TE OGH 1988/1/26 2Ob586/87

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Veröffentlicht am 26.01.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Feldbach - Bad Gleichenberg, registrierte Genossenschaft mbH, 8330 Feldbach, Hauptplatz 18, vertreten durch Dr.Norbert Stelzer, Rechtsanwalt in Fürstenfeld, wider die beklagte Partei Dr.Heinrich R***, öffentlicher Notar, 8480 Mureck, Nikolaiplatz 1, vertreten durch Dr.Otto Schubert sen. und Dr.Otto Schubert jun., Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,393.302,-- sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 13.Jänner 1987, GZ 1 R 198/86-25, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. September 1986, GZ 13 Cg 136/85-18, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere

Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Die Klägerin forderte vom Beklagten die Bezahlung von S 1,393.302,-- sA und brachte vor, die Ehegatten Ing.Richard und Roswitha H*** hätten sich im Jahre 1984 mit der Absicht getragen, die Liegenschaft EZ 316 KG Bad Gleichenberg zu erwerben und sich deshalb schon vor dem 30.Jänner 1984 an die Klägerin zwecks einer Finanzierung dieses Kaufes gewandt. Diese habe den Ehegatten H*** daraufhin mitgeteilt, daß einer solchen Finanzierung ihrerseits im Falle einer ausreichenden Besicherung des zu gewährenden Kredites nichts im Wege stehe. Am 30.Jänner 1984 seien die Ehegatten H*** wiederum bei der Klägerin erschienen und hätten mitgeteilt, daß nunmehr der Kaufvertrag beim Bekagten errichtet sei und sie den Kredit benötigten. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Beklagten sei den Ehegatten H*** eine vorbereitete Pfandbestellungsurkunde zum Zweck der beglaubigten Unterschriftsleistung beim Beklagten ausgehändigt worden. Des weiteren sei ihnen ein Begleitschreiben an den Beklagten, mit dem er ersucht wurde, die persönliche Haftung dafür zu übernehmen, daß ein Pfandrecht zugunsten der klagenden Partei über S 1,500.000,-- auf den Liegenschaften EZ 38 und EZ 316 je in KG Bad Gleichenberg und zwar in EZ 316 KG Bad Gleichenberg im ersten Rang und in EZ 38 KG Bad Gleichenberg im laufenden Rang ordnungsgemäß einverleibt wird, übergeben worden. Dies deshalb, um eine vorzeitige Auszahlung des Kredites zu ermöglichen. Dieses Schreiben sei von den Ehegatten H*** dem Beklagten überbracht worden und es sei auch von ihnen bei ihm die Pfandbestellungsurkunde unterzeichnet worden. Am selben Tag hätte der Beklagte noch ein Schreiben an die Klägerin gerichtet, mit dem er mitteilte, daß er die persönliche Haftung für die ordnungsgemäße Einverleibung der oben genannten Pfandrechte übernehme, und außerdem bekanntgab, daß hinsichtlich der Liegenschaft EZ 316 KG Bad Gleichenberg der Kaufvertrag von allen Parteien am 30.Jänner 1984 unterfertigt worden sei. Sodann sei wie schon im ersten Schreiben vom 30.Jänner 1984 an den Beklagten erwähnt, der Kredit an Roswitha H*** ausbezahlt worden. Der Beklagte habe jedoch sowohl Sicherstellung im laufenden Rang der EZ 38 KG Bad Gleichenberg als auch die erstrangige Sicherstellung in EZ 316 KG Bad Gleichenberg nicht durch Ranganmerkung vorgenommen, obwohl er aufgrund der von ihm übernommenen persönlichen Haftung dazu verpflichtet gewesen wäre. Aufgrund der prekären finanziellen Situation der Ehegatten H*** sei weder mit der Rückzahlung des Kredites an die Klägerin zu rechnen, noch sei zu erwarten, daß von ihnen der Kaufschilling bezahlt werden wird, so daß es zu keiner grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrages mehr kommen werde. Die Klägerin sehe sich daher gezwungen, den Beklagten im Rahmen der von ihm übernommenen Haftung in Anspruch zu nehmen. Von einer Treuhandhaftung des Beklagten könne aber keine Rede sein, vielmehr hafte der Beklagte aufgrund des mit ihm abgeschlossenen Garantie- bzw. Gewährvertrages. Diese Haftung des Beklagten sei aber verschuldensunabhängig.