TE OGH 1988/1/28 6Ob505/88

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Veröffentlicht am 28.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Sylvia H***, Kaffeehauspächterin, Kitzbühel, Wiener Straße 24, vertreten durch Dr. Wilfried Werbik, Rechtsanwalt in Steyr, wider die Antragsgegnerin Elfriede K***, Gastwirtin, Seewalchen am Attersee, Litzelberg 99, vertreten durch Dr. Walter Brunhuemer, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Bestimmung eines Heiratsgutes, infolge der Revisionsrekurse der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 8. Oktober 1987, GZ R 648/87-35, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 30. Juni 1987, GZ 1 Nc 53/86-30, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsgegnerin ist die Mutter der Antragstellerin. Sie hat im Alter von 16 3/4 Jahren das Kind zur Welt gebracht, am Tage nach Vollendung ihres 21. Lebensjahres den um 20 Jahre älteren Vater des Kindes geheiratet und in der Ehe zwei weitere Töchter geboren. Die Antragstellerin lebte bis zu ihrer Verehelichung im elterlichen Haushalt. Die Eltern der Antragstellerin führten einen gastgewerblichen Betrieb mit Fremdenzimmern in einem auf eigenem Grund 1968 errichteten und 1972 umgebauten Haus; überdies führten sie eine Pizzeria in einer als Tankstelle und Gaststube errichteten Baulichkeit, die sie im Jahre 1978 erworben hatten. Die Antragstellerin arbeitete in der Pizzeria ihrer Eltern als Kellnerin. In ihrem 22. Lebensjahr heiratete die Antragstellerin einen zehn Jahre älteren Mann.

Dessen erste Ehe war rund acht Jahre vorher geschieden worden. Er ist Vater einer ehelichen Tochter und eines unehelichen Sohnes. Er war zunächst selbständiger Handelsvertreter und dann im Immobiliengeschäft und im Gastgewerbe tätig. Er war zahlungsunfähig geworden, hatte zahlreiche Betrügereien begangen, war ins Ausland geflohen, aber wieder zurückgekehrt. Vier Monate vor der Eheschließung wurde er wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges in 16 Fällen, betrügerischer Krida sowie wegen der Vergehen nach § 114 ASVG und § 198 Abs 1 StGB, das zweitgenannte Vergehen begangen an seinen beiden Kindern, zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt, wobei aber vom Vollzug der Freiheitsstrafe auf eine Probezeit von drei Jahren vorläufig abgesehen wurde. Die Regionalpresse berichtete über dieses Straferkenntnis. Als die Zeitungsberichte über die Verurteilung des nunmehrigen Ehemannes der Antragstellerin erschienen, war der Antragsgegnerin bereits bekannt, daß ihre Tochter mit dem erwähnten Mann in engeren Beziehungen stand. Als die Antragstellerin der Antragsgegnerin ihre Heiratsabsichten eröffnete, bemerkte die Antragsgegnerin, daß die Antragstellerin doch ihre (negative) Einstellung gegenüber dem erwähnten Manne kenne, und riet ihrer Tochter zu einem Zuwarten mit der Eheschließung. Der Bräutigam selbst sprach vor der Hochzeit zweimal mit der Antragsgegnerin wegen der beabsichtigten Heirat. Auch diesem gegenüber erklärte die Antragsgegnerin, sie könne ohnedies nichts gegen die Eheschließung tun, empfehle aber ein Zuwarten. Die Eltern der Antragstellerin besprachen miteinander, daß die Tochter auch ohne elterliche Zustimmung heiraten würde. Die Antragsgegnerin hob daher S 15.000,-- von einem gemeinsamen Konto der Antragsgegnerin und ihres damaligen Ehemannes ab und besorgte zwei Tage vor der Hochzeit gemeinsam mit der Antragstellerin deren Hochzeitskleidung. Statt des beabsichtigten Kaufes einer Perlenkette gab sie ihrer Tochter einen Barbetrag von S 7.000,--. Entgegen einer ursprünglich geäußerten Absicht nahm die Antragsgegnerin sowohl an der Eheschließungszeremonie als auch am anschließenden Hochzeitsmahl teil, dessen Kosten sie gemeinsam mit ihrem Ehemann bezahlte. Die Antragstellerin hatte zur Zeit der Eheschließung Ersparnisse von rund S 30.000,--. Mit Beginn des Monates ihrer Eheschließung pachtete sie von ihren Eltern die Pizzeria. Die erwähnten Ersparnisse verwendete sie zu Einkäufen für das Pachtunternehmen. Der Ehemann der Antragstellerin brachte eine ein Jahr alte Wohnungseinrichtung mit einem Kaufpreis von S 120.000,--, auf den er noch S 50.000,-- schuldete, in die Ehe mit.

