TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/20 2003/05/0093

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2005
beobachten
merken

Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
98/04 Wohnungsgemeinnützigkeit;

Norm

WGG 1940;
WGG 1979 §1 Abs2;
WGG 1979 §10 ;
WGG 1979 §10 Abs4;
WGG 1979 §39 Abs1;
WGGDV 1940;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde 1. der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft Aichfeld Gesellschaft m.b.H und 2. des Dr. Erich Unterer, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Johann Stöhr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 8/11, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Dezember 2001, Zl. MA 50-G 122/2/99/Sa, betreffend einen Auftrag nach § 29 Abs. 3 WGG,

Spruch

I) den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

Der Zweitbeschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II) zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin, ein als gemeinnützig anerkanntes Wohnungsunternehmen im Sinne des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes vom 29. Februar 1940, dRGBl. 1940 I, 438 (im Folgenden WGG 1940), wurde im Jahr 1952 in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von S 50.000,- in das Handelsregister eingetragen.

Der Zweitbeschwerdeführer ist ein Gesellschafter der Erstbeschwerdeführerin und zur Hälfte am Stammkapital beteiligt.

Mit Beschluss der Generalversammlung der Erstbeschwerdeführerin vom 10. September 1969 wurde das Stammkapital in Anwendung der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1966, BGBl. 157/1966 (Steuerliches Kapitalberichtigungsgesetz) und des Bundesgesetzes vom 19. Mai 1967, BGBl. 171/1967 (Kapitalberichtigungsgesetz), durch "Umwandlung von freier Rücklage an Stammkapital" um S 2,950.000,-

auf S 3,000.000,- erhöht; es wurde festgehalten, dass die Stammeinlagen von insgesamt S 3,000.000,- voll und bar eingezahlt seien.

Im Prüfungsbericht Nr. 6.620 vom 14. Oktober 1992 über das Geschäftsjahr 1991 stellte der Revisionsverband des österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen (im Folgenden: Revisionsverband) fest (Pkt. 91.10.b), dass die vorgesehene rückwirkende Gewinnausschüttung der Erstbeschwerdeführerin - berechnet von einer seinerzeit durchgeführten Kapitalberichtigung - unzulässig sei; daher entspreche die Gebarung der Erstbeschwerdeführerin den für sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen nur teilweise.

Im Prüfungsbericht Nr. 7.564 vom 18. Februar 1999 über die Geschäftsjahre 1996 und 1997 stellte der Revisionsverband fest (Pkt. 114.10.2.), dass für die Gewinnausschüttungen in der Höhe von rund S 8 Mio. (inkl. Zinsen), berechnet von einer seinerzeit durchgeführten Kapitalberichtigung, keine gesetzliche Deckung bestehe und weiterhin die Rückführung beauftragt werde.

Im Zuge der nachfolgenden Korrespondenz zwischen der Erstbeschwerdeführerin einerseits und dem Revisionsverband und der belangten Behörde andererseits legte die Erstbeschwerdeführerin ein Privatgutachten des Univ. Prof. Dr. G. E. Tichy vom 14. September 1999 vor, welches zum Ergebnis gelangt, dass § 10 Abs. 4 WGG 1979 nicht für Kapitalberichtigungen gelten könne, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durchgeführt worden seien, zumal eine Anordnung der Rückwirkung dem Gesetz fehle. Bei der Verteilung des Reingewinnes seien somit auch die Kapitalberichtigungen aus Rücklagen aus dem Jahr 1969 zu berücksichtigen.

In weiterer Folge legte die Erstbeschwerdeführerin ein Privatgutachten des o. Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer vom 13. Oktober 1999 vor, welches zusammenfassend zum Ergebnis kam, dass § 10 Abs. 4 WGG 1979 eine Kapitalberichtigung aus dem Jahr 1969 nicht erfasse; Beträge, die aus einer Kapitalberichtigung im Jahre 1969 stammten, würden als eingezahlt im Sinne des § 10 Abs. 4 WGG 1979 gelten.

Mit Schreiben vom 20. März 2000 hielt die belangte Behörde der Erstbeschwerdeführerin ihre Rechtsauffassung vor, dass im Zeitpunkt der Auszahlungen der gegenständlichen Gewinnanteile (1993 und 1997) § 10 Abs. 4 WGG 1979 Anwendung finde, weshalb Beträge, die aus einer Kapitalberichtigung stammten, als "nicht eingezahlte Beträge" anzusehen seien. Gemäß § 29 Abs. 1 WGG 1979 werde angeordnet, die Gewinnausschüttungen (inkl. Zinsen und KESt) in Höhe von rund S 8 Mio. in der Bilanz zum 31. Dezember 1999 wieder den Rücklagen zuzuführen und dies der belangten Behörde bis 30. Juni 2000 nachzuweisen; widrigenfalls wurde ein Vorgehen nach § 29 Abs. 3 WGG 1979 angedroht.