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ein, die von ihm übernommene Verpflichtung habe er nur als Treuhandverpflichtung angesehen, wie sie bei der Abwicklung eines Kaufvertrages mit Bankfinanzierung bei grundbücherlicher Sicherstellung auf der zu erwerbenden Liegenschaft üblich sei. Er sei von der Klägerin nicht darauf hingewiesen worden, daß die Darlehensvaluta an die Käufer direkt ausbezahlt werde. Der Abschluß eines Garantievertrages hätte die Übernahme eines hohen Risikos für ihn bedeutet, weil das Zustandekommen des Kaufvertrages und damit die Möglichkeit der pfandrechtlichen Sicherstellung des Kaufpreises auf der Kaufliegenschaft außerhalb seiner Einflußsphäre gelegen wäre. Die Übernahme einer derartigen Haftung durch einen Vertragserrichter sei unüblich, eine solche Haftung habe er nicht übernehmen wollen und können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Die Ehegatten Ing. Richard und Roswitha H*** hatten die Absicht, die Liegenschaft EZ 316 KG Bad Gleichenberg zu erwerben. Sie wandten sich an die Klägerin, um ein Darlehen für die Finanzierung dieses Liegenschaftskaufes zu erhalten. Diese war bereit, den Ehegatten H*** einen Kredit von S 1,200.000,-- zu gewähren, und zwar gegen pfandrechtliche Sicherstellung auf der den Ehegatten H*** je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 38 und der von ihnen zu erwerbenden Liegenschaft EZ 316 je KG Bad Gleichenberg, wobei dieses Pfandrecht bei der erstgenannten Liegenchaft im laufenden Rang und bei der zuletzt genannten Liegenschaft im ersten Rang eingetragen werden sollte. Die Darlehensvaluta wurde abzüglich eines Betrages von S 150.000,--, der gegen eine bestehende Schuld des Ing. H*** verrechnet wurde, den Ehegatten H*** (genau: Als Kreditnehmerin fungierte Roswitha H***) zur Verfügung gestellt. Die Ehegatten H***, die damals bereits hoch verschuldet waren, haben diesen Abstattungskredit widmungswidrig verwendet. Die Liegenschaftseigentümer sind wegen Nichtbezahlung des Kaufpreises von dem mit den Ehegatten H*** bereits abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend die Liegenschaft EZ 316 KG Bad Gleichenberg in der Folge zurückgetreten. Die Ehegatten H*** wurden wegen verschiedener Betrugshandlungen, darunter auch wegen solcher im Zusammenhang mit der gegenständlichen Kreditgewährung strafgerichtlich rechtskräftig verurteilt.

Eine Anmerkung der beabsichtigten Verpfändung auf der EZ 38 KG Bad Gleichenberg hat der Beklagte nicht erwirkt. In der Folge wurde auf dieser Liegenschaft ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Richard H*** eingetragen. Ebenso hat der Beklagte bei der EZ 316 KG Bad Gleichenberg weder eine Ranganmerkung für die beabsichtigte Verpfändung noch eine Verbücherung des Kaufvertrages vom 30.Jänner 1984 bewirkt. Der mit 30.Juni 1985 aushaftende Kreditbetrag beträgt einschließlich der zwischenzeitig anerlaufenen Zinsen S 1,393.302,--.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß der rechtskundige Beklagte gegenüber der Klägerin sich nicht als Treuhänder verpflichtet, sondern für die Einverleibung des Pfandrechtes im Sinne des § 880 a ABGB garantiert habe. Er habe keine rangwahrenden Maßnahmen getroffen und es sei eine pfandrechtliche Sicherstellung des gegenständlichen Kredites nicht mehr möglich. Bei dieser Sach- und Rechtslage habe der Beklagte für den vollen Schaden der Klägerin, den diese aus dem gegenständichen Kreditgeschäft erlitten habe, aufzukommen.

