TE OGH 1987/12/18 6Ob638/86 (6Ob639/86)

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Veröffentlicht am 18.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna S***, Bundesbahnangestellte, Villach, Tafernerstraße 23, vertreten durch Dr. Kuno Ther und Dr. Oskar Stefula, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei Hermann W***, Kaufmann, Villach, St. Johannerstraße 49, vertreten durch Dr. Viktor Michitsch, Rechtsanwalt in Villach, wegen 499.627 S samt Nebenforderungen (Revisionsgegenstand 483.840,83 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 3.April 1986, GZ 7 R 26/86-93, womit infolge Berufung der beklagten Partei das (End-)Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 7.November 1985, GZ 24 Cg 109/84-84, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Revision wird das angefochtene Berufungsurteil insoweit bestätigt, als es den erstinstanzlichen Leistungsbefehl in Ansehung eines Teilbetrages von 294.917,90 S samt 4 % Zinsen seit 1. Juli 1975 bestätigt hat. Im übrigen wird das angefochtene Berufungsurteil im Sinne einer Abweisung des weiteren Klagebegehrens von 188.922,93 S samt Anhang abgeändert. Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin einen mit 81.687 S bestimmten Anteil an ihren gesamten Kosten des Verfahrens aller Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Geschwister. Ihre Mutter ist am 18.Juni 1975 im 85.Lebensjahr gestorben. Eine gerichtliche Abhandlung ihres Nachlasses erfolgte nicht. Der Nachlaß bestand aus einer Höhensonne im Wert von 1.000 S und einem Bargeldbetrag von 7.400 S, von dem nach Abzug der Kosten für die Errichtung einer Grabstätte ein Betrag von 3.100 S verblieb. Der reine Nachlaß im Wert von 4.100 S kam der Klägerin zu.

Die Erblasserin hatte zehn Jahre vor ihrem Ableben ihre Liegenschaft mit städtischem Wohnhaus dem Beklagten übergeben. Aus dem Gutsbestand der im Mai 1965 übernommenen Liegenschaft verkaufte der Beklagte im Februar 1966 eine Teilfläche um den ausgewiesenen Kaufpreis von 175.800 S. Die verkaufte Teilfläche hatte damals aber einen Verkehrswert von 263.700 S. Die um die veräußerte Teilfläche verminderte Restfläche der Übergabsliegenschaft hatte im Übergabszeitpunkt einen Verkehrswert von 613.000 S. Der Beklagte übernahm daher im Mai 1965 von seiner damals im 75.Lebensjahr gestandenen Mutter eine Liegenschaft mit einem damaligen Verkehrswert von 876.700 S. Der Wert seiner vertraglich zugesicherten Gegenleistungen erreichte nur einen Bruchteil dieses Betrages. Nach dem Wortlaut des Übergabsvertrages und dem festgestellten krassen Mißverhältnis zwischen den Werten der nach dem Übergabsvertrag in ein Austauschverhältnis gebrachten wechselseitigen Leistungen ist der Übergabsvertrag vom Mai 1965 als gemischte Schenkung zu werten.

Daraus leitete die Klägerin gegen ihren Bruder als Geschenknehmer der gemeinsamen Mutter einen Anspruch auf Duldung der Exekution in die Übergabsliegenschaft zur Hereinbringung eines aus dem Nachlaß nicht gedeckten Schenkungspflichtteiles ab. Zur Ermittlung der Höhe dieses klageweise geltend gemachten Pflichtteilsanspruches hat das Revisionsgericht in der Begründung seiner im ersten Rechtsgang beschlossenen Teilaufhebung (Entscheidung vom 26.Januar 1984, 6 Ob 620/82 = ON 65) bindende Rechtsansichten ausgesprochen, an die es selbst gebunden bleibt, soweit keine geänderten Sachverhaltsgrundlagen zu berücksichtigen sind.

