TE OGH 1988/2/25 8Ob654/87

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Veröffentlicht am 25.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Petrag und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** P*** AM SEE,

Hauptstraße 2, 7141 Podersdorf am See, vertreten durch den Bürgermeister Johann E***, dieser vertreten durch Dr. Erhard Weber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rudolf K*** Gesellschaft mbH, Transportunternehmen, Stiftgasse 73, 7123 Mönchhof, vertreten durch Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wegen S 549.447,38 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 26. Juni 1987, GZ 13 R 81/87-23, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 18. Dezember 1986, GZ 3 Cg 61/86-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 14.739,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 1.339,95) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rudolf K*** führte ein Unternehmen, das sich unter anderem mit der Schottergewinnung befaßte. Dieses Unternehmen wurde unter der prot. Firma "Rudolf K***" Transporte, Baumaterial und Betonwaren, Mönchhof, Stiftgasse 73, betrieben. Im November 1978 traf die Klägerin mit Rudolf K*** eine Vereinbarung, wonach sich dieser unter anderem zur Ausbaggerung der sogenannten Grundlacke im Ausmaß von 25.000 m2 bis zu einer Mindesttiefe von 4 m (unter dem Wasserspiegel) bis spätestens 31. Oktober 1982 verpflichtete. Eine Teilfläche von 15.000 m2 sollte er bis 1. Juni 1979 mindestens 1,5 m tief ausbaggern. Für jeden Tag des Verzuges mit diesen Verpflichtungen sollte Rudolf K*** S 1.000,-- Pönale zahlen. Er begann zwar mit den Ausbaggerungsarbeiten (ca. 10.000 m2), doch wurden diese weder von ihm noch von der Beklagten beendet.

Die Klägerin begehrte S 549.447,38 als Pönale für den Verzug bis 13. August 1984 (S 651.000,-- abzüglich berechtigter Gegenforderungen der Beklagten in der Höhe von insgesamt S 101.352,62). Die Beklagte sei in die mit Rudolf K*** getroffene Vereinbarung eingetreten und habe selbst die Teilausbaggerung vorgenommen. Auch die vereinbarte Zahlung für die Schottergewinnung durch die Teilausbaggerung habe die Beklagte geleistet. Die Verpachtung des im ausgeschotterten Teil angelegten Fischteiches sei so vorgenommen worden, daß die Beklagte jederzeit mit ihrer Arbeit hätte fortfahren können. Der wahre Grund für die Verzögerung sei eine Fehlspekulation der Beklagten gewesen. Diese sei auch wiederholt aufgefordert worden, die Ausschotterung zum Abschluß zu bringen. Erst als dies erfolglos geblieben sei, sei die Klägerin mit Schreiben vom 13. August 1984 vom Vertrag zurückgetreten. Die Verjährung sei durch die mit der Beklagten geführten Vergleichsverhandlungen unterbrochen worden. Die eingewendeten Schadenersatzforderungen seien schon wegen des Fehlens eines Verschuldens der Klägerin nicht berechtigt.

Die Beklagte wendete ihre mangelnde Passivlegitimation und Verjährung hinsichtlich der vor dem 6. Februar 1983 entstandenen Pönaleforderungen ein. Vertragspartner sei Rudolf K*** persönlich gewesen. Im übrigen sei die Beklagte an der Fortführung der Arbeiten durch den Pächter des Fischteiches und zuletzt durch die Klägerin selbst gehindert worden. Dadurch sei ihr ein Schaden von insgesamt S 1,619.000,-- entstanden. Diesen Betrag wende sie aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit S 453.447,38 als berechtigt, die eingewendete Gegenforderung als nicht berechtigt und gab dem Klagebegehren mit S 453.447,38 s.A. statt; das Mehrbegehren von S 96.000,-- wies es ab. Es traf - zusammengefaßt dargestellt - nachstehende Feststellungen:

Auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 30. April 1979 wurde die Rudolf K*** GesmbH mit dem Sitz in Mönchhof am 30. Mai 1979 in das Handelsregister des Landesgerichtes Eisenstadt eingetragen. Alleiniger Geschäftsführer war Rudolf K*** sen. Gegenstand des Unternehmens ist die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, die fabriksmäßige Erzeugung von Betonwaren aller Art, die Ausübung des Deichgräbergewerbes, die Ausübung des Taxigewerbes mit einem Personenkraftwagen bis zu 9 Sitzplätzen, der Abbruch von ebenerdigen Anlagen, Wohnhäusern, sowie Industrieanlagen und Fabriksanlagen soweit nicht Tragwerke besonderer statischer Belange in Betracht kommen; außerdem ist die Gesellschaft zu allen Handlungen in Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung der Gesellschaftszwecke erforderlich scheinen; dazu gehören insbesondere der Erwerb und die Pachtung von sowie die Beteiligung an anderen Unternehmen und Gesellschaften, sowie die Übernahme der Gesellschaftsführung und Vertretung solcher Unternehmen und Gesellschaften und die Übernahme einschlägiger Handelsvertretungen. Auf Grund des Generalversammlungsbeschlusses vom 3. Dezember 1981 wurde mit 6. April 1982 die Eintragung des Rudolf K*** sen. als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GesmbH gelöscht. Es wurden Rudolf K*** jun. und Werner Z*** zu gemeinsam vertretungsbefugten Geschäftsführern bestellt. Als Einzelprokuristin wurde Edith F***, die Tochter des Rudolf K*** sen., bestellt.

Für die Rudolf K*** GesmbH sind derzeit 20 LKW, 11 Anhänger und 2 Arbeitsmaschinen bei der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See zum Verkehr zugelassen.

Anläßlich der Pensionierung des Rudolf K*** sen. im Jahre 1982 wurde das gesamte betriebliche Vermögen der Firma Rudolf K*** samt Fuhrpark, maschinellen Einrichtungen etc. in die Rudolf K*** GesmbH übergeführt, bzw. wird dieses seither von der GesmbH verwendet.

Am 23. Oktober 1978 fand im Gemeindeamt der Klägerin eine Besprechung statt, an der Bürgermeister Alois G***, Vizebürgermeister Johann E***, die Gemeinderäte Franz F***, Otto H*** und Alexander S***, sowie Rudolf K*** und Dr. K*** anwesend waren. Über diese Besprechung wurde ein Protokoll vom 23. Oktober 1978 angefertigt, das als Grundlage der nachstehenden, auszugsweise wiedergegebenen Vereinbarung vom November 1978 diente:

"1. Die Gemeinde Podersdorf ist Eigentümerin der im Ried gelegenen Grundlacke. Sie beabsichtigt dort einen Fischteich zu errichten.

2. Herr Rudolf K*** verpflichtet sich hiemit, bis spätestens 31. Oktober 1982 die Grundlacke in einem Flächenausmaß von 25.000 m2 abzuschieben und bis zu einer Mindesttiefe von 4 m unter den derzeitigen Wasserspiegel auszubaggern.

3. Beide Parteien kommen überein, daß bis spätestens 1. Juni 1979 eine Teilfläche der unter 2. angeführten Gesamtfläche und zwar insgesamt mindestens 15.000 m2 bis zu einer Mindesttiefe von 1,5 m unter dem Wasserspiegel auszubaggern sind.

4. Sollte Herr Rudolf K*** die Termine 1. Juni 1979 bzw. 31. Oktober 1982 aus welchem Grund immer nicht einhalten, so verpflichtet er sich hiemit, pro Tag des Verzuges einen Pönalbetrag von S 1.000,-- an die Gemeinde Podersdorf zu entrichten.

5. Die jeweils auszubaggernden Flächen - 1,5 ha bis 1. Juni 1979 bzw. 2,5 ha bis 31. Oktober 1982 - wurden einvernehmlich in der Natur bestimmt und festgestellt. Das nicht anderwärtig benötigte Abschubmaterial ist seitlich zu lagern und erforderlichenfalls über Ersuchen der Gemeinde zu planieren.

6. Herr Rudolf K*** verpflichtet sich nunmehr, pro m2 auszubaggernder Fläche einen einmaligen Betrag von S 6,-- pro m2 zuzüglich 18 % MWSt als Entgelt für die Berechtigung zum Aushub an die Gemeinde Podersdorf zu bezahlen, wobei das Entgelt für 15.000 m2, also S 90.000,-- zuzüglich 18 % MWSt sofort mit offenen Forderungen seitens des Herrn K*** gegen die Gemeinde Podersdorf verrechnet wird. Der Restbetrag von S 60.000,-- zuzüglich MWSt wird entsprechend dem Aushubfortschritt, spätestens jedoch bis 31. Oktober 1982, von Herrn K*** an die Gemeinde Podersdorf entrichtet.

