; Leukauf-Steiniger, Nebengesetze2, Anm B zu § 1 DevG). Im vorliegenden Fall hat das Schöffengericht auf Grund der Aussagen eines als (sachverständigen) Zeugen vernommenen Angestellten der Nationalbank die in Rede stehende Eignung der tatgegenständlichen Goldbarren - von der Notenbank als Währungs-Gold gehalten zu werden

-

und dementsprechend deren Beschaffenheit als Devisen-Gold in tatsächlicher Hinsicht bejaht (US 63); indem sie sich über diese Feststellung als vermeintlich nur unzureichend begründet hinwegsetzt und - davon oder sogar vom Fehlen einer derartigen Eignung ausgehend

-

die übrigen Konstatierungen über die Beschaffenheit der Tatobjekte als für deren rechtliche Beurteilung als Gold iS des § 1 Abs. 1 Z 4 DevG nicht tragfähig bezeichnet, bringt daher auch die Angeklagte H*** die (insoweit teilweise im Rahmen der Mängelrüge dargestellte) Rechtsrüge nicht zu einer gesetzmäßigen Darstellung. Desgleichen geht sie mit den (auch durch die Aktenlage in keiner Weise indizierten) weiteren Prämissen, die an den Angeklagten S*** übergebenen kleinen Goldbarren seien nicht nur jeweils mit einer Öse zum Anhängen versehen gewesen, sondern hätten überdies bloß einen geringen Feingoldgehalt sowie eine ziselierte und polierte Oberfläche aufgewiesen, womit sie den Eindruck zu erwecken trachtet, es habe sich dabei nicht um Halbmaterial, sondern (in Anbetracht eines Zurücktretens des Materialwertes hinter den Fertigungsaufwand) um Finalware, und zwar um "als Barren stilisierte Anhänger" gehandelt, abermals von einem urteilsfremden Sachverhalt aus. Demzufolge sei auch im hier aktuellen Zusammenhang nur noch zur Klarstellung vermerkt, daß das vom Schöffengericht konstatierte Anbringen kleiner Ringe an den (ansonsten unbearbeiteten) Goldbarren, um deren Verwendung als Schmuckstücke zu ermöglichen, im Zusammenhang damit, daß durch diese Veränderung die Eignung der in Rede stehenden Objekte, von der Notenbank als Währungs-Gold gehalten zu werden, nicht beeinträchtigt wurde, für sich allein deren Beurteilung als Halbfabrikate und damit als Gold iS des § 1 Abs. 1 Z 4 DevG nicht in Frage zu stellen vermag.

Die nach dem Gesagten entscheidende Bekundung des Zeugen Dr.K*** aber, daß es sich bei dem vom Verteidiger der Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung am 17.November 1986

vorgelegten Goldbarren eindeutig um "Devisengold" gehandelt habe, nachdem er vorausgeschickt hatte, daß sich an dieser Eigenschaft von Goldbarren selbst dann nichts ändere, wenn "ein Ringerl darauf" sei (S 26 f./V), konnte das Erstgericht durchaus mängelfrei auch zur Beurteilung der Tatobjekte verwerten; denn im Hinblick darauf, daß die Angeklagte H*** selbst in der Hauptverhandlung am 16.September 1985 ausdrücklich erklärt hatte, sie habe sich bemüht, "so einen Barren aufzutreiben", das sei ihr aber "bis jetzt noch nicht" gelungen (S 343/IV), konnte es aus der späteren Vorlage des zuvor relevierten Goldbarrens durch ihren Verteidiger - gerade unter Bedacht auf den damit unternommenen Versuch, mit Bezug auf jenen Barren einen (ihr nach den Urteilsfeststellungen jedoch nicht unterlaufenen) Verbotsirrtum ihrerseits glaubhaft zu machen - sehr wohl auf ausreichender Tatsachengrundlage von der Annahme einer Gleichartigkeit des vorgelegten Exemplars mit den an den Angeklagten S*** übergebenen Goldbarren ausgehen.

Mit Rücksicht auf eben diese Gleichartigkeit schließlich bestand keinerlei Anlaß, die durch die spätere Vorlage des Vergleichsexemplars gegenstandslos gewordene ursprüngliche Erklärung des Zeugen Dr.K***, man müßte die tatgegenständlichen Goldbarren sehen, um ihre Eigenschaft als "Devisengold" verläßlich beurteilen zu können (S 26/V), im Urteil zu erwähnen.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - teils als offenbar unbegründet und teils mangels prozeßordnungsgemäßer Ausführung - nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Anmerkung

E12496

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0150OS00101.87.1130.000

Dokumentnummer

JJT_19871130_OGH0002_0150OS00101_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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