Infolge Berufung des Beklagten hob das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf. Das Berufungsgericht erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich gelangte jedoch zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Das Berufungsgericht führte aus, es sei vorerst zu untersuchen, ob und in welchem Umfange die vom Beklagten gegenüber der Klägerin erklärte persönliche Haftungsübernahme für die pfandrechtliche Sicherstellung der Kreditforderung der Klägerin gegenüber den Ehegatten H*** Rechtswirkungen zur Folge haben konnte. Zur Beurteilung dieser Frage sei in erster Linie der Inhalt der Erklärung Beilage ./B (schriftliche Erklärung der Haftungsübernahme durch den Beklagten) als Ausdruck des Parteiwillens zu berücksichtigen (§ 914 ABGB). Es sei hiebei auch auf das vorangegangene Schreiben der Klägerin (Beilage ./A), in welchem der Beklagte um Übernahme der Haftung "zur Erreichung der vorzeitigen Auszahlung des Kredites" ersucht wird, Bedacht zu nehmen. Schon auf Grund dieser beabsichtigten vorzeitigen Auszahlung des Kredites, wobei auch vom Beklagten als Zahlungsempfänger nur die Ehegatten H*** als Kreditnehmer in Betracht gezogen werden konnten, und wegen des Fehlens jeglichen Hinweises in der Verpflichtungserklärung des Beklagten auf ein Treuhandgeschäft, wie etwa die Übernahme der treuhändigen Verwahrung und Verfügung über die Darlehensvaluta, sei die vom Beklagten übernommene Haftungserklärung nicht als Treuhandverpflichtung zu sehen und habe aus den angestellten Überlegungen vom Beklagten auch nicht als solche verstanden werden können. Eine zeitweilig gegenteilige Rechtsauffassung des Beklagten sei unerheblich. Gegen eine Beurteilung als Treuhandvereinbarung spreche letztlich auch der Umstand, daß der Beklagte in der Folge fast ein Jahr lang trotz mehrfacher Urgenzen der Klägerin hinsichtlich der Durchführung der pfandrechtlichen Sicherstellung der Darlehensforderung nie eine Überweisung der Darlehensvaluta an sich begehrt habe. Aus den angeführten Gründen habe auch die Klägerin die vom Beklagten abgegebene Haftungserklärung nicht als Treuhandverpflichtung im Sinne des nunmehrigen Beklagtenstandpunktes verstehen können. Andererseits könne die Haftungserklärung des Beklagten entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht als Garantieverpflichtung gemäß § 880 ABGB beurteilt werden. Eine solche würde eine verschuldensunabhängige Erfolgsgarantie auf volle Genugtuung bedeuten. Der Beklagte würde daher bei Übernahme einer solchen Garantieverpflichtung für die Folgen der aus welchen Gründen immer unterbliebenen pfandrechtlichen Sicherstellung gegenüber der Klägerin einzusehen haben. Aus dem Wortlaut der Verpflichtungserklärung (Beilage ./B) könne eine derart weitgehende Verpflichtung nicht abgeleitet werden. Abgesehen davon spreche die Erfahrung des täglichen Lebens dagegen, daß der Beklagte unter den gegebenen Umständen eine derart weitgehende Haftung übernehmen wollte. Hiezu habe für ihn kein Anlaß bestanden und er habe wissen und davon ausgehen müssen, daß die Durchführung der pfandrechtlichen Sicherstellung der Kreditforderung auf der Kaufliegenschaft (EZ 316 KG Bad Gleichenberg) nicht allein von ihm abhänge, zumal Störungen bei der Abwicklung des Kaufvertrages, wie sie dann tatsächlich eingetreten seien (Nichtzahlung des Kaufpreises und dadurch bedingter Vertragsrücktritt), nicht ausgeschlossen werden konnten. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei dieser gegenüber die Haftungserklärung des Beklagten als ein unentgeltliches Rechtsgeschäft anzusehen, sodaß im Sinne des § 915 ABGB bei der Auslegung derartiger Vereinbarungen die Willenstheorie heranzuziehen sei. Wie schon ausgeführt, spreche schon der Inhalt der Haftungserklärung des Beklagten, dessen Formulierung weitgehend auf die Klägerin selbst zurückgehe, gegen eine Garantieverpflichtung. Die Erklärung Beilage ./B enthalte keine Ausdrücke oder Hinweise, aus denen sich eine verschuldensunabhängige Erfolgsgarantie für die völlige Genugtuung durch den Beklagten ableiten ließe. Wegen ihres weitreichenden Inhaltes und der Begründung einer verschuldensunabhängigen Haftung müßten an die Formulierung einer Garantieerklärung besonders strenge Anforderungen geknüpft werden. Solle sie die einer Garantieerklärung innewohnende Rechtswirkungen erzeugen, müsse ihre Textierung eine solche sein, daß das Entstehen einer Garantieverpflichtung daraus eindeutig und unmißverständlich entnommen werden könne. Davon könne aber im vorliegenden Fall keine Rede sein. Die Erklärung eines Notars, die persönliche Haftung für die Verbücherung einer Pfandbestellungsurkunde auf einer Liegenschaft zu übernehmen, noch dazu einer solchen, die dem Schuldner noch gar nicht gehöre, könne daher unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und den besonderen Anforderungen an eine Garantieerklärung nur dahin verstanden werden, daß er sich damit verpflichtet, alle ihm als Notar in sachlicher und rechlicher Hinsicht möglichen und zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen zu ergreifen, um in sachkundiger und pflichtgemäßer Wahrung der Interessen des Auftraggebers die pfandrechtliche Sicherstellung der Kreditforderung ehestmöglich zu bewirken. Eine derartige Interpretation der Haftungserklärung des Beklagten entspreche dem Wortlaut der abgegebenen Erklärung und stehe auch mit den gesamten übrigen Umständen des Falles, insbesondere der Tatsache im Einklang, daß es sich hiebei für den Beklagten um eine unentgeltliche Haftungserklärung gegenüber der Klägerin gehandelt habe. Insbesondere werde dabei auch der Tatsache Rechnung getragen, daß die Ehegatten H*** zur Zeit der Haftungsübernahme noch nicht Eigentümer der Liegenschaft EZ 316 KG Bad Gleichenberg waren und eine pfandrechtliche Sicherstellung der Darlehensforderung auf dieser Liegenschaft erst nach grundbücherlicher Durchführung des Kaufvertrages, die maßgeblich auch vom Verhalten der Ehegatten H*** (Zahlung des Kaufpreises durch diese) abhängig war, vorgenommen werden konnte. Der Beklagte sei daher vertraglich verpflichtet gewesen, das Interesse der Klägerin im Sinne der übernommenen Verpflichtung jederzeit wahrzunehmen, wobei von ihm die Sorgfalt eines Fachmannes (Notars) gemäß § 1299 ABGB zu verlangen gewesen sei. Was nun die Sicherstellung der Darlehensforderung auf der EZ 316 KG Bad Gleichenberg anlange, sei auszuführen, daß diese Liegenschaft den Ehegatten H*** nie grundbücherlich übertragen worden sei. Mangels Kaufpreiszahlung seien die Verkäufer vom Vertrag zurückgetreten. Vor einer Eigentumsübertragung der Liegenschaft an die Ehegatten H*** habe aber der Beklagte nichts unternehmen, insbesondere auch keine rangwahrenden Maßnahmen für eine pfandrechtliche Sicherstellung der Darlehensvaluta bewirken können. Das Unterbleiben der pfandrechtlichen Sicherstellung auf der genannten Liegenschaft habe daher der Beklagte nicht zu vertreten und es komme diesbezüglich daher eine Schadenersatzverpflichtung aus der von ihm übernommenen Haftungserklärung nicht in Betracht. Anders verhalte es sich allerdings bezüglich der den Ehegatten H*** anteilig gehörigen Liegenschaft EZ 38 KG Bad Gleichenberg. Die Pfandbestellungsurkunde hinsichtlich dieser Liegenschaft sei bereits wirksam gewesen und der Beklagte hätte ehestens eine Anmerkung der beabsichtigten Verpfändung veranlassen müssen, um die pfandrechtliche Sicherstellung der gegenständlichen Kreditforderung im laufenden Rang auf der genannten Liegenschaft zu ermöglichen. Diese rangwahrende Maßnahme wäre bei der gegebenen Rechts- und Sachlage auch möglich gewesen. Ein Zuwarten in diesem Zusammenhang mit der Absicht, auf der EZ 316 und EZ 38 je KG Bad Gleichenberg in einem Akt ein Simultanpfandrecht zu begründen, sei bei der gegebenen Sachlage nicht vertretbar und gegen die Interessen der Klägerin gewesen. Der Beklagte habe mit weiteren Belastungen der EZ 38 KG Bad Gleichenberg rechnen müssen und sei daher verhalten gewesen, sofort rangwahrende Maßnahmen