Nach dem im erwähnten Aufhebungsbeschluß rechtlich begründeten Rechnungsvorgang waren zunächst die im Übergabsvertrag vom 3.Mai 1965 bedungenen gegenseitigen Leistungen nach den für den damaligen Zeitpunkt zu ermittelnden Werten in ein Verhältnis zu setzen, um den Geschenkanteil zu bestimmen. Bei der Bewertung der Übergabsliegenschaft war von einem für den Empfangszeitpunkt festgestellten und unbekämpft gebliebenen Verkehrswert der unbelasteten Liegenschaft von 876.700 S auszugehen, als Belastungen waren aber das Wohnrecht, das sich die Übergeberin vorbehalten hatte, unter Berücksichtigung ihrer konkreten Lebenserwartung zu schätzen und die dem Beklagten zugunsten der Klägerin vertraglich überbundene Verpflichtung, sie die Obergeschoßwohnung gegen einen angemessenen Mietzins lebenslang benützen zu lassen, durch Vergleich der Verkehrswerte bestandfreier und teilweise vermieteter Vergleichsobjekte zu bewerten. Der um den Wert der genannten Belastungen verminderte Liegenschaftswert von 876.700 S stellt den Wert der übergebenen Liegenschaft im Zeitpunkt des Empfanges durch den Beklagten dar (Übergabswert). Die vom Beklagten als Übernehmer aus seinem Vermögen zu erbringenden Gegenleistungen einer lebenslangen Rentenzahlung und ebensolcher Pflege- und sonstiger Leistungen waren in ihrer zeitlichen Dauer nach der konkreten Lebenserwartung der Übergeberin einzuschätzen und danach zu kapitalisieren. Daraus ergab sich der Wert der Gegenleistungen. Der um den Wert der Gegenleistungen verminderte Übergabswert gebrochen durch diesen ist die Geschenkquote.

Der Wert der Übergabsliegenschaft im Zustand des Empfanges und mit den Belastungen im Zeitpunkt des Empfanges, soweit diese nicht durch den Tod der Übergeberin notwendigerweise in Wegfall geraten mußten, war für den Zeitpunkt des Erbanfalles, also für den Todestag der Erblasserin zu ermitteln. Dieser Wert war mit der oben erwähnten Geschenkquote zu multiplizieren. Damit war die Berechnungsgrundlage für den auf Antrag der Klägerin zu leistenden Schenkungspflichtteil gegeben. Der auf Antrag des Beklagten in gleicher Weise zu veranschlagende unentgeltliche Erwerb einer als Option auf Wohnungsmiete zu qualifizierenden Rechtsmacht der Klägerin, die Obergeschoßwohnung nach dem Ableben der Übergeberin auf Lebenszeit gegen einen angemessenen Mietzins weiter zu benützen, war für den Tag des Erbanfalles zu bewerten. Daß der Beklagte für den Verzicht der Klägerin auf ihr Optionsrecht den Betrag von 100.000 S zahlte, war unmittelbar zur Wertbestimmung nicht heranzuziehen. Dieser Zahlung kam nur ein gewisser Indizcharakter zu (daß nämlich nicht bloß ein subjektives Interesse des Beklagten an der Freiheit von einem Bestandrecht vorlag, sondern daß dem Gestaltungsrecht ein objektiver Wert zugekommen sein konnte).

Nach Feststellung der erwähnten konkreten Werte war der Schenkungspflichtteil der Klägerin nach den im Judikat 114 ausgeführten Grundsätzen zu ermitteln.

Soweit der ermittelte Schenkungspflichtteil nicht in dem um den Nachlaßpflichtteil der Klägerin verminderten reinen Nachlaß Deckung finden konnte (drei Viertel von 4.100 S = 3.075 S), haftet der Beklagte als Geschenknehmer mit der Übergabsliegenschaft. Nach dem Verfahrensstand im Zeitpunkt des Aufhebungsbeschlusses (ON 65) war eine Schenkungspflichtteilsforderung von 375.598,75 S streitverfangen. Im zweiten Rechtsgang hat die Klägerin ihr Begehren zunächst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 2. April 1984 im Sinne eines am 27.März 1984 überreichten Schriftsatzes auf 480.131 S samt stufenweise berechneten Zinsen ausgedehnt und in der Tagsatzung vom 22.April 1985 einer weiteren Ausdehnung unterworfen, so daß das restliche Begehren der Klägerin auf Zahlung eines Betrages von 499.627 S samt stufenweise berechneter Zinsen gerichtet blieb.

