TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/20 2003/05/0060

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Veröffentlicht am 20.09.2005
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Index

L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs1;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 TPB7;
VStG §19 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des MB in W, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. November 2002, Zl. UVS-07/F/6/7858/2002/8, betreffend Bestrafung nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk (im Folgenden: MBA), vom 8. Mai 2001 wurde der X GmbH (im Folgenden: Gesellschaft) die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Grund und den darüber befindlichen Luftraum vor dem Haus Wien 6., S-Gasse 2/ident B-Gasse 1 im näher bezeichneten Ausmaß ab Rechtskraft des Bescheides bis 15. November 2001 und vom 1. März 2002 bis zum 15. November 2002 zur Aufstellung von Tischen und Stühlen zu benutzen. Gleichzeitig erfolgte eine Festsetzung nach dem Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben, Abschnitt B, Post 7 für Vorgärten (Aufstellung von Tischen, Sesseln u.a.) vor Geschäftslokalen aller Art. Der Beschwerdeführer ist (handelsrechtlicher) Geschäftsführer der Gesellschaft.

Bei einer am 18. Dezember 2001 durchgeführten Revision des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59, wurde festgestellt, dass der Schanigarten nach Ablauf der bis 15. November 2001 laufenden Genehmigung nicht entfernt wurde. Bei weiteren Überprüfungen am 1. und am 25. Februar 2002 wurde festgestellt, dass die vorhandenen Einrichtungen vor der Hausfront zur B-Gasse nicht entfernt wurden.

Mit Bescheid des MBA vom 4. Jänner 2002 wurde der Gesellschaft aufgetragen, die ohne Vorliegen einer aufrechten Bewilligung vorhandenen Einrichtungen (Podeste und Einfriedungen) an der Hausfront zur B-Gasse innerhalb von 2 Wochen zu entfernen.

Mit Schreiben des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4 (im Folgenden: MA 4), vom 6. Dezember 2001 wurde die Gesellschaft aufgefordert, binnen 2 Wochen einen allenfalls bestellten verantwortlichen Beauftragten, dem die Verantwortung für die Einhaltung der Bestimmungen des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes oblag, bekannt zu geben und eine Kopie der schriftlichen Zustimmungserklärung zu übermitteln. Der nunmehrige Vertreter des Beschwerdeführers antwortete mit Schreiben vom 21. Dezember 2001 dahingehend, dass die Gesellschaft keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt habe; diese Verpflichtung obliege dem Beschwerdeführer, der handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft sei.

Mit einem Schreiben der MA 4 vom 24. April 2002 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, sich für die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft die Abgrenzung des genehmigten Vorgartens ohne Gebrauchserlaubnis über den genehmigten Zeitraum hinaus aufgestellt gelassen und dadurch die Gebrauchsabgabe nach Tarifpost B 7 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) um den Betrag von EUR 1.326,06 fahrlässig verkürzt zu haben. Der Beschwerdeführer stellte in seiner Äußerung dazu außer Streit, dass für die Zeit 16. November 2001 bis 25. Februar 2002 keine Gebrauchserlaubnis bestehe; wenn keine Gebrauchserlaubnis vorliege, bestehe kein Abgabenanspruch und könne daraus keine Haftung entstehen. Die Abgrenzung vor der Front S-Gasse sei noch im November 2001 entfernt worden.