zu setzen, um seiner Verpflichtung auf Sicherstellung des Pfandrechtes auf der EZ 38 KG Bad Gleichenberg im laufenden Rang nachkommen zu können. Dieser laufende Rang habe sich nur auf den Zeitpunkt der Haftungserklärung durch den Beklagten beziehen und auch nur in diesem Sinne vom Beklagten verstanden werden können. Der Beklagte habe es daher in schuldhafter Weise unterlassen, in dieser Richtung etwas zu unternehmen. Die pfandrechtliche Sicherstellung auf der genannten Liegenschaft sei letztlich durch ein in der Folge eingetragenes Belastungs- und Veräußerungsverbot unmöglich geworden. Soweit durch diese Unterlassung der Klägerin ein Schaden entstanden sei, sei daher der Beklagte aus der von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärung (Beilage ./B) ersatzpflichtig. Ob und in welchem Umfang der Klägerin durch die angeführte Unterlassung des Beklagten ein Schaden entstanden sei, könne nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht beurteilt werden. Es werde die Sache in diesem Punkte mit den Parteien zu erörtern sein (§ 182 Abs 1 ZPO). Unter Berücksichtigung des hiezu von den Parteien allenfalls noch zu erstattenden ergänzenden Vorbringens werde zu prüfen sein, ob und im welchem Ausmaß die Klägerin bei rechtzeitiger Ranganmerkung Befriedigung hinsichtlich der offenen Kreditforderung hätte erreichen können. Nach dem Akteninhalt solle hinsichtlich der EZ 38

KG Bad Gleichenberg ein Verwertungsverfahren anhängig sein und es könnten die Ergebnisse desselben die Klärung der Frage der Schadenshöhe ohne größere Schwierigkeiten möglich machen. Im aufgezeigten Sinne sei die Sache somit noch nicht spruchreif. Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles, allenfalls Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles.

Der Beklagte beantragte in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt. Die Klägerin führt in ihrem Rechtsmittel aus, das Berufungsgericht habe zwar zutreffend erkannt, daß zwischen den Streitteilen keine Treuhandvereinbarung zustande gekommen sei, hingegen liege entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes ein echter Garantievertrag im Sinne des § 880 a ABGB vor. Die Klägerin habe den Beklagten deshalb um die Haftungsübernahme für die Einverleibung der Pfandrechte ersucht, um eine vorzeitige Auszahlung des Kredites an Roswitha H*** zu ermöglichen. Der Grund für die Haftungsübernahme war somit eine Sicherung der Klägerin für die Zeit vor der Verbücherung der Pfandbestellungsurkunde, in der noch keine dingliche Sicherung bestand, durch die persönliche Haftungsübernahme durch den Kläger; ohne diese persönliche Haftungsübernahme wäre der ausbezahlte Kredit in keiner Weise gesichert gewesen und die Klägerin hätte daher von einer vorzeitigen Auszahlung an die Kreditnehmerin Abstand genommen. Die Garantieverpflichtung sei auch kein unentgeltliches Rechtsgeschäft gewesen, so daß § 915 ABGB erster Satz nicht zur Anwendung komme. Der ausdrücklichen schriftlichen Erklärung eines Notars, die persönliche Haftung für die erstrangige Verbücherung einer Pfandbestellungsurkunde auf einer Liegenschaft zu übernehmen, sei eine weitergehende Bedeutung beizumessen als die bloße Bestätigung der den Notar ohnedies treffenden Haftung, insbesondere dann, wenn diesem Notar ausdrücklich zur Kenntnis gebracht werde, daß der Vertragspartner gestützt auf diese ausdrückliche Erklärung eine vorzeitige Auszahlung des Kreditbetrages vornehmen werde. Diesen Ausführungen kommt teilweise Berechtigung zu. Ein Garantievertrag ist ein Vertrag, durch den sich jemand einem anderen gegenüber (beschränkt oder unbeschränkt) verpflichtet, für den Erfolg eines Unternehmens einzustehen oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entsteht, aufzukommen. Der Garantievertrag ist in der Regel ein einseitig verpfichtender Vertrag und verpflichtet nur den Gewährübernehmer, der im Zweifel für den ganzen Ausfall oder Schaden einzutreten hat. Er bewirkt die Begründung einer selbständigen Schuld, welche