Im erneuerten Verfahren behauptete die Klägerin zu der im Übergabsvertrag zu ihren Gunsten aufgenommenen Regelung über die Möglichkeit einer Wohnungsmiete, die Übergeberin habe dies nur als Ausgleich dafür vorgesehen, daß der Beklagte durch 20 Jahre eine Wohnung im Haus unentgeltlich habe benützen können. Soweit daher in der unentgeltlichen Einräumung einer Rechtsmacht an sie eine Schenkung zu sehen sei, habe es sich um eine gemäß § 785 Abs 3 ABGB anrechnungsfreie Zuwendung gehandelt. Überdies brachte die Klägerin vor, der Beklagte habe versprochen, seine Zahlung von 100.000 S nicht auf den Pflichtteil anzurechnen. Zur Bewertung der auf die Lebenszeit der Übergeberin abgestellten Leistungen begehrte die Klägerin die Annahme einer Lebenserwartung der Übergeberin im Übergabszeitpunkt von nur fünf Jahren, weil dies den Ansätzen nach dem Bewertungsgesetz entspräche. Für die Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft erachtete die Klägerin die alleinige Berücksichtigung des Grund- und Gebäudewertes ohne Bedachtnahme auf den Ertragswert als angemessen. Entgegen der dem revisionsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß zugrundegelegten Rechtsansicht strebte die Klägerin eine Aufwertung ihres zum Todestag der Erblasserin ermittelten Schenkungspflichtteilsanspruches jeweils bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz an.

Der Beklagte bestritt das neue Vorbringen der Klägerin. Gegen die in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22.April 1985 erklärte Klagsausdehnung sprach er sich "insofern aus, als eine zu erwartende Indexziffer" zur Grundlage der Klagsausdehnung genommen wurde.

Das Prozeßgericht erster Instanz ging zu den streitverfangen gebliebenen und neu vorgebrachten Prozeßbehauptungen von folgenden Tatumständen aus:

Im Übergabsvertrag vom 3.Mai 1965 hat sich die damals im 75. Lebensjahr gestandene Übergeberin vom Beklagten als dem Übernehmer folgendes ausbedungen:

1. das lebenslange Wohnrecht an den im Obergeschoß gelegenen Räumen;

2. eine lebenslange Unterhaltsrente in wertgesicherter Höhe von 500 S;

3. den Anspruch auf Wartung und Pflege im Falle der Erkrankung und Altersgebrechlichkeit einschließlich der von der Sozialversicherung nicht getragenen Kosten für ärztliche Hilfe, Heilmittel und nötige Spitalsaufenthalte;

4. den Anspruch auf Zubereitung der Verpflegung, Reinigung und Instandhaltung der Kleidung und der Wohnung und sonstige angemessene Dienste, sobald die Übergeberin solcher Hilfe bedürfen sollte;

5. für die Klägerin, die damals als geschiedene Ehefrau mit der Mutter im gemeinsamen Haushalt lebte, den Anspruch, beim Vorversterben der Mutter die im ersten Stockwerk befindliche Wohnung als Mieterin zu den üblichen Bedingungen und zu einem angemessenen Mietzins auf ihre Lebenszeit zu benützen.

Der Beklagte hatte als Übernehmer die Verpflichtung, die Wohnung im Obergeschoß aus eigenen Mitteln und ohne Anspruch auf Aufwandersatz instandzusetzen.

Der ortsübliche Mietzins für die im Obergeschoß gelegene Wohnung betrug in der Zeit zwischen Mai 1965 und Juni 1975 300 S. Die nach dem Übergabsvertrag vom Beklagten geschuldeten Leistungen an Pflege, Wartung und Verköstigung seiner Mutter waren für den erwähnten Zeitraum ebenfalls mit 300 S monatlich einzuschätzen.