7. Herr K*** verpflichtet sich weiters, über Auftrag der Gemeinde Podersdorf dieser zu einem Preis von S 23,-- zuzüglich 18 % MWSt pro m2, Abschubmaterial aus dem Bereich der Grundlacke an den jeweils von der Gemeinde Podersdorf bezeichneten Platz zu liefern. Das Gesamthöchstausmaß beträgt 15.000 m3.

8. Mit dieser Vereinbarung treten alle früheren Vereinbarungen einvernehmlich außer Kraft."

In der Folge begann Rudolf K*** mit den Ausbaggerungsarbeiten der Grundlacke. Ein Teil der übernommenen Ausbaggerungsarbeiten wurde auch ordnungsgemäß ausgeführt. Es kam aber nicht mehr zum vereinbarungsgemäßen Abschluß der Ausbaggerungsarbeiten, weil Rudolf K*** die Maschinen für andere größere Projekte benötigte. Dies erwähnte Rudolf K*** auch wiederholt dem Bürgermeister Josef E*** und den Gemeinderäten gegenüber. Davon, daß zwischenzeitig das Unternehmen des Rudolf K*** in die Rudolf K*** GesmbH übergeführt worden war, wurde nicht gesprochen.

Mit dem Fischereipachtvertrag vom 20. Juli 1981 verpachtete die Klägerin das Fischereirecht an der Grundlacke dem Sportfischereiverein Neusiedler See um einen Pachtschilling von

S 20.000,-- jährlich bis 30. Mai 1986. Dieser Vertrag wurde mit der Zusatzvereinbarung vom 14. Dezember 1985 bis 30. April 1991 verlängert. In dem Pachtvertrag finden sich ua nachstehende Bestimmungen:

"4. Der Pächter erklärt, über die Größe, die Form und die Tiefe der Grundlacke, somit über das Ausmaß jener Wasserfläche, auf die sich der Pachtgegenstand bezieht, genau unterrichtet zu sein. Der Pächter erklärt auch, die Vereinbarung zwischen der Verpächterin und der Erdbaufirma Rudolf K*** in allen Punkten genau zu kennen. Die Firma K*** ist berechtigt in und um die Grundlacke weiterhin Material auszuheben und abzuführen. Der Pächter erklärt, diese Tätigkeit zu dulden und aus dieser Tätigkeit der Firma Rudolf K*** gegenüber der Verpächterin keinerlei Ersatzansprüche zu stellen oder derartige behauptete Ansprüche etwa mit dem Pachtschilling zu kompensieren oder einen Nachlaß des Pachtschilling zu verlangen."

Am 11. Oktober 1983 kaufte die Beklagte von der M*** GesmbH eine Schotterreinigungsanlage und holte auch eine positive Stellungnahme über die Eignung des Schotters aus der Grundlacke als Zusatz zur Betonerzeugung ein. Es konnte nicht festgestellt werden, daß die Schotterreinigungsanlage ausschließlich zum Zwecke der Reinigung des aus der Grundlacke auszubaggernden Schotters angeschafft wurde bzw. daß mit dieser Anlage nicht auch anderswo gewonnener Schotter gereinigt werden könnte.

Im Frühjahr 1984 wurden zwischen Bürgermeister E***, Wirtschafter S*** und Rudolf K*** neuerliche Gespräche über die noch vorzunehmende weitere Ausbaggerung der Grundlacke geführt. K*** bot der Gemeinde an, daß er, sofern sie von ihrer vereinbarten Pönaleforderung Abstand nehmen würde, für ein Jahr gratis sämtliche Gräderarbeiten durchführen würde. Dieser Vorschlag wurde von Wirtschafter S*** mit der Begründung abgelehnt, daß diese Gräderarbeiten schon der Firma S*** zugesagt wurden. Zuletzt sprach Bürgermeister E*** den Rudolf K*** etwa Mitte Juli 1984 auf die Ausbaggerung an. Er wies neuerlich darauf hin, daß K*** den Vertrag einhalten solle, worauf letzterer erklärte, daß dies nicht möglich sei. Schon bei einem früheren Gespräch hatte K*** dem E*** gegenüber zugestanden, daß er sich mit der Übernahme des Auftrages über die Ausbaggerung der Grundlacke insofern verspekuliert habe, als er mit der Auftragserteilung der Klägerin betreffend die Umfahrungsstraße Podersdorf am See gerechnet, diesen Auftrag aber nicht erhalten habe.