von der Verbindlichkeit des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängig ist (JBl 1979, 34; JBl 1978, 36; SZ 47/138, jeweils mit weiteren Hinweisen, u.a.). Von diesem (echten) Garantievertrag zu unterscheiden ist die besonders in Kaufverträgen häufig vorkommende sogenannte Garantiezusage (der unechte Garantievertrag), worunter bloße Gewährleistungsabreden verstanden werden, die Teile des Hauptvertrages sind (Ohmeyer-Klang in Klang2 VI 203; Koziol-Welser, Grundriß7 I 240 f; Koziol, Der Garantievertrag 3; SZ 50/93; SZ 53/164 u.a.). Nach dem vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes hatten die Ehegatten Ing. Richard und Roswitha H*** die Absicht, die Liegenschaft der EZ 316 KG Bad Gleichenberg zu erwerben. Sie wandten sich an die Klägerin, um ein Darlehen für die Finanzierung dieses Liegenschaftskaufes zu erhalten. Diese war bereit, den Ehegatten H*** einen Kredit von S 1,200.000,-- zu gewähren, und zwar gegen pfandrechtliche Sicherstellung auf der den Ehegatten H*** je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 38 und der von ihnen zu erwerbenden Liegenschaft EZ 316 je KG Bad Gleichenberg, wobei dieses Pfandrecht bei der erstgenannten Liegenschaft im laufenden Rang und bei der zuletzt genannten Liegenschaft im ersten Rang eingetragen werden sollte; um eine vorzeitige Auszahlung dieses Kredites zu ermöglichen, ersuchte die Klägerin den Beklagten, der den Kaufvertrag verfaßt hatte, um die Übernahme der persönlichen Haftung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Einverleibung des Pfandrechtes der Klägerin auf den genannten Liegenschaften (Beilage ./A). Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 30. Jänner 1984 (Beilage ./B), daß die Ehegatten Ing. Richard und Frau Roswitha H*** die Pfandbestellungsurkunde der Klägerin für einen Kredit bis zum Höchstbetrag von S 1,500.000,-- heute in seiner Kanzlei beglaubigt unterfertigt hätten. Er übernehme hiemit die persönliche Haftung, diese Pfandbestellungsurkunde auf den "den Ehegatten je zur Hälfte gehörenden Liegenschaften EZ 38 und EZ 316 der KG Bad Gleichenberg" und zwar bei der EZ 38 im laufenden Rang und bei der - zu erwerbenden - Liegenschaft EZ 316 im ersten Rang grundbücherlich sicherzustellen.

Die aus den Erklärungen der Streitteile abzuleitenden Rechtsfolgen sind aber nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war, weil das durch den Geschäftszweck und die Verkehrssitte objektiv begründete Vertrauen des Erklärungsempfängers auf den Erklärungswert, wie ihn ein redlicher, verständiger Mensch verstehen durfte, schon aus dem Gedanken der Verkehrssicherheit heraus zu schützen ist (Koziol-Welser7 I 84;

Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 863 und Rdz 4 zu § 914;

SZ 54/132; SZ 46/9 u.v.a.). Bei Anwendung dieser Grundsätze auf die vorgenannten Erklärungen der Parteien ist aber der Auffassung der Klägerin beizupflichten, daß die Übernahme der persönlichen Haftung für die grundbücherliche Sicherstellung der Pfandbestellungsurkunde durch den Beklagten ausschließlich den Zweck haben sollte, die Klägerin bis zur Erlangung einer Sachhaftung durch grundbücherliche Einverleibung ihrer Pfandrechte zu sichern und damit die von der Kreditnehmerin (Roswitha H***) angestrebte sofortige Auszahlung des Darlehensbetrages an sie zu ermöglichen, da die Klägerin andernfalls bis zur Verbücherung der Pfandrechte keine anderweitige hinreichende Sicherheit für die Kreditrückzahlung gehabt hätte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes konnte daher die Erklärung des Beklagten nach den Grundsätzen des § 914 ABGB nicht dahin ausgelegt werden, daß er sich damit verpflichte, alle ihm als Notar in sachlicher und rechtlicher Hinsicht möglichen und zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen zu ergreifen, um in sachkundiger und pflichtgemäßer Wahrung der Interessen des Auftraggebers die pfandrechtliche Sicherstellung der Kreditforderung ehestmöglich zu bewirken, somit als bloße Bekräftigung