Die Mutter der Streitteile hatte im Zeitpunkt der Übergabe ihrer Liegenschaft an den Beklagten im Mai 1965 eine Lebenserwartung von 10 Jahren.

Nach dieser Lebenserwartung war das lebenslange Wohnrecht der Übergeberin an den Obergeschoßräumen mit einem monatlichen Mietwert von 300 S mit dem kapitalisierten Betrag von 20.844 S anzusetzen. Die der Klägerin eingeräumte Möglichkeit, nach dem Ableben ihrer Mutter deren Wohnung lebenslang mietweise zu benützen, minderte den mit 876.700 S festgestellten Verkehrswert der Liegenschaft zur Zeit der Übergabe um 36.000 S.

Zur Bewertung der Rentenverpflichtung ging das Erstgericht von der Annahme aus, daß bei Abschluß des Übergabsvertrages im Mai 1965 eine Geldwertverdünnung in den folgenden zehn Jahren nicht nur tendenziell vorhersehbar gewesen, sondern auch in genau jenem Ausmaß einzuschätzen gewesen wäre, wie es nach der Entwicklung der Indexzahlen in nachträglicher Betrachtungsweise tatsächlich ablesbar gewesen ist. Dabei legte das Erstgericht für die Jahre 1965 bis 1975 jeweils die für den Monat Juni bekanntgemachten Indexzahlen zugrunde (131,3; 129,9; 131,6; 135,7; 140,1; 146,6; 152,9; 162,8; 174,5; 192,4 und 208,4) und stellte solcherart den voraussehbaren Rentenaufwand (im Nominale von 60.000 S), mit 68.443,30 S fest. Das Erstgericht unterließ eine Kapitalisierung der von ihm angenommenen Rentenzahlungen und ging von der von ihm ermittelten Summe der aufgewerteten Rentenzahlung als Rentenwert aus.

Ebenso verfuhr das Erstgericht mit der Bewertung der Naturalleistungen, die mit monatlich 300 S bewertet waren. Es setzte hier einen Gesamtbetrag von 36.000 S an (nahm also im Unterschied zur Bewertung des Wohnrechtes keine Kapitalisierung vor). Für den Todfallszeitpunkt im Jahre 1975 stellte das Erstgericht bei einem Gebäudewert von 200.000 S und einem Grundwert von 1,166.000 S den Verkehrswert der Liegenschaft (unter Zugrundelegung des für den Übergabszeitpunkt angenommenen tatsächlichen und rechtlichen Zustandes) von 1,366.000 S fest.

Das Recht der Klägerin, die Obergeschoßwohnung nach dem Tode der Mutter lebenslang gegen Leistung eines angemessenen Mietzinses benützen zu dürfen, bewertete das Erstgericht für den Todfallszeitpunkt mit Null.

Rechnerisch gelangte das Erstgericht zu folgenden Ergebnissen:

Die Liegenschaft im Wert von       876.700 S

war belastet mit dem Wohnrecht der

Übergeberin im Wert von                 20.844 S

und dem Recht der Klägerin zur

lebenslangen Miete einer Wohnung,

was den Wert der Liegenschaft um

weitere                                 36.000 S

minderte, so daß der Übergabswert

der Liegenschaft                       819.856 S

betrug.

Die Gegenleistungen des Beklagten bestanden in

der Lebensrentenzahlung im Wert

von                                     68.443,30 S

und den Naturalleistungen im Wert

von                                     36.000,-- S.

Sie waren mit                          104.443,30 S

zu bewerten.

Daraus ergab sich eine Geschenkquote von 87,26 %.

Der Wert der Übergabsliegenschaft

im Zeitpunkt des Erbfalles betrug    1,366.000,-- S.

Die Geschenkquote im Ausmaß von

87,26 % davon beträgt                1,191.971,60 S.

Davon beträgt die Pflichtteils-

quote von einem Viertel                297.992,90 S.

Diese ist gedeckt im reinen

Nachlaß mit                              3.075,-- S.