Der Revisionsverband gab mit Schreiben vom 10. Juli 2000 bekannt, dass bis zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1995 inkl. KESt S 8,096.121,08 an die Gesellschafter ausbezahlt worden wären. S 7,963.519,46 beträfen Ausschüttungen/Auszahlungen auf nicht einbezahltes, sondern berichtigtes (aus Rücklagenumwandlung stammendes) Kapital, welches nach den Bestimmungen des WGG nicht gewinnanteilsberechtigt sei. S 132.601,62 beträfen Gewinnanteile und Verzinsung für einbezahlte Stammeinlagen, deren Ausschüttung bzw. Auszahlung aber mangels rechtzeitiger Gewinnverwendungsbeschlüsse "nicht gegeben gewesen" sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid trug die belangte Behörde der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 WGG 1979 auf, die bare Rückerstattung der gesetzlich nicht gedeckten Gewinnausschüttungen für die Geschäftsjahre 1969 bis 1995 in der Höhe von insgesamt S 8,096.121,08 an die gemeinnützige Bauvereinigung herbeizuführen und in der Bilanz zum 31. Dezember 2001 wieder den Rücklagen zuzuweisen. In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde die Einzelkomponenten des ausgeschütteten Betrages, aufgeteilt nach dem vom eingezahlten Stammkapital berechneten Gewinnanteil und dem vom erhöhten Stammkapital berechneten Gewinnanteil, wie folgt dar:

 

50.000,00

2.950.000,--

Gewinnanteile bis 31.3.79 (4 %)

20.500,00

1.209.500,00

Gewinnanteile ab 4/79 bis 12/91

(jeweiliger EM-Zinssatz)

31.091,23

1.834.383,76

Gewinnanteile 1992 - 1995

9.254,85

546.036,15

Gewinnanteile gesamt

60.846,08

3.589.919,91

6 % Zinsen bis 31.3.79

6.757,01

398.663,81

7 % Zinsen ab 1.4.79

64.998,53

3.836.112,99

Zinsen gesamt

71.755,54

4.234.776,80

Kapitalertragsteuer 1992-1995

0,00

138.822,75

Gewinnanteile + Zinsen

132.601,62

7.963.519,46

Summe

8.096.121,08

Festgestellt wurde weiters, dass im Geschäftsjahr 1993 Gewinnanteile in der Höhe von S 7,402.001,-- für die Geschäftsjahre 1969 bis 1991 an die Gesellschafter zur Auszahlung gelangt seien. Die Gewinnanteile betreffend die Geschäftsjahre 1992 bis 1995 seien Ende 1997 ausbezahlt worden.

Durch § 10 Abs. 4 WGG werde klargestellt, dass Beträge, die von einer Kapitalberichtigung aus Gesellschaftsmitteln stammen, nicht als "eingezahlt" gelten. Bei den Gewinnentnahmen in den Jahren 1993 und 1997 handle es sich um "neue Sachverhalte", auf welche das WGG 1979 volle Anwendung finde. Ein Verstoß gegen das behauptete "Rückwirkungsverbot" liege daher nicht vor. Im Übrigen handle es sich bei der Kapitalberichtigung vom 31. März 1969 nicht um eine Gewinnzuschreibung im Sinne des § 13 Abs. 1 WGGDV 1940, da darunter nur zulässigerweise ausschüttbare, aber nicht ausgeschüttete Gewinnanteile zu verstehen seien. Hier sei auf Grund der Gewinnverteilungsbeschlüsse der Gesellschafter auf eine Ausschüttung wie auch auf eine Zuschreibung verzichtet worden; vielmehr würden die Gewinne den Rücklagen zugeführt. Eine gegenteilige Sichtweise widerspräche dem das WGG 1940 prägenden Grundsatz der "Vermögensbindung". Dividendenauszahlungen in Höhe von S 7,963.519,46 (inkl. Zinsen und Kest) auf Basis eines Stammkapitals, das aus einer Kapitalberichtigung stammt, verstießen gegen § 10 WGG 1979. Auf Grund der tatsächlich eingezahlten Stammeinlage ergäbe sich nur ein Gewinnanteil von S 132.601,62, dessen Ausschüttung mangels entsprechender Gewinnverwendungsbeschlüsse nicht gedeckt sei, weil nach den jeweiligen Gewinnverwendungsbeschlüssen der gesamte Jahresgewinn im Unternehmen zu verbleiben hatte.