der ihn als Notar treffenden Berufspflichten etwa im Sinne einer bloßen Gewährleistungsabrede, sondern als echte Garantieverpflichtung, nach welcher der Beklagte als Garant persönlich für einen bestimmten Erfolg, nämlich die Verbücherung der Pfandrechte der Klägerin auf den beiden Liegenschaften im laufenden bzw. im ersten Rang einzustehen hatte. Es liegt aber im Wesen der echten Garantieverpflichtung, daß der Garant auch dann zu haften hat, wenn der garantierte Erfolg durch Zufall nicht eingetreten wäre (1 Ob 22/73, Ohmeyer-Klang in Klang2 VI, 203). Der echte Garantievertrag bewirkt vielmehr eine verschuldensunabhängige Haftung des Garanten für den Eintritt des garantierten Erfolges (vgl. Koziol, Garantievertrag, 5). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes kommt die Vorschrift des § 915 ABGB im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil schon die Auslegung nach den Grundsätzen des § 914 ABGB einen eindeutigen Inhalt der Erklärungen der Streitteile im Sinne einer echten Grantievereinbarung ergibt (vgl. RZ 1977/76 u.a., Rummel in Rummel ABGB, Rdz 1 zu § 915). Dem Berufungsgericht kann auch darin nicht gefolgt werden, daß ein unentgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt, auf welches die Willenstheorie anzuwenden wäre. Ist nämlich die Bestellung einer Sicherheit Voraussetzung für die Leistung des Begünstigten an den Dritten (hier die Kreditnehmerin), ist sie als Bestandteil der Gegenleistung des Dritten und nicht als freigiebige Zuwendung des Garanten an den Begünstigten zu beurteilen (vgl. Koziol a.a.0., 44). Ein von der Klägerin zu vertretendes Mitverschulden durch Verletzung der ihr gegenüber dem Beklagten aus dem Garantievertrag obliegenden Schutz- und Sorgfaltspflichten (vgl. Koziol a.a.0., 77 ff), das der Beklagte nach seinem Prozeßvorbringen in der vorzeitigen Auszahlung des Kreditbetrages an die Kreditnehmerin ohne seine unverzügliche Verständigung von dieser Auszahlung erblickt, konnte der hiefür beweispflichtige Beklagte nicht dartun. Die Antwort des Beklagten (Beilage ./B) auf das Scheiben der Klägerin (Beilage ./A) konnte vielmehr von der Klägerin nur dahin verstanden werden, daß der Beklagte durch seine Haftungsübernahme die unverzügliche Auszahlung des Kreditbetrages an die Kreditnehmerin ermöglichen wollte.

Dennoch ist die Rechtssache noch nicht spruchreif. Der Beklagte ist zwar aufgrund des Garantievertrages gegenüber der Klägerin zur vollen Genugtuung, d.h. zum Ersatz des positiven Schadens und des entgangenen Gewinns verpflichtet, den die Klägerin durch den Nichteintritt des garantierten Erfolges erlitten hat (vgl. Rummel in Rummel ABGB, Rdz 8 und 10 zu § 880 a). Er hat die Klägerin im Hinblick auf das Ausbleiben des garantierten Erfolges so zu stellen, als ob dieser eingetreten wäre (vgl. JBl 1976, 35 u.a.). Das Erstgericht hat den der Klägerin entstandenen Schaden mit der Höhe des der Kreditnehmerin ausbezahlten Kreditbetrages einschließlich der Zinsen gleichgesetzt. Hiebei wurde aber nicht berücksichtigt, daß der Beklagte nicht eine Garantieverpflichtung für die Rückzahlung des Kredites durch die Kreditnehmerin übernommen hat, sondern für die grundbücherliche Sicherstellung der Pfandbestellungsurkunde der Klägerin auf zwei Liegenschaften. Er hat daher der Klägerin jenen Ausfall zu ersetzen, der infolge des Unterbleibens dieser grundbücherlichen Sicherstellung erwachsen ist. Hinsichtlich der Höhe dieses Ausfalles bedarf es jedoch weiterer Feststellungen, die nach entsprechender Ergänzung des Prozeßvorbringens im fortgesetzten Verfahren zu treffen sein werden. Im Ergebnis hat es daher bei der Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes zu verbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E13149

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00586.87.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19880126_OGH0002_0020OB00586_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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