Im Restbetrag von                  294.917,90 S

ist der Beklagte als Geschenknehmer belastet.

Diesen auf den Todestag berechneten Schenkungspflichtteilsanspruch hat das Erstgericht bis zum Schluß seiner mündlichen Verhandlung nach dem Verbraucherpreisindex I aufgewertet und überdies, ab 1.Juli 1975 jährlich abgestuft, Zinsen zugesprochen. Auf diese Weise errechnete das Erstgericht eine aufgewertete Schenkungspflichtteilsforderung der Klägerin gegen den Beklagten von 485.114,10 S. Zur Zahlung dieses Betrages samt stufenweise berechneter Zinsen verpflichtete es den Beklagten bei sonstiger Exekution in die übergebene Liegenschaft. Das Berufungsgericht befand das erstinstanzliche Verfahren als mängelfrei. Es übernahm die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen und erachtete die der Sache nach gerügten Feststellungsmängel als nicht gegeben. Das Berufungsgericht folgte auch dem erstrichterlichen Rechnungsvorgang und gelangte daher gleich dem Erstgericht zum Ergebnis eines auf den Todestag der Erblasserin bezogenen, nicht im Nachlaß gedeckten Schenkungspflichtteilsanspruch der Klägerin in der Höhe von 294.917,90 S.

Das Berufungsgericht vertrat lediglich zur Aufwertungsfrage insoweit eine andere Ansicht als das Erstgericht, als es auch im gegebenen Fall des Schlusses der mündlichen Verhandlung nach § 193 Abs 3 ZPO auf diesen Zeitpunkt und nicht auf den der späteren Urteilsfällung abstellen wollte, so daß das Berufungsgericht anstatt der vom Erstgericht herangezogenen Indexzahl für September 1985 die für April 1985 veröffentlichte Indexzahl zur Aufwertung heranzog. Es gelangte auf diese Weise zu einem um 1.273,27 S verminderten Zuspruch.

Der Beklagte ficht das Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO mit einem auf gänzliche Abweisung des Klagebegehrens zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die Klägerin strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Die zum Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erstatteten Ausführungen bringen diesen Rechtsmittelgrund nicht zur Darstellung. Soweit damit der Sache nach Feststellungsmängel behauptet werden oder die unrichtige Lösung von Rechtsfragen gerügt wird, ist darauf bei der Erledigung der Rechtsrüge einzugehen.

Die Rechtsrüge ist nur in Ansehung der Aufwertung des für den Todestag der Erblasserin mit 294.917,90 S ermittelten, im Nachlaß nicht gedeckten Schenkungspflichtteilsanspruches der Klägerin gerechtfertigt.

Nach der im revisionsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß bindend ausgesprochenen Rechtsansicht war unter Bewertung aller nach dem Übergabsvertrag wechselseitig geschuldeter Leistungen und Gegenleistungen zum Empfangstag, also Mai 1965, das Verhältnis festzustellen, in welchem der Leistung der Übergeberin wertmäßig in ein Austauschverhältnis gebrachte Gegenleistungen des Beklagten gegenübergestellt wurden.

Dazu haben die Vorinstanzen den Aufwand des Beklagten für Rentenleistungen und Naturalleistungen nicht kapitalisiert (sondern durch Addition der in der Zeitfolge zu erbringenden Einzelleistungen errechnet). Dieser Rechenvorgang entsprach dem vorgegebenen Rechenprogramm nicht, er konnte sich aber lediglich zum Nachteil der Klägerin auswirken, weil das jeweilige Deckungskapital, das für die Leistungen des Beklagten an seine Mutter richtigerweise zu veranschlagen gewesen wäre, unter Bedachtnahme auf die erforderliche Abzinsung niedriger sein mußte als die Summe der im Verlaufe der zehnjährigen Lebenserwartung zu erbringenden Einzelzahlungen und Naturalleistungen. Demgemäß hätte sich eine geringerwertige Gegenleistung des Beklagten und damit eine höhere Geschenksquote ergeben. Durch den von den Vorinstanzen gewählten Rechenvorgang hätte sich nur die Klägerin beschwert erachten können, dem Beklagten konnte der Vorgang nicht zum Nachteil gereichen.