Da der vom Revisionsverband aufgezeigte Mangel trotz Anordnung nicht beseitigt worden sei, sei in Anwendung des § 29 Abs. 3 WGG 1979 die Herbeiführung der Rückerstattung anzuordnen gewesen.

Die Beschwerdeführer erhoben darauf Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 10. Juni 2003, Zl. B 103/02, unter Hinweis darauf ablehnte, dass der Vorschrift des § 10 Abs. 4 WGG 1979 rückwirkende Kraft nicht zukomme, sondern lediglich die gemeinnützigkeitsrechtlichen Folgen von Gewinnausschüttungen für die Zeit ab dem Jahr 1979 regle, und das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand einer Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genieße. Im Übrigen sei die Berechnung des ausschüttbaren Gewinnanteiles nach der tatsächlich eingezahlten, und nicht aus Gewinn stammenden Stammeinlage vor dem Hintergrund des dem WGG 1979 zu Grunde liegenden Grundsatzes der Vermögensbindung keineswegs unsachlich. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In ihrer Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht darauf verletzt, dass an sie von Seiten der belangten Behörde nur jene Aufträge erteilt werden, zu welchen diese auf Grund des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes in der zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung ermächtigt sei. Weiters erachte sich die Erstbeschwerdeführerin in ihrem Recht auf Vornahme von Gewinnausschüttungen im Ausmaß von S 8,096.121,08 (inkl. Zinsen und Kest) für die Geschäftsjahre 1969 bis 1995 auf Basis des von ihr bereits im Jahr 1969 auf S 3 Mio. erhöhten Stammkapitals und der Zweitbeschwerdeführer sich in seinem Recht auf Bezug von Gewinnanteilen verletzt. Sie beantragten daher, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu I.:

Die Anordnung im angefochtenen Bescheid richtet sich an die erstbeschwerdeführende Gesellschaft; sie war auch Bescheidadressatin; am vorangegangenen Verwaltungsverfahren war der Zweitbeschwerdeführer nicht beteiligt.

Nach § 26 Abs. 2 VwGG kann die Beschwerde auch erhoben werden, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Erhebung einer Beschwerde gegen einen nicht zugestellten und auch nicht an die betreffende Person gerichteten Bescheid ist allerdings, dass dieser Bescheid an andere Verfahrensparteien ergangen ist und dass der Bescheid seinem Inhalt nach in die Rechtssphäre der übergangenen Partei eingreift.

Dies ist hier zu verneinen: Die Anordnung im angefochtenen Bescheid mag die wirtschaftlichen Interessen des Zweitbeschwerdeführers berühren, wie er dies auch im Beschwerdepunkt zum Ausdruck bringt, aus dieser Anordnung ist aber unmittelbar keinerlei Verpflichtung des Zweitbeschwerdeführers abzuleiten. Er kann daher durch den angefochtenen Bescheid in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein. Mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung war die Beschwerde des gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Zu II.:

Strittig im vorliegenden Fall ist die Frage, ob für die in den Geschäftsjahren 1993 und 1997 erfolgten Gewinnauszahlungen in der Höhe von rund S 8 Mio. eine gesetzliche Deckung besteht.

Die für diese Frage maßgebliche Bestimmung des WGG 1940 lautet:

"§ 9

Die Mitglieder oder Gesellschafter des Wohnungsunternehmens dürfen satzungsgemäß und tatsächlich

a) bei der Verteilung des Reingewinnes höchstens jährlich vier vom Hundert oder einen anderen von dem Reichsarbeitsminister bestimmten Hundertsatz ihrer eingezahlten Kapitaleinlagen und keine sonstigen Vermögensvorteile erhalten, die nicht als angemessene Gegenleistung für eine besondere geldwerte Leistung anzusehen sind,

b) bei Auflösung des Wohnungsunternehmens und beim Ausscheiden nicht mehr als die eingezahlten Einlagen zurückerhalten."

Die Bestimmung des § 13 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 23. Juli 1940, dRGBl. 1940 I, 1012 (WGGDV 1940) lautet auszugsweise:

"(zu §§ 9 und 10 des WGG)

§ 13

(1) Als Einzahlungen gelten auch die Gewinnzuschreibungen.

(2) Die Vorschrift, dass die Gesellschafter beim Ausscheiden nicht mehr als die eingezahlten Einlagen zurückerhalten dürfen, findet auf die Kapitalgesellschaften keine Anwendung.

(...)"