Am 2. August 2002 wurde mit Straferkenntnis der MA 4 über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- verhängt. Er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft an der Hausfront S-Gasse von 16. November 2001 bis 26. November 2001 und an der Hausfront B-Gasse von 16. November 2001 bis 25. Februar 2002 die Abfriedung eines bis 15. November 2001 genehmigten Vorgartens belassen, ohne hiefür vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben. Der Beschwerdeführer habe daher § 1 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 2 und Tarifpost B 7 GAG i.d.g.F. in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG verletzt und daher gemäß § 16 Abs. 4 GAG die Geldstrafe zu entrichten. Die Strafbehörde begründete ihr Abweichen von der vorgehaltenen Strafnorm damit, dass infolge öffentlicher Rücksichten für den Zeitraum von 15. November bis 1. März keine Gebrauchserlaubnis hätte erteilt werden können, sodass die Tatanlastung der Abgabenverkürzung gemäß § 16 Abs. 1 GAG nicht aufrechtzuerhalten sei.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Behörde erster Instanz den Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht als unmittelbarer Täter, sondern als verantwortliches Organ einer juristischen Person bestraft werde, im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nicht zum Ausdruck gebracht habe und den Bescheid somit mit Rechtswidrigkeit belaste. Aus demselben Grund sei in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. April 2002 keine taugliche Verfolgungshandlung zu sehen, weshalb ein allenfalls strafbares Verhalten des Beschwerdeführers teilweise bereits der Verjährung unterliege. Schließlich finde das Straferkenntnis keine gesetzliche Deckung in § 16 Abs. 4 GAG, da nach jener Bestimmung nur Übertretungen von Geboten und Verboten des Abschnittes I des GAG strafbar seien. Bei der Gebrauchsbewilligung über den 15. November 2001 hinaus handle es sich jedoch nicht um eine Gebrauchserlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 1 GAG, sondern um eine Bewilligung, die allein in Tarifpost B 7 umschrieben werde, weshalb § 16 Abs. 4 GAG keine Anwendung finden könne.

In der Berufungsverhandlung, zu der der Beschwerdeführer selbst nicht erschienen war, gab sein Rechtsvertreter an, dass der Beschwerdeführer für ein Kind sorgepflichtig sei; die Einkommens- und Vermögensverhältnisse wurden, wie im Protokoll festgehalten, nicht bekannt gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit Maßgabe nachfolgender Spruchergänzungen und der aus Übersichtsgründen vorgenommenen teilweisen Neuformulierung des ersten Satzes:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen Berufener, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer (§ 9 Abs. 1 VStG) der (Gesellschaft) zu verantworten, dass diese Gesellschaft vor der Liegenschaft in Wien 6., S-Gchadekgasse Onr. 2, ident mit Wien 6., B-Gasse Onr. 1, auf dem öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient,

a) vom 16.11.2001 bis zum 26.11.2001 (und nicht 2002) in der Front S-Gasse die Abfriedungen eines bis 15.11.2001 genehmigten Vorgartens im Ausmaß von 12 x 3,6 m und ab dem 5. Fenster 5 x 2,1 m belassen und weiters

b) vom 16.11.2001 bis zum 25.2.2002 in Front B-Gasse die Abfriedung eines bis 15.11.2001 genehmigten Vorgartens im Ausmaß von 16,6 x 3,6 m links vom Lokaleingang und 7,5 x 3,6 m rechts vom Lokaleingang belassen, ohne hiefür - d.h. für die jeweiligen Örtlichkeiten lt. a) und b) - vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben.

(Die Übertretungs- und die Strafnorm bleiben unverändert)."

Die belangte Behörde stellte fest, dass die Abfriedung über den bewilligten Zeitraum hinaus nicht entfernt worden sei. Der Beschwerdeführer habe die objektiv gebotene Sorgfaltspflicht zur Vermeidung der Erfüllung des Tatbestands des § 16 Abs. 4 GAG verletzt, weil er nicht rechtzeitig um eine Gebrauchserlaubnis angesucht habe. Hinsichtlich der Verfolgungsverjährung wurde auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. April 2002 hingewiesen, welche rund fünfeinhalb Monate nach Tatzeitende erfolgt sei und somit innerhalb der Verjährungsfrist liege. Auch die Strafbemessung sei auf Grund des nicht geringen Unrechtsgehaltes der Tat und des Verschuldens des Beschwerdeführers, gemessen an der Strafobergrenze, tat- und schuldangemessen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 25. Februar 2003, Zl. B 203/03-5, ablehnte und die Beschwerde mit gesondertem Beschluss antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Der Beschwerdeführer replizierte, worauf die belangte Behörde eine Stellungnahme erstattete.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die gegenständlich relevanten Bestimmungen des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes idF LGBl. Nr. 26/2000 (GAG) lauten:

"ABSCHNITT I

Gebrauchserlaubnis

§ 1

(1) Für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke hinausgeht.

(2) Die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauches von öffentlichem Gemeindegrund (Abs. 1) gehen über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus.

(...)

Erteilung der Gebrauchserlaubnis

§ 2

(1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig. Wenn für die Durchführung eines Vorhabens eine Gebrauchserlaubnis erforderlich ist, gilt als Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis

1. das Ansuchen um Erteilung der baupolizeilichen und straßenpolizeilichen Bewilligung,

2. die Einreichung nach § 70a der Bauordnung für Wien.