Für eine Aufwertung der vom Beklagten tatsächlich aufgrund des Übergabsvertrages erbrachten Leistungen bestand kein Raum, weil es nach dem vorgegebenen Rechenprogramm nicht auf die tatsächliche Erfüllung der Übernehmerpflichten, sondern ausschließlich auf das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu kalkulierende Ausmaß der vom Übernehmer vertraglich geschuldeten Gegenleistungen ankam. Die vom Beklagten vermißte Aufwertung seiner eigenen Leistungen hatte daher nicht zu erfolgen.

Welche Geldleistung dem Beklagten nach seinen individuellen Vorstellungen über die Nutzung der ihm übergebenen Liegenschaft nach dem Tode seiner Mutter die Freiheit von der vertraglich übernommenen Verpflichtung wert war, der Klägerin die Obergeschoßwohnung auf ihr Verlangen mietweise überlassen zu müssen, ist nach der im revisionsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß zum Ausdruck gebrachten Ansicht unerheblich. Entscheidend wäre lediglich vom Standpunkt des Beklagten eine faßbare Minderung des Verkehrswertes seiner Liegenschaft und vom Standpunkt der Klägerin ein nach objektiven Grundsätzen feststellbarer Geldwert der ihr eingeräumten Rechtsmacht. Nach den zugrundezulegenden Feststellungen war das der Klägerin von ihrer Mutter zugedachte Gestaltungsrecht zur Begründung eines Mietverhältnisses nach den konkreten Gegebenheiten objektiv ohne Wert. Entgegen den Revisionsausführungen haben daher die Vorinstanzen die dem Beklagten zugunsten der Klägerin auferlegte Verpflichtung, eine von der Klägerin etwa gewünschte mietweise Benützung der Obergeschoßwohnung anzunehmen und zu dulden, wertmäßig in keiner Weise angesetzt (weder als Minderung des Wertes der dem Beklagten gemachten Schenkung noch als Schenkung an die Klägerin). Die Leistungen, die der Beklagte nach der Übernahme der Liegenschaft als deren Eigentümer an Abgaben, zur Erhaltung oder Verbesserung der Liegenschaft erbrachte, blieben entgegen den Revisionsausführungen mit Recht außer Ansatz, weil als Pflichtteilsberechnungsgrundlage nur - der auf den Todestag bezogene - Wert der Liegenschaft zu berücksichtigen war, der sich unter Bedachtnahme auf den Zustand der Liegenschaft zur Zeit des Empfanges durch den Beklagten ergeben hätte. Werterhaltende oder -vermehrende Aufwendungen nach dem Übergabszeitpunkt sind bei diesem Ansatz unerheblich. Die Vorinstanzen haben nach dem im revisionsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß vorgegebenen Rechenprogramm auf Aufwendungen des Beklagten an Abgaben und sonstigen Zahlungen mit Recht nicht Bedacht genommen. Die Beschränkung der Haftung des Beklagten als eines im Sinne des § 951 ABGB haftenden Geschenknehmers mit der Übergabsliegenschaft ist nach der berichtigten Fassung des Berufungsurteiles unzweifelhaft ausgesprochen. Daher liegt auch der in der Revision gerügte Verstoß gegen § 405 ZPO nicht vor. Zutreffend rügt der Beklagte allerdings die Aufwertung des ihn belastenden Ausfalles an der Deckung des Schenkungspflichtteiles im Nachlaß dem Grunde nach.

Das Revisionsgericht hat in seinem Aufhebungsbeschluß dargelegt, daß die (beim Nachlaßpflichtteil) nach § 786 ABGB zugrundezulegende Gemeinschaftlichkeit der die Berechnungsgrundlage bildenden Vermögensmasse zwischen dem Erben und dem Pflichtteilsberechtigten bis zur wirklichen Zuteilung im Falle des Schenkungspflichtteiles typischerweise nicht vorliegt, weil das Geschenk schon vor dem Erbanfall aus der die Verlassenschaft bildenden Vermögensmasse ausgeschieden ist.