Am 31. März 1979 trat das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vom 8. März 1979, BGBl. Nr. 139/1979 (WGG 1979) in Kraft. § 10 sieht hinsichtlich der Gewinnausschüttung an die Gesellschafter vor:

"Vermögensrechtliche Behandlung der Mitglieder

§ 10.

(1) Vom jährlichen Gewinn darf insgesamt nur ein Betrag ausgeschüttet werden, der, bezogen auf die Summe der eingezahlten Genossenschaftsanteile (Stammkapital, Grundkapital), den im betroffenen Geschäftsjahr zulässigen Zinssatz gemäß § 14 Abs. 1 Z 3 nicht übersteigt. Überdies dürfen die Mitglieder (Genossenschafter, Gesellschafter) vermögensrechtliche Vorteile nur in dem Umfang erhalten, als diese als angemessene Gegenleistung für eine besondere von ihnen erbrachte geldwerte Leistung anzusehen sind.

(2) Mitglieder (Genossenschafter, Gesellschafter) einer Bauvereinigung dürfen im Falle ihres Ausscheidens nicht mehr als die eingezahlten Einlagen und ihren Anteil am verteilbaren Gewinn erhalten.

(3) Im Falle der Auflösung der Bauvereinigung dürfen deren Mitglieder (Genossenschafter, Gesellschafter) nicht mehr als die von ihnen eingezahlten Einlagen und ihren Anteil am verteilbaren Gewinn erhalten.

(4) Als eingezahlt im Sinne der Abs. 1 bis 3 gelten nicht die aus einer Kapitalberichtigung stammenden Beträge."

Die übrigen gegenständlich relevanten Bestimmungen des WGG

1979 lauten:

"Aufsicht

§ 29. (1) Die gesamte Geschäftsführung gemeinnütziger Bauvereinigungen unterliegt der behördlichen Überwachung. Die Landesregierung ist berechtigt, in alle Geschäftsunterlagen Einsicht zu nehmen, die Geschäftsgebarung und die Rechnungsabschlüsse zu überprüfen, die Abstellung von Mängeln anzuordnen und zu einzelnen Geschäftsfällen Berichte einzuholen.

(2) In Ausübung ihres Aufsichtsrechtes (Abs. 1) ist die Landesregierung berechtigt, Prüfungen vorzunehmen. Sie kann sich hiebei des Revisionsverbandes bedienen oder private Sachverständige beauftragen.

(3) Die Landesregierung hat der Bauvereinigung, sofern diese der Anordnung zur Abstellung von Mängeln nicht nachgekommen ist, die Behebung der festgestellten Mängel innerhalb angemessener Frist mit Bescheid aufzutragen. Wenn die Bauvereinigung den behördlichen Auftrag nicht erfüllt hat, so ist, falls andere Zwangsmittel im Zuge des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens nicht zum Ziele geführt haben, gemäß § 35 vorzugehen.

(...)

Übergangsbestimmungen

§ 39

(1) Bauvereinigungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesens vom 29. Feber 1940, deutsches RGBl. I S. 438, und der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 23. Juli 1940, deutsches RGBl. I S. 1012, als gemeinnützige Wohnungsunternehmen anerkannt sind, gelten unter Wahrung ihres örtlichen Geschäftsbereiches als auf Grund dieses Bundesgesetzes als gemeinnützig anerkannte Bauvereinigungen. Auf solche Bauvereinigungen finden die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der in § 6 Abs. 1 enthaltenen Regelung über die Mindestanzahl der Genossenschafter Anwendung.

(...)"

Die Beschwerdeführer machen geltend, dass die Bestimmung des § 10 Abs. 4 WGG 1979 nicht auf die Kapitalberichtigung von 1969 anzuwenden ist. Für die 1969 durchgeführte Kapitalerhöhung seien allein die Bestimmungen des § 9 lit. a WGG 1940 und des § 13 Abs. 1 WGGDV 1940 maßgeblich; die Kapitalerhöhung sei danach nicht nur zulässig gewesen, sondern sie sei auch bei den Gewinnausschüttungen zulässigerweise als Basis herangezogen worden. In § 2 Abs. 2 Kapitalberichtigungsgesetz werde ausdrücklich angeordnet, dass die Gewinnbeteiligung der neuen Anteilsrechte mit dem Beginn des Geschäftsjahres beginne, in welchem die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln beschlossen werde. In Ausnützung der Gestaltungsrechte dieses Gesetzes sei die Kapitalerhöhung beschlossen worden; seither bestehe das Recht der Erstbeschwerdeführerin zur Ausschüttung und des Zweitbeschwerdeführers zum Empfang der daraus ermittelten Gewinne. Hilfsweise wird vorgebracht, dass § 10 Abs. 4 WGG 1979 keinesfalls für Vorgänge vor seinem Inkrafttreten Anwendung finden dürfe; damit würde das Rückwirkungsverbot des § 5 ABGB verletzt.

