TE OGH 1988/1/13 14Os175/87

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Veröffentlicht am 13.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Jänner 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mitterhöfer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dagmar T*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22.Oktober 1987, GZ 12 Vr 2339/87-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, und des Verteidigers Dr. Sowitsch, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die 34-jährige Dagmar T*** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil sie in Graz mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Maria K*** durch Täuschung über Tatsachen zur Herausgabe von Bargeldbeträgen, mithin zu Handlungen verleitet hat, die die Genannte am Vermögen schädigten, und zwar

1. am 19.Juni 1987 durch die Behauptung, sie hätte für ihre Mutter eine Stereoanlage kaufen sollen und das von ihr erhaltene Geld bereits ausgegeben, zur Herausgabe eines Geldbetrages von 9.000 S;

2. am 22.Juni 1987 durch die Behauptung, sie erwarte in Kürze einen Geldbetrag von 200.000 S und benötige Geld, um Mietrückstände zu begleichen, zur Herausgabe eines Geldbetrages von 4.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer nominell auf die Z 4, 9 lit b, 9 lit c und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten (irrig als "Berufung wegen Nichtigkeit" bezeichneten) Nichtigkeitsbeschwerde, welche sich jedoch als nicht stichhältig erweist.

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt die Beschwerdeführerin die Ablehnung ihres (ersichtlich auf eine vergleichende Schriftuntersuchung abzielenden) Antrags auf Einholung eines "graphologischen" Gutachtens zum Beweise dafür, daß das beim Akt befindliche Schreiben vom 5.August 1987 (ON 13), wonach nicht die Angeklagte, sondern der Zeuge Ferdinand H*** die Summe von 9.000 S geborgt erhalten habe, "zumindest" von Ferdinand H*** unterschrieben worden sei (S 138). Die begehrte Beweisaufnahme ist jedoch ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten der Angeklagten unterblieben, weil das Schöffengericht ohnehin die Beweisergebnisse unter Einbeziehung der Möglichkeit gewürdigt hat, daß das Schreiben die echte Unterschrift des Ferdiand H*** aufweist. Hat es doch keineswegs - wie die Beschwerdeführerin unterstellt - den dies in Abrede stellenden Angaben des Zeugen H*** in der Hauptverhandlung geglaubt und eine Unterfertigung des Briefes durch den Genannten ausgeschlossen, sondern ein solches Vorgehen zwar der Sache nach als die unwahrscheinlichere Alternative angesehen, dennoch aber als allfälliges tatsächliches Geschehen erwogen und uneingeschränkt auf seine Beweiskraft untersucht, wobei es auch bei Zugrundelegung der besagten Prämisse - und somit der Richtigkeit des im Antrag als Beweisthema bezeichneten Umstandes - mit schlüssiger und insoweit von der Beschwerde gar nicht angefochtener Begründung zur Überzeugung gelangte, daß der Brief die belastenden Angaben der Zeugin Maria K*** nicht entkräftet und die Beweislage nicht zugunsten der Angeklagten verändert (S 153 f). Von einer die Angeklagte benachteiligenden vorgreifenden Beweiswürdigung, wie sie die Beschwerde behauptet, kann bei dieser Fallgestaltung nicht die Rede sein, weil keineswegs das Ergebnis oder die Überzeugungsfähigkeit des verlangten Sachverständigenbeweises mit einer den Beweisführungsinteressen der Antragstellerin zuwiderlaufenden Überlegung vorweggenommen wurde, sondern die Tatrichter vielmehr gerade im Sinne des Beweisbegehrens das Zutreffen des nachzuweisenden Umstandes als eine allenfalls verwirklichte Geschehnisvariante angenommen haben.

Demgemäß hält die unter Außerachtlassung der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vorgetragene Verfahrensrüge einer Überprüfung nicht stand.

In ihren Rechtsrügen (sachlich nur Z 9 lit c des § 281 Abs 1 StPO) vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß sie im Tatzeitpunkt die Lebensgefährtin des Ferdinand H*** - des Sohnes des Betrugsopfers Maria K*** - gewesen sei und mit diesen Personen "in Gemeinschaft" gelebt habe, weshalb der ihr vorgeworfene Betrug an einer Angehörigen begangen worden sei und eine gemäß § 166 StGB bloß über Privatanklage verfolgbare Deliktsbegehung im Familienkreis vorliege.

Dieser Einwand geht schon aus rechtlicher Sicht fehl, sodaß sich eine Prüfung der Frage, ob Ferdinand H*** und die Angeklagte tatsächlich miteinander in außerehelicher Lebensgemeinschaft gelebt haben, ebenso erübrigt wie ein näheres Eingehen auf die weder mit den Urteilsfeststellungen noch mit den Verfahrensergebnissen vereinbare Behauptung einer damaligen Hausgemeinschaft von Maria K*** und der Angeklagten. Gemäß § 72 Abs 2 StGB werden Partner einer außerehelichen Lebensgemeinschaft wie Angehörige, Kinder und Enkel eines von ihnen wie Angehörige auch des anderen behandelt. Diese Regelung normiert umfassend und abschließend die rechtliche Bedeutung einer außerehelichen Lebensgemeinschaft für die Anwendbarkeit jener strafrechtlichen Vorschriften, welche auf ein Angehörigenverhältnis abstellen. Da mithin Eltern eines Lebensgefährten - im Gegensatz zu bestimmten anderen Verwandten - nicht als Angehörige des anderen Lebensgefährten gewertet werden, findet der in der Beschwerde eingenommene gegenteilige Standpunkt im Gesetz keine Deckung. Damit erweist sich aber der Einwand der Angeklagten, die Mutter ihres Lebensgefährten sei als ihre Angehörige zu behandeln und sie habe infolgedessen höchstens ein im Sinne des § 166 StGB wegen Begehung im Familienkreis privilegiertes Vergehen verwirklicht, bereits vom normativen Ansatz her als verfehlt.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte nach § 147 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 (sieben) Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen das Geständnis.

Auch der Berufung der Angeklagten, mit welcher sie die Herabsetzung der Strafe begehrt, kommt keine Berechtigung zu. Wird nämlich entsprechend berücksichtigt, daß die Berufungswerberin insgesamt 13 Vorstrafen wegen Vermögensdelikten aufweist und die urteilsgegenständlichen Betrugshandlungen nur wenige Monate nach ihrer letzten Verurteilung (wegen Einbruchsdiebstahls) begangen hat, und daß im übrigen entgegen der Annahme des Schöffengerichts von einem umfassenden Geständnis im Sinne des § 34 Z 17 StGB nach der Aktenlage wohl kaum gesprochen werden kann, so erweist sich das in erster Instanz gefundene Strafmaß keinesfalls als überhöht, zumal neben den vom Erstgericht angeführten Erschwerungsgründen auch noch die Wiederholung des Betruges als weiterer erschwerender Umstand zu werten ist. Demgegenüber vermag die Berufung keine Umstände aufzuzeigen, die geeignet wären, das strafbare Verhalten der Berufungswerberin in einem milderen Licht erscheinen zu lassen.

Demnach war auch der Berufung ein Erfolg zu versagen und über die Rechtsmittel der Angeklagten insgesamt spruchgemäß zu erkennen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E12705

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00175.87.0113.000

Dokumentnummer

JJT_19880113_OGH0002_0140OS00175_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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