Im selben Sinn hat der Oberste Gerichtshof in einer folgenden Entscheidung ausgesprochen, daß im Falle des Schenkungspflichtteiles keine über den Erbfall hinausreichende Aufwertung vorzunehmen sei (SZ 57/90).

Diese Ansicht lag bereits dem revisionsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß zugrunde. An sie bleibt das Revisionsgericht auch gebunden.

Die für den Todestag der Erblasserin ermittelte Zahlungsverpflichtung des Beklagten war daher entgegen der Vorgangsweise beider Vorinstanzen nicht weiter aufzuwerten, sondern nur nach dem gesetzlichen Zinsfuß zu verzinsen.

In diesem Umfang war der Revision stattzugeben.

Der teilweise Erfolg des Revisionswerbers hat auch eine neue Kostenbestimmung zur Folge. Dabei war vom Ansatz her zu berücksichtigen:

Im erstinstanzlichen Verfahren des ersten Rechtsganges sind nach den unterschiedlichen Streitwerten drei Verfahrensabschnitte zu trennen: Von der Klage bis zur Klagsausdehnung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.November 1978, welche Erklärung auf den Beginn dieser Tagsatzung zu beziehen ist, betrug der Streitwert 353.627 S, die Erfolgsquote der Klägerin letztlich rund fünf Sechstel. Ihr gebührt für den Prozeßaufwand in diesem Abschnitt Kostenersatz im Ausmaß von zwei Drittel.

Von der erwähnten Klagsausdehnung bis zur Klagseinschränkung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4.Juli 1980, welche nach dem Kostenverzeichnis der Klägerin auf den Beginn der dritten Verhandlungsstunde zu beziehen war, betrug der Streitwert 559.020 S, der letztliche Erfolg der Klägerin knapp mehr als die Hälfte, so daß in diesem Verfahrensabschnitt die Kosten gegenseitig aufzuheben sind.

Ab der Klagseinschränkung, bezogen auf den Beginn der dritten Verhandlungsstunde in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4.Juli 1980 betrug der Streitwert 523.661,50 S, der letztliche Erfolg der Klägerin etwa neun Sechzehntel, für ihren Verfahrensaufwand in diesem Abschnitt gebührt ihr ein Kostenersatz im Ausmaß von einem Achtel.

Im Rechtsmittelverfahren des ersten Rechtsganges hatte die Klägerin keinen Erfolg, der Beklagte war daher in der Abwehr der Anfechtung durch die Klägerin voll erfolgreich. Mit seiner eigenen Anfechtung hatte er nur teilweise Erfolg, wobei aber der Abwehrerfolg der Klägerin überwog. Daraus folgt, daß für die beiderseitigen Berufungsschriften kein Kostenersatz gebührt, der Klägerin aber für die Verrichtung der mündlichen Berufungsverhandlung ein Ersatz ihrer Kosten im Ausmaß zu einem Achtel zusteht (vgl. den dritten Abschnitt des erstinstanzlichen Verfahrens).

Über die Kosten der Revision der Klägerin und der Revisionsbeantwortung des Beklagten wurde bereits im Teilurteil (ON 65) abgesprochen. Was die Anfechtung durch den Beklagten anlangt, hatte die Klägerin bei einem Teilstreitwert von 375.598 S letztlich einen Erfolg mit rund 78,5 %. Für ihre Revisionsbeantwortung gebührt ihr daher ein Ersatz im Ausmaß von 57 %.

Im zweiten Rechtsgang ist ungeachtet der leicht schwankenden Streitwerte (480.131 S; 499.627 S; 485.114 S; 483.840 S) für alle drei Instanzen von einem durchschnittlichen Erfolg der Klägerin zu drei Fünftel auszugehen. Der Klägerin gebührt daher für diesen letzten Verfahrensabschnitt ein Ersatz ihrer Prozeßkosten im Ausmaß von einem Fünftel.

Anmerkung

E12572

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00638.86.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19871218_OGH0002_0060OB00638_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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