Zur Zeit der Eheschließung der Antragstellerin waren die Antragsgegnerin und ihr damaliger Ehemann Eigentümer eines Hälfteanteiles der Liegenschaft mit dem gastgewerblichen Stammbetrieb sowie der Liegenschaft mit der Pizzeria. Der Verkehrswert der ehemaligen Tankstellenanlage mit der Pizzeria ist mit S 3,240.000,--, jener der anderen Liegenschaft mit S 2,880.000,-- einzuschätzen. Auf beiden Liegenschaften haftet simultan das Pfandrecht für einen Höchstbetrag von S 2,400.000,-- zugunsten einer Sparkasse, deren besicherte Forderung rund S 800.000,-- betrug.

Die Antragstellerin gebar ein Jahr nach ihrer Eheschließung einen Sohn. Das Pachtverhältnis über die Pizzeria wurde zunächst ausgedehnt, später aber aufgelöst. Daraufhin pachtete die Antragstellerin ein Cafe in einem Tiroler Fremdenverkehrsort. Die Antragsgegnerin brachte eineinviertel Jahre nach der Eheschließung ihrer Tochter eine Ehescheidungsklage ein. Ihre Ehe wurde mit Beschluß vom 11. Februar 1986 gemäß § 55 a EheG geschieden. Nach der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit ihrem Ehemann übernahm die Antragsgegnerin dessen Hälfteanteile an den beiden Liegenschaften samt den gastgewerblichen Betrieben gegen eine Zahlung von S 1,650.000,--. Sie ist bestrebt, die Liegenschaft mit der Pizzeria zu verkaufen. Die Antragsgegnerin ging mit einem fünf Jahre älteren Mann, der ein monatliches Einkommen von S 16.000,-- bezieht, eine Lebensgemeinschaft ein.

Wenige Wochen nach der Scheidung der Ehe ihrer Eltern brachte die Antragstellerin einen Antrag auf Verpflichtung ihrer Eltern zur Zahlung eines Betrages von S 300.000,-- binnen zwei Monaten als Heiratsgut ein. Nach einer außergerichtlichen Einigung über eine Zahlung von S 100.000,-- zog die Antragstellerin den gegen ihren Vater gestellten Antrag zurück und hielt den gegen ihre Mutter gerichteten Antrag in Ansehung eines Betrages von S 200.000,-- aufrecht.

Das Erstgericht verpflichtete die Antragsgegnerin, ihrer Tochter ein Heiratsgut von S 200.000,-- samt 4 % Zinsen ab dem Antragstag binnen zwei Monaten zu bezahlen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung in Ansehung eines Teilbetrages von S 150.000,-- samt 4 % Zinsen seit dem Antragstag, änderte den erstinstanzlichen Beschluß jedoch in Ansehung des darüber hinausgehenden Begehrens auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 50.000,-- im abweislichen Sinne ab. Beide Vorinstanzen erachteten den Anspruch der Tochter gegen ihre Mutter auf Leistung eines Beitrages zum Heiratsgut dem Grunde nach gegeben: Mangels eines hinlänglichen eigenen Vermögens habe die Antragstellerin anläßlich der mit ihrer ersten Eheschließung verbundenen Hausstandsgründung Anspruch gegen jeden ihrer beiden Elternteile auf verhältnismäßigen Beitrag zum Heiratsgut. Die Eheschließung sei nicht gegen den Willen der Antragsgegnerin erfolgt. Die Antragsgegnerin habe vielmehr durch ihre festgestellte Mitwirkung an den Hochzeitsvorbereitungen und ihre Teilnahme an den Hochzeitsfeierlichkeiten zum Ausdruck gebracht, daß sie ihre vorher geäußerten Bedenken gegen die Eheschließung zurückgesteckt hätte. Die auf § 1222 ABGB gestützte Einwendung der Antragsgegnerin, die Eheschließung ihrer Tochter aus trifftigen Gründen mißbilligt zu haben, sei daher nicht gerechtfertigt.

Der Höhe nach erachtete das Erstgericht den von der Antragstellerin begehrten Betrag unter Bedachtnahme auf das insoweit belastbare Liegenschaftsvermögen der Antragsgegnerin, daß sich seither nicht wesentlich zu ihrem Nachteil verändert habe, als angemessen.

Das Rekursgericht erblickte dagegen im erstinstanzlichen Zuspruch eine Überforderung der Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin und befand nur einen Beitrag in der Höhe von S 150.000,-- zum Heiratsgut der Antragstellerin als angemessen, weil der Liegenschaftsbesitz zwar im Rahmen des nicht ausgenützten Höchstbetragspfandrechtes belastbar, die Liegenschaften aber Betriebsliegenschaften gewesen seien und die Darlehensrückzahlung aus dem Gewerbegewinn zu finanzieren gewesen wäre, aus dem nicht nur der eigene Unterhalt der Eltern, sondern auch der ihrer noch schulpflichtigen jüngsten Tochter und der knapp 16 Jahre alten, als Lehrmädchen im elterlichen Betrieb nur teilselbsterhaltungsfähigen zweiten Tochter zu decken gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin richtet sich gegen den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung. Er unterliegt daher der Anfechtungsbeschränkung im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG und ist mangels schlüssiger Ausführung eines nach der genannten Gesetzesstelle beachtlichen Anfechtungsgrundes unzulässig:

Die Wertung der festgestellten Unterstützung der Antragstellerin bei der Vorbereitung der Hochzeit - nicht zuletzt im Zusammenhang mit der zeitlich mit der Verehelichung zusammenfallenden Verpachtung der Pizzeria - als Entkräftung der zuvor geäußerten Einwände und Kritik an der Begründung einer ehelichen Gemeinschaft mit dem von der Tochter gewählten Partner ist nicht als offenbar gesetzwidrig zu erkennen. Die Antragsgegnerin unterläßt auch jeden Versuch, eine derartige offenbare Gesetzwidrigkeit der vorinstanzlichen Beurteilung darzulegen.

Die Ausmittlung des von der Antragsgegnerin geschuldeten Beitrages zum Heiratsgut der Antragstellerin erfolgte unter Beachtung der im § 1220 ABGB aufgestellten Grundsätze innerhalb des durch § 1221 ABGB gezogenen Rahmens. Einen als solchen klar erkennbaren Ermessensmißbrauch bei der Festsetzung des von der Antragsgegnerin zu leistenden Beitrages zum Heiratsgut zeigt die Antragsgegnerin nicht auf.

Die Rechtsmittelausführungen der Antragsgegnerin mögen sowohl zum Grund des Anspruches als auch zu dessen Höhe zur Darstellung des Anfechtungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung genügen, sie reichen aber zur Darstellung des in dieser Hinsicht allein beachtlichen Anfechtungsgrundes der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht hin.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin war daher zurückzuweisen. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist nicht berechtigt. Das zur Bemessung des Heiratsgutsbeitrages der Antragsgegnerin herangezogene Vermögen ist durchwegs als Betriebsvermögen anzusehen. Belastungen und Veräußerungen eines solchen Vermögens zur Aufbringung eines nach § 1220 ABGB geschuldeten Beitrages könne nur in dem Rahmen angemessen sein, in dem eine Gefährdung des Unternehmens und damit des den Familienunterhalt der Beitragspflichtigen gewährleistenden Unternehmergewinnes vermieden wird. Aus dieser Erwägung ist daher vornehmlich auf den Ertragswert eines Betriebsvermögens abzustellen. Den festgestellten Verkehrswerten der beiden Liegenschaften liegen Gutachten zugrunde, nach denen der jährliche Reinertrag der Baulichkeit, in dem die Pizzeria geführt wurde, mit rund S 194.000,-- und der jährliche Reinertrag des anderen Gebäudes mit rund S 148.000,-- angesetzt worden waren. Für das gesamte erstgenannte Objekt war zwischen der Antragstellerin und ihren Eltern im April 1985 ein monatlicher Pachtzins von S 12.000,-- vereinbart worden. Der zwischen Eltern und Tochter vereinbarte Jahrespachtschilling von S 144.000,-- stützt unter Bedachtnahme auf die persönlichen Beziehungen der Vertragsteile größenordnungsmäßig den vom Sachverständigen objektiv ermittelten Ertragswert. Das rechtfertigt nach den im § 1221 ABGB festgelegten Ermittlungsgrundsätzen, von einem Jahresreinertrag beider damals im Hälfteeigentum der Antragsgegnerin gestandenen Objekte in der Größenordnung von S 340.000,-- auszugehen und demgemäß einen Jahresertragsanteil der Antragsgegnerin von S 170.000,-- anzusetzen. Auch wenn man dazu veranschlagt, daß die Antragsgegnerin das nicht verpachtete Unternehmen damals mit ihrem damaligen Ehegatten gemeinsam führte und der damalige Ehemann der Antragsgegnerin für das der Eheschließung der Antragstellerin vorangegangene Geschäftsjahr bei einem steuerlich ausgewiesenen Verlust von rund S 11.300,-- einen Rohgewinn von rund S 1,9 Mio. ausgewiesen hatte, ist ein höherer als der vom Rekursgericht festgesetzte Beitrag der Antragsgegnerin zum Heiratsgut der Antragstellerin nicht gerechtfertigt. Den geschuldeten Beitrag in ein Verhältnis zum Verkehrswert des Vermögens zu setzen, wie dies die Antragstellerin in ihren Revisionsrekursausführungen tut, ist keine sachlich gerechtfertigte Argumentationsgrundlage. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E13567

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00505.88.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19880128_OGH0002_0060OB00505_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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