In der Folge wurde die Klägerin von der Aufsichtsbehörde gerügt, daß sie bezüglich des vereinbarten Pönales nichts unternommen habe. Die Klägerin teilte Rudolf K*** mit Schreiben vom 13. August 1984 mit, daß die Fortführung der Baggerarbeiten in der Grundlacke vorerst eingestellt sei. K*** werde gebeten, sich bezüglich des vertraglich festgesetzten Pönales mit ihr in Verbindung zu setzen.

Dieses Schreiben langte bei der Beklagten kurze Zeit nach dem Zeitpunkt ein, als sich die Beklagte doch zur Fortsetzung der Ausbaggerungsarbeiten im August 1984 entschlossen hatte und durch einen Baggerfahrer mit den Arbeiten beginnen wollte. Die Fortführung war hiebei dem Baggerfahrer von Wirtschafter S*** untersagt worden, zumal die Klägerin im Hinblick auf den vereinbarten Endtermin 31. Oktober 1982 nunmehr kein Interesse an der Erfüllung des Vertrages durch die Beklagte hatte.

In der Sitzung des Gemeinderates der Klägerin vom 13. September 1984 wurde berichtet, daß die Firma K*** vertragsbrüchig geworden sei, indem sie bis zum Zeitpunkt 31. Oktober 1982 die Grundlacke nicht flächenmäßig entsprechend dem Vertrag ausgebaggert habe; sie habe sich jedoch vertraglich zur Bezahlung eines Pönales von S 1.000,-- pro Tag verpflichtet. Die Firma K*** habe nun der Gemeinde S 300.000,-- als Gegenleistung für die Vertragsbrüchigkeit angeboten. Die Gemeinde Podersdorf am See habe sich bei einem unabhängigen Richter über die Vereinbarung mit der Firma K*** erkundigt; es sei ihr mitgeteilt worden, daß dieses Unternehmen das vereinbarte Pönale bezahlen müsse. Die Chancen für einen Prozeßgewinn würden als gut eingestuft. Auf Grund dieser Berichterstattung beschloß die Klägerin, gegen den Vertragspartner Rudolf K*** wegen Vertragsbrüchigkeit Prozeß zu führen. Die Gemeinde wurde beauftragt, das Entsprechende zu unternehmen bzw. einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Bis zur Untersagung der Fortsetzung der Ausbaggerungsarbeiten im August 1984 durch die Klägerin wurde die Beklagte weder von der Klägerin noch vom Sportfischereiverein Neusiedler See an der Ausbaggerung gehindert.

In der Folge forderte der Klagevertreter mit Schreiben vom 15. Jänner 1986 die Beklagte zur Bezahlung der nunmehrigen Klageforderung auf.

Eine Zahlung erfolgte bisher nicht.

Die Pönaleforderung der Klägerin errechnet sich für den Zeitraum vom 31. Oktober 1982 (vereinbarter Endtermin) bis 13. August 1984 (Untersagung durch die Klägerin), sohin für 651 Tage mit S 651.000,--. Dieser Forderung stehen Gegenforderungen der Beklagten von S 39.952,62 auf Grund der Rechnung Nr. 02505 vom 16. Dezember 1982 sowie über S 61.600,-- betreffend Regiearbeiten vom 27. November 1984 bis 7. Februar 1985 gegenüber, sodaß sich die Klageforderung mit S 549.447,38 errechnet.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Beklagte das Einzelunternehmen Rudolf K*** tatsächlich fortgeführt habe. Sie hafte demnach für dessen Verbindlichkeiten. Weder der Fischteichpächter noch die Klägerin hätten die Beklagte an der Ausbaggerung gehindert. Die Pönaleforderung für den Zeitraum vom 31. Oktober 1982 bis 5. Februar 1983 sei verjährt.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Teile nicht Folge. Es ergänzte die Sachverhaltsgrundlage der erstgerichtlichen Feststellungen und nahm weiters als erwiesen an:

Rudolf K*** und seine Gattin Theresia errichteten im Mai 1979 die beklagte Gesellschaft ausschließlich zu dem Zweck, die bereits bestehende Einzelfirma Rudolf K*** nach den Bestimmungen des Art. III des StrukturverbesserungsG einzubringen. Mit Notariatsakt und Gesellschaftsbeschluß vom 19. Dezember 1979 brachte Rudolf K*** sein Einzelunternehmen "Rudolf K***" Transporte, Baumaterial und Betonwaren als Sacheinlage auf Grund der Einbringungsbilanz zum 1. Mai 1979 zum Einbringungswert von S 9,416.647,82 (bei gleichzeitiger Erhöhung des Stammkapitals) mit allen wie immer gearteten Aktiven und Passiven in die Beklagte ein. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß der Einbringung des betrieblichen Vermögens Rudolf K*** die getroffene Vereinbarung zwischen diesem und der Beklagten zugrundelag. Die Einbringung des Betriebes eines Einzelkaufmannes in eine Kapitalgesellschaft führe zwar zu keiner Gesamtrechtsnachfolge, doch hafte die Beklagte gemäß § 1409 ABGB für die von Rudolf K*** eingegangenen Verpflichtungen, denn gemäß den ergänzten Feststellungen habe die Beklagte das Unternehmen Rudolf K*** rechtsgeschäftlich erworben. Die wiederholten Aufforderungen der Klägerin an Rudolf K***, die Vereinbarung zu erfüllen, fielen zumindest teilweise in jenen Zeitraum, in dem er Geschäftsführer der Beklagten und die Übertragung seiner Einzelfirma an diese bereits vereinbart war. Bei dem vereinbarten Pönale von S 1.000,-- täglich für den Fall eines Verzuges der Fertigstellung bis 31. Oktober 1982 handle es sich um einen Schadenersatzanspruch in Form einer Konventionalstrafe. Die schriftliche Rücktrittserklärung vom 13. August 1984 sei von der Klägerin auf Grund der Säumnis Rudolf K*** berechtigt gewesen. Sie treffe kein Verschulden an der Unterlassung der Ausbaggerungsarbeiten. Die eingewendeten Schadenersatzforderungen bestünden daher schon aus diesem Grund nicht zu Recht.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

In ihrer Verfahrensrüge stellt sich die Beklagte auf den Standpunkt, daß keine ausreichenden Feststellungen über den Unternehmensübergang von Rudolf K*** auf sie getroffen worden seien. Damit werden aber in Wirklichkeit Feststellungsmängel behauptet, über deren Vorliegen bei der Behandlung der Rechtsrüge zu entscheiden ist. Verfahrensmängel gemäß § 503 Abs 1 Z 2 ZPO werden damit nicht aufgezeigt (§ 510 Abs 3 ZPO).

Unter dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung stellt sich die Beklagte auf den Standpunkt, daß der von den Vorinstanzen angenommene Unternehmensübergang gemäß § 1409 ABGB nicht stattgefunden habe. Außerdem sei ihre Gegenforderung wegen des ihr bei Ausführung des Vertrages und Fertigstellung der Ausbaggerungsarbeiten zustehenden Gewinnes berechtigt. Dazu war zu erwägen:

Nach § 1409 ABGB haftet der Übernehmer eines Vermögens oder Unternehmens den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen mußte, unmittelbar. Die Schulden müssen in einem sachlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Unternehmen stehen und zum Zwecke des Erwerbes, der Verbesserung oder zum Betrieb des Unternehmens eingegangen worden sein (Wolff-Klang2 VI, 355;

Ehrenzweig2 II/1, 282; Wellacher, Die Schuldenhaftung des Übernehmers beim Übergang von Vermögen und Unternehmungen, 50 f;

Koziol, Welchen Schulden tritt der Übernehmer eines Vermögens, Unternehmens oder Handelsgeschäftes bei? in JBl 1967, 550 ff, inbesondere 557 f; SZ 50/27; SZ 14/184, 16/108; HS 5032;

6 Ob 59, 60/72; 1 Ob 1/84 ua). Als Grundgedanke des § 1409 ABGB wird angesehen, daß den Gläubigern des Veräußerers ihr bisheriger Haftungsfonds genommen werde und dagegen durch die Haftung des Übernehmers Abhilfe geschaffen werden müsse (SZ 52/12, Bydlinski in JBl 1971, 136; Koziol in JBl 1967, 553, insbesondere FN 23 mwN; vgl. Klang in JBl 1948, 443). Der Übernehmer eines Unternehmens oder Vermögens nach § 1409 ABGB tritt allerdings nur jenen Schulden bei, die er bei der Übergabe kannte oder kennen mußte. Es genügt aber, daß die Schulden im Zeitpunkt der Übergabe des Unternehmens wenigstens als bedingte vorhanden waren, mag auch die Bedingung erst nach der Übergabe des Vermögens oder Unternehmens eingetreten sein (vgl. JBl 1948, 441; Wolff in Klang2 VI, 354, 5 Ob 329/64 ua). Im vorliegenden Fall besteht an der Übernahme des Unternehmens Rudolf K*** durch die Beklagte im Gegensatz zu deren Ausführungen kein Zweifel: Nach den ergänzenden berufungsgerichtlichen Feststellungen wurde im Dezember 1979 das bestehende Einzelunternehmen K*** als Sacheinlage in die im Mai 1979 gegründete beklagte Gesellschaft mbH eingebracht. Das Erstgericht stellte fest, daß das betriebliche Vermögen K*** samt Fuhrpark, Maschinen udgl. mit dessen Pensionierung im Jahre 1982 auch tatsächlich zur Gänze "in die Beklagte übergeführt" wurde. Diese verwendet es seither ausschließlich. K*** selbst war zunächst alleiniger Geschäftsführer der insbesondere auch das Deichgräbergewerbe betreibenden Gesellschaft (S. 8 des Ersturteiles). Er schied im April 1982 als Geschäftsführer aus. An seine Stelle traten sein Sohn Rudolf K*** jun. und Werner Z***, Prokuristin wurde seine Tochter (S. 9 des Ersturteiles). Unter diesen Umständen kommt aber den Ausführungen, wonach er immerhin noch Grundstücke und Häuser besitze, welche Vermögenswerte den Gläubigern als Haftungsobjekte zur Verfügung stehen (AS 151), keine Bedeutung zu. Auch daß die Beklagte als die Übernehmerin des Unternehmens K*** von dessen Verpflichtungen der Klägerin gegenüber genau informiert war, steht fest. Da Rudolf K*** nach der Vereinbarung vom November 1978 verpflichtet war, für jeden Tag seiner verspäteten Auftragserfüllung ab 1. November 1982 ein Pönale von S 1.000,-- zu bezahlen, erstreckte sich diese Verbindlichkeit mit der Übernahme des Unternehmens gemäß § 1409 ABGB somit auch auf die Beklagte.

Die Beklagte stellt sich in der Revision weiters auf den Standpunkt, daß zwischen den Parteien etwa mit Juli 1984 Einverständnis über die Weiterführung der Baggerarbeiten K*** bestanden hätte, weshalb der von der Klägerin am 13. August 1984 erklärte Rücktritt vom Vertrag unberechtigt gewesen sei. Auf diese Ausführungen ist jedoch nicht näher einzugehen, weil sie in feststellungsfremder Weise übergehen, daß K*** gegenüber Bürgermeister E*** zunächst ausdrücklich erklärte, sich verspekuliert zu haben und die Ausbaggerungsarbeiten nicht durchführen zu können (S. 17 des Ersturteiles) und die spätere alleinige Sinnesänderung der Beklagten im August 1984 nicht als Einverständnis im Sinne ihrer Behauptung gewertet werden kann. Zutreffend erachtete vielmehr das Berufungsgericht die Rücktrittserklärung der Klägerin vom 13. August 1984 für berechtigt. Die von der Beklagten daraus abgeleiteten Ersatzansprüche entbehren daher jeglicher Grundlage.

Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13334

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00654.87.0225.000

Dokumentnummer

JJT_19880225_OGH0002_0080OB00654_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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