Ein Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis nach Tarifpost A 6 ist mindestens vier Wochen vor der beabsichtigten Gebrauchnahme einzubringen.

(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist.

(...)

ABSCHNITT II

Abgabepflicht, Anzeigepflicht und Haftung

§ 9

(1) Der Träger einer Gebrauchserlaubnis für Gemeindegrund gemäß § 1, der Träger einer Erlaubnis zum Gebrauch von Bundesstraßengrund und derjenige, der Bundesstraßengrund auf eine im angeschlossenen Tarif angegebene Art gebraucht, für die nach der Straßenverkehrsordnung ausdrücklich keine Bewilligung erforderlich ist, haben eine Gebrauchsabgabe zu entrichten.

(...)

ABSCHNITT III

Strafen

§ 16

(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21.000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.

(...)

(4) Übertretungen der Gebote und Verbote des Abschnittes I dieses Gesetzes sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 2.100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu bestrafen. Als solche Übertretungen gelten insbesondere die Nichteinhaltung gemäß § 2 Abs. 2 auferlegten Verpflichtungen oder die Nichterfüllung einer Verpflichtung gemäß § 5 oder § 6. davon ausgenommen sind Verwaltungsübertretungen nach Abs. 2.

(...)

Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben

(...)

B. Jahresabgaben je begonnenes Abgabenjahr

(...)

Post 7. für Vorgärten (Aufstellung von Tischen, Sesseln u. a.) von Geschäftslokalen aller Art je m2 Fläche 3,63 Euro, in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen je m2 27,25 Euro, mindestens aber 43,60 Euro; die Abfriedung (Geländer, Gitter, Abschlusswand, Zierpflanzen u dgl.) ist innerhalb der bewilligten Ausmaße aufzustellen; für etwaige Gegenstände innerhalb der Einfriedung, die weder mit dem Gebäude noch mit dem Gehsteig fest verbunden sind, und über die zugestandene Vorgartenfläche nicht hinausragen, ist eine weitere Abgabe nicht zu entrichten; die Bewilligung für Vorgärten gilt nur für die Zeit vom 1. März bis 15. November; wird ausnahmsweise die Belassung der Abfriedung ganz oder teilweise über den genannten Zeitraum hinaus bewilligt, erhöht sich die Abgabe um ein Drittel;"

Gemäß § 1 Abs. 1 GAG ist für die Benützung von öffentlichem Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke hinausgeht. Es handelt sich hiebei um eine Gebotsnorm des Abschnittes I des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes.

Die Gesellschaft hat mit der Belassung der Abfriedungen des gegenständlichen Vorgartens öffentlichen Gemeindegrund über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus ab dem 16. November 2001 ohne Gebrauchserlaubnis benützt. Es wurde somit eine Gebotsnorm des Abschnittes I des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes verletzt und daher eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 16 Abs. 4 GAG begangen.

Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, dass im Falle des Gebrauches von öffentlichem Gemeindegrund in Form eines Vorgartens in der Zeit von 15. November bis 1. März des Folgejahres das Gebrauchsabgabegesetz nicht anzuwenden sei, verkennt er den ausdrücklichen Wortlaut des § 1 Abs. 1 GAG, welcher allgemein eine Gebrauchserlaubnis für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus vorschreibt. Dieses Gebot unterliegt keiner zeitlichen Einschränkung, weshalb auch für die Zeit von 15. November bis 1. März des Folgejahres eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken wäre. Der Tarif sieht gerade für die Belassung der Abfriedung eine Bewilligungsmöglichkeit, wenn auch "ausnahmsweise", ausdrücklich vor; wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0111, ausgesprochen hat, ist auch die (in Punkt B 7 des Tarifes genannte bzw. vorausgesetzte) Bewilligung zur ausnahmsweisen Belassung im Zeitraum vom 16. November bis Ende Februar des Folgejahres eine Bewilligung nach § 1 GAG.

Der Beschwerdeführer hält weiters den Einwand der Verfolgungsverjährung aufrecht und bringt vor, dass er erstmals im angefochtenen Bescheid als "zur Vertretung nach außen Berufener, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer" verfolgt worden sei. Bis dahin sei der Beschwerdeführer nur als "handelsrechtlicher Geschäftsführer", nicht jedoch als "für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen Verantwortlicher" zur Verantwortung gezogen wurde. Da die Verfolgungsverjährung im vorliegenden Fall sechs Monate betrage, sei infolge des aktenkundigen und festgestellten Zeitablaufes daher Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet habe.

Gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die erfolgte Bestrafung des Beschwerdeführers als "handelsrechtlicher Geschäftsführer" hat dem Gebot des § 44a Z 1 VStG ausreichend entsprochen (siehe das denselben Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2004, Zlen. 2004/05/0095, 0096).

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Die Verjährungsfrist beträgt nach § 31 Abs. 2 leg. cit. bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, ab dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst ab diesem Zeitpunkt.

Eine Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs. 2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Nach ständiger hg. Rechtssprechung gelten alle Handlungen der Behörde als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgesehene Weise zu prüfen, wobei eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung unterbricht, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente bezogen hat, die richtige rechtliche Beurteilung ist dabei nicht erforderlich (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 29. September 1997, Zl. 96/17/0099, sowie die umfangreichen Nachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 620f.).

Im Beschwerdefall ist die "Aufforderung zur Rechtfertigung" der MA 4 vom 24. April 2002 als fristgerechte verjährungsunterbrechende Verfolgungshandlung zu werten, da sich aus dieser alle der Bestrafung durch beide Verwaltungsinstanzen zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente ergeben. Dem Beschwerdeführer wird darin vorgeworfen, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft die Abgrenzung des bis dahin genehmigten Vorgartens ohne Gebrauchserlaubnis über den genehmigten Zeitraum hinaus aufgestellt gelassen zu haben. Die falsche rechtliche Beurteilung, er habe dadurch die Gebrauchsabgabe nach Tarifpost B 7 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) um den Betrag von EUR 1.326,06 fahrlässig verkürzt, schadete dabei ebenso wenig wie die Nichtverwendung der Worte "als zur Vertretung nach außen Berufener", zumal richtigerweise § 9 Abs. 1 VStG zitiert wurde (vgl. das denselben Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2004/05/0124).

Das strafbare Verhalten liegt im Belassen der Einrichtungen über den genehmigten Zeitpunkt hinaus und endet somit hinsichtlich der Front S-Gasse am 26. November 2001 und hinsichtlich der Front B-Gasse am 25. Februar 2002. Da die Aufforderung zur Rechtfertigung innerhalb einer Zeitspanne von rund fünfeinhalb bzw. zweieinhalb Monaten liegt, ist die Verjährungsfrist jedenfalls gewahrt.

Weiters erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die belangte Behörde bei ihren Erwägungen zur Strafzumessung den erstmals vorgebrachten Umstand der Sorgepflicht des Beschwerdeführers für ein zehnjähriges Kind außer Acht gelassen habe. Es liege daher ein wesentlicher Begründungsmangel vor, da die belangte Behörde bei gesetzmäßiger Ermessensausübung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzesgemäß Gebrauch gemacht worden ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 99/09/0140 mwN).

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Auch im Verwaltungsstrafverfahren trifft den Beschuldigten eine Mitwirkungspflicht (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 498). Der Beschwerdeführer hat nach der Aktenlage seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse trotz gebotener Gelegenheit im Verwaltungsverfahren nicht offen gelegt. Im Berufungsverfahren wurden lediglich Sorgepflichten für einen 10-jährigen Sohn bekannt gegeben; die von der Erstinstanz vorgenommene Strafzumessung wurde in der Berufung aber nicht bekämpft.

Damit bestand aber für die Berufungsbehörde keine Veranlassung, von den schon im Straferkenntnis geschätzten durchschnittlichen Einkommensverhältnissen abzugehen (vgl die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 367 wiedergegebenen Nachweise aus der hg. Judikatur); auch die Sorgepflicht für ein Kind ist "durchschnittlich", sodass dies allein - andere Umstände wurden nicht geltend gemacht, noch wurden die Einkommensverhältnisse bekannt gegeben - kein Überschreiten des Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung zur Folge hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom. 28. Juni 2004, Zl. 2000/10/0054).

Eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid ist nicht erkennbar. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. September 2005

Schlagworte

Allgemein Ermessen Ermessen VwRallg8 Persönliche Verhältnisse des Beschuldigten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003050060.X00

Im RIS seit

24.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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