Die hier ergangene Anordnung nach § 29 Abs. 3 WGG 1979 betrifft keineswegs die Kapitalerhöhung im Jahre 1969, sondern die Gewinnausschüttungen in den Jahren 1993 und 1997. Dieser Sachverhalt fällt unter den zeitlichen Anwendungsbereich des am 31. März 1979 in Kraft getretenen WGG 1979.

Ob die hier vorgenommenen Gewinnausschüttungen unzulässig oder allenfalls überhöht waren, ist anhand von § 10 Abs. 4 WGG 1979 zu beurteilen. Die Gewinnausschüttungsbeschränkung des § 10 WGG 1979 gehört als Element des Grundsatzes der Vermögensbindung zu den tragenden rechtlichen und wirtschaftlichen Prinzipien des gemeinnützigen Wohnungswesens (vgl. Korinek u. a., WGG, Kommentar und Handbuch, Loseblattausgabe, FN 1 zu § 10 WGG 1979); nach § 1 Abs. 2 WGG 1979 haben die dort genannten Bauvereinigungen ihr Vermögen der Erfüllung der Aufgaben des Wohnungsgemeinnützigkeitswesens zu widmen.

Hier wurde bis zum Inkrafttreten des WGG 1979 kein Anspruch auf den Gewinnanteil gemäß § 9 lit. a WGG 1940 erworben, da - soweit sich den vorliegenden Akten entnehmen lässt - in den Geschäftsjahren 1969 bis 1979 kein Gewinnausschüttungsbeschluss gefasst wurde. Daher stellt sich die Frage nicht, ob es sich bei § 10 Abs. 4 WGG 1979 um eine begünstigende oder verschlechternde Gesetzesänderung handelt, oder ob ein Eingriff in eine bereits bestehende Rechtsposition vorliegt. Das Gesetz ordnet auch keine Rückwirkung (§ 5 ABGB) an. Es wird vielmehr an einem in der Vergangenheit verwirklichten Sachverhalt (ausschließlich) für die Zukunft eine andere Rechtsfolge als bisher geknüpft. Darin liegt keine rückwirkende Anwendung des Gesetzes.

Im Übrigen hat der Gesetzgeber in der Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 1 WGG 1979 angeordnet, dass Bauvereinigungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des WGG 1979 auf Grund der Bestimmungen des WGG 1940 und der WGGDV 1940 als gemeinnützige Wohnungsunternehmen anerkannt sind, unter Wahrung ihres örtlichen Geschäftsbereiches als gemeinnützig anerkannte Bauvereinigungen iSd WGG 1979 gelten, auf welche die Bestimmungen des WGG 1979 anzuwenden seien. Mangels in diesem Zusammenhang relevanter Übergangsbestimmungen ist folglich von der Anwendung des § 10 Abs. 4 auch auf vor Inkrafttreten des WGG 1979 durchgeführte Kapitalberichtigungen auszugehen. Daher kann in der Anwendung des § 10 Abs. 4 WGG 1979 auf die Kapitalberichtigung im Jahr 1969 keine Rechtsverletzung erkannt werden.

Die im Spruch genannte Summe beinhaltet auch die auf der Basis von S 50.000,-- ermittelten Gewinne (und zwar S 132.601,62). Die Ausschüttung dieser Gewinne widerspricht nicht dem § 10 WGG 1979. Die belangte Behörde hat aber einen Mangel im Sinne des § 29 Abs. 3 WGG 1979 angenommen, weil "nach den jeweiligen Gewinnverwendungsbeschlüssen der gesamte Jahresgewinn im Unternehmen zu verbleiben hatte." Soweit damit offenbar zum Ausdruck gebracht werden soll, dass auf Grund solcher Gesellschafterbeschlüsse jegliche Gewinnausschüttung einen Mangel im Sinne des § 29 Abs. 3 WGG 1979 darstellt, hätte dies einer eingehenden Begründung bedurft. Insbesondere hat es die belangte Behörde unterlassen, ausreichende Feststellungen zu solchen Gewinnverwendungsbeschlüssen zu treffen; der nur in der Gegenschrift enthaltene Hinweis auf einen Gesellschaftsbeschluss aus 1982 vermag diesen Mangel nicht zu beseitigen. Jedenfalls in den Jahren 1993 und 1997 wurden Gewinnverteilungsbeschlüsse gefasst.

Allein aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 lit. b VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003050093.X00

Im